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PRESSEKONFERENZ/745: Regierungspressekonferenz vom 26. Februar 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 26. Februar 2014
Regierungspressekonferenz vom 26. Februar 2014

Themen: Kabinettssitzung (Gesetzentwurf zur Durchführung der Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, Bericht über den Stand der Umsetzung der Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschuss), Reise des Bundesaußenministers nach Washington, Ukraine, No-Spy-Abkommen, Finanzhilfen für Griechenland, Klage der jüdischen Gemeinde von Thessaloniki vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof wegen einer Lösegeldforderung während der NS-Zeit, Besuch des chinesischen Präsidenten in Berlin, Gutachten der Expertenkommission "Forschung und Innovation", Treffen zwischen Bundeskanzlerin Merkel und dem früheren französischen Staatspräsidenten Sarkozy, Terminvergabe für Patienten in der gesetzlichen Krankenversicherung, Gespräch zwischen der Bundeskanzlerin und dem EZB-Präsidenten, Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Drei-Prozent-Hürde, Gesundheitszustand von Bundesminister Gabriel, staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Bundesminister Friedrich, Reise der Bundeskanzlerin nach London

Sprecher: StS Seibert, Schäfer (AA), Neymanns (BMI), Narzynski (BMF), Alemany (BMWi), Klaus (BMG), Rülke (BMJV)



Vorsitzender Leifert eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren, das Bundeskabinett hat sich zunächst mit einer wichtigen agrarpolitischen Maßnahme befasst. Die Regierung hat heute nämlich den Gesetzentwurf zur Durchführung der Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe beschlossen. Damit setzt die Bundesregierung wesentliche Änderungen der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik um.

Sie erinnern sich vielleicht, dass im Dezember 2013 ein EU-Ratsbeschluss gefasst wurde, um die gemeinsame Agrarpolitik zu reformieren. Es ist im Wesentlichen ein neues System der Direktzahlungen, also der Fördermittel, für die Inhaber landwirtschaftlichen Betriebe vorgesehen und nun haben die Mitgliedstaaten bestimmte Ausgestaltungsmöglichkeiten. Die Bundesregierung hat also heute diesen Gesetzentwurf passieren lassen.

Das Kernstück ist das sogenannte Greening. Das heißt, Fördermittel sind künftig stärker an zusätzliche Umweltleistungen gebunden. Die schrittweise Angleichung der zurzeit noch unterschiedlichen Basisprämien setzt dann weitere Anreize, Landwirtschaft nachhaltiger zu betrieben.

Mit der Umverteilungsprämie für die ersten Hektare werden vor allem kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe gefördert. Junge Landwirte bekommen gezielte Unterstützung, um Familienbetriebe zu erhalten. Des Weiteren werden 4,5 Prozent der jährlichen nationalen Obergrenze für die Direktzahlungen zugunsten der ländlichen Entwicklung umgeschichtet.

Anschließend hat sich das Bundeskabinett mit dem Bericht der Bundesregierung über den Umsetzungsstand der Empfehlungen des zweiten Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages in der 17. Wahlperiode (NSU-Untersuchungsausschuss) befasst.

Wir haben über dieses schmerzliche Thema hier oft gesprochen und berichtet. Die Aufdeckung der NSU-Mordserie im November 2011 hat in Deutschland einen großen Schock und tiefe Betroffenheit ausgelöst. Es gilt weiterhin, dass unser Mitgefühl und unsere Trauer mit den Menschen sind, die von diesen Tätern ermordet wurden, die bei Sprengstoffanschlägen schwer verletzt wurden, und vor allem auch bei deren Angehörigen.

Die Bundesregierung setzt den Kampf gegen den Rechtsterrorismus fort. Sie hat sich im Übrigen auch im Koalitionsvertrag die Empfehlungen des Untersuchungsausschusses zu Eigen gemacht. Der Untersuchungsausschuss hatte ja in seinem Bericht Versäumnisse, Fehler, Organisationsmängel bei den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Länder festgestellt und sich parteiübergreifend auf 47 Empfehlungen verständigt. Der nun heute im Kabinett beschlossene Bericht stellt den aktuellen Stand der Umsetzung dieser Empfehlungen auf Bundesebene dar.

Ich will nur ganz kurz erwähnen: Zu den schon jetzt ergriffenen Maßnahmen gehört die Einrichtung eines Gemeinsamen Abwehrzentrums Rechts im Dezember 2011, das inzwischen zum Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum erweitert worden ist. Es gehören weiterhin im Dezember 2012 die Errichtung der Rechtsextremismusdatei sowie die noch laufende Überprüfung möglicher Altfälle.

So viel zu meinem Bericht aus dem Kabinett.

Schäfer: Ich würde Ihnen gerne mitteilen, dass der Bundesaußenminister morgen und übermorgen zu einer Reise nach Washington aufbrechen wird. Geplant ist, dass er direkt nach seiner Ankunft morgen Mittag Washingtoner Zeit mit dem amerikanischen Außenminister John Kerry zusammentrifft, um mit ihm aktuelle Fragen auf der internationalen Agenda, aber auch die bilateralen Beziehungen zu besprechen. Im Anschluss an dieses Gespräch ist eine gemeinsame Pressekonferenz geplant.

Der Bundesaußenminister wird darüber hinaus Gespräche mit Vertretern des Kongresses führen. Er wird am Freitag mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds, Frau Christine Lagarde, zusammentreffen und wird danach bei der Brookings Institution eine Rede zu den bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten halten.

Frage: Herr Schäfer, bei den Gesprächen des Bundesaußenministers mit Frau Lagarde wird es um die Lage in der Ukraine gehen, wie ich annehme, sowie um die Frage, wie der Ukraine finanziell unter die Arme gegriffen werden kann. Mit welchen Vorgaben soll das aus deutscher Sicht versehen werden? Gibt es bei Ihnen schon eine Marschrichtung, mit der man in die Gespräche geht?

Eine zweite Frage, die ich gleich anschließen möchte: Wird das Anti-Spionage-Abkommen zwischen Deutschland und den USA bei dem Besuch eine Rolle spielen oder ist die Hoffnung darauf schon begraben worden? Diese Frage würde ich an den Regierungssprecher, an Herrn Seibert, richten wollen.

Schäfer: Dass das Thema "Ukraine" bei den Gesprächen in Washington eine Rolle spielen wird, wird Sie nicht überraschen. Das ist absolut der Fall - im Übrigen nicht nur bei den Gesprächen mit Frau Lagarde, sondern auch mit dem amerikanischen Außenminister. Das ist für uns im Rahmen unserer östlichen Partnerschaft natürlich zurzeit die größte Frage, die wir angehen müssen.

