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PRESSEKONFERENZ/806: Regierungspressekonferenz vom 6. Juni 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 6. Juni 2014
Regierungspressekonferenz vom 6. Juni 2014

Themen: Situation im Nahen Osten, Termine der Bundeskanzlerin (Reise nach Schweden, Kabinettssitzung, Gespräch mit EZB-Präsident Draghi, Empfang des serbischen Ministerpräsidenten, Jahresempfang für das Diplomatische Korps, Treffen mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer), vermisste OSZE-Beobachter in der Ostukraine, Entschuldigung des früheren Generalinspekteurs Kujat für despektierliche Äußerungen gegenüber der Verteidigungsministerin, Etat des Verteidigungsministeriums, Reise des Bundesaußenministers nach Sankt Petersburg, Bereitstellung von Mitteln aus dem Europäischen Struktur- und Investitionsfonds, Besuch von Präsident Putin am 24. Juni in Wien, Gespräch der Bundeskanzlerin mit Präsident Putin, Lage in der Ukraine, Spekulationen über den Verkauf der Commerzbank-Anteile des Bundes, Enttarnung von sechs BND-Außenstellen, Zugang der Geheimdienste zu den Netzwerken des Telekommunikationskonzerns Vodafone, Sicherheitspartnerschaft mit Nigeria, EU-Mission in Zentralafrika, Präsidentschaftswahl in Ägypten, strafbefreiende Selbstanzeige im Steuerrecht, Posten des deutschen EU-Kommissars, Pressekonferenz zur Vorstellung des Rüstungsexportberichtes, Kfz-Steuer, Pkw-Maut

Sprecher: SRS'in Wirtz, Schäfer (AA), Roth (BMVg), Dünow (BMWi), Kothé (BMF), Neymanns (BMI), Strater (BMVI)



Vorsitzender Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'IN WIRTZ sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS'in Wirtz: Guten Tag! Ich habe eine Mitteilung zur Situation im Nahen Osten mitgebracht. Dort hat das israelische Bauministerium gestern angekündigt, dass es eine Ausschreibung von mehr als 1.500 neuen Wohneinheiten in den besetzten Gebieten geben wird. Die Bundesregierung ist über diese Meldung äußerst besorgt; denn dieser Schritt birgt die Gefahr, dass die Bemühungen um eine Fortsetzung der Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern weiter erschwert werden. Gerade jetzt sind beide Seiten dringend dazu aufgerufen, Vertrauen zu schaffen und von einseitigen, provokativen Schritten abzusehen. Die Bundesregierung appelliert daher an die israelische Regierung, von der Ausschreibung abzusehen. Eine verhandelte Zweistaatenlösung bleibt die einzige Option, die Aussicht auf einen dauerhaften Frieden verspricht.

Schäfer: Ich möchte dazu noch ergänzen, dass der Außenminister in den vergangenen beiden Tagen sowohl mit dem israelischen Außenminister als auch mit dem Premierminister der palästinensischen Autonomiebehörde gesprochen hat. Er hat den beiden genau die Botschaft überbracht, die Frau Wirtz Ihnen gerade vorgetragen hat. Er hat darauf hingewiesen, dass dies ein besonders heikler Moment im Nahostfriedensprozess ist und dass jetzt alles getan werden müsste, um nicht die Hoffnung auf eine friedliche Zweistaatenlösung zu begraben.

Frage: Da Herr Steinmeier diese Botschaft überbracht hat: Wie war denn die Reaktion?

Schäfer: Es ist so, wie es immer ist, nämlich dass man aus solchen vertraulichen Gesprächen eigene Botschaften der Öffentlichkeit erläutern kann, dass aber die Reaktion aus einem vertraulichen Gespräch Ihnen von mir nicht erläutert werden kann.

Ich kann Ihnen aber zumindest berichten, dass der palästinensische Premierminister Hamdallah für seine neue Regierung erklärt hat - das sage ich, weil er es öffentlich verkündet hat -, dass sie sich unter Präsident Abbas in vollem Umfang an die Kriterien des Nahostquartetts gebunden fühlt und jetzt mit voller Kraft darauf hinarbeiten möchte, Wahlen vorzubereiten, von denen Sie wissen, dass sie überfällig sind - Wahlen zu einem Parlament, aber auch Wahlen eines neuen Präsidenten der Palästinenser. Wir hoffen und setzen darauf, dass das gelingen kann und dass die Einheitsregierung, die aus Technokraten besteht, diese Wahlen so vernünftig vorbereitet, dass sowohl im Westjordanland als auch im Gazastreifen tatsächlich vernünftige Wahlen abgehalten werden können, die dann - so hoffen wir - Chancen für einen neuen Anlauf im Nahostfriedensprozess bieten könnten.

