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PRESSEKONFERENZ/716: Regierungspressekonferenz vom 6. Januar 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 6. Januar 2014
Regierungspressekonferenz vom 6. Januar 2014

Themen: Personalie, Reise des Bundeslandwirtschaftsministers nach Paris und Warschau, Skiunfall der Bundeskanzlerin im Weihnachtsurlaub, EEG-Reform, Pkw-Maut
weitere Themen: mögliche Beschäftigung des früheren Kanzleramtsministers Pofalla bei der Deutschen Bahn, Korruptionsaffäre in der Türkei, Vorratsdatenspeicherung, Korruptionsverdacht bei Rüstungsexporten an Griechenland, Weltwirtschaftsforum in Davos, Syrien-Konferenz, Arbeitsplanung von Bundesminister Gabriel, abschlagfreie Rente mit 63 Jahren nach 45 Beitragsjahren, Manipulation der Zinssätze Libor und Euribor, Lage in Südsudan, Interviewäußerungen des griechischen Außenministers, Rechtsstreit zwischen der Bundesregierung und den Erben von Max Emden

Sprecher: StS Seibert, Rülke (BMJV), Bauer (BMEL), Modes (BMWi), Moosmayer (BMV), Kotthaus (BMF), Schäfer (AA), Paris (BMI), Westhoff (BMAS)



Vorsitzender Leifert eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Rülke: Meinen Namen, Steffen Rülke, haben Sie schon gehört. Viele von Ihnen werden mich kennen, und zwar aus einer engeren Zusammenarbeit innerhalb der letzten vier Jahre, als ich für Thomas Oppermann für die Pressearbeit verantwortlich war. Davor saß ich nicht auf dieser Seite, sondern dort vorne als CvD des Bundespresseamtes. Ich habe schon lange, sehr erfolgreich und angenehm mit vielen von Ihnen zusammengearbeitet. Ich denke, das wird so bleiben, und darauf freue ich mich.

Bauer: Ich möchte Sie kurz auf zwei Termine hinweisen. Bundesminister Hans-Peter Friedrich wird diese Woche zu ersten agrarpolitischen Gesprächen nach Paris und Warschau reisen. Am morgigen Dienstag wird er seinen französischen Amtskollegen Stéphane Le Foll treffen. Am Donnerstag wird er dann nach Warschau weiterreisen, um dort seinen Kollegen Stanislaw Kalemba zu treffen.

Im Mittelpunkt der beiden Gespräche steht die Umsetzung der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik. Die groben Züge der Reform sind ja bereits beschlossen, aber derzeit ist die EU-Kommission dabei, die Details auszuarbeiten, die dann die Grundlage für die Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten bilden werden.

StS Seibert: Entschuldigen Sie zunächst einmal meine Verspätung. Das wird in diesem Jahr möglichst selten vorkommen. Ansonsten wünsche auch ich Ihnen alles erdenklich Gute für 2014.

Meine Ankündigung betrifft die Termine der Bundeskanzlerin. Sie wird einige der Ihnen schon angekündigten Termine in der nächsten Zeit nicht wahrnehmen können. Die Bundeskanzlerin hat sich im Weihnachtsurlaub beim Langlauf eine schwere Prellung zugezogen, verbunden mit einer sogenannten Infraktion, einem unvollständigen Bruch, im linken hinteren Beckenring. Das macht es nötig, dass sie drei Wochen lang viel liegt beziehungsweise eine Gehhilfe benutzt. Sie wird sich daher in dieser Zeit auf einige wenige Termine im Bundeskanzleramt und in Berlin konzentrieren und ihre Arbeit ansonsten zuhause erledigen.

So ist zum Beispiel die für diesen Mittwoch geplante Reise nach Warschau ebenso abgesagt wie der Besuch des neuen luxemburgischen Ministerpräsidenten Bettel am Donnerstag oder der Antrittsbesuch des BDA-Präsidenten Kramer am Freitagvormittag. Mit dem Ministerpräsidenten Polens, also mit Herrn Tusk, und mit Ministerpräsident Bettel wird die Kanzlerin noch heute telefonieren, um ihnen die Gründe für die Absage am Telefon auch noch einmal persönlich zu übermitteln. Für diese internationalen Kontakte und die Gespräche werden neue Termine gefunden werden. Wir werden Sie von Woche zu Woche über die aktuellen Termine der Kanzlerin informieren.

Frage: Herr Seibert, könnten wir vielleicht das eine oder andere Detail erfahren? Wann war denn dieser Unfall? Ist sie im Krankenhaus stationär behandelt worden? Sie sagten, das werde etwa drei Wochen dauern. Wie ist das passiert? Kann man etwas Genaueres erfahren? Kam vielleicht jemand in die Loipe, fand das ohne Fremdbeteiligung statt, oder wie mag das gewesen sein?

StS Seibert: Die Kanzlerin ist in den Weihnachtsferien beim Langlauf hingefallen, hat sich diese Prellung zugezogen, ging zunächst davon aus, dass es sich tatsächlich nur um eine Prellung handelte, obwohl auch die schon schmerzhaft war, hat sich dann am Freitag von den Ärzten beraten und sagen lassen, dass das doch etwas mehr als nur eine Prellung ist, nämlich diese sogenannte Infraktion, und folgt nun dem Rat der Ärzte, um eine optimale Heilung dieser Infraktion zu ermöglichen.

Frage : Zu der Infraktion: Können Sie mir sagen, was das ist?

StS Seibert: Ich haben Ihnen gesagt, was ich medizinisch dazu sagen kann. Das ist jetzt, ehrlich gesagt, auch kein Grund für regelmäßige ärztliche Bulletins. Es ist eine Infraktion; Sie werden das mit Sicherheit nachschauen. Mir wurde gesagt: Das ist ein sogenannter unvollständiger Bruch, und er befindet sich im linken hinteren Beckenring. Keine weiteren medizinischen Details von mir!

Frage: Herr Seibert, zu den drei Wochen: Heißt das, dass die Kanzlerin sozusagen vom häuslichen Krankenbett aus wahrnehmen wird, was sie wahrnehmen kann, per SMS, per Handy oder wie auch immer?

StS Seibert: Sie ist selbstverständlich als Kanzlerin bei der Arbeit und in vollem Maße sowohl handlungsfähig als auch kommunikationsfähig. Ich habe gesagt: Sie wird sich auf einige wenige Termine im Bundeskanzleramt und in Berlin konzentrieren. Beispielsweise wird sie das Kabinett in dieser Woche leiten. Sie werden sie zwischendurch also auch immer wieder einmal erleben. Aber Termine außerhalb Berlins und auch einige der schon angekündigten öffentlichen Termine in Berlin werden eben abgesagt; denn die ärztliche Weisung lautet, viel zu liegen.

Frage : Ich wollte doch noch einmal kurz nachhaken. Sie ist also hingefallen, aber es gab sozusagen keinen Fremdeinfluss. Ist also kein Dritter hinzugekommen, der sie gestört hat? Man muss das nachfragen!

StS Seibert: Man muss das nachfragen.

Zusatzfrage : Es hätte ja sein können - - -

StS Seibert: Sie ist beim Langlauf hingefallen. Wir gehen von niedriger Geschwindigkeit aus.

Zusatzfrage : Gab es also niemanden, der sie angreifen wollte? Gab es keinen Fremdeinfluss?

StS Seibert: Ich kann Ihnen das nicht sagen. Sie ist beim Langlauf hingefallen.

Frage: Herr Seibert, Sie sagten gerade, dass sie sich am Freitag noch einmal von den Ärzten habe beraten lassen. Wann war denn der Unfall?

StS Seibert: In den Weihnachtsferien. Die Weihnachtsferien waren am 30. Dezember abgeschlossen, denn da war sie zur Aufnahme der Neujahrsbotschaft im Kanzleramt und ging zu dem Zeitpunkt noch von einer schweren Prellung aus.

Zusatz: Dann hat sich meine zweite Frage schon erledigt. Bei der Neujahrsansprache saß sie ja auch, und ich könnte mir vorstellen, dass man mit einer Beckenverletzung schwerlich sitzen kann. Aber offensichtlich geht es.

StS Seibert: Ja.

Frage : Wie lange wird sie denn viel liegen müssen? Wann, sagen die Ärzte, wird sie wieder voll gehfähig sein?

StS Seibert: Sie soll drei Wochen lang viel liegen.

Frage: Darf man wissen, wo sie Langlaufen war? Ich denke, das ist vielleicht in den Medien gewesen, stammt aber nicht offiziell von Ihnen.

StS Seibert: Es ist in den Medien gewesen. Es ist nicht dort gewesen, wo es einige Medien lokalisiert haben. Es war im Engadin.