Aus Sicht des Bundesaußenministers geht es darum, die politische Stabilisierung des Landes, die ja jetzt - sehr vorsichtig gesprochen und mit allem Wissen um die Gefahren, die für diesen Stabilisierungsprozess noch bestehen - jedenfalls langsam auf den Weg gekommen ist, mit einem Prozess der wirtschaftlichen und finanziellen Stabilisierung der Ukraine einhergeht. Es scheint allen Beteiligten in der Ukraine und auch außerhalb klar zu sein, dass das nicht ohne Hilfe von außen geht.

Aus Sicht der Bundesregierung ist es angezeigt, dass die internationale Gemeinschaft sozusagen einen Schulterschluss pflegt. Das bedeutet: Es geht hier nicht um Konfrontation zwischen West und Ost, sondern es geht darum, dass ein ganz wichtiges Land im Osten Europas die Gelegenheit erhält, auf eigenen Beinen zu stehen. Unser Ziel auch der Gespräche in Washington wird sein, diese Botschaft mit unseren Gesprächspartnern zu verkünden und einen Beitrag dazu zu leisten, dass die internationale Gemeinschaft Ideen entwickelt - und dann auch möglichst schnell konkret umsetzt -, die die Ukraine in die Lage versetzen, wieder finanziell und auch wirtschaftlich selbstständig auf gesunden Beinen stehen zu können.

Sie haben die bilateralen Beziehungen angesprochen, Herr Ueberbach. Selbstverständlich spielen alle Aspekte der bilateralen Beziehungen eine Rolle. Die Konflikte der letzten Monate werden dabei nicht ausgeblendet und kommen natürlich zur Sprache. Bei dem jüngsten Besuch von Außenminister Kerry hier in Berlin ist das Thema ja auch zwischen die beiden Außenminister zur Sprache gekommen. Den Dialog dazu werden wir fortsetzen. Es ist vielleicht auch angezeigt, im Rahmen dieser Gespräche, die der Außenminister führt, insgesamt zum Thema "Cyber-Politik" mit den amerikanischen Partnern den Dialog aufzunehmen.

Was Ihre konkrete Frage zu einem No-Spy-Abkommen angeht, würde ich Sie auf das Interview verweisen, das Bundesaußenminister Steinmeier am Montag einem großen politischen Wochenmagazin gegeben hat. Darin finden Sie einen Satz, der relativ einfach zu interpretieren ist.

Frage: Herr Schäfer, wird Griechenland ein Thema bei dem Treffen mit Frau Lagarde sein?

Schäfer: Ich kann jetzt schlecht dem Gespräch der beiden vorgreifen. Ich glaube, dass es bei dem Gespräch der beiden insgesamt um die Beziehungen des IWF mit Deutschland und die Aufgaben des IWF gehen wird. Deshalb kann ich nicht ausschließen, dass das Thema "Griechenland" zur Sprache kommt; ich kann es aber auch nicht bestätigen.

Frage: Eine Nachfrage zu dem Themenkomplex NSA und No-Spy-Abkommen an das Auswärtige Amt. Was die Botschaft von Herrn Kerry in Berlin und München angeht, erinnere ich mich vor allem an eine Art Schlussstrich und daran, dass man nach vorne schauen möchte. Wie will man mit diesem Dissens in Zukunft leben? Hat man sich auf ein "agree to disagree" geeinigt? Wie soll der Dialog, von dem Sie gesprochen haben, konkret aussehen?

Schäfer: Dass wir uns mit unseren amerikanischen Partnern auch um die Zukunft und deren Gestaltung zu kümmern haben, kann man, glaube ich, ja nun schlechterdings nicht kritisieren. Das heißt aber überhaupt nicht, dass die Vergangenheit in irgendeiner Weise ausgeblendet wird.

Ich habe es eben unterlassen, den einen Satz, auf den ich aus dem Interview mit dem "Spiegel" verwiesen habe, zu rekurrieren. Aber da Sie noch einmal nachfragen, Herr Remme, lese ich einfach einmal in toto vor, was der Bundesaußenminister dem "Spiegel" für die Ausgabe von vorgestern gesagt hat. Da heißt es: "Die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit wird in den Vereinigten Staaten von Amerika anders bewertet als in Europa und vor allem in Deutschland. Das hat viel mit den historischen Erfahrungen zu tun. Der Riss geht tief. Und die Arbeit, die vor uns liegt, ist nicht zu unterschätzen. Ich bezweifle übrigens, dass ein No-Spy-Abkommen uns viel weiter bringt."

Ich glaube, an diesen wenigen Sätzen des Bundesaußenministers mögen Sie erkennen, dass es aus unserer Sicht jetzt nicht darum geht, einfach ohne Weiteres einen Schlussstrich unter die Debatten der letzten Monaten zu ziehen, sondern es geht darum, mit den Amerikanern einen Modus Vivendi zu finden, der die Konflikte der Vergangenheit nicht ausblendet, uns aber gleichzeitig gemeinsam zukunftsgestaltend hält.

Frage: Eine Frage zur Ukraine: Soll ein Hilfsprogramm aus Sicht der Bundesregierung denn an konkrete Konditionen für die politische Stabilität gebunden werden?

Ist darüber hinaus ein Soforthilfsprogramm angedacht oder möglich, um der Ukraine zügig zu helfen?

Schäfer: Ich glaube, was es zunächst einmal braucht, sind belastbare Informationen darüber, wie tatsächlich der finanzielle Zustand des ukrainischen Staatshaushalts ist. Es gibt dazu eine ganze Menge Informationen, die durch die Nachrichten gehen, die aus unserer Sicht noch nicht unbedingt belastbar sind. Deshalb ist der nächste Schritt, den es in Kiew braucht, zunächst einmal, glauben wir, die Bildung einer neuen Regierung, einer Übergangsregierung bis zu den nächsten Wahlen. Wir hoffen, dass das möglichst zügig über die Bühne geht. Sie wissen vielleicht, dass die Vereinbarung, die unter Beteiligung von Bundesaußenminister Steinmeier am vergangenen Freitag unterzeichnet worden ist, dafür eine Zehn-Tage-Frist vorsieht. Ob das jetzt konstitutiv ist, vermag ich nicht zu sagen. Jedenfalls bringt es zum Ausdruck, dass auch aus unserer Sicht bei dieser Frage Eile geboten ist.