SRS'in Wirtz: Ich gebe nun die Termine der Kanzlerin bekannt. Die Woche der Kanzlerin beginnt am kommenden Montag mit ihrer Reise nach Schweden. Dort wird sie sich zu informellen Gesprächen mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Fredrik Reinfeldt treffen. Außerdem werden der britische Premierminister Cameron und der niederländische Ministerpräsident Rutte anwesend sein. Dabei wird es um einen intensiven Gedankenaustausch über die künftigen zentralen Aufgaben der Europäischen Union gehen. Natürlich wird auch über die Ukraine gesprochen werden. Eine Begegnung mit der Presse zum Abschluss des Treffens ist am Vormittag des 10. Juni vorgesehen.

Am Mittwoch tagt, wie üblich, um 9:30 Uhr, das Kabinett.

Um 11 Uhr wird die Bundeskanzlerin den EZB-Präsidenten Draghi zu einem Gespräch im Kanzleramt empfangen.

Um 12:45 Uhr empfängt die Kanzlerin den Ministerpräsidenten der Republik Serbien, Aleksandar Vuci'c, mit militärischen Ehren im Kanzleramt. Dazu der Hinweis, dass es um 14 Uhr eine gemeinsame Pressebegegnung geben wird.

Um 18 Uhr wird die Kanzlerin auf Schloss Meseberg den Jahresempfang für das Diplomatische Korps geben. Eingeladen sind die Botschafterinnen und Botschafter aller in Deutschland akkreditierten Staaten sowie der internationalen Organisationen. Sowohl die Bundeskanzlerin als auch der Nuntius als Doyen des Diplomatischen Korps, seine Exzellenz Erzbischof Nikola Eterovi'c, werden eine kurze Ansprache halten.

Am Donnerstagnachmittag um 15 Uhr wird es das routinemäßige halbjährliche Treffen der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer im Bundeskanzleramt geben. Im Anschluss daran findet eine kurze Pressekonferenz der Bundeskanzlerin zusammen mit den Regierungschefs der Vorsitz- und Kovorsitzländer der Ministerpräsidentenkonferenz Kretschmann, Lieberknecht und Albig statt.

Das war die Woche der Kanzlerin.

Frage: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt: Können Sie sagen, wie der Stand der Dinge in Bezug auf die OSZE-Beobachter ist, die offenkundig noch immer in der Ostukraine gefangen gehalten werden?

Schäfer: Ich würde mich gerne an das halten, was ich an gleicher Stelle auch schon in den letzten Wochen gesagt habe. Die Informationen über den Verbleib der derzeit verschwundenen OSZE-Beobachter im Donbas ist eine Angelegenheit der OSZE. Wir unterstützen die OSZE mit allem Nachdruck dabei, den Fall zu lösen und die bedingungslose Freilassung der OSZE-Beobachter hinzubekommen. Aber ich bitte um Verständnis dafür, dass ich selbst mich hier nicht in der Lage sehe, Ihnen dazu letzte Informationen zu geben; denn die klare Absprache mit der OSZE ist, dass nur sie in Wien oder in der Ukraine zu diesen Fällen Auskunft gibt.

Frage: Ich habe eine Frage an das Verteidigungsministerium: Herr Roth, ich wüsste gerne, ob die Ministerin die Entschuldigung des früheren Generalinspekteurs Kujat für despektierliche Äußerungen von ihm ihr gegenüber angenommen hat, also ob die beiden wieder gute Freunde sind wie früher.

Roth: Auch ich habe heute Morgen in der "Bild"-Zeitung das gelesen, was wahrscheinlich auch Sie gelesen haben. Ich habe heute noch nicht mit der Ministerin darüber sprechen können. Das heißt, ich kann Ihnen Ihre Frage zu diesem Zeitpunkt leider nicht beantworten.

Zusatzfrage: Können Sie das noch nachholen, oder ist die Frau Ministerin heute nicht zu erreichen?

Roth: Wir werden das sicherlich nachreichen.

Zusatzfrage: An Sie auch noch die Frage bezüglich des Etats des Verteidigungsministeriums: Bedrohen die 400 Millionen Euro, die in diesem Jahr im Wehretat nicht ausgegeben werden dürfen, in irgendeiner Form das Kita- und Flachbildschirmprogramm der Ministerin für die Kasernen?