Frage : Ich würde gerne eine Frage wiederholen, die schon am Wochenende an das Ministerium gestellt habe, aber nicht beantwortet bekam. Es gibt hinsichtlich der Energiepolitik einen bayerischen Vorschlag zur Festschreibung der EEG-Umlage. Mich interessiert vom Wirtschaftsministerium zum einen, was man von diesem Vorschlag hält. Zum Zweiten: Ist das ein Vorschlag, der geeignet ist, in dem angekündigten Konzept für eine grundlegende Reform beziehungsweise einen Neustart der Energiewende eine Rolle zu spielen?

Modes: Ich denke, Sie spielen auf die Vorlösung an, von der Frau Aigner am Wochenende gesprochen hat. So ein Vorschlag, die Kosten der Energiewende ganz oder teilweise über einen Fonds zu finanzieren, ist nicht neu. Wir werden Überlegungen von Frau Aigner, die meines Wissens innerhalb der bayerischen Staatsregierung auch noch nicht ressortabgestimmt sind, prüfen. Grundsätzlich löst ein solches Fondsmodell nicht das Kostenproblem. Die Finanzierung wird lediglich in die Zukunft verschoben. Der Minister hat ja bereits angekündigt, dass er bis Ostern Vorschläge zu einer umfassenden EEG-Reform vorlegen wird, und deshalb muss ich Sie noch um ein bisschen Geduld bitten. Der Minister wird auch morgen nach Brüssel reisen und dort verschiedene Gespräche mit der EU-Kommission führen. Das wird dort unter anderem sicherlich ein Thema sein.

Zusatzfrage : Ist das so zu verstehen, dass die Fondslösung für den Minister letztlich kein geeigneter Weg ist? Habe ich es richtig im Kopf, dass der Minister bezüglich der Reform hauptsächlich bei den Ausnahmeregelungen für die Umlage und auch bei den Netzentgelten ansetzen will? Ist das richtig?

Modes: Wie gesagt: Wir prüfen den Vorschlag erst. Der Minister hat sich ja am Wochenende auch in einem Interview dazu geäußert, dass eine starke Industrie und ein starkes verarbeitendes Gewerbe Grundlage unseres Wohlstands in Deutschland sind und dass daher die energieintensiven Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, auch weiterhin von der Ökostrom-Umlage befreit werden müssen, andere hingegen nicht. Aber hinsichtlich weiterer Details müssen Sie sich, wie gesagt, leider bis Ostern gedulden.

Frage: Ich habe eine Frage an das Verkehrsministerium. Am Wochenende sind erste Details zur Pkw-Maut bekannt geworden. Mich würde interessieren: Ist das so korrekt wiedergegeben worden, dass es auch einen Öko-Bonus auf die Maut geben soll, wie es ja auch einen Bonus bei der Kfz-Steuer gibt, was dann eben die Halter beträfe, deren Fahrzeuge weniger als 100 Euro an Kfz-Steuer kosten? Mich würde interessieren, ob das so zutrifft und ob es im Verkehrsministerium Zahlen darüber gibt, wie viele Fahrzeuge davon betroffen wären. Wie viele zahlen also weniger als 100 Euro Kfz-Steuer im Jahr?

Moosmayer: Im Grundsatz kann ich das gerne bestätigen. Die Arbeiten an der Konzeption für die Pkw-Maut laufen ja nun schon seit einiger Zeit. Die Kerndaten sind ja auch bekannt. Die EU-Rechtskonformität setzt voraus, dass man eben zum Beispiel auch diese zeitliche Staffelung einführt. Von Anfang an war auch Teil der Überlegungen, eine Art Öko-Rabatt einzuführen. Diese Gedanken spielen dabei also alle noch eine Rolle.

Konkreter wird es leider noch nicht. Diese Konzeption befindet sich noch in Arbeit. Das heißt, Zahlen kann ich Ihnen dazu leider noch nicht nennen. Das wird dann möglich sein, wenn diese Konzeption weiter gediehen ist und vorgestellt werden kann.

Zusatzfrage : Meine Frage zielte darauf ab, ob Sie im Verkehrsministerium wissen, wie viele Fahrzeuge im Bestand derzeit weniger als 100 Euro an Kfz-Steuer im Jahr kosten.

Moosmayer: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Das müsste ich vielleicht einmal zusammen mit dem BMF eruieren, und dann können wir gerne nachreichen, was dabei derzeit der Stand ist.

Frage: Herr Seibert, mich würde interessieren, ob die Bundeskanzlerin über die mediale Berichterstattung hinaus Erkenntnisse dazu hat, dass ihr früherer Kanzleramtsminister Pofalla zur Deutschen Bahn wechseln soll.

StS Seibert: Ich möchte gerne die grundsätzliche Vorbemerkung machen, die hier am Freitag auch schon von meinem Kollegen Streiter gemacht worden ist, nämlich dass das natürlich zunächst einmal eine Angelegenheit ist, zu der sich die vermeintlich Betroffenen erst einmal äußern müssten. Über hypothetische Möglichkeiten kann ich als Sprecher der Bundesregierung immer schlecht sprechen.

Trotzdem kann ich die Frage und das Interesse am Wissensstand der Bundeskanzlerin gut verstehen. Ich kann für die Bundeskanzlerin sagen, dass sie Ende November im Gespräch mit dem damaligen Chef des Bundeskanzleramtes, Herrn Pofalla, von einer möglichen Tätigkeit für die Bahn als einer von mehreren Möglichkeiten gehört hat. Sie hat ihren Überzeugungen entsprechend auch ihm gegenüber zu einer zeitlichen Distanz zur Tätigkeit im Kanzleramt geraten. Ihre grundsätzliche Überzeugung ist, dass solche Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft möglich sein müssen. Es ist wünschenswert, dass sie transparent vonstatten gehen und dass, wie gesagt, zwischen der Beendigung der politischen Tätigkeit und der Aufnahme einer anderen beruflichen Tätigkeit eine gewisse zeitliche Distanz liegt.

Zusatzfrage: Nur damit ich es richtig verstehe: Ging die Initiative zu einer Anschlussverwendung, wie es ja heißt, von Herrn Pofalla bei der Deutschen Bahn nicht von der Bundeskanzlerin aus, weil sie zum Beispiel ein Interesse daran gehabt hätte, dass die Interessen der Bahn in Brüssel gut vertreten werden?

Zweite Zusatzfrage: Hat sie sich bei dem Rat, eine gewisse zeitliche Periode verstreichen zu lassen, darauf festgelegt, wie lang die aus ihrer Sicht mindestens sein sollte?

StS Seibert: Nein, das kann ich hier nicht konkretisieren.

Zu der ersten Frage: Die Initiative für eine solche Tätigkeit, von der wir ja bisher nur als einer Möglichkeit sprechen können, ging natürlich nicht von der Bundeskanzlerin aus. Die Interessen der Bahn sind, glaube ich, in der Bundesregierung immer gut aufgehoben; denn drei Ressorts kümmern sich um die Interessen der Bahn. Die Bahn ist eine hundertprozentige Tochter des Bundes. Eine vernünftige Bahnpolitik, die sowohl die Interessen der Bahn AG als natürlich auch die Interessen eines freien Wettbewerbs auf deutschen Strecken im Auge hat, ist ein Anliegen der vergangenen Bundesregierung gewesen und wird es auch für diese neue Bundesregierung sein.

Frage: Nun sind drei Ministerien im Aufsichtsrat der Bahn vertreten, das Finanz-, das Wirtschafts- und das Verkehrsministerium. Wie werden sich denn diese Ministerien verhalten, wenn die Personalie im Aufsichtsrat auf der Tagesordnung stehen wird? Ist das, was Sie, Herr Seibert, gesagt haben, sozusagen das Kriterium dafür, nämlich dass es einer gewissen zeitlichen Distanz bis zur Übernahme dieser Position bedarf?

StS Seibert: Die Ministerien können natürlich für sich selbst sprechen. Grundsätzlich, denke ich, werden sie sich zu dieser Frage dann verhalten, wenn ein solcher Punkt auf der Tagesordnung des Aufsichtsrats steht, nicht im Vorfeld. Aber vielleicht fragen Sie die einzelnen Ministerien.

Moosmayer: Zunächst einmal: Das steht noch nicht auf der Tagesordnung. Es ist dem Aufsichtsrat noch nicht in irgendeiner Form zur Entscheidung vorgelegt worden. Von daher können wir uns dazu hypothetisch überhaupt nicht äußern. Aber ganz grundsätzlich wäre natürlich zu sagen, dass, wenn es Herrn Grube gelingen würde, Spitzenleute in sein Team hereinzuholen, wir das natürlich sehr begrüßen würden.

Modes: Für das BMWi gilt das Gleiche: Das steht bisher nicht auf der Tagesordnung. Das sind Spekulationen, und deshalb würden wir uns äußern, sobald das konkreter geworden ist.