Sie wissen, dass die Verhandlungen über die Bildung einer Regierung zurzeit laufen. Wir hoffen, dass sie bald zu einem Ergebnis kommen. Dann gibt es auch einen für alle Frage des finanziellen Status der Ukraine zuständigen Regierungschef sowie einen Finanzminister. Es ist zunächst an diesem, zu erklären, in welcher Weise konkreter Finanzbedarf besteht.

Darüber hinaus ist es natürlich so, dass man davon ausgehen muss, dass die Ukraine finanzielle Hilfe braucht. Es macht Sinn, dass diese Hilfe nicht ohne jede Bedingung gegeben wird, denn unser Ziel - übrigens auch das Ziel, das wir mit dem Assoziationsabkommen in den letzten Monaten verfolgt haben - ist, eine Hilfestellung dafür zu geben, dass die Ukraine einen Weg hin zu selbsttragendem Wachstum, zu Reformen geht, die es möglich machen, dass das Land wirklich auf eigenen Beinen stehen kann. Die Gespräche, die der Bundesaußenminister - und auch viele andere in Europa - morgen und übermorgen mit den amerikanischen Partnern führen wird, dienen dem Ziel, auf einen Konsens in der internationalen Gemeinschaft hinzuwirken, bei dem am Ende eines Diskussionsprozesses etwas steht, mit dem man den Ukrainern wirklich helfen kann, dabei auch finanziell und nicht nur politisch auf eigenen Beinen zu stehen.

Frage: Herr Schäfer, die Bundeskanzlerin hat angeboten, Frau Timoschenko in Deutschland behandeln zu lassen. Sie hat wohl zugesagt - in der Charité wusste man gestern nichts davon -, dass man in der Charité ein Zimmer für Frau Timoschenko bereithalten soll. Sie hat auf politische Gespräche, wahrscheinlich im Auswärtigen Amt, verwiesen. Gibt es etwas Neues zu den Terminen, zu der Lage?

Eine zweite Frage: Die etwa 30 Schwerverletzten auf dem Maidan sollen auch in der Charité behandelt werden. Gibt es dazu etwas Neues?

Schäfer: Eine Einreise von Frau Timoschenko nach Deutschland ist ein relativ einfaches Unterfangen. Dafür braucht sie einen Reisepass und ein Visum, das ihr die Möglichkeit gibt, in den Schengen-Raum einzureisen. Das scheint mir jetzt eine kleine "Technikalie" zu sein, die sich schnell umsetzen lässt. Es hängt - widersprechen Sie mir, Herr Seibert, wenn ich etwas sage, das nicht stimmen sollte - schlicht und ergreifend von dem Willen und Wunsch von Frau Timoschenko ab, ob und wann sie nach Deutschland einreisen möchte und von wem sie sich bei ihren gesundheitlichen Problemen behandeln lassen möchte.

Ich nehme an, dass Sie die Charité deshalb angesprochen haben, weil die Charité bislang Ansprechpartner für die gesundheitlichen Probleme von Frau Timoschenko war. Ärzte der Charité haben Frau Timoschenko ja auch in Charkow besucht, sie untersucht und haben immer wieder darauf hingewiesen, wie krank sie sei und dass sie ärztliche Hilfe nötig habe. Aber es ist doch eine Entscheidung, die nicht uns und schon gar nicht der Bundesregierung obliegt, wann und wo Frau Timoschenko sich gerne behandeln lassen möchte.

Ich glaube, ich kann guten Gewissens sagen: Wenn sie einreisen möchte, ist sie herzlich willkommen und kann sich hier behandeln lassen. Wenn sie in diesem Zusammenhang mit der Bundesregierung politische Gespräche führen wird, wären wir die Letzten, die ihr das verweigerten.

Zusatzfrage: Meine Frage zu den Schwerverletzten war noch nicht beantwortet.

Schäfer: Ich glaube, das ist alles in einem so frühen Stadium, dass ich dazu weder etwas sagen kann noch letztlich etwas sagen möchte. Grundsätzlich besteht die Bereitschaft von uns, dabei Hilfe zu leisten, dass diejenigen, die bei den Ereignissen der vergangenen Woche schwere, zum Teil schwerste Verletzungen davongetragen haben, anständig behandelt werden und wieder voll genesen können. Aber konkrete Details zu Ihrer konkreten Frage möchte ich eigentlich nicht geben, weil das zu früh ist.

Frage: Herr Schäfer, Herr Seibert, ist ein Treffen von Frau Timoschenko und Angela Merkel bei dem nächsten Parteitag der Europäischen Volkspartei geplant?

StS Seibert: Ich kenne die Reisepläne von Frau Timoschenko nicht und kann auch nicht für sie sprechen. Ich weiß, dass die Bundeskanzlerin zum EVP-Treffen nach Dublin reisen wird. Ich kann aber über Treffen jetzt noch nichts sagen.

Zusatzfrage: Wie sieht die Bundesregierung jetzt Herrn Janukowitsch? Ist er noch der Präsident? Vielleicht verstehe ich das nicht ganz.

Schäfer: Im völkerrechtlichen Verkehr zwischen Staaten werden nicht Personen und auch nicht Funktionsträger anerkannt, sondern es werden Staaten anerkannt. Die diplomatischen Beziehungen, die die Bundesrepublik Deutschland zur Ukraine unterhält, hat es völlig unabhängig davon gegeben, ob Präsident Janukowitsch jetzt noch Präsident der Ukraine ist oder nicht mehr ist.

Was wir in der Ukraine beobachten, sind außerordentliche dynamische politische Prozesse, die insbesondere an dem Freitag, nachdem die drei Außenminister des Weimarer Dreiecks die Vereinbarung mit dem Präsidenten unterzeichnet hatten, erst in Gang gekommen sind. Wir verfolgen diese Ereignisse mit allergrößter Aufmerksamkeit und stellen dabei fest - ich denke, diese Beobachten können Sie nachvollziehen -, dass das einzige Verfassungsorgan der Ukraine, das zurzeit voll handlungsfähig ist, die Oberste Rada, das Parlament der Ukraine, ist.

Der Präsident - auch das wird Sie nicht überraschen - hält sich an einem unbekannten Ort auf. Der Präsident ist irgendwo an einem Ort, von dem auch wir nicht wissen, wo er ist. Er ist deshalb als Präsident nur noch wenig anzutreffen, und deshalb gibt es auch keine handlungsfähige Regierung. Die Oberste Rada hat den Beschluss getroffen, einige Parlamentarier mit Exekutivfunktionen zu versehen. Es gibt zum Beispiel jemanden, der Funktionen des Innenministers wahrnimmt. Ich glaube, es gibt auch jemanden, der die Rolle des Verteidigungsministers wahrnimmt. Das sind doch alles Entscheidungen, die in die richtige Richtung gehen, weil sie dafür sorgen, dass Ruhe und die öffentliche Ordnung nicht nur in Kiew, sondern im ganzen Land aufrechterhalten werden können.

