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PRESSEKONFERENZ/545: Regierungspressekonferenz vom 25. Januar 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 25. Januar 2013
Regierungspressekonferenz vom 25. Januar 2013



Themen: Bundeshaushalt 2014, Telefonat mit dem japanischen Premierminister Shinzo Abe
weitere Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Chile-Reise, Karnevalsempfang, Festlicher Abend der Deutschen Industrie, Kabinettssitzung, Ausstellung "Berlin 1933 - Der Weg in die Diktatur", Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus, Besuch des ägyptischen Staatspräsidenten Mohammed Mursi, Jahresempfang für das Diplomatische Corps, Deutscher Bundestag, Klausurtagung Energie- und Umweltpolitik des CDU-Wirtschaftsrates, Präsentation der 2-Euro-Gedenkmünze "Baden-Württemberg", Meinungsaustausch mit dem amerikanischen Vizepräsidenten Joe Biden), Sexismus-Vorwürfe gegen Rainer Brüderle, mögliche Anschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr, Neuregelung des Punktesystems in Flensburg, Reisewarnung des Auswärtigen Amtes für Libyen, Rede der Bundeskanzlerin auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos

Sprecher: StS Seibert, Kotthaus (BMF), Dienst (BMVg), Strater (BMVBS), Schäfer (AA), Angeli (BMFSFJ), Zimmermann (BMJ)

Vorsitzender Mayntz: Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, herzlich willkommen zur Regierungspressekonferenz mit Regierungssprecher Steffen Seibert sowie den Sprecherinnen und Sprechern der Ministerien! Unser Thema Nummer eins ist die Diskussion über die Haushaltsaufstellung.

Frage: Herr Seibert, ich wüsste gerne, welchen Sinn die Koalitionsführung, die Regierungsführung darin sieht, erst vor Kurzem dem Verkehrsetat zusätzliches Geld zu genehmigen, weil die Deckungslücke so groß ist, wenn Herr Schäuble jetzt einen Plan hat, dass dem Verkehrsministerium wieder dramatisch Geld genommen werden soll. Können Sie mir vielleicht einmal den Sinn dieser Geben-und-Nehmen-Politik zum Nachteil der Verkehrsinvestitionen erläutern?

StS Seibert: Ich würde vielmehr den Sinn infrage stellen, den es hat, jetzt permanent neue Gerüchte und Mutmaßungen, wie der kommende Haushalt aussehen könnte, zu diskutieren, wenn wir als Bundesregierung doch einen sehr klaren Fahrplan haben. Wir werden im Kabinett die Haushaltseckwerte im März beschließen. Dann wird klar sein, wie diese Bundesregierung die Ziele, die sie sich für den Haushalt 2014 gesetzt hat, erreichen will.

Kotthaus: Vielleicht darf ich noch etwas dazu sagen, weil Sie ja meinem Minister etwas unterstellt haben.

Zusatz: Ich habe nur mehr oder weniger frei zitiert.

Kotthaus: Halten wir einmal fest: Im Koalitionsausschuss gab es den Beschluss, mit dem Haushalt 2014 mit den genannten Bedingungen, die ich am Mittwoch vorgelesen habe, eine strukturelle Null zu erreichen; das ist richtig. Das ist sicherlich eines der ambitioniertesten Ziele, die wir seit Langem haben.

Dieser Finanzminister steht seit Beginn der Legislaturperiode dafür, die Neuverschuldung konsequent abzubauen. Ich brauche Ihnen den ganzen Pfad nicht noch einmal vorzulesen; dies können Sie auch bei uns auf der Website finden. Das haben wir belegt und bewiesen.

Jetzt sind wir eben daran, wie wir dieses Ziel für 2014 erreichen können. Da gibt es das Top-down-Verfahren. Da gibt es diese Neuerung im Top-down-Verfahren, nämlich das Treffen aller Staatssekretäre am 31. Januar, um sich einmal bewusst zu werden, dass es eine gemeinsame Aufgabe ist, an der wir gemeinsam arbeiten müssen, was ambitioniert ist. Darum geht es jetzt erst einmal.

Mir ist auch klar, weil ich auch Zeitung lese, dass offensichtlich gestern irgendwelche Listen herumgereicht wurden, Ähnliches mehr. Ich kann Ihnen aber ganz klar versichern: Das kommt nicht von uns.