Roth: Wie Sie gerade richtig gesagt haben, wird auch der Verteidigungshaushalt einen Beitrag dazu leisten, um die Lücke in Höhe von 400 Millionen Euro zu schließen. Das ist etwas mehr als 1 Prozent der Gesamtsumme des Einzelplans 14, der bei ungefähr 32,8 Milliarden Euro liegt. Wir sind in der Lage, das aufzufangen und zu kompensieren. Sie wissen: Gerade im Einzelplan 14 gibt es viele Projekte, die über mehrere Jahre laufen wie zum Beispiel Rüstungsprojekte. Über die Jahre hinweg gesehen kann man dies berücksichtigen, sodass wir dies auffangen können.

Zusatz: Die Antwort auf die Frage wäre also Nein. Die Frage war, ob die 400 Millionen Euro das Flachbildschirmprogramm der Ministerin für die Kasernenstuben bedrohen.

Roth: Ich kann Ihnen sagen, dass die 100 Millionen Euro über fünf Jahre entsprechend eingerechnet sind und dass damit auch die Maßnahmen der Attraktivität gesichert sind.

Schäfer: Ich würde Ihnen gerne mitteilen, dass der Außenminister am Dienstag nach Pfingsten gemeinsam mit dem polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski zu Gesprächen und Konsultationen nach Sankt Petersburg reisen wird. Dieses trilaterale Treffen zwischen den Außenministern Deutschlands, Russlands und Polens ist eine gute Tradition, die es bereits seit einigen Jahren gibt. Sie ist im Jahre 2009 auf das Gleis gesetzt worden und hat seither zu insgesamt vier Treffen im Format der drei Außenminister geführt.

Die Begegnung, die am Dienstag in Sankt Petersburg stattfinden wird, wurde von den drei Außenministern am Rande der Münchener Sicherheitskonferenz Ende Januar vereinbart - wie Sie sich denken können, damals noch unter völlig anderen Vorzeichen. Gleichwohl hat Außenminister Steinmeier entschieden, die Reise nach Sankt Petersburg anzutreten und im Kreise der drei Außenminister das Gespräch zu suchen. Der Dialog ist wichtig.

Das Gespräch auch mit der russischen Regierung ist notwendig, um nach Lösungsmöglichkeiten für die aktuelle Krise in der Ukraine zu suchen. Es geht darum, einen konstruktiven Weg zu finden, der dabei hilft, eine politische Lösung zu finden. Deshalb wird es am Mittag, am späten Vormittag deutscher Zeit, zunächst zu einem Gespräch unter sechs Augen zwischen den drei Außenministern kommen, danach zu einem längeren Gespräch im Delegationskreis. In Sankt Petersburg wird es auch eine Pressebegegnung geben, an der die drei Außenminister teilnehmen werden.

Frage: Ich habe eine Frage an das Wirtschaftsministerium: Herr Dünow, jetzt werden ja die Mittel aus dem Europäischen Struktur- und Investitionsfonds bereitgestellt. Dabei geht es auch um den Ausgleich bei Strukturschwächen. Meine Frage: Wie hoch ist der Anteil, der in die ostdeutschen Bundesländer geht, wenn der Gesamtanteil bei rund 28 Milliarden Euro liegt, wenn ich richtig informiert bin?

Dünow: Vielen Dank für die Frage. - Zu diesem Thema gab es gerade eine große Veranstaltung im Bundeswirtschaftsministerium. Ich kann Ihnen einmal die Zahlen vorlesen, die sich auf die Jahre 2014 bis 2020 beziehen und sehr eindrucksvoll sind: Auf Brandenburg entfallen 1,208 Milliarden Euro, auf Thüringen 1,664 Milliarden Euro, auf Mecklenburg-Vorpommern 1,352 Milliarden Euro, auf Sachsen 2,751 Milliarden Euro, auf Sachsen-Anhalt 2,039 Milliarden Euro und auf Berlin 850 Millionen Euro.

Zusatzfrage: Bemisst sich das nach der Einwohnerzahl oder nach tatsächlich bisher festgestellten Strukturschwächen?

Dünow: Dies wird in einem sehr umfassenden Verfahren ermittelt, bei dem alle möglichen Parameter, insbesondere auch die regionale Wirtschaftsleistung, eine Rolle spielen.

Frage: Wladimir Putin wird am 24. Juni zu einem offiziellen Besuch nach Wien kommen. In Wien heißt es, dies sei im Vorfeld von der österreichischen Seite mit der deutschen Seite abgestimmt worden. Können Sie das bestätigen, Frau Wirtz und Herr Schäfer?

SRS'in Wirtz: Ich kann eine solche Abstimmung zwischen der deutschen und der österreichischen Regierung nicht bestätigen. Ansonsten haben wir als deutsche Regierungssprecher keinen Kommentar dazu abzugeben, welche Besucher die österreichische Regierung empfängt.