Die konkrete Frage, die Sie gestellt haben, wird sich, glaube ich, in kürzester Zeit sozusagen von selbst beantworten.

Frage: Eine Frage an das Außenministerium bezüglich des massiven Ausbaus der Spionageabwehr hier in Deutschland. Wird der Bundesaußenminister, vielleicht auch mit Blick auf Botschaftsmitarbeiter, ansprechen, dass westliche Partner dabei überwacht werden, wie sie spionieren?

Schäfer: Ich kann über die Gespräche des Bundesaußenministers morgen in Washington deshalb noch nicht sprechen, weil sie noch nicht stattgefunden haben. Dem kann ich auch nicht vorweggreifen. Ich habe Ihnen ja schon gesagt, dass auch die Konflikte der vergangenen Monate, auf die Sie anspielen, natürlich in den Gesprächen des Bundesaußenministers eine Rolle spielen werden.

Frage: Herr Seibert, eine Frage zum Stichwort "No-Spy-Abkommen", das vorhin angesprochen wurde. Ging die Initiative dazu eigentlich von deutscher Seite aus oder war es ein Angebot der US-Seite, ein solches Abkommen zu vereinbaren?

StS Seibert: Ich kann hier nicht aus vertraulichen Gesprächen berichten, auch nicht aus vertraulichen Gesprächen im letzten Sommer. Es gab Gespräche auf Ebene der Regierung, und es gab Gespräche auf der Ebene der Dienste. Dazu kann ich jetzt im Detail nichts sagen.

Zusatzfrage: Heißt das, es ist geheim, ob die Amerikaner ein No-Spy-Abkommen angeboten haben oder ob die deutsche Regierung von den Amerikanern gerne ein No-Spy-Abkommen hätte? Was ist daran geheim? Das erschließt sich mir nicht direkt.

StS Seibert: Was uns wichtig ist, ist doch die vertrauensvolle Qualität unserer Zusammenarbeit. Ich darf noch einmal daran erinnern, was die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung gesagt hat: Deutschland kann sich keinen besseren Partner als die Vereinigten Staaten wünschen. Die deutsch-amerikanische Partnerschaft, die transatlantische Partnerschaft, ist und bleibt für uns von überragender Bedeutung. Ein Aspekt dieser Partnerschaft ist auch die Zusammenarbeit der Dienste. Diese Zusammenarbeit der Dienste wollen wir. Sie ist uns wichtig. Sie ist im Interesse der deutschen Bürger, weil sie hier für Sicherheit sorgt und weil sie im Übrigen auch für die Sicherheit unserer Bundeswehrsoldaten und -soldatinnen im Ausland sorgt.

Vertrauen muss die Basis dieser Zusammenarbeit sein. Wir werben dafür. Wir haben dabei feste Überzeugungen. Die wichtigste ist, dass auf deutschem Boden auch das deutsche Recht gelten muss und dass die Bürger sich darauf verlassen können müssen. Es ist erkennbar, dass es auseinanderliegende Vorstellungen gibt. Die Bundesregierung wird weiterhin - das hat ja gerade auch Herr Schäfer hinsichtlich des Besuchs des Außenministers gesagt - ihre Überzeugungen darlegen.

Zusatzfrage: Eine letzte Frage an Herrn Seibert oder an das Innenministerium: Wann haben die Bundesregierung oder der betroffene Innenminister eigentlich davon erfahren, dass sein Handy vermutlich beziehungsweise vermeintlich abgehört wird - aus der Presse oder durch eigene Informationsquellen?

StS Seibert: Ich will dem BMI nicht vorgreifen. Ich kann nur sagen, was wir in der letzten oder vorletzten Regierungspressekonferenz dazu gesagt haben, nämlich dass über diesen Sachverhalt, von dem in den Medien berichtet wird, keine eigenen Erkenntnisse haben.

Zusatzfrage: Heißt das, die Schlussfolgerung ist zulässig, dass Herr de Maizière die "Bild am Sonntag" aufgeschlagen und dann davon erfahren hat, dass er abgehört wird?

Neymanns: Ich würde mich den Äußerungen von Herrn Seibert anschließen. Wir haben dazu keine eigenen Erkenntnisse, und mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

Frage: Herr Schäfer, Herr Steinmeier wird sich, haben Sie eben gesagt, über die Cyber-Außenpolitik mit John Kerry unterhalten. Jetzt würde mich einmal interessieren, was dann dort aus Sicht des Auswärtigen Amtes konkret auf der Agenda stehen wird.

Schäfer: Ich will den Gesprächen gar nicht vorweggreifen. Ich habe das Thema nur gesetzt, weil wir im Auswärtigen Amt der Auffassung sind, dass die Konflikte der letzten Monate, über die hier und unter uns jetzt auch wieder breit gesprochen und debattiert wird, ja nicht das einzige Dossier in diesem Bereich sind, über den man einmal mit den Amerikanern sprechen kann. Es ist jetzt aber zu früh dafür, sozusagen konkrete Dinge vorwegzunehmen. Warten Sie es doch einfach ab. Der Außenminister wird dort Gespräche führen, anschließend können Sie fragen, und dann werden Sie von mir auch die Antwort bekommen - in Bezug darauf, was tatsächlich geschehen ist, und nicht in Bezug darauf, was besprochen werden könnte.

Frage: Herr Seibert, was ist der Status dieser Gespräche über das Abkommen - auf welcher Ebene auch immer -, von denen Sie eben sprachen? Sind die abgeschlossen, unterbrochen beziehungsweise ausgesetzt, oder dauern sie an?

StS Seibert: Ich habe gesagt, dass die Bundesregierung ihre Überzeugungen zu diesem Thema weiterhin auf allen Ebenen vertreten wird. Das, glaube ich, gibt Ihnen die Antwort.

Frage: Herr Narzynski, Ihr Vorgänger Herr Kotthaus hat sich einmal gerühmt, drei Fragen auf einmal beantworten zu können, und er hat es dann gleich darauf bewiesen.

StS Seibert: Kein gutes Beispiel!

Zusatzfrage: Das soll kein Testfall sein, aber ich habe wieder drei Fragen und wollte fragen, ob ich sie als Paket oder hintereinander vortragen soll.