Mein Minister ist in der Vergangenheit immer gefragt worden, wie er das erreichen will. Er hat ganz klar gesagt: Der Rasenmäher ist für die Gartenarbeit gedacht, aber er ist kein Instrument der Haushaltsführung. - Ich glaube, dieses Zitat kann man sich durchaus noch einmal in Erinnerung rufen, um klarzuziehen, dass das in der Form einfach nicht zutrifft.

Lange Rede, kurzer Sinn: Am 31. Januar ist eine Art Auftakttreffen aller Staatssekretäre für das Top-down-Verfahren. Dann reden wir gemeinsam über die große Herausforderung und darüber, wer welche Vorschläge hat, wie man das am besten erreichen kann. Da sind wir nun. Nach dem 31. Januar kann man schauen, wo wir sind und wie wir weiter vorgehen. Aber das, was Sie eben in der Frage an Herrn Seibert unterstellt haben, ist schlicht und ergreifend nicht zutreffend.

Zusatzfrage: Herr Kotthaus, dann können Sie mir doch sicherlich bestätigen, dass es völlig absurd wäre, dass die Koalition vor Kurzem dem Verkehrshaushalt noch zusätzliches Geld wegen Unterdeckung genehmigt hat, wenn gleichzeitig dem Verkehrsministerium bei der nächsten Runde extra Geld weggenommen würde. Stimmen Sie mir zu, dass das politischer Unsinn wäre, wenn jemand so verfahren würde?

Kotthaus: Ich bemühe mich, Worte wie "Unsinn" und "absurd" nicht zu verwenden.

Zusatz: Am Mittwoch waren Sie doch mindestens so klar, wenn ich mich richtig erinnere.

Kotthaus: Ich bin heute sehr milde. - Noch mal: Das, was da kolportiert worden ist, ist nicht unser Weg. Wir werden diese Herausforderung gemeinsam angehen. Dem dient das Treffen am 31. Januar. Ich glaube, es ist jetzt hinreichend klar, dass dieser Weg nicht unser Weg ist.

Frage: Herr Kotthaus, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie doch gerade indirekt bestätigt, dass es dem großen Investitionsetat an den Kragen gehen soll. Sie haben gesagt, dass die Rasenmähermethode nicht das Instrument der Haushaltsführung sei. Wenn man sich aber den großen Investitionsetat anschaut, wäre es doch nur logisch, dass man genau dort anfängt zu kürzen. Also die Frage andersherum gestellt: Ist es richtig, dass wir 2014 mindestens 6 Milliarden Euro einsparen müssen, um auf eine strukturelle Null zu kommen?

Kotthaus: Ihre Frage ist mindestens so erstaunlich, wie es meine Antworten offensichtlich waren. - Wenn Sie sich die mittelfristige Finanzplanung einmal anschauen und das Ziel der strukturellen Null in 2014 danebensetzen, dann werden Sie feststellen, dass da noch ein Bedarf besteht, etwas zu tun. Die Größenordnung, die Sie erwähnt haben, ist in der Vergangenheit einmal in den Raum gestellt worden. Ich will dem jetzt hier nicht widersprechen. Wir müssen schauen, wie das konkret aussieht.

Sie wissen ja, dass sich ein Haushalt und ein Defizit aus zwei Faktoren ergeben: Der eine heißt Einnahmen, und der andere heißt Ausgaben. Man muss die beiden Sachen zusammenbringen, um dann zu gucken, wie die strukturelle Null aussieht.

Wenn ich mich auf das Wort "Rasenmäher" bezogen habe, dann war das ernst gemeint. Der Schlüssel, der gestern offensichtlich die Runde in Berlin gemacht hat, bezieht sich auf einen Schlüssel, den Sie im Haushalt finden. Er wird im Volksmund Afghanistan-Schlüssel genannt; das ist natürlich in dieser Form nicht zutreffend. Sie finden dies im Bundeshaushalt 2010, Einzelplan 60, Kapitel 02. Das ist der Titel 971 03: Aufwendungen deutscher Sicherheitskräfte im Zusammenhang mit internationalen Einsätzen. Das ist ein Leertitel, der für den Fall gedacht ist, dass vorher nicht planbare internationale Einsätze zustande kommen, wie man dies dann gegebenenfalls auffüllen kann. Man hat besonders geschaut: Wo gibt es Häuser mit festen Größen, rechtliche Verpflichtungen und Ähnliches mehr?

Aber noch mal: Das wäre ein Rasenmäher. Deswegen habe ich das Zitat vorhin noch einmal gebracht. Wir nutzen bei der Haushaltsfindung keinen Rasenmäher, sondern wir werden mit den Kollegen besprechen, welcher Weg gefunden werden kann. Dieser Weg, der hier mit den Summen usw. beschrieben worden ist, ist eindeutig nicht unser Weg.