Schäfer: Die deutsche und die österreichische Außenpolitik sind wahnsinnig eng abgestimmt. Das fängt bei den Beziehungen zwischen den beiden Außenministern an und geht weit in die Tiefen der beiden Außenministerien. Gleichwohl bin ich nicht in der Lage, Ihnen das, was Sie gefragt haben, zu bestätigen. Aber ich kann Ihnen versichern: Es gibt den allerengsten und allerbesten Austausch.

Frage: Frau Wirtz, können Sie zu diesem Zeitpunkt irgendetwas dazu sagen, was die Kanzlerin bei dem Treffen heute zu Präsident Putin gesagt hat?

SRS'in Wirtz: Das Treffen zwischen der Bundeskanzlerin und Präsident Putin ist vor einer guten halben Stunde zu Ende gegangen. Ich kann Ihnen sagen, dass die Kanzlerin in diesem Gespräch zum Ausdruck gebracht hat, dass nach den anerkannten Präsidentschaftswahlen in der Ukraine die Zeit genutzt werden muss, um eine Stabilisierung insbesondere in der Ostukraine zu erreichen. Sie hat in diesem Gespräch auch die Gelegenheit genutzt, Russland noch einmal an die große Verantwortung daran zu erinnern. Das ist das, was ich Ihnen zu dem Gespräch, das rund eine Stunde gedauert hat, sagen kann.

Frage (zur Lage in der Ukraine): Russland hat jetzt nach mehr als drei Monaten seinen Botschafter in die Ukraine zurückbeordert. Er soll an der Amtseinführung des Präsidenten teilnehmen. Wie bewerten Sie das? Ist das jetzt ein Kurswechsel? Was kann man dazu sagen?

SRS'in Wirtz: Ich kann zunächst einmal sagen, dass die Auskunft, die Sie gerade gegeben haben, von der russischen Botschaft bestätigt worden ist. Die Kanzlerin hat in einem Statement in Brüssel darauf hingewiesen, dass es ein ermutigendes Zeichen ist, dass der Botschafter zum einen zur Amtseinführung des designierten Präsidenten kommt und zum anderen wieder in Kiew stationiert sein soll.

Schäfer: Das reiht sich in eine Reihe von Signalen ein, über die wir an dieser Stelle schon gesprochen haben, etwa den Umstand, dass sich die Tonlage der russischen Regierung in den letzten Wochen zum Abhalten und zum Ergebnis der ukrainischen Präsidentenwahlen gewandelt und aus unserer Sicht auch verbessert hat. Sollte sich das, was die russische Regierung angekündigt hat, nämlich dass der russische Botschafter nach Kiew zurückkehrt und auch gleich an den Inaugurationsfeierlichkeiten teilnimmt, als richtig herausstellen und sollte dies tatsächlich geschehen, dann bedeutet das in der Sprache der Diplomatie mehr als nur bloßen Respekt für die Willensbekundung des ukrainischen Volkes. Das sind Äußerungen aus Moskau mit Blick auf die ukrainischen Präsidentschaftswahlen und bedeutet, dass der Vertreter des russischen Präsidenten dabei ist und damit offensichtlich gutheißt und für richtig befindet, dass der gewählte Präsident der Ukraine in sein Amt eingeführt wird. Auch das, wenn es so kommt, würde die Bundesregierung als ein positives Signal werten.

Aber ich kann nur davor warnen, schon jetzt zu sagen, die Krise sei gelöst. Es gibt noch viele offene Fragen. Das haben die G7-Staaten sehr eindrucksvoll in ihrer Erklärung zur Ukraine festgelegt. Wir haben noch viele Probleme zu überwinden, bevor wir auch nur ansatzweise davon sprechen können, dass die Krise überwunden wäre. Es ist sehr einfach, wie wir gesehen haben, eine echte, eine große, eine ernste Krise in Europa auszulösen. Aber es kann und wird voraussichtlich viele Jahre brauchen, bevor man mit den Folgen einer solchen Eskalation und einer solchen Krise umgehen kann.

Noch bis heute gibt es gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Aufständischen und den ukrainischen Sicherheitskräften im Osten der Ukraine. Es gibt sehr streitige Verhandlungen über Gaslieferungen in die Ukraine; auch da gibt es noch keinen Durchbruch. Es gibt jedenfalls keine offiziellen Kontakte zwischen der russischen und der ukrainischen Regierung in Bezug auf die vielen Fragen, die gelöst werden müssen. Kurzum: Es gibt noch sehr viel zu tun. Dem nimmt sich auch der Außenminister am Dienstag in Sankt Petersburg an. Wir hoffen, dass alles ganz langsam, aber doch in die richtige Richtung geht. Aber wir sind noch weit davon entfernt, schon jetzt Entwarnung zu geben.