Narzynski: Das bleibt jetzt Ihnen überlassen. Die Fragestellung ist Ihre Sache. Wenn ich etwas vergessen sollte, dann würde ich Sie um einen Hinweis bitten.

Ich will nur eines vorab sagen: Herr Kotthaus ist nicht mein Vorgänger beziehungsweise ich bin nicht der Nachfolger von Herrn Kotthaus. Der Nachfolger von Herrn Kotthaus wird Herr Jäger sein, der sein Amt am 1. Oktober antreten wird.

Zusatzfrage: Laut Zeitungsberichten arbeitet die Bundesregierung an einer Reform der Hilfen für Griechenland. Stimmt der diesbezügliche Bericht der "Welt"? Wenn ja, in welcher Form?

Zur zweiten Frage: Der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments hat einen Bericht über die Troika gebilligt, wonach die Troika mitverantwortlich für die laufende Misere in Griechenland, in Zypern, in Portugal etc. ist. In diesem Rahmen hat ein sozialdemokratischer Abgeordneter aus Spanien davon gesprochen, dass sich die Troika wie ein Metzger verhält, der sich als Chirurg ausgibt. Ich wollte fragen, welche Stellung die Bundesregierung zu diesem Thema bezieht.

Narzynski: Sie hatten zuerst nach den Berichten über Veränderungen am laufenden Programm gefragt. Das steht aus unserer Sicht nicht im Raum. Es gibt da nichts Neues. Das Griechenland-Programm läuft. Es läuft noch bis Ende dieses Jahres. Wir haben immer gesagt, dass wir im Anschluss an das Programm beurteilen werden müssen, ob es noch einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf gibt. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu beurteilen. Das ist auch keine Frage, die die deutsche Bundesregierung allein zu beurteilen hätte, sondern das ist eine Frage, die zunächst der Troika obliegt, die die Durchführung des zweiten Programms überwachen muss. Insofern verstehe ich nicht ganz, dass Sie sagen, die deutsche Regierung würde an einer Reform des zweiten Programms arbeiten. Das könnte die deutsche Bundesregierung gar nicht, weil es nicht ein zweites Programm der deutschen Bundesregierung ist, sondern ein Programm, das eher auf einer sehr viel breiteren europäischen Basis steht.

Wenn ich den Bericht der "Welt", auf den Sie Bezug genommen haben, richtig interpretiere, dann ging es dabei auch nicht darum, das laufende Griechenland-Programm zu reformieren, sondern es ging um ein eventuelles Anschlussprogramm. Dazu habe ja ich eben gesagt, was dazu zu sagen ist.

In Bezug auf die Troika werde ich jetzt nicht Äußerungen einzelner EP-Abgeordneter bewerten; dafür haben Sie sicherlich Verständnis. Wir haben immer gesagt - ich glaube, sogar genau in dem Zusammenhang, auf den Sie zu Beginn Bezug genommen haben, nämlich die drei Fragen, die Herr Kotthaus hier beantwortet hat -, dass wir die Arbeit der Troika positiv bewerten, dass es aber selbstverständlich das gute Recht des Europäischen Parlaments ist, sich mit der Arbeit der Troika auseinanderzusetzen. Dass das Europäische Parlament das tut, ist vollkommen legitim. Es ist allerdings so, dass wir es mit der Einbindung der Troika geschafft haben, drei Institutionen einzubinden, die eine besondere Sachkenntnis in den Prozess einbringen. Vor diesem Hintergrund sehen wir in der jetzigen Situation, in der wir im letzten Jahr des laufenden Programms stehen, auch keinen Anlass, darüber zu spekulieren, wie man das in irgendeiner Weise anders aufstellen müsste.

Zusatzfrage: Die dritte Frage ist ganz anderer Natur: Die Juden von Saloniki fordern von der Bundesregierung die Rückzahlung von umgerechnet etwa 45 Millionen Euro, die sie damals, also 1943, unter Zwang an die Besatzungsmacht zahlen mussten, um die etwa 9.000 jüdischen Zwangsarbeiter freizukaufen. Wie stellt sich die Bundesregierung zu dieser Frage?

Narzynski: Sie wissen, dass dieser Punkt nicht nur hier, sondern auch im Deutschen Bundestag sehr breit diskutiert worden ist und dass es dazu auch keine neue Position gibt. Die Bundesregierung hat dazu sehr umfassend Stellung genommen; ich kann hier auf eine Kleine Anfrage verweisen. Die Bundesregierung hat immer darauf hingewiesen, dass wir uns der historischen Verantwortung, die Deutschland für die Verbrechen in der Zeit des Zweiten Weltkriegs trägt, sehr bewusst sind. Allerdings ist es so, dass wir in der jetzigen Situation ein Verhältnis zu Griechenland haben, das von gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägt ist, dass im Verhältnis zu Griechenland die Fragen der Zukunft die wesentliche Rolle spielen, dass es im Hinblick auf Reparationsfragen keinen neuen Stand gibt und dass all diese Fragen beantwortet sind.

Zusatzfrage: Das ist wahrscheinlich ein Missverständnis. Das ist nicht eine Forderung des griechischen Staates, sondern eine Forderung der jüdischen Gemeinde in Saloniki. Das ist total unabhängig von dem gesamten Komplex der Entschädigungen, die Griechenland verlangt. Die griechischen Juden von Saloniki verlangen etwas Konkretes. Dazu wollte ich eine Antwort, falls Sie darüber informiert sind.

Narzynski: Ich glaube, ich habe dazu gesagt, was dazu zu sagen ist. Es gibt ja eine Rechtsposition in Bezug darauf, wie Forderungen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs geltend zu machen sind. Auf alle Fragen, die damit zusammenhängen, und hinsichtlich aller Einzelaspekte, die damit zusammenhängen, hat die Bundesregierung sehr umfassend geantwortet. Ich habe Ihnen ja auch gesagt, in welchen Zusammenhängen, nämlich zum Beispiel im Zusammenhang mit der Kleinen Anfrage. Insofern gibt es nichts, was ich zu einer Frage, die dazu gehört, noch sagen könnte. Fragen im Zusammenhang mit Reparationsforderungen sind von der Bundesregierung insgesamt beantwortet worden.

Frage: Es geht um den Besuch des chinesischen Staatschefs in Berlin. Ich würde gerne wissen, ob das Programm - Anreise, Ankunft und was er hier in Berlin machen wird - inzwischen feststeht.