Kotthaus: Ich kann Sie auf eine Pressemitteilung des Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bahn von heute verweisen, der gesagt hat, ihm sei davon nichts bekannt. Deswegen können wir uns auch nicht dazu äußern.

Frage: Angesichts dieser Position, die auch die Kanzlerin hat, dass eine gewisse zeitliche Ruheperiode dazwischen begrüßenswert wäre, frage ich: Befürwortet es die Bundesregierung denn einmal abseits des Einzelfalls, eine solche Regelung generell einzuführen, und zwar im Sinne eines Verhaltenskodex oder wie auch immer, jedenfalls in schriftlicher Form festgelegt, eines Kodex, der regelt, dass, wenn Regierungsmitglieder aus dem Kabinett austreten oder ausscheiden und in die Wirtschaft gehen, eine gewisse Periode dazwischen gesichert sein sollte? Wenn das befürwortet wird, wird dann möglicherweise die Kanzlerin selbst die Initiative ergreifen, um so etwas unter den Koalitionspartnern im Kabinett zu vereinbaren?

StS Seibert: Es steht jedenfalls eine solche Passagen im Koalitionsvertrag. Da der Koalitionsvertrag die Grundlage unserer Arbeit ist, gehe ich davon aus, dass der Tag kommen wird, an dem sich die Koalitionäre auch hinsichtlich dieses Themas zusammensetzen werden, darüber beraten werden und sehen werden, was sie gemeinsam in dieser Richtung tun können.

Zusatzfrage : Aber gibt es noch keine konkreten Termine für solche Gespräche?

StS Seibert: Da kenne ich im Moment keinen konkreten Termin.

Frage: Meine Frage bezieht sich auch genau darauf: Wann steht die Umsetzung dieser Passage aus dem Koalitionsvertrag, die ja sehr vage ist, denn an? Welches Ministerium würde das dann federführend tun? Gibt es bereits Vorarbeiten?

StS Seibert: Ich würde am 6. Januar schon noch einmal darauf hinweisen, dass die Legislaturperiode noch sehr frisch und noch sehr jung ist. Ich kann Ihnen dazu noch nichts Weiteres sagen, aber es steht im Koalitionsvertrag und ist damit als Absicht niedergeschrieben, darüber zu beraten und zu einer Einigung zu kommen.

Zusatzfrage : Wäre dann das Justizministerium für solche Kodexfragen zuständig?

Rülke: Das käme darauf an, in welchen Gesetzen das geregelt werden sollte, und das ist, soweit ich weiß, eben noch offen. Im Übrigen habe ich dem, was Herr Seibert eben gesagt hat, nichts hinzuzufügen.

Frage : Herr Seibert, ich habe noch ganz generell eine Frage in Bezug auf einen möglichen Vorstandsposten bei der Bahn, nicht in Bezug auf Herrn Pofalla, weil wir ja noch gar nicht wissen, ob daraus etwas werden wird: Ist die Kanzlerin denn der Meinung, dass ein Vorstandsposten bei der Bahn mit den Arbeitsanforderungen an ein Bundestagsmandat vereinbar ist?

Die zweite Frage geht an die Fachministerien, weil ich nicht weiß, ob der Termin einer Sondersitzung am 30. Januar schon offiziell bestätigt worden ist; das müssten die teilnehmenden Ministerien ja wissen. Wird es also eine Sondersitzung des Aufsichtsrats der Bahn am 30. Januar geben?

StS Seibert: Ich kann Ihnen dazu keine grundsätzliche Ansicht der Bundeskanzlerin übermitteln.

Moosmayer: Wir können eigentlich nicht für den Aufsichtsrat sprechen; das ist ja ein selbstständiges Gremium. Aber ich meine, es wird eine Sondersitzung am 30. Januar geben. Das müsste dann aber bitte auch von dort bestätigt werden. Es ging, glaube ich, um ganz andere Themen, die auch schon lange eingerichtet gewesen sind. Es ging meines Wissens um die S-Bahn oder so etwas. Aber das müsste man bitte bei der Bahn erfragen.

Zusatzfrage : Gehen Sie auch nicht davon aus, dass das Themenspektrum noch einmal geändert und um die Frage eines neuen Vorstandspostens ergänzt wird?

Moosmayer: Mir liegt zurzeit keine Tagesordnung vor. Das ist, glaube ich, immer erst zwei Wochen vorher überhaupt der Fall.

Frage: Herr Seibert, ist der Bundeskanzlerin denn bekannt, wann Herr Pofalla zum ersten Mal sozusagen Signale empfangen hat, dass er sich beruflich verändern könnte? War das schon vor der Bundestagswahl der Fall oder erst danach?

In diesem Zusammenhang stelle ich die zweite Frage: Gehe ich recht in der Annahme, dass die Bundeskanzlerin volles Vertrauen darin hat, dass keine politische Entscheidung von Herrn Pofalla in irgendeiner Weise davon beeinflusst war, dass er demnächst zur Bahn wechseln könnte?

StS Seibert: Zum Zeitpunkt ihrer Kenntnisnahme habe ich Ihnen das dazu Nötige gesagt: Ende November hat sie davon - wohl bemerkt: als einer Möglichkeit - Kenntnis erhalten.

Im Übrigen hat sich Herr Pofalla in seiner Funktion als Chef des Bundeskanzleramtes mit allen Themen, die Gegenstand der Arbeit der Bundesregierung waren, intensiv befasst. Sie wissen, dass im Amt des Bundeskanzleramtschefs sehr viele Fäden zusammenlaufen, und er hat diese Aufgabe hervorragend gelöst. Er hat natürlich auch dort, wo verkehrspolitische Maßnahmen zu besprechen waren, entsprechend seinen Einsatz geleistet.

Zusatzfrage: Ich glaube, Sie haben meine Frage nicht ganz verstanden. Ich hatte nicht danach gefragt - das hatten Sie tatsächlich schon beantwortet - , wann die Bundeskanzlerin zum ersten Mal von den Plänen erfahren hat, sondern meine Frage bezog sich darauf, ob der Bundeskanzlerin bekannt ist, wann Herr Pofalla zum ersten Mal das Angebot von der Deutschen Bahn bekommen hat, dass er dorthin wechseln könnte.

StS Seibert: Ich habe Ihre Frage schon verstanden, und ich habe sie so beantwortet, wie ich sie beantworten kann, nämlich mit dem Zeitpunkt "Ende November" als Zeitpunkt der ersten Kenntnisnahme der Bundeskanzlerin. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.

Frage: Herr Seibert, hat die Bundeskanzlerin denn jetzt Verständnis für diese mediale Empörung über diesen möglichen Wechsel von Herrn Pofalla zur Bahn, oder trifft sie das mit Unverständnis?

StS Seibert: Wie Sie Ihre Berichterstattung anlegen - mit wie viel Empörung zwischen den Zeilen oder in den Texten -, ist komplett Ihre Sache. Man muss sich den Sachverhalt anschauen. Man muss zunächst einmal bedenken, dass immer noch von einer Möglichkeit die Rede ist, zu der sich keiner der vermeintlich Beteiligten - weder Herr Pofalla noch die Bahn AG - bisher geäußert haben. Insofern ist das jetzt keine Frage des Verständnisses, sondern eine Frage der nüchternen Betrachtung der Fakten.

Frage: Herr Seibert, die erste Frage wäre: Hat die Bundeskanzlerin nach diesen Veröffentlichungen, also nach dem öffentlichen Bekanntwerden dieser Möglichkeit, noch einmal das Gespräch mit Herrn Pofalla gesucht und irgendwelche Erkundigungen eingezogen, entweder bei Herrn Pofalla oder bei der Bahn?

Sie sprechen jetzt immer von "vermeintlich Beteiligten". Ich nehme an, das heißt "mutmaßlich Beteiligte", also "mögliche Beteiligte".

StS Seibert: Ich meinte "mögliche Beteiligte", pardon.

Zusatzfrage: Hat sie jetzt also bei den möglichen Beteiligten noch einmal Erkundigungen zu diesen Sachverhalt eingeholt oder sich darum bemüht und das Gespräch gesucht?

Das Zweite ist: Von Ihnen oder vom Kanzleramt - zum Teil, glaube ich, auch von Herrn Pofalla selbst - ist im Zusammenhang mit der Entscheidung, dass Herr Pofalla dieser Regierung nicht mehr angehört, immer betont worden, es gehe darum, dass er mehr Zeit für sein Privatleben, für eine mögliche Familiengründung usw. hat. Sehen Sie darin jetzt irgendeinen Widerspruch? Ist das bei der Kanzlerin möglicherweise anders angekommen, oder ist ein Vorstandsjob bei der Bahn im Vergleich zum Amt des Kanzleramtschefs so viel entspannter, sodass sich beides leicht unter einen Hut bringen lässt?