Frage: Ich habe eine Frage an das Finanzministerium: Es gibt einen Magazinbericht, wonach schon im März ein Treffen zwischen dem Vorstand der Société Générale und dem Finanzminister stattgefunden haben soll, also Vorgespräche für einen möglichen Verkauf der Commerzbank-Anteile. Können Sie das bestätigen? Werden derzeit solche Gespräche geführt?

Kothé: Das kann ich Ihnen nicht bestätigen. In Sachen Commerzbank kann ich nur das wiederholen, was ich an dieser Stelle schon mehrfach gesagt habe, nämlich dass die Bundesregierung im Augenblick keinen Plan hat, ihre Anteile an der Commerzbank zu veräußern.

Frage: Frau Wirtz, da der Bundesnachrichtendienst bekanntlich nichts ohne engste Abstimmung mit der Bundesregierung tut, wüsste ich gerne von Ihnen, ob die heutige Enttarnung von sechs bisher getarnten Stationen des Bundesnachrichtendienstes Teil einer allgemeinen Transparenzoffensive der Regierung gegenüber und im Umgang mit dem BND ist oder ob das freihändig vom BND-Präsidenten an der Regierung vorbei enttarnt wurde und ob dadurch Sicherheitsrisiken für Deutschland entstehen.

SRS'in Wirtz: Soweit ich Ihnen dazu etwas sagen kann, kann ich Ihnen bestätigen, dass heute in der Tat sechs Außenstellen des Bundesnachrichtendienstes offiziell enttarnt werden. Die heutige Umwidmung ist, wie Sie ganz richtig vermuten, ein Teil einer Transparenzoffensive des Bundesnachrichtendienstes.

Der BND ist ein moderner Dienstleister, der in der Gesellschaft fest verankert ist. Er liefert täglich wichtige Informationen für die Entscheidungsträger in der Regierung und auch im Parlament. Die Informationsbeschaffung erfolgt naturgemäß vertraulich, aber nur in den Fällen, in denen dies auch notwendig ist. Dafür ist eine Tarnbezeichnung jedoch nicht mehr erforderlich; daher dieser Schritt des BND. Insofern steht nunmehr der Transparenzgedanke auch beim BND im Vordergrund.

Zusatzfrage: Geht das noch weiter? Tragen in Zukunft BND-Mitarbeiter Namensschilder? Wo ist die Grenze dieser Transparenzoffensive erreicht, mit diesen sechs Stellen, oder wird auch im Ausland an den deutschen Botschaften ein BND-Schild angebracht? Wo endet diese Transparenzoffensive?

SRS'in Wirtz: Die Umwidmung der ersten sechs Außenstellen ist zunächst einmal als ein Schritt zu registrieren. Ich kann Ihnen jetzt keine Auskunft darüber geben, ob weitere Gedanken in Richtung Transparenz beabsichtigt sind oder in den nächsten Monaten vollzogen werden. Ich denke, zunächst einmal steht diese Umwidmung für sich. Sie ist ein Schritt in Richtung Transparenz.

Frage: Der Mobilfunkkonzern Vodafone hat heute bekannt gegeben, dass er den Geheimdiensten in mehreren Ländern Zugriff auf sein Netz gewähren muss. Das sind nationale Regelungen. Gibt es so etwas auch in Deutschland?

SRS'in Wirtz: Dazu kann ich Ihnen keine Auskunft geben.

Zusatz: Das Innenministerium vielleicht?

Neymanns: Auch ich kann Ihnen keine Auskunft dazu geben.

Vorsitzender Welty: Das kann man gegebenenfalls noch nachreichen.

Neymanns: Das können wir gegebenenfalls klären.

Zusatz: Das wäre nett.

Frage: Ein kleiner Appendix: Man wäre ja schon froh, wenn man als Privatnutzer gelegentlich Zugang zum Vodafone-Netz hätte.

Eine Frage an das Auswärtige Amt: Herr Schäfer, der Außenminister hat der nigerianischen Regierung eine Sicherheitspartnerschaft zur Bekämpfung von Boko Haram angeboten. Können Sie uns sagen, wie die sich konkret ausgestalten kann? Boko Haram ist ja keine versprengte Rebellengruppe, sondern die haben 20.000 Söldner unter Vertrag und speisen sich aus Schutzgeldern, aus Korruptionsmilliarden - das ist kein kleines Ding. Was kann Deutschland da über den schönen Begriff "Sicherheitspartnerschaft" hinaus sinnvoll liefern?