StS Seibert: Nein, das Programm steht noch nicht fest. Wie Sie es kennen, geben wir das auch immer in der Vorwoche des Besuchs bekannt.

Zusatzfrage: Es war in den Medien zu lesen, dass der Präsident hier in Berlin das Holocaust-Mahnmal besuchen wollte, ihm dies aber verweigert wurde. Ich wollte wissen, ob das stimmt und aus welchem Grund das abgelehnt wurde.

Er wollte dann stattdessen die Neue Wache besuchen. Dazu war allerdings keine Antwort zu finden.

StS Seibert: Da ich Ihnen gesagt habe, dass das Programm noch nicht feststeht, werde ich mich jetzt auch nicht zu Details eines noch nicht feststehenden Programms äußern. Wir haben allerdings auch nicht die Angewohnheit, Gästen etwas zu verweigern. Programme entstehen in Absprache zwischen dem Besucher und den Gastgebern, und ich werde bekannt geben, wie das Programm aussieht, sobald wir soweit sein werden.

Zusatzfrage: Erlauben Sie mir noch eine weiterführende Frage: Der chinesischen Seite wird oft vorgeworfen, dass sie im Konflikt zwischen Japan und China instrumentalisiere, dass sich Japan nicht genügend mit der Geschichte des Zweiten Weltkriegs auseinandersetze. Meine Frage dazu: Wie verhält sich die deutsche Regierung zu dem Konflikt zwischen Japan und China und dazu, dass das noch immer nicht genügend geklärt sei?

StS Seibert: Vielleicht möchte das Außenministerium etwas dazu sagen. Ich habe der japanischen Regierung hier keine Ratschläge zu geben.

Wir werden während des Besuchs des chinesischen Staatspräsidenten natürlich die bilateralen und die globalen Themen mit ihm besprechen, die uns mit China verbinden, und auch die Themen, die in Südostasien anstehen.

Schäfer: Wir sehen den aktuellen Streit um Gebietsfragen im ostasiatischen Meer mit einiger Sorge. Unser Wunsch und unser Appell an alle Beteiligten - dazu zählen China und Japan, aber auch andere Anrainerstaaten der dortigen Meere - ist es, die Konflikte mit friedlichen Mitteln und auf dem Dialogwege auszutragen.

Mir ging es gerade eben bei Griechenland etwas zu schnell. Ich würde gern noch etwas zum Thema Jüdische Gemeinde in Thessaloniki ergänzen. Den rechtlichen Ausführungen des Kollegen aus dem Finanzministerium habe ich nichts hinzuzufügen, möchte aber sagen, dass die ganze Geschichte natürlich auch eine politische Dimension hat. Ich möchte Ihnen sagen, dass der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Herr Roth, zuletzt vor einem guten Monat in Griechenland und auch bei der Gemeinde gewesen ist. Das ist nicht das erste Mal, dass mit der Gemeinde das Gespräch gesucht wurde. Das ist auch vonseiten unserer deutschen Botschaft in Athen geschehen. Es ist unser ausdrückliches Angebot, mit der jüdischen Gemeinde in Thessaloniki zukunftsgerichtete Projekte zu verfolgen. Dazu sind wir weiterhin bereit, und zwar völlig unabhängig von den rechtlichen Fragen, die zurzeit vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig gemacht sind, zu denen Ihnen mein Kollege die Haltung der Bundesregierung bereits deutlich gemacht hat.

Frage: Mir geht es um das Gutachten der Expertenkommission "Forschung und Innovation". Ich frage Herrn Seibert und das Wirtschaftsministerium: Was sagen die Kanzlerin beziehungsweise das Wirtschaftsministerium zu einem Ergebnis dieses Gutachtens, dass nämlich das EEG weder Innovation fördert noch dem Klimaschutz dient?

Speziell an Herrn Seibert geht die Frage: Die Kanzlerin hat, als ihr das Gutachten übergeben wurde, gesagt, dass das EEG von der jetzigen Form in ein Ausschreibungsverfahren umgewandelt werde. Das ist in den Grundzügen bereits bekannt, allerdings nur probeweise und nur für Fotovoltaik. Das klang, so wie die Kanzlerin es gesagt hat, sehr entschlossen. Gibt es da eine neue Entwicklung? Soll die Umwandlung in ein Ausschreibungsverfahren über die bisher vereinbarte Geschwindigkeit und den bisher vereinbarten Umfang hinaus umgesetzt werden?

StS Seibert: Meinem Eindruck nach sollte diese Frage besser das Wirtschaftsministerium beantworten. Die Bundeskanzlerin hat sich ja dazu geäußert. Sie kennen den Zeitplan. Wir haben im Januar die Eckpunkte für die EEG-Novelle vorgelegt. Das soll nun in der grundsätzlich novellierten Form rasch beschlossen werden. Es soll zum 1. August in Kraft treten, damit die umfassenden Änderungen zügig wirken.

Über den weiteren inhaltlichen Verlauf der Beratungen will ich hier und jetzt nichts sagen.

Alemany: Zuerst zu Ihrer zweiten Frage: An den Ausschreibungsfristen hat sich nichts geändert. Das ist der Stand, der Ihnen bekannt und der auch auf unserer Homepage abrufbar ist. Sie können dort gern noch einmal nachschauen, aber dort gibt es nichts Neues. Das EEG-Eckpunktepapier beziehungsweise der Gesetzentwurf befindet sich noch in der Ressortabstimmung. Sie verläuft konstruktiv.

Zu Ihrer ersten Frage nehme ich gern Stellung. Das BMWi weist die pauschale Kritik der EFI, nach der das EEG weder Klimaschutz noch Innovationen fördert und damit als zentrales Instrument der deutschen Energie- und Klimapolitik versagt hätte, nachdrücklich zurück. Lassen Sie mich dafür ein Beispiel nennen. Das EEG wurde als Markteinführungsinstrument der erneuerbaren Energien eingeführt. Als es eingeführt wurde, hatten die erneuerbaren Energien einen Anteil von 6 Prozent am Stromverbrauch. Es hat erfolgreich dafür gesorgt, dass erneuerbare Energien jetzt einen Anteil von knapp 25 Prozent haben. So gesehen handelt es sich um ein sehr erfolgreiches Instrument. Es ist und bleibt auch ein Kerninstrument der deutschen Klima- und Energiepolitik dieser Bundesregierung.

Wie bereits erwähnt, wurde das Eckpunktepapier vom Kabinett abgesegnet. Die Ressortabstimmung verläuft sehr konstruktiv. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir in unserem Zeitrahmen bleiben können. Damit ist, denke ich, die Haltung der Bundesregierung zum EEG-Eckpunktepapier dargelegt.