StS Seibert: Das Letztere kann ich einfach nicht beurteilen. Dazu muss ich sagen: Ich weiß nicht, inwiefern sich die Tätigkeit im Vorstand der Bahn mit einer Familiengründung verbinden lässt. Ich weiß es einfach nicht.

Zu Ihrer ersten Frage: Ich gebe über die offiziellen Gespräche der Bundeskanzlerin gerne Auskunft. Ich habe auch gerne Auskunft darüber gegeben, dass sie Ende November mit dem damals noch im Amt befindlichen Chef des Bundeskanzleramts gesprochen hat. Über persönliche oder jedenfalls nicht offizielle Gespräche, die die Kanzlerin sonst führt, geben wir hier nie Auskunft, und das würde ich auch in diesem Fall nicht anders machen.

Zusatzfrage: Hat die Kanzlerin jetzt noch einmal Informationsbedarf in dieser Sache? Möchte sie gerne Genaueres über die Fristen und über den möglichen Zeitpunkt einer Beschäftigung erfahren?

StS Seibert: Ich denke, wenn dazu Genaueres bekannt gegeben wird, dann werden wir das alle erfahren, weil sich einer der möglichen Beteiligten oder beide dazu äußern werden.

Frage: Herr Seibert, treffen Berichte zu, dass Herr Pofalla federführend mit der Aufgabe betraut war, damals einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden zu finden, und dass er Herrn Felcht gegen den Widerstand der FDP durchgesetzt hat? Wenn dieser Bericht stimmt, sehen Sie dann angesichts des aktuellen Vorgangs, über den wir jetzt reden, darin ein Problem?

StS Seibert: So, wie Sie das darstellen oder wie es zum Teil am Wochenende auch dargestellt worden ist, treffen diese Berichte nicht zu. Die Suche nach einem Aufsichtsratsvorsitzenden für die Bahn AG war, wie das in solchen Fällen immer ist, eine Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Ressorts - das sind die Ressorts, die auch mit Staatssekretären im Aufsichtsrat vertreten sind - und dem Bundeskanzleramt. Das ist ein völlig normales Vorgehen. Das Bundeskanzleramt hat daran mitgewirkt. Die Zusammenarbeit zwischen den Ressorts und dem Kanzleramt ist, wie gesagt, das normale Vorgehen in einem solchen Fall.

Frage: Herr Seibert, Sie nannten "Ende November" als den ersten Termin, an dem die Bundeskanzlerin über den Umzug zur Bahn als eine Möglichkeit für die künftige berufliche Perspektive von Herrn Pofalla informiert wurde. Können Sie das präzisieren oder zumindest sagen, ob das in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Ressortverteilung steht, die in den Koalitionsverhandlungen festgelegt wurde?

Zweite Frage: Hat die Bundeskanzlerin mittlerweile ihren Vizekanzler und SPD-Vorsitzenden über diese Personalie aus ihrer Perspektive informiert?

StS Seibert: Zur zweiten Frage: Die Bundeskanzlerin und der Vizekanzler, Bundesminister Gabriel, haben über diese Angelegenheit gesprochen.

Bezüglich der ersten Frage muss ich bei "Ende November" bleiben. Die Bundeskanzlerin hat, glaube ich, an jedem Tag in den vergangenen vier Jahren mit ihrem Chef des Bundeskanzleramtes gesprochen. Deswegen kann ich mich jetzt hier unmöglich auf einen bestimmten Tag oder ein bestimmtes Gespräch festlegen.

Zusatzfrage: Können Sie sagen, wann sie mit Herrn Gabriel darüber gesprochen hat? War das in diesem Telefonat am Wochenende oder Ende letzter Woche, als auch über den Migrationsausschuss gesprochen wurde?

Zum anderen habe ich noch eine Nachfrage zu dem Termin Ende November: Steht das Gespräch über die künftigen beruflichen Perspektiven von Herrn Pofalla in einem Zusammenhang mit der Ressortverteilung innerhalb der Großen Koalition, wobei auch klar war, dass gewisse Wunschressorts von Herrn Pofalla offensichtlich nicht mehr der Union zufallen würden?

StS Seibert: Das Letztere ist erst einmal eine Behauptung von Ihnen.

Wenn Sie wissen wollen, warum Herr Pofalla nicht mehr der Bundesregierung angehören wollte, verweise ich auf die Erklärung, die er selber dazu gegeben hat und die in diesem Fall auch das ausdrückt, was ihn bewegt hat. Ich kann zu diesem Gespräch Ende November nicht mehr sagen. Ich kann es nicht genauer einordnen. Ende November war es in einem von vielen Gesprächen, dass die Bundeskanzlerin von dieser Möglichkeit als einer von mehreren Möglichkeiten erfuhr und ihre Haltung mit der zeitlichen Distanz dazu ausgedrückt hat.

Zusatzfrage: Und die Frage nach dem Gespräch mit Herrn Gabriel?

StS Seibert: Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich es nicht weiß. Es tut mir leid. Ich weiß nicht, ob es mehrere Gespräche in den vergangenen Tagen gab oder nur eines, in dem mehrere Punkte besprochen worden sind. Ich weiß es nicht.

Zusatzfrage: Würden Sie mir zustimmen, Herr Seibert, dass der viel strapazierte gesunde Menschenverstand nahelegt, dass die Bundeskanzlerin, wenn Herr Pofalla zu ihr sagt "Eine Möglichkeit ist die Bahn", ihn dann fragt, wie lange diese Gespräche schon laufen?

StS Seibert: Ich werde jetzt keine Mutmaßungen über Gesprächsverläufe anstellen. Gespräche können sehr unterschiedliche Wendungen nehmen. Ich kann das einfach nicht. Wie das Gespräch in diesem Zusammenhang weiter lief, kann ich Ihnen nicht sagen. Das, was ich Ihnen darüber berichten kann, habe ich Ihnen berichtet.

Frage: Im Hintergrund steht ja ein bisschen der Verdacht oder die Vermutung, dass es eine thematische Nähe zwischen Entscheidungen, die Herr Pofalla in der Vergangenheit getroffen hat, und dem Jobangebot geben könnte. Die Formulierung im Koalitionsvertrag ist relativ schwammig. Ich glaube, es ist von einer "angemessenen Regelung" die Rede. Hat die Bundeskanzlerin das Gefühl, dass es sozusagen einen Zusammenhang zwischen einem beruflichen Wechsel, der stattfindet, und den Themen, die man vorher in einer politischen Funktion betraut hat, geben sollte? Sollte man da vielleicht besonders sensibel sein?

StS Seibert: Ich will noch einmal zu der vermeintlichen thematischen Nähe, die Sie aufbringen, etwas sagen. Der Chef des Bundeskanzleramtes hat mit allen Politikfeldern zu tun, die eine Bundesregierung bearbeitet - selbstverständlich auch mit verkehrspolitischen Entscheidungen, die anstehen.

Im Übrigen ist es doch selbstverständlich, dass sich jedes Mitglied der Bundesregierung für die verkehrspolitischen, auch die bahnpolitischen Überzeugungen dieser Regierung einsetzt, und zwar national wie international.

Frage: Eine Nachfrage, vielleicht ist es mir vorhin auch entgangen: Zu dem Gespräch von Herrn Pofalla mit der Bundeskanzlerin hatten Sie gesagt, die Bundeskanzlerin habe auf Karenzzeit nicht gepocht, aber das sozusagen erwähnt. Ist überliefert, ob Herr Pofalla möglicherweise geantwortet und gesagt hat, dass das ohnehin erst ab Mitte des Jahres gelten würde? Gibt es eine zeitliche Einordnung aus dem Gespräch von Ihnen?

StS Seibert: Mir ist das nicht überliefert.

Frage: Nur zur Klarstellung: Ihnen beziehungsweise der Bundeskanzlerin ist jetzt nicht bekannt, was für eine Zeitplanung es für einen solchen möglichen Job gibt? Die zeitliche Distanz, von der Sie sprachen, ist aus Sicht der Bundeskanzlerin jetzt noch nicht näher umrissen? Oder gibt es irgendwelche Informationen, die Ihnen vorliegen, wann eine solche mögliche Beschäftigung beginnen kann?

StS Seibert: Ich verweise noch einmal auf das, was ich schon gesagt habe. Diese Information müsste doch seitens der Bahn AG in die Öffentlichkeit kommen, wenn es denn einen solchen Plan gäbe. Ich kann dazu nichts sagen. Es ist auch keine Angelegenheit der Bundeskanzlerin.

Zusatz: Es könnte aber sein, dass die Bundeskanzlerin was davon weiß, was Sie uns nicht sagen wollen. Vielleicht weiß sie es oder sie weiß es nicht.

StS Seibert: Ich habe dazu wirklich das gesagt, was ich sagen kann. Das ist eine Angelegenheit des Aufsichtsrats der Bahn AG. Dieser hat sich noch nicht geäußert. Er wird es vielleicht noch tun. Von mir kann ich dazu nicht mehr beisteuern.