Schäfer: Zunächst einmal nutze ich die Gelegenheit, noch einmal zu sagen, dass der Außenminister - ich glaube, vorgestern - mit seinem nigerianischen Kollegen, Herrn Aminu Wali, telefoniert hat. Bei dieser Gelegenheit wurde darüber gesprochen, dass die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Nigeria aus Sicht der beiden Regierungen ausgebaut werden sollten. Die beiden Minister haben vereinbart, dass auf dem in gut einem Monat, nämlich am 10. Juli, in der Hauptstadt Nigerias, in Abuja, stattfindenden Treffen der sogenannten Binationalen Kommission - das ist sozusagen das formale Gremium, in dem die breit angelegte Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Nigeria koordiniert und geregelt wird - auch die Fragen, die von Ihnen angesprochen worden sind, zur Sprache kommen sollen.

Herr Steinmeier hat seinem nigerianischen Kollegen das tiefe Mitgefühl der Deutschen angesichts der schrecklichen terroristischen Übergriffe von Boko Haram, die es überwiegend im Norden Nigerias gab, zum Ausdruck gebracht, und er hat Hilfe im Sicherheits- und Polizeisektor angeboten. Er hat darüber hinaus auch davon gesprochen, dass Deutschland bereit ist, den betroffenen Familien und auch den Dörfern derjenigen, die von diesen terroristischen Anschlägen betroffen sind, zu helfen. Das alles soll und wird im Detail etwa in einem Monat in der Binationalen Kommission gesprochen werden.

Gerade weil einige Kollegen von Ihnen - das entnehme ich einigen Agenturmeldungen von heute Morgen - das Thema aufgegriffen haben, erlaube ich mir zu sagen: Teil einer solchen Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit und des Polizeisektors ist es ausdrücklich nicht - ich wiederhole: ausdrücklich nicht -, deutsche Soldatinnen oder Soldaten als Kampftruppen nach Nigeria zu entsenden, um dort am Kampf gegen die Terrorgruppe Boko Haram teilzuhaben.

Frage: An das Verkehrsministerium: Vor etwa zwei Stunden haben hier in der Bundespressekonferenz die beiden Oppositionspolitiker Kindler und Claus Staatssekretär Ferlemann Verlogenheit vorgeworfen; er habe bei den Haushaltsberatungen nach Strich und Faden gelogen und sei auch nicht bereit gewesen, anhand eines gefertigten Protokolls Aufklärung zu leisten. Das ging schon ein bisschen über das hinaus, was unter Politikern üblich ist. Meine Frage: Wie sehen Sie das? Lässt der Staatssekretär das von sich abtropfen?

Strater: Ich habe während der Vorbereitung auf diese Pressekonferenz nur mit halbem Ohr zugehört, was hier in der direkt vorangegangenen Veranstaltung von Herrn Barthle und Herrn Kahrs dazu gesagt wurde. Dem habe ich im Moment nichts hinzuzufügen. Da ist ja der Sachverhalt ausführlich besprochen worden.

Zusatz: Ja, aber da ging es nicht um die Person des Staatssekretärs.

Strater: Dieser Fall ist dort, soweit ich das mitbekommen habe, ausführlich besprochen worden.

Zusatz: Dann haben Sie wirklich nur mit halbem Ohr hingehört.

Strater: Sehen Sie, so ist das.

Frage: Ich habe eine Frage an das Verteidigungsministerium bezüglich des Einsatzes in Zentralafrika: Ist es richtig, dass am Dienstag eine Gruppe von deutschen Bundeswehrangehörigen nach Bangui abreist? Falls das stimmt: Können Sie etwas zum Umfang dieser Mission und der Tätigkeit dieser Bundeswehrangehörigen sagen?

Roth: Wie Sie wissen, beteiligen wir uns an der europäischen Mission in Zentralafrika. Wir stellen dort Personal für das Hauptquartier in Bangui, das ist richtig. Dieses Personal soll meiner Erkenntnis nach Mitte Juni in Marsch gesetzt werden. Ob das genau zu dem von Ihnen genannten Termin stattfindet, ist mir nicht bekannt. Wir haben ja auch gesagt, dass wir dort mit logistischem Lufttransport unterstützen, den wir je nach Bedarf zur Verfügung stellen. Das sind die Maßnahmen, die wir dort im Rahmen dieser Mission anbieten und für die Deutschland auch zur Verfügung steht.

Zusatzfrage: Und welchen Umfang hat diese Unterstützung? Ich habe das so verstanden, dass es sich um eine kleine Gruppe von fünf Personen handelt.