Frage: Ich habe zwei Fragen an zwei Ansprechpartner, zunächst an den Regierungssprecher. Herr Seibert, die Kanzlerin wird am kommenden Freitag den früheren Staatspräsidenten Frankreichs, Sarkozy, treffen. Können Sie etwas über den Inhalt des Gesprächs sagen? Liegt möglicherweise der Schluss nahe, dass dieses Gespräch auch angesichts offenbarer Bestrebungen von Herrn Sarkozy stattfindet, in der französischen Politik wieder eine größere Rolle zu spielen?

StS Seibert: Zum ersten Teil Ihrer Frage: Nein, ich kann nichts über den Inhalt des Gesprächs sagen, weil es noch nicht stattgefunden hat und im Übrigen ein vertrauliches Gespräch sein wird.

Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Der Schluss, den Sie ziehen, ist falsch. Es geht um ein Gespräch, wie die Bundeskanzlerin es durchaus auch mit anderen früheren Staats- oder Regierungschefs geführt hat, mit denen sie eng und intensiv zusammengearbeitet hat. Ich sehe keine Besonderheit, wenn sie mit Herrn Sarkozy fast zwei Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Amt ein kurzes Gespräch führt.

Frage: Ich möchte gern noch eine Frage an das Gesundheitsministerium stellen. Frau Klaus, es gibt Überlegungen, wie man es Kassenpatienten erleichtern kann, schneller an einen Facharzttermin zu kommen. Das wird von den Ärzteverbänden wiederum kritisiert, weil sie geltend machen, Termine könnten dann nicht mehr vorwiegend nach medizinischen Grundsätzen vergeben werden. Können Sie zu diesem Zwiespalt etwas sagen?

Klaus: Das gemeinsame Ziel müsste sein - ich gehe davon aus, dass die Ärzte das ebenfalls so sehen -, eine möglichst gute und zeitnahe medizinische Versorgung von gesetzlich Versicherten sicherzustellen. In der Vergangenheit gab es Hinweise - es gibt sie nach wie vor -, dass gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten oft monatelang auf einen Facharzttermin warten müssen. Das sind keine Einzelfälle. Deswegen gab es schon in der Vergangenheit Regelungen, die vorsahen, dass gesetzlich Versicherte einen Termin möglichst zeitnah bekommen.

Im Koalitionsvertrag, auf den Sie Bezug nehmen, ist auch vereinbart, dass eine neue Regelung in Kraft gesetzt wird, wonach bei den Kassenärztlichen Vereinigungen sogenannte zentrale Servicestellen eingerichtet werden. Diese sollen die Versicherten dabei unterstützen, möglichst zeitnah einen Facharzttermin zu bekommen. Wenn das nicht gelingt, können sich Versicherte im Krankenhaus ambulant behandeln lassen und eine zeitnahe Versorgung bekommen.

Das sind die Pläne der Koalition. Das wird angegangen.

Frage: Herr Seibert, können Sie uns etwas mehr über das heutige Gespräch zwischen der Bundeskanzlerin und Mario Draghi sagen? Über welche Themen werden sie sprechen?

StS Seibert: Auch das kann ich Ihnen vorher noch nicht sagen, weil das Gespräch noch nicht stattgefunden hat. Es ist eines der regelmäßigen Gespräche, die die Bundeskanzlerin mit dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank führt. Das beherrschende Thema liegt auf der Hand: die Situation in der Eurozone. Beide sind natürlich an einer weiteren Stärkung und Stabilisierung der Eurozone interessiert. Das wird sicherlich den Großteil des Gesprächs ausmachen.

Frage: Es tut mir leid, noch einmal auf die Ukraine zurückzukommen. Wie ist es mit Russland? Russland hat das Abkommen paraphiert, aber nicht unterschrieben. Denkt die Bundesregierung, dass Russland den derzeitigen Prozess in der Ukraine unterstützt, vor allem im Hinblick auf die heute verkündete Alarmbereitschaft der russischen Truppen im Westen des Landes?

Schäfer: Die Bundesregierung steht in engem Kontakt mit der russischen Führung. Der Außenminister hat in den letzten Tagen mehrfach, denke ich, mit Außenminister Lawrow telefoniert. Dabei geht es jedes Mal darum, sich gegenseitig deutlich zu machen, wie man die Lage vor Ort einschätzt und in welcher Weise es angezeigt ist, der Ukraine dabei zu helfen, wieder ein stabiles Land zu werden. Das ist aus unserer Sicht sowohl im Interesse Europas und Deutschlands als auch im Interesse Russlands. Es geht darum, in den Kontakten, die wir auf allen Ebenen mit der russischen Führung, einschließlich der Ebene der Minister - auch die Bundeskanzlerin hat mit Präsident Putin vor nicht allzu langer Zeit telefoniert -, pflegen, abzustimmen, wie ein Weg möglich werden kann, an dessen Ende die Ukraine wieder wirtschaftlich, politisch und finanziell auf eigenen Beinen stehen kann.

Zusatzfrage: Und wie ist es mit der Versetzung in Alarmbereitschaft?

Schäfer: Ich weiß davon nur aus den Agenturen. Ich möchte Sie um Verständnis dafür bitten, dass ich jetzt nicht in der Lage bin, dazu einen Kommentar abzugeben. Solange man das nur bei einer Agentur liest, ist es noch etwas früh. Man muss zunächst die Motivation abklären. Aus welchen Gründen, warum? Hat das mit der Ukraine zu tun? Vielleicht wissen Sie da mehr als ich. Ich weiß es nicht. Deshalb kann ich dazu gar nichts sagen.

Frage: Meine Frage richtet sich an den Regierungssprecher, Herrn Seibert. Kommentiert die Bundeskanzlerin, die ja auch Vorsitzende der CDU ist, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Drei-Prozent-Hürde für die Europawahl zu kippen? Wie viel schwieriger wird es sein, noch vernünftig zu arbeiten, wenn Kleinstgruppierungen dann im Europäischen Parlament vertreten sind?

StS Seibert: Dieses Thema ist heute schon beim Presseauftritt der Justiz- und Innenminister besprochen worden. Ich meine, sie haben sich dazu ausführlich geäußert. Das kann man sicherlich nachlesen.

Ich kann gern noch einmal sagen, dass die Bundesregierung dieses Urteil natürlich zur Kenntnis nimmt. Nach dem Urteil wird die Europawahl in Deutschland ohne Sperrklausel durchgeführt. Auf Grundlage dieses Urteils wird die Europawahl nun von den Wahlbehörden im Bund und in den Ländern vorbereitet.