Moosmayer: Ich wollte ganz kurz zur Versachlichung dieser ganzen Debatte beitragen: Die Bestellung eines Vorstands obliegt dem Aufsichtsrat als Gremium, und zwar nur dem Aufsichtsrat als Gremium. 107 des Aktiengesetzes schreibt das vor. Der Eigentümer hat überhaupt keinen Einfluss darauf. Man kann jetzt nicht, nur weil solche Überlegungen im Vorfeld einer solchen Aufsichtsratssitzung öffentlich geworden sind, das zum Anlass nehmen, solche Spekulationen anzustellen. So etwas wird nur im Aufsichtsrat besprochen und dort entschieden. Dort werden auch die Fristen festgelegt.

Frage: Herr Seibert, Herr Schäfer, seit zwei Wochen gibt es in der Türkei eine harte Diskussion über Korruption. Inwieweit interessiert die Bundeskanzlerin diese Diskussion? Was sagt sie dazu? Die gleiche Frage richtet sich auch an das Auswärtige Amt.

StS Seibert: Ich wiederhole noch einmal, was ich bei der vorletzten Regierungspressekonferenz zu dem Thema gesagt habe:

Die Bundeskanzlerin - das gilt für die Kanzlerin wie für den Außenminister - verfolgt die Geschehnisse in der Türkei mit Interesse. Wir gehen davon aus, dass die Korruptionsvorwürfe, die hochgekommen sind, mit rechtsstaatlichen Mitteln bearbeitet werden.

Schäfer: Für Bundesaußenminister Steinmeier stimme ich absolut dem zu, was Herr Seibert gesagt hat und ergänze, dass der Bundesaußenminister sich am letzten Sonntag in einer großen deutschen Wochenzeitung zu dem Thema geäußert hat. Er sprach von einer Bewährungsprobe. Er sprach davon, dass die Türkei ein ganz wichtiger Partner Deutschlands und Europas ist und dass die Bundesregierung ein großes Interesse daran hat, den Dialog und das Gespräch mit der Türkei fortzusetzen.

Frage: Ich möchte ein anderes Thema anschneiden, und zwar zwei Fragen an die Häuser Justiz und Inneres zum Komplex Vorratsdatenspeicherung richten:

Herr Rülke, was hat den Bundesjustizminister jetzt bewogen, den Koalitionsvertrag in dieser Frage gewissermaßen auf Eis zu legen und keinen Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung vorzulegen?

Herr Paris, was ist denn die Haltung des Bundesinnenministers? Gab eine Kommunikation zwischen beiden Häusern?

StS Seibert: Sie haben mich zwar nicht angesprochen, aber wenn ich ganz kurz auch etwas dazu sagen darf und dann die beiden Herren: Die Koalition wird sich dieses Thema sehr genau gemeinsam ansehen. Es ist ja nun durch das Plädoyer des Generalanwalts beim EuGH eine besondere Situation eingetreten. Es wird schon sehr bald dazu Recht gesprochen werden.

Für die Bundesregierung als Ganzes bleibt klar: Wir wollen die Vorratsdatenspeicherung entsprechend gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umsetzen. Wir wollen vor allem nicht in eine Situation geraten, in der die Bundesrepublik Strafzahlungen leisten müsste, und werden eine solche Situation auch zu vermeiden wissen: Deshalb jetzt eine gemeinsame genaue Prüfung der entstandenen Lage und dann eine Beratung innerhalb der Koalition. Der ideale Zeitpunkt dafür wäre die kommende Koalitionsklausur. Dieses Thema wird als ein Thema für diese Klausur aufgesetzt werden. Dann wird man zu einer gemeinsamen Beurteilung kommen.

Rülke: Weil Sie mich konkret angesprochen haben: Ich habe Herrn Seibert in dieser Frage nichts hinzuzufügen. Es ist, wie Herr Seibert gesagt hat, seit der Ausformulierung des Koalitionsvertrags eine neue sachliche Situation eingetreten. Die besteht insbesondere in dem Gutachten des Generalanwalts. Zu dieser neuen Situation hat der Minister, wie nachzulesen, sachlich Stellung genommen.

Zusatzfrage: Ist das auch die Position des Bundesinnenministers?

Paris: Ich glaube, dass Herr Seibert sehr zutreffend und sehr deutlich klargemacht hat, wie das weitere Verfahren sein wird. Die Koalition wird sich mit dem Thema beschäftigen. Das tut die Koalition miteinander im Rahmen der Klausur. Das wird dort aufgesetzt. Da gehört es hin, und da ist es sinnvoll aufgehoben.

Zusatzfrage: Wenn ich noch einmal zum idealen Zeitpunkt nachfragen darf: Die Klausur findet, wenn ich das richtig weiß, vor der Entscheidung des EuGH statt. Richtig?

StS Seibert: Sie findet am 22. und 23. dieses Monats statt.

Zusatz: Also vor der Entscheidung des EuGH.

StS Seibert: Ich weiß nicht, wann der EuGH entscheiden wird. Ich höre allgemein, dass das in den ersten drei Monaten, aber wohl noch nicht Ende Januar der Fall sein wird.

Paris: Es spricht viel dafür, dass die Klausur vor der Entscheidung stattfinden wird.

Rülke: Wenn ich das kurz ergänzen darf: Wir rechnen bis Ostern mit einer Entscheidung.

Frage: Herr Seibert, wegen der neuen Sachlage durch den Generalanwalt: Das war, wenn ich mich nicht täusche, am 11. oder 12. Dezember. Der Koalitionsvertrag war am 12. Dezember sozusagen in trockenen Tüchern. Die Bundeskanzlerin hat hier bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags gesagt, die Vorratsdatenspeicherung werde - ich zitiere - eines der ersten Gesetzesvorhaben sein. Verstehe ich Sie richtig, dass das nicht mehr gilt?

StS Seibert: Nein. Es ist eines der ersten Vorhaben, über die wir gemeinsam bei der Koalitionsklausur beraten.

Frage: Direkt dazu, Herr Seibert: Sie sagten, dass die Kanzlerin für drei Wochen mehr oder weniger ausfällt. Heute ist der 6. Januar. Die Kabinettsklausur findet am 22. und 23. Januar statt. Wie passt das zusammen? Wird die Klausur auf jeden Fall stattfinden? Oder droht möglicherweise eine Verschiebung?

StS Seibert: Ich hoffe sehr, dass ich nicht gesagt habe, was Sie sagen, dass ich gesagt hätte. Sondern ich habe gesagt, sie wird einige der bereits angekündigten öffentlichen Termine absagen müssen. Das ist etwas ganz anderes als ausfallen. Sie ist natürlich bei der Arbeit, und zwar jeden Tag.

Ich habe gesagt, wir werden die Termine der Bundeskanzlerin Woche für Woche bekanntgeben. Es ist jetzt eine dreiwöchige Phase, in der sie sich liegend schonen soll. Die Klausur ist am 22. und 23. Januar. Wir schauen.

Frage: Herr Seibert, hat sich Kanzlerin denn schon ein Urteil oder zumindest eine Meinung darüber gebildet, wann die Vorratsdatenspeicherung kommen soll?

StS Seibert: Diese Meinung wird sie sich mit den Ressorts und den Fachleuten in den Fachministerien gemeinsam bilden.

Zusatzfrage: Eine Nachfrage an die beiden Ministerien: Wie soll dieser Clinch am Ende gelöst werden?

Paris: "Clinch" ist erst einmal Ihre Begrifflichkeit, die ich mir nicht zu eigen mache. Gehen Sie einmal davon aus, dass die beiden Minister, Herr Maas und Herr de Maizière, sich sicherlich im Laufe dieser Woche anlässlich des Kabinetts sehen werden - es wird wahrscheinlich auch noch einen anderen Termin geben -, wo man einfach diese Thematik einmal aufnimmt. Darüber bespricht man sich dann.

Wie gesagt, Herr Seibert hat, glaube ich, sehr klargemacht: Das wird innerhalb der Koalition entschieden. Das Thema wird innerhalb der Koalition bearbeitet. Das wird im Laufe dieses Monats erfolgen. Die Ergebnisse teilen wir sicherlich hier auch mit.

Rülke: Ich stimme dem vollkommen zu. Herr Maas hat in seinem Interview am Wochenende auch gesagt, dass er an einem sachlichen und konstruktiven Dialog innerhalb der Bundesregierung Interesse hat. Wir werden diesen Dialog ständig und regelmäßig führen. Dabei bleibt es.