Roth: Es ist geplant, dass im Hauptquartier in Bangui vier Dienstposten durch Deutschland besetzt werden. Darüber hinaus gibt es noch das strategische Hauptquartier in Larisa in Griechenland. Dort haben wir zurzeit sechs Dienstposten besetzt und das Personal ist auch schon vor Ort.

Frage: Eine Frage an das Auswärtige Amt zur Wahl in Ägypten: Herr Schäfer, was bedeutet es in der Sprache der Diplomatie, dass die Bundesregierung die Wahl lediglich zur Kenntnis genommen hat, wohingegen zum Beispiel Herr Kauder Herrn al-Sisi heute ausdrücklich gratuliert hat? Was ist der Hintergrund?

Schäfer: Ich glaube, das müssen Sie nicht überbewerten. In der Erklärung, die im Namen der Bundesregierung abgegeben worden ist, wurde auch auf die kurz zuvor publizierte Erklärung im Namen der Europäischen Union verwiesen. Auch da ist Herrn al-Sisi wie von uns zu seiner Wahl gratuliert worden. Wir haben deutlich gemacht, dass vor ihm und vor der neuen ägyptischen Regierung große, ernste Herausforderungen stehen. Wir haben darauf hingewiesen, dass es für uns wichtig ist, dass unter der neuen Führung von Präsident al-Sisi die Menschenrechte, die Medienfreiheit aber auch die politische Inklusion einen hohen Stellenwert genießen, und wir haben darauf hingewiesen, dass wir auf dieser Grundlage sehr gerne auch mit der neuen ägyptischen Führung zusammenarbeiten werden.

Was den Verlauf der Präsidentschaftswahlen angeht, so hat es eine Beobachtermission der Europäischen Union gegeben, die bereits vor einigen Tagen ein vorläufiges Urteil abgegeben hat und darauf hingewiesen hat, dass aus ihrer Sicht die Wahlen so verlaufen sind, dass sie dem Willen des ägyptischen Volkes entsprechen - trotz der Tatsache, dass es hier und da durchaus auch größere Unregelmäßigkeiten gegeben hat.

Die konkrete Antwort auf Ihre Frage ist insofern: Es gibt da gar keine diplomatischen Geheimnisse, die sich dieser Formulierung irgendwie entnehmen lassen müssten.

Frage: Eine Frage an das Finanzministerium: Momentan wird ja wieder darüber diskutiert, ob die strafbefreiende Selbstanzeige im Steuerrecht nicht etwas zu komplex geraten ist, sodass kaum jemand ihre Anforderungen erfüllt. Ein aktueller Fall, auf den das zutrifft, ist vermutlich wieder der Fall von Alice Schwarzer. Die Frage ist: Gibt es im BMF nach den Einigungen, die man bereits in der Vergangenheit mit den Ländern erzielt hat, weitere Überlegungen, hier noch nachzuregulieren?

Kothé: Zuerst einmal bitte ich um Verständnis, dass wir natürlich zu einzelnen Steuerfällen grundsätzlich nichts sagen und auch nichts sagen dürfen.

Was die strafbefreiende Selbstanzeige betrifft, so sind wir froh, dass da zusammen mit den Ländern eine Lösung gefunden worden ist. Ich denke, das ist eine gute Grundlage für die gesetzlichen Änderungen, die jetzt auf den Weg gebracht werden.

Frage: Eine Frage an die Bundesregierung: Der "Spiegel" berichtet, dass Frau Merkel einen Posten als EU-Kommissar für den SPD-Politiker Martin Schulz ausschließt. Trifft das zu?

SRS'in Wirtz: Ich kann Ihnen zu Spekulationen rund um Personal in Brüssel beziehungsweise bezüglich der Kommission keinerlei Auskünfte geben; an solchen Spekulationen beteiligen wir uns nicht.

Frage: Ich hätte gern vom Wirtschaftsministerium gewusst, warum die für kommende Woche geplante Pressekonferenz des Ministers abgesagt worden ist.

Dünow: Es wird eine Pressekonferenz oder ein Pressegespräch von Staatssekretär Kapferer zur Vorstellung des Rüstungsexportberichtes im Bundeswirtschaftsministerium geben.

Zusatzfrage: Und warum macht der Minister das nicht selber, so wie es offenbar schon sehr lange geplant war?

Dünow: Wie Sie wissen, ist das ein Rüstungsexportbericht, der sich aus Zahlen aus dem Jahr 2013 bezieht. Wir haben lange hin und her überlegt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es möglicherweise nicht klug oder nicht geschmackvoll wäre, wenn sich ein Wirtschaftsminister zu Entscheidungen des Amtsvorgängers äußert.