Ich glaube, das war jetzt hinreichend klar. Ich kann nicht erkennen, wo ich irgendetwas gesagt habe, das Ihrer Interpretation da Vorschub leisten könnte.

Zusatzfrage: Aber ich habe das trotzdem noch nicht ganz richtig verstanden. Das heißt doch: Wenn es um die Größenordnung von 6 Milliarden Euro geht, dann muss man natürlich auch an die Investitionshaushalte ran. Es ist ja bekannt, dass Verteidigung und Verkehr durchaus die größten Haushalte sind.

Kotthaus: Lassen Sie uns doch einmal die Sitzung am 31. Januar abwarten. Noch mal: Der Weg, der gestern offensichtlich beschrieben wurde und den Sie heute in den Medien finden, ist eindeutig nicht unserer. Wir treffen uns am 31. Januar mit den Staatssekretären der Häuser, werden dann schauen, wer wo welche Vorschläge hat und wie man das machen kann. Wir werden das gemeinsam diskutieren und dann weiter vorangehen.

Zusatzfrage: Dann die Frage an Herrn Dienst weitergereicht: Gibt es Vorschläge aus dem Hause von Thomas de Maizière, dort kräftige Kürzungen vorzuschlagen oder hinzunehmen?

Dienst: Schön, dass Sie es nun bei mir versuchen, aber ich habe dem, was Herr Kotthaus gesagt hat, nichts hinzuzufügen. Wir sind noch nicht einmal bei "top", also schon gar nicht bei "down".

Frage: Dann würde ich diese Frage noch an das Verkehrsministerium weiterleiten. Müssen denn dann deutsche Autofahrer beispielsweise befürchten, dass künftig wieder mehr Schlaglöcher auf Autobahnen und Straßen vorzufinden sind, weil nicht genügend Geld vorhanden ist?

Strater: Auch ich möchte mich meinen Vorrednern anschließen. Die Beratungen zur Aufstellung des Bundeshaushalts werden regierungsintern geführt und haben noch nicht einmal begonnen. Insofern sind Berichte über Kürzungen oder Einschnitte in den Etats aus unserer Sicht ebenfalls nicht zutreffend.

Ihr Kollege hat das eben schon richtig beschrieben: Der Minister hat sich immer dafür eingesetzt - vielleicht haben Sie das in den letzten drei Jahren verfolgt -, mehr Geld für die Verkehrsinfrastruktur zu bekommen, auch in den Haushaltsverhandlungen selbst. Wir haben dies mit zwei Infrastrukturbeschleunigungsprogrammen schon aufgestockt bekommen, nämlich einmal eine Zusatzmilliarde ab 2012 und einmal 750 Millionen Euro mehr ab 2013.

Der Minister hat auch immer darauf hingewiesen, dass der Verkehrshaushalt noch immer strukturell unterfinanziert ist, dass Milliardenbeträge fehlen, um die Verkehrsinfrastruktur leistungsgerecht zu erhalten, und dass in den Bedarfsplänen nicht nur für die Bundesfernstraßen, sondern auch für die Bundesschienenwege und für die Wasserwege noch immer eine ganze Menge Geld fehlt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er nun von diesem Weg abweicht.

Frage: Herr Kotthaus, Sie haben vorhin gesagt: Gestern wurden wohl Papiere herumgereicht. Das kommt nicht von uns. - Damit wollten Sie nicht nur zum Ausdruck bringen, dass nicht Sie, Ihr Haus, diese Papiere verteilt haben, sondern Sie wollten auch zum Ausdruck bringen, dass das keine Papiere oder Berechnungen waren, die innerhalb Ihres Hauses gefertigt beziehungsweise angestellt wurden. Habe ich Sie da richtig verstanden?

Kotthaus: Ich habe danach auch gesagt: Das ist nicht unser Weg.

Zusatz: Aber das schließt ja nicht aus, dass man trotzdem solche Berechnungen anstellt.

Kotthaus: Diesen Schlüssel - ich habe gerade versucht zu erklären, woher er kommt - gibt es im Haushalt für einen speziellen Fall. Aber wir führen Haushaltsverhandlungen nicht so. Wir machen keine Rasenmähermethode, sondern wir werden das mit den Kollegen am 31. Januar besprechen. Wir sind sicherlich auf die konstruktive Mitarbeit und den gemeinsamen Willen aller Kollegen angewiesen.