Frage: Herr Rülke, es war in dem "Spiegel"-Interview auch im Zusammenhang mit dem Datenschutz von einer grundsätzlichen Skepsis des Ministers zur anlasslosen Speicherung die Rede. Das führt nun in der Union zu Stimmen, die glauben, dass die Sache jetzt tatsächlich verschleppt werden sollte. Macht sich Herr Maas die Formulierung des Koalitionsvertrags in der Frage zu eigen?

Herr Paris, Ihr Minister hat sich heute schon geäußert, und zwar etwas schärfer als Sie, indem er auf die Einhaltung des Koalitionsvertrags gedrungen hat und das kritisch meinte. Ist eine solche Befürchtung, die Sache könnte verschleppt werden, Hintergrund für die Forderung?

Rülke: Ich habe den Äußerungen des Ministers aus dem Interview nichts hinzuzufügen. In der Tat haben Sie ihn richtig skizziert. Er hat dort seine Skepsis geäußert. Er hat deutlich gemacht, dass er gerne in dieser Sache die Entscheidung des EuGH abwarten möchte und dass eine neue Sachlage entstanden ist. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Paris: Ich glaube, Frau Geuther, dass es so scharf, wie Sie es vielleicht verstanden haben, überhaupt nicht gemeint gewesen ist. Ich glaube, dass es auch sinnvoll ist, einen Hinweis zu geben, der da lautet: Die Koalition hat jetzt begonnen zu arbeiten. Es ist das neue Jahr, heute ist der 6. Januar. So alt ist der Vertrag noch nicht. Aber der Koalitionsvertrag ist Ende des letzten Jahres geschlossen worden. Er gilt. Das ist die Richtschnur des Handelns für die neue Koalition.

Jetzt geht darum, diesen Koalitionsvertrag auch abzuarbeiten, und zwar in dem Sinne, wie der Koalitionsvertrag formuliert ist. Das ist das, was der Minister heute Morgen anlässlich der dbb-Tagung in Köln am Rande gesagt hat, als er dazu gefragt wurde. Er hat aber auch deutlich gemacht, dass er an der Sache orientiert ist, in der Sache mit seinem Kollegen Maas sprechen wird und im Laufe dieser Woche das auch tun wird. Das wird sicherlich dann auch in einem sinnvollen Ergebnis in der Koalitionsklausur Ende des Monats Januar seinen Ausfluss haben.

Frage: Herr Seibert, um den Kreis etwas weiter zu ziehen: Wir thematisieren jetzt die Vorratsdatenspeicherung. In den vergangenen Tagen gab es innerhalb der Koalition Debatten über die Themen Rente, Mindestlohn, Ausländerzuzug usw. Das ist alles sozusagen unter dem Übergriff "Streit in der Koalition" gelaufen. Gibt es vonseiten der Kanzlerin eine Empfehlung an die Mitglieder der Koalition, ihre Kommunikation zu verändern? Oder ist die Kanzlerin von der lebhaften Debatte angetan, die innerhalb der Koalitionsparteien und der Regierungsmitglieder geführt wird? Wie ist die Einschätzung?

StS Seibert: Ich finde das Wort "Debatte" schon einmal sehr viel zutreffender als das andere Wort, das Sie genannt haben und das ich auch in manchen Überschriften lese. Eine Debatte ist doch die Würze des Politischen überhaupt. Insofern kann ich daran nichts Fürchterliches finden. Wir sind eine Koalition. Wir werden immer wieder über das Gespräch, manchmal auch über die Debatte, zu gemeinsamen Lösungen kommen. Die Basis dafür ist der Koalitionsvertrag. Ich halte das für ein normales und eigentlich sogar gut demokratisches Vorgehen.

Frage: Herr Rülke, hat Ihr Minister denn das Kanzleramt oder das Innenministerium vor seinem Interview im "Spiegel" über seine Entscheidung inhaltlicher Art informiert?

Wenn nein, die Zusatzfrage an Herrn Paris: Hätte sich Minister de Maizière gewünscht, dass der Bundesjustizminister ihm das vorher sagt hätte und er das nicht aus der Presse erfahren musste?

Rülke: Der Minister steht im regelmäßigen Austausch mit all seinen Kabinettskollegen und auch mit der Kanzlerin. Über einzelne Kontakte kann ich Ihnen leider, da sie intern bleiben sollen, keine Auskunft geben.

Zusatz: Sie müssen mir nicht über einzelne Kontakte Auskunft geben, sondern nur darüber, ob er vorab das Kanzleramt oder den Innenminister informiert hat.

Rülke: Das kann ich leider nicht.

Zusatzfrage: Also nein?

Rülke: Ich kann Ihnen darüber keine Auskunft geben.

Zusatz: Herr Paris?

Paris: Ich auch nicht. Ich glaube, ich habe gerade, als ich die Frage von Frau Geuther beantwortet habe, darauf hingewiesen, dass Minister de Maizière sich freut, mit dem Kollegen Maas ins Gespräch zu kommen. Das Jahr ist noch jung. Es gab auch Urlaubszeiten.

Paris: Sie lachen, aber es ist so. Es gab durchaus auch Minister, die Urlaub gemacht haben. Der Innenminister gehörte dazu. Er hat heute seinen ersten Termin wahrgenommen, und zwar in Köln beim dbb. Sie haben auch vernommen, dass er sich dort zu dieser Frage sachlich geäußert hat. Jetzt fangen wir einmal an, in der Sache zu arbeiten, und dann werden wir das schon schaukeln.

Zusatzfrage: Ich wollte Herrn Seibert fragen, ob das Kanzleramt diese Entscheidung, das auf Eis zu legen, auch aus dem "Spiegel" erfahren hat.

StS Seibert: Ich glaube, das Entscheidende ist, dass wir jetzt doch einen ganz klaren Fahrplan haben. Bei der Koalitionsklausur werden wir im großen Kreis darüber sprechen. Schon bis dahin haben die beiden zuständigen Ressorts intensive Kontakte gehabt. Das ist der Fahrplan, der zählt und der am Ende eine gute Koalitionsentscheidung bringen wird.

Frage: Auf die Gefahr hin, dass ich irgendeinen Stopp in diesem Fahrplan verpasst habe: Sie hatten eingangs gesagt, eine Entscheidung des EuGH sei bald zu erwarten. Ist es jetzt eigentlich ein Widerspruch, wenn man abwartet? Besteht das Problem, das auf Eis zu legen, überhaupt? Oder ist ein möglicher Konsens innerhalb der Regierung, was das Kanzleramt oder vielleicht auch das Innenministerium angeht, die mutmaßlich kurze Zeit bis zur Verkündung dieses Urteils noch abzuwarten, ehe man ein eigenes Gesetz auf den Weg bringt?

StS Seibert: Ich habe dazu jetzt nicht mehr viel zu sagen. Vor allem möchte ich hier dem Ergebnis der Beratungen bei der Koalitionsklausur nicht vorgreifen. Wir werden uns sehr genau das Plädoyer des Generalanwalts anschauen. Wir werden sehr genau auswerten, inwieweit dort die Vorratsdatenspeicherung eingeschränkt wird. Sie wird in diesem Plädoyer ja keineswegs für vollkommen grundrechtswidrig erklärt.

Wir werden uns das sehr genau anschauen, und dann werden wir das in guter koalitionärer Übung miteinander besprechen.

Paris: So ist es, das ist der Kern der Debatte.

Zusatzfrage: Aber Kern der Debatte ist nicht, ob es den Gesetzentwurf vor oder nach dem Urteil gibt?

Paris: Diese Frage gehört zwangsläufig mit in die Debatte hinein.

Frage: Ich habe eine Frage zum Thema Rüstungsexporte: Hat die Bundesregierung oder haben die Ministerien schon im Bundessicherheitsrat zum Thema einer mutmaßlichen Zahlung von Schmiergeld in Griechenland und auch zum Anruf von Altkanzler Schmidt bezüglich einem Bremsen der deutschen Rüstungsexporte Stellung genommen?

StS Seibert: Zu dem, was jetzt an Vorwürfen der Korruption in Griechenland hochkommt: Das muss aufgeklärt werden - das ist keine Sache, die deutsche Regierungspolitik betrifft, aber selbstverständlich müssen Korruptionsvorwürfe aufgeklärt werden, wie es die griechische Justiz mit Sicherheit auch tun wird.

Ansonsten ist die deutsche Rüstungsexportpolitik ausgerichtet an den gleichen Grundsätzen, an denen auch schon die Rüstungsexportpolitik vergangener Bundesregierungen ausgerichtet war, und im übrigen auch an den gleichen Grundsätzen, denen sich unsere europäischen Partner unterwerfen. Es ist immer eine Einzelfallprüfung, es ist immer eine Abwägung, und darüber wird im jährlichen Rüstungsexportbericht berichtet - wobei wir bereits angekündigt haben, dass wir überlegen, ob wir die Kommunikation von erfolgten Entscheidungen im Laufe dieser Legislaturperiode auch verändern, das heißt, häufiger kommunizieren.