Frage: Herr Dünow, gilt es ab sofort grundsätzlich, dass amtierende Bundesminister Entscheidungen früherer Bundesminister nicht mehr kritisieren? Oder ist das sozusagen eine Lex - wie hieß er - Rösler oder eine Lex Gabriel oder eine Lex Rüstung, also eine Sonderregelung?

Dünow: Wir unterziehen dieses Thema im Einzelfall einer intensiven Prüfung.

Zusatzfrage: Dann haben Sie doch bestimmt Gründe, weshalb Herr Gabriel es in diesem konkreten Einzelfall, in dem es um Rüstungsexporte geht, die unter Federführung von Herrn Rösler genehmigt wurden, für nicht klug hält, sich dazu zu äußern, aber wieso sich beispielsweise Herrn Steinmeier über Herrn Westerwelle äußern könnte, wenn er dürfte? Oder darf er das auch nicht mehr?

Dünow: Jeder Minister kann sich zu jedem Thema äußern. Der Bundeswirtschaftsminister hat nicht die Absicht, ein allgemeines Gesetz aufzustellen oder zu formulieren, was Äußerungen über Amtsvorgänger angeht.

Zusatzfrage: Und wieso sagt er nichts zu Herrn Rösler?

Dünow: Sie können ihn bei Gelegenheit ja einmal fragen.

Frage: An das Finanzministerium zu dem ganzen Komplex Kfz-Steuer: Das Personaltableau ist offenbar erst in der Bereinigungssitzung abschließend festgezurrt worden. Ist der Start am 1. Juli zu halten, sind die neuen Mitarbeiter bis dahin schon alle geschult?

Zweitens. Ca. 200 Mitarbeiter werden von einer Zeitarbeitsfirma - von Vivento, glaube ich - übernommen. Warum stellt der Bund nicht selber ein? Ich frage hier also ein bisschen nach dem Selbstverständnis des Bundes als Arbeitgeber.

Kothé: Der Zeitpunkt der Umstellung ist gesetzlich vorgeschrieben und vereinbart, daran ändert sich nichts. Wir haben auch personell Vorsorge getroffen, dass diese Umstellung reibungslos verlaufen kann. Zu den einzelnen Beschlüssen, die der Haushaltsausschuss gestern Abend in diesem Bereich getroffen hat, kann ich Ihnen im Augenblick leider nichts sagen, die Zahlen habe ich nicht parat.

Zusatzfrage: Vielleicht auch an das Verkehrsministerium: Ist die geplante Erhebung der Pkw-Maut eigentlich schon im Stellenplan eingepreist, oder müssen in einem halben Jahr oder so noch einmal einige hundert Stellen neu bewilligt werden?

Strater: Herr Lange, netter Versuch. Warten Sie doch bitte ab, was der Minister zum Thema Pkw-Maut demnächst vorlegen wird.

Zusatzfrage: Die Pkw-Maut soll ja kommen, das ist doch unstrittig?

Strater: So ist das, sie wird kommen.

Zusatzfrage: Dann mache ich mir doch Gedanken, wie viel Personal ich brauche, oder nicht?

Strater: Das hängt damit zusammen, wie die Pkw-Maut ausgestaltet und umgesetzt wird. Deshalb müssen wir abwarten, was der Minister demnächst vorlegen wird.

Frage: Das heißt, dann gibt es einen Nachtragsetat für Personal in Sachen Maut? Oder wollen Sie den Eindruck erwecken, dass man das ganze Ding ohne Personal organisieren kann? Das nehme ich ja nicht an.

Strater: Sie scheinen zu wissen, wie es umgesetzt wird. Ich weiß es noch nicht.

Zusatzfrage: Nein, aber offenbar kann man die Mautregelung auch völlig ohne Personal umsetzen?

Strater: Das werden wir dann sehen, wenn der Minister sein Konzept vorgelegt hat.

Zusatzfrage: Aber dann hätte ein seriöser Minister doch Vorsorge treffen müssen durch Anmeldung im Bundeshaushalt. Wieso hat Herr Dobrindt das nicht gemacht?

Strater: Der Minister betreibt natürlich Vorsorge für sein Konzept, das derzeit erarbeitet wird. Das wird in Kürze vorgelegt, und dann werden Sie und alle anderen Interessierten informiert, wie das Ganze umgesetzt wird - und das wird auch sichergestellt.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 6. Juni 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/06/2014-06-06-regpk.html;jsessionid=22A0668F21D510B3C84A468C8955C674.s1t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juni 2014