Zusatzfrage: Haben Sie mit der Bundeskanzlerin darüber reden können, ob sie besorgt ist und wie sie sich eine künftige Zusammenarbeit vorstellt, wenn wirklich kleine Gruppen - ich will keine Partei ins Lächerliche ziehen -, Kleinstgruppen, kleine Parteien mit möglicherweise äußerst wenig Sitzen im Europäischen Parlament vertreten sind?

StS Seibert: Ich habe das Urteil nicht weiter zu kommentieren. Das entspricht auch den Gepflogenheiten zwischen den Verfassungsorganen. Es wird umgesetzt. Den Rest dazu haben, denke ich, die Minister Maas und de Maizière heute gesagt.

Frage: Meine Frage geht ebenfalls an Herrn Seibert. Ich habe die Pressekonferenz eben leider nicht verfolgen können, weil ich in einer anderen Pressekonferenz war. Deswegen nehme ich noch einmal Bezug auf das Urteil. Das Gericht hat ja gesagt, dass alle Wähler die gleiche Stimme und auch den gleichen Einfluss auf das Wahlergebnis haben sollen. Bei uns in Deutschland gilt für die Wahlen zum Bundestag eine Fünf-Prozent-Hürde, sodass das auch nicht gewährleistet wäre. Gibt es Überlegungen in der Bundesregierung, da etwas zu tun? Sehen Sie, dass das irgendwelche Auswirkungen auf die Fünf-Prozent-Hürde hat? Wenn nein, warum nicht?

StS Seibert: Ich möchte jetzt doch die beiden Ressorts, deren Minister dazu bereits ausführlich gesprochen haben, bitten, das noch einmal zu referieren.

Rülke: Die Frage ist dem Justizminister vorhin tatsächlich gestellt worden. Er hat deutlich gemacht, dass das Urteil, soweit wir es bislang auswerten konnten, ausdrücklich auf die spezifische Funktion des Europäischen Parlaments abstellt.

In der Vergangenheit hat sich das Bundesverfassungsgericht ja bereits zu Sperrklauseln in Deutschland geäußert. Es hat es abstrakt auch weiterhin für möglich gehalten, dass eine solche Sperrklausel einer Verfassung entsprechen kann, wenn es sachliche Gründe dafür gibt, um insbesondere die Funktionsfähigkeit eines Parlaments, also stabile Regierungsverhältnisse und Mehrheitsbildungen, abzusichern. Da das Europäische Parlament derzeit eine solche Funktion, die dem Deutschen Bundestag zu eigen ist, ja gerade nicht hat, hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich zwischen dem Europäischen Parlament und dem Bundestag unterschieden.

Neymanns: Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Frage: Eine Zusatzfrage zu dem Treffen mit Herrn Sarkozy. Kommt das Treffen auf Initiative von Herrn Sarkozy zustande oder auf Initiative der Bundeskanzlerin?

StS Seibert: Es kommt auf Vereinbarung beider Seiten hin zustande.

Frage: Eine Frage an das Wirtschaftsministerium: Ist ihr Minister wieder gesund, nachdem er am Montag reisekrank war und nicht nach Israel mitreisen konnte?

Alemany: Herr Minister Gabriel ist noch krank. Er hat sich dem entsprechend auch heute Morgen im Kabinett vertreten lassen müssen.

Frage: An Herrn Seibert die Frage: Bedauert die Bundesregierung das Ermittlungsschicksal ihres ehemaligen Mitgliedes Friedrich?

StS Seibert: Ich habe Schritte, die die Staatsanwaltschaft einleitet, nicht zu kommentieren. Das entspricht unserem Verständnis vom Rechtsstaat.

Zusatzfrage: Meine Frage richtete sich deshalb auf die persönliche Anteilnahme.

StS Seibert: Dann erinnere ich daran, dass die Bundeskanzlerin an dem Freitag, an dem Herr Friedrich seinen Rücktritt anbot, dies mit großem Respekt und Bedauern zur Kenntnis genommen hat. Wenn ich mich recht erinnere, sprach sie davon, dass das zeigt, wie er ein weiteres Mal seine eigenen Interessen hinter das Wohl des Ganzen zurückstellt. Sie lobte seine Haltung.

Frage: Eine kurze Frage zur morgigen Reise der Bundeskanzlerin nach London. Besteht bei der Bundesregierung eine Bereitschaft, mit Großbritannien über mögliche Konzessionen, was Europa angeht, zu verhandeln? In Großbritannien werden sogenannte Opt-outs für europäische Regeln, die eigentlich alle Länder betreffen, aber in Großbritannien besonders ungern gesehen werden, diskutiert.

StS Seibert: Ich werde hier die morgige Rede der Bundeskanzlerin nicht vorwegnehmen. Ich werde nur grundsätzlich sagen: Es gab und gibt die Bereitschaft der Bundesregierung, mit allen europäischen Partnern über unsere europapolitischen Überzeugungen zu sprechen. Sie werden mit Sicherheit die morgige Rede der Kanzlerin als einen Debattenbeitrag dazu erleben.

Ansonsten muss ich sagen, es ist eine große Ehre, dass sie als erste deutsche Politikerin nach 1986 - damals war es Richard von Weizsäcker, der damalige Bundespräsident - die Einladung erhalten hat, vor beiden Häusern des Parlaments zu sprechen. Sie ist sich dieser Ehre bewusst.

Frage: An den Regierungssprecher: Deutschland steht in der aktuellen Rangliste der Reporter ohne Grenzen zur Pressefreiheit recht gut da. Großbritannien ist da ziemlich weit abgerutscht. Gerade investiver Journalismus rückt immer mehr in den Terrorismustatbestand. Wird die Kanzlerin das ansprechen und für mehr Pressefreiheit in Großbritannien werben?

StS Seibert: Ich kann hier nicht einzelne Themen vorwegnehmen, weder der Rede noch der Gespräche der Bundeskanzlerin mit dem britischen Premierminister. Großbritannien ist ein Land mit einer sehr lebhaften Demokratie und auch einer sehr lebhaften Medienlandschaft. Ich kann nicht kommentieren, welche Veränderungen es in letzter Zeit gegeben haben mag oder welche Veränderungen der eine oder andere wahrnimmt.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 26. Februar 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/02/2014-02-26-regpk.html;jsessionid=1088D9A5F8369C7883E948EB572F0AC8.s3t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Februar 2014