Modes: Meines Erachtens hat Herr Seibert alles dazu gesagt.

Vorsitzender Leifert: Der zweite Teil bezog sich auf die Empfehlungen von Helmut Schmidt, die, glaube ich, schon ein paar Wochen zurückliegen. Wollen Sie sich dazu noch äußern?

StS Seibert: Darauf bezog sich meine Antwort.

Modes: Genau, der zweite Teil der Antwort. So sehen wir das auch.

Frage: Her Seibert, ich habe noch eine ganz banale Nachfrage zum Unfall der Kanzlerin - vielleicht habe ich es vorhin auch überhört -: Wo liegt die Kanzlerin jetzt eigentlich, wenn sie wegen ihres Beines liegt? Liegt sie im Kanzleramt, zu Hause, im Krankenhaus?

StS Seibert: Nein, sie ist nicht im Krankenhaus. Sie wird immer wieder auch im Kanzleramt sein, das hatte ich gesagt. Ansonsten wird sie von zu Hause aus ihre Arbeit fortsetzen.

Zusatzfrage: Dann habe ich noch eine zweite Frage zum Weltwirtschaftsforum in Davos: Ist jetzt eigentlich klar, dass die Kanzlerin nicht fährt?

StS Seibert: Das war aus völlig anderen Gründen vorher auch schon klar.

Zusatzfrage: Was sind die Gründe? Normalerweise ist sie in den letzten Jahren doch immer dorthin gefahren.

StS Seibert: Und in diesem Jahr nicht. Zum Beispiel, weil es mit der Regierungsklausur, die geplant ist, zusammenfällt.

Zusatzfrage: Dann habe ich noch eine Nachfrage zu Davos: Ich glaube, die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums hatte schon gesagt, Herr Gabriel fahre nicht. Ist das richtig?

Modes: Ja, das ist richtig.

Zusatzfrage: Ich frage, weil dessen Name nach wie vor in der Vorschau auftaucht.

Modes: Mein aktueller Stand ist, dass er nicht fährt. Falls sich etwas ändert, werden wir natürlich informieren.

Frage: Wenn jetzt Davos terminlich mit der Meseberg-Klausur zusammenfällt: Gibt es dann überhaupt ein Regierungsmitglied, das in Davos auftreten wird?

Vorsitzender Leifert: Welches Regierungsmitglied war denn überhaupt in der Gefahr oder in der Vorbereitung auf Davos? - Keine Reaktion von hier oben? - Der Verdacht scheint sich zu bestätigen.

Kotthaus: Soweit mir bekannt ist, ist bei uns noch offen, ob da etwas machbar ist. Davos dauert ein paar Tage, die Regierungsklausur dauert ein paar Tage - bei uns ist noch ungeklärt, ob der Minister fährt oder nicht.

Schäfer: Vielleicht noch für das Auswärtige Amt und den Außenminister: Neben der Regierungsklausur in Meseberg gibt es auf der internationalen Agenda einen weiteren Termin, der mit dem "World Economic Forum" kollidieren könnte, und das ist die seit Monaten geplante Syrien-Konferenz in der Schweiz, die von den Vereinten Nationen für den 22. Januar anberaumt worden ist. Heute beraten in Istanbul wichtige Teil der syrischen Opposition darüber, ob sie an diesen Gespräche - die, wie gesagt, für den 22. Januar geplant sind - teilnehmen wollen. Wir wollen, dass diese Konferenz stattfindet. Wenn sie stattfinden kann und wenn es von beiden Seiten, also vonseiten der Opposition und von der Regierung, gewollt wird, dass diese Konferenz stattfindet, so wird auch Deutschland auf dieser Konferenz vertreten sein. In welcher Weise, wäre noch zu klären.

Frage : Ich habe eine Frage zu einer kleinen Meldung vom Wochenende über die Arbeitsplanung des Ministers Gabriel: Es hieß, er wolle sich mittwochnachmittags für seine Familie freinehmen. Ist das eine formelle Vereinbarung, muss er da irgendwelche Formulare ausfüllen oder so etwas? Oder verschieb er einfach seine Arbeitszeiten so, dass er mittwochnachmittags Zeit hat?

Modes: Ich gehe davon aus, dass, so wie Sie es sagen, Termine dann verschoben werden.

Zusatzfrage : Okay, dann arbeitet er einfach zu anderen Zeiten länger - was Minister ja auch tun.

Modes: Davon gehe ich aus, ja.

Frage: Über die Feiertage gehörte zu den - um mit den Worten von Herrn Seibert zu sprechen - würzigen Debatten ja auch die Frage, wie die Zeiten der Arbeitslosigkeit bei der Rente mit 63 angerechnet werden sollen. Ist das ein Thema, über das Frau Nahles schon entschieden hat? Falls nein: Wann wird sie das entscheiden? Wird das möglicherweise auch auf der Kabinettsklausur in Meseberg besprochen werden?

Westhoff: Es ist auf jeden Fall noch zu besprechen und es ist auf jeden Fall noch festzulegen, und das Ganze im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens, das es geben wird. Das allerdings wird es sehr schnell geben müssen, denn es ist ja allgemein bekannt, dass sowohl die sogenannte Rente mit 63 - da steht ja noch einiges dahinter - als auch das Thema Mütterrente schon zur Mitte dieses Jahres umgesetzt werden und am 1. Juli in Kraft treten soll. Insofern sind das zwei Gesetzgebungsvorhaben, die jetzt sehr, sehr schnell angeschoben werden müssen. Das heißt, man wird bald mit Gesprächen und auch Festlegungen in diesen Fragen rechnen können. Allerdings sind da noch keine Entscheidungen getroffen. Wo genau darüber gesprochen wird und welchen Stand das zum Beispiel bei der Kabinettsklausur haben wird, kann ich jetzt noch nicht sagen. Man kann aber davon ausgehen, dass solche gewichtigen Fragen natürlich auch in solchen Spitzengremien besprochen werden.

Zusatzfrage: Herr Seibert, Sie hatten eben gesagt, das Thema Vorratsdatenspeicherung sei für die Kabinettsklausur quasi aufgesetzt. Kann man das für die Rente auch unterstellen?

StS Seibert: Ich kann Ihnen andere Themen noch nicht nennen.

Frage : Herr Kotthaus, wir haben am Wochenende von Kritik der BaFin an der Art, wie die Deutsche Bank mit den Vorwürfen hinsichtlich einer Manipulation von Referenzzinsen umgegangen ist, gelesen. Ist diese Kritik der BaFin in Ihrem Hause auch auf die Ministerebene weitergeleitet worden? Teilt das Ministerium diese Kritik? Halten Sie es im Interesse des Finanzstandortes Deutschland nicht für nötig, der Deutschen Bank abzufordern, konsequenter mit diesen Vorwürfen beziehungsweise damit, dass sie ausgeräumt werden, umzugehen?

Kotthaus: Das Thema der Untersuchung rund um Libor über verschiedene Institute haben wir hier ja schon ein paar Mal gehabt. Es gibt die Regel, dass sich das Bundesfinanzministerium nicht zu einzelnen Instituten äußert. Gleichzeitig ist sicherlich weiterhin richtig, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht mit allem Nachdruck allem nachgehen soll und auch tatsächlich nachgeht, wenn es um das Thema der Manipulation von Referenzzinsen geht. Diese Prüfungen sind auch noch nicht abgeschlossen, und wir legen sehr großen Wert darauf, dass das wirklich umfassend und restlos aufgeklärt wird. Aber noch einmal, Herr Heller: Zu einzelnen Instituten haben wir in der Vergangenheit nicht Stellung genommen, und das werden wir in der Zukunft auch nicht tun.

Frage: Eine außenpolitische Frage an Herrn Schäfer: Gibt es eine Einschätzung des Auswärtigen Amtes zur zugespitzten Situation in Südsudan?

Schäfer: Darüber haben wir in den letzten Tagen an dieser Stelle ja schon mehrfach gesprochen. In der Tat ist die humanitäre Lage im Südsudan sehr besorgniserregend. Die Zahl der Binnenflüchtlinge nimmt deutlich zu. Die Vereinten Nationen gehen inzwischen davon aus, dass inzwischen weit über 100.000 Menschen - die Zahl lautet 180.000 - im Land vertrieben sind und deshalb auch große Schwierigkeiten haben, sich selber zu versorgen.