Noch mal: Der Weg, der da skizziert worden ist, wie das angeblich gehen soll, ist nicht der unsrige.

Zusatzfrage: Das habe ich jetzt verstanden. Das bedeutet dann für mich abschließend: Sie können uns also jetzt versichern, dass das Ergebnis, das am Ende der Beratungen stehen wird, strukturell in der Logik dessen, was Sie gesagt haben, gar nicht so aussehen kann, wie es hier nahegelegt wird. Richtig?

Kotthaus: Ich habe jetzt, ehrlich gesagt, Ihre Frage nicht verstanden. Noch mal!

Zusatzfrage: In den Papieren wird ein Modell aufgemacht, von dem Sie sagen: Das ist nicht unser Weg, kein Rasenmäher mit bestimmten Schwerpunkten. - Dann sagen Sie: Es wird alles beredet, das beginnt am 31. Januar. - Dann ist meine logische Schlussfolgerung: Wenn das nicht Ihr Weg ist, dann wird auch das Ergebnis nicht ein solches sein können, das strukturell diesem, Ihrem Nicht-Weg entsprechen würde. Es wird also nicht darauf hinauslaufen können, dass das Verkehrsministerium und das Verteidigungsministerium die dicken Brocken stemmen müssen. Oder vielleicht doch?

Kotthaus: Ich kann die Besprechung am 31. Januar nicht vorwegnehmen. Ich kann Ihnen nicht sagen, mit welchen Vorschlägen und Ideen die Häuser kommen werden, die sich gemeinsam darauf verpflichtet haben, dass wir das Ziel der strukturellen Null anstreben, und zwar mit allen damit einhergehenden Bedingungen. Ich kann es Ihnen heute nicht sagen. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Idee, mit dem Rasenmäher einmal darüber zu gehen, ist eindeutig nicht der Weg, wie wir das machen. Die Zahlen, die hier kolportiert werden, sind nicht diejenigen, von denen wir ausgehen.

Deswegen: Wir werden am 31. Januar zusammensitzen. Wir werden gemeinsam klarmachen: Es ist eine gemeinsame Anstrengung. Das ist ein ambitioniertes Ziel, das wir verfolgen. Dann werden wir schauen, was konkret machbar ist.

Frage: Herr Kotthaus, wenn ich das Top-down-Verfahren richtig verstanden habe, war es bisher immer so, dass das Bundesfinanzministerium Vorgaben gemacht hat, was zu geschehen hat. Das wird in diesem Jahr umgekehrt sein, nämlich dass Sie den Kontakt zu den Ministerien suchen. Erst einmal die Frage: Warum weichen Sie von dem üblichen Vorgehen ab?

Die zweite Frage: Hat dies dann auch Weiterungen dergestalt, dass Ihr Minister im Laufe des Verfahrens auch noch mit den anderen Ressortchefs zusammenkommen wird?

Kotthaus: Wir weichen nur insoweit ab, als wir vor das normale Verfahren noch diese gemeinsame Sitzung geschaltet haben. Die gemeinsame Sitzung dient vor allem noch einmal dem gemeinsamen Bewusstsein: Es ist eine gemeinsame Aufgabe, die konsequente Haushaltskonsolidierung voranzutreiben. Das ist eine gemeinsame Anstrengung.

Auch sonst gibt es die Treffen mit den Ministerien, aber dann immer im 1:1-Format - das wird sich auch an die gemeinsame Sitzung anschließen - auf der Arbeitsebene. Bis hierhin gibt es das normale Verfahren bis hin zu der Kabinettssitzung im März, auf der wir die Eckpunkte beschließen werden. Das normale Verfahren wird beibehalten. Aber zum Auftakt, um sich einfach noch einmal gemeinsam der Herausforderungen bewusst zu werden, hat der Staatssekretär beschlossen, dieses Treffen vorzuschalten. Das ist einfach Teambuilding.

Zusatzfrage: Ministertreffen sind also, Stand jetzt, nicht geplant?

Kotthaus: Noch mal: Das normale Verfahren wird so laufen, wie es läuft, allerdings mit der Ausnahme, dass diese Sitzung vorgeschaltet ist.

Frage: Ich habe zwei Fragen an Herrn Kotthaus: Erstens. Ist Herr Schäuble am 31. Januar beim Koalitionsausschuss dabei?

Die zweite Frage: Sie verwiesen vorhin auf Berichte, in denen einmal über 6 Milliarden Euro spekuliert worden ist. Dann sagten Sie: Denen will ich nicht widersprechen