Deshalb würde ich Ihnen gerne mitteilen, dass das Auswärtige Amt über das Wochenende entschieden hat, die humanitäre Hilfe für den Südsudan anlaufen zu lassen. Zunächst einmal sind eine halbe Million Euro - genauer gesagt 495.000 Euro - der Welthungerhilfe zur Verfügung gestellt worden, um die von den Kämpfen aus ihrer Heimat vertriebenen Menschen mit dem Notwendigsten versorgen zu können. Die Welthungerhilfe wurde deshalb ausgewählt, weil sie über Zugänge verfügt, die es möglich machen, dass die Hilfe tatsächlich bei den Menschen ankommt. Sie können sich vorstellen, dass die Lage im Südsudan gefährlich und schwierig ist. Nicht zuletzt deshalb sind ja vor einigen Wochen auch deutsche Staatsangehörige und viele andere Staatsangehörige anderer Länder aus dem Südsudan ausgeflogen worden. Das ist für uns jetzt zunächst einmal der Versuch, den Menschen zu helfen. Wenn es gelingt, die Hilfe an die Menschen heranzubringen, wird das auch nicht der letzte Schritt der Bundesregierung gewesen sein.

Ich würde gerne noch die Gelegenheit der Frage nutzen, Ihnen im Namen von Außenminister Steinmeier auch zu den laufenden Verhandlungen - beziehungsweise dem Versuch, die Verhandlungen aufzunehmen - zu sagen, dass die Verzögerungstaktik, die wir derzeit in Addis Abeba beobachten, befürchten lässt, dass die Konfliktparteien kein wirkliches Interesse an einer schnellen politischen Konfliktlösung haben. Deshalb muss aus Sicht des Außenministers der Druck aus Afrika, aber auch aus der internationalen Gemeinschaft jetzt weiter - und zwar deutlich - erhöht werden. Das Mindeste - so der Außenminister - ist, dass beide Seiten unverzüglich in den von ihnen kontrollierten Gebieten einen freien humanitären Zugang garantieren, eben deshalb, damit die Binnenvertriebenen anständig versorgt werden können und jetzt nicht über Gebühr zu den Leidtragenden dieser Auseinandersetzung zwischen dem Präsidenten und seinem ehemaligen Vizepräsidenten werden.

Frage : Ich habe noch eine Frage an das Finanzministerium, auch wenn der Anlass Äußerungen eines Außenministers sind: Der griechische Außenminister Venizelos hat ein großes Interview gegeben, in dem er, wenn ich das richtig sehe, zum einen weitere Finanzhilfen in der Form einer Verlängerung von Kreditlaufzeiten und niedrigeren Zinsen eingefordert hat. Er hat zum Zweiten indirekte Kritik an der harten deutschen Haltung bei Auflagen geäußert, indem er anmerkte, Deutschland habe wohl etwas Probleme, auch andere Lösungswege zu akzeptieren. Zum Dritten hat er eine demokratische Kontrolle der Troika und nicht zuletzt auch der EZB über das Europäische Parlament gefordert. Mich würde einmal interessieren, was die Regierung zu diesen konkreten Punkten anzumerken hat, und mich würde zum Zweiten auch interessieren, wie der Grundtenor dieses Interviews des Außenministers des gegenwärtigen EU-Ratspräsidentenlandes bei der Bundesregierung angekommen ist. Ist die Form, in der sich Herr Venizelos dort geäußert hat, als eine die Diskussion befruchtende Form gesehen worden?

StS Seibert: Ich will nur ganz kurz sagen - ohne jetzt das Interview bewerten zu wollen -: Das Format der Troika aus IWF, EZB und Europäischer Kommission ist ja seit Beginn der Krise bewährte Praxis. Warum ist es bewährt? Weil es ein Höchstmaß an Expertise sichert. Im Übrigen fällt nicht die Troika die Entscheidungen, sondern die Finanzminister fällen die Entscheidungen auf Basis der Berichte der Troika. Ich denke, an der demokratischen Legitimierung der Finanzminister ist nicht zu zweifeln.

Kotthaus: Man könnte ergänzend auch sagen: Bei allen Tranchen sind auch die jeweiligen nationalen Parlamente mit beteiligt, also im Falle von Deutschland auch umfassend der Bundestag. Insofern sind sicherlich die ganzen Maßnahmen, die Hilfen, die gewährleistet worden sind, und Ähnliches mehr sowieso einer umfassenden demokratischen Kontrolle unterzogen.

Was die EZB betrifft ist es absolute, langjährigste Tradition: Die EZB ist unabhängig - Ausrufezeichen, unterstrichen, fettgedruckt. Ich glaube, dem brauche ich nichts hinzufügen.

Was die anderen Sachen betrifft, so kann man in einem Punkt ganz klar der Überschrift des Interviews zustimmen: Griechenland hat beeindruckende Erfolge vorzuweisen. Griechenland muss aber auch noch einige Sachen leisten. Wie Sie wissen, hat die Troika noch im Dezember bestätigt, dass verschiedene Meilensteine erreicht worden sind. Dementsprechend haben wir noch im Dezember wieder eine Subtranche von einer Milliarden Euro ausgeschüttet. Jetzt muss die Troika wieder nach Griechenland fahren, um zu schauen, wie es mit den weiteren Meilensteinen aussieht. Die Diskussion ist noch aufzunehmen - Sie wissen, dass es da gewisse Verzögerungen gab -, aber auch das wird weiterhin das übliche Geschäft sein.

Ich glaube, wenn man sich das anschaut, dann sieht man: Die Eurogruppe und die Finanzminister der Eurogruppe beraten immer sehr intensiv und sehr gemeinsam, und sie fällen einstimmige Entscheidungen darüber, wie das funktionieren soll oder nicht funktionieren kann, was erreicht worden ist und was nicht erreicht worden ist und wie man weiter vorangehen kann. Das ist ein intensiver Prozess, der von den Medien umfassend begleitet wird, der sicherlich sehr transparent ist und der, wie gesagt, aufgrund der demokratischen Legitimation der jeweiligen Finanzminister auch dementsprechend gut abgesichert ist.

Was die Frage "Wie geht es weiter?" betrifft, so gibt es dazu nichts Neues. Sie wissen, dass das gegenwärtige Programm Ende 2014 ausläuft. Das bedeutet, dass wir spätestens ungefähr zur Mitte von 2014 sehen werden müssen: Gibt es einen weiteren Finanzbedarf, und, wenn es ihn gibt, sind die dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt? Sie kennen die verschiedenen Kriterien, insofern brauche ich die nicht noch einmal aufzählen. Dann würde man dementsprechend gucken: Wie kann man Griechenland weiter unterstützen. Der Finanzminister hat in der Vergangenheit mehrfach gesagt: Wenn die Bedingungen erfüllt sind, wenn ein Finanzbedarf gegeben ist, wenn die Voraussetzungen vorliegen, werden wir Griechenland sicherlich weiter helfen. Aber das bleibt es alles erst zu prüfen; diese Fragen werden sich konkret erst Mitte 2014 stellen, und nicht jetzt. Eines ist auch klar: Wenn es in irgendeiner Form weitere Hilfen geben sollte, dann werden die sehr viel kleiner sein, als wir das in der Vergangenheit hatten. Aber all das ist offen, Herr Heller; da hat sich in den letzten Monaten nichts Neues entwickelt. Wir werden diese Fragen also 2014 stellen müssen und dann gemeinsam mit der Troika, den Griechen und den anderen Partnern in der Eurogruppe diese Fragen klären müssen.

Last but not least: Die Auflagen und die Fragen, wie das Programm aussieht, sind keine Entscheidung von Deutschland. Das ist vielmehr eine Entscheidung der Eurogruppe, und die wird dabei unterstützt durch die Troika und deren Expertise. Deswegen muss ich, wenn es heißt, Deutschland hätte irgendetwas (bestimmt), sagen: Nein, haben wir nicht. Die Eurogruppe bestimmt, wie es weitergeht, die Eurogruppe bestimmt, wie es weitergeht, die Eurogruppe bestimmt, welche Sachen erfüllt werden müssen, und die Eurogruppe wird bestimmen, wie es Mitte 2014 so oder so weitergehen könnte.

Frage: Herr Seibert, im Zuge des Gurlitt-Falls ist ja die gesamte Thematik der Raubkunstbehandlung in Deutschland noch einmal ins Rampenlicht gerückt, und damit auch der Rechtsstreit zwischen der Bundesregierung und den Erben von Max Emden. Ich weiß nicht, ob Sie den Fall kennen, aber letzte Woche ist von den Erben noch ein Brief an Frau Merkel direkt geschrieben worden, mit der Bitte, an die Limbach-Kommission zu gehen, was die Bundesregierung bisher verweigert hat. Gibt es von der Bundeskanzlerin irgendeine Reaktion auf diesen persönlichen Brief?

StS Seibert: Ich kenne den Fall, aber ich habe, ehrlich gesagt, die Entwicklungen der letzten 14 Tage auf diesem Gebiet nicht mitbekommen. Deswegen werde ich Ihnen die Antwort nachreichen.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 6. Januar 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/01/2013-01-06-regpk.html;jsessionid=2E5A2F504AFD11E30B1C8E07A74C9704.s3t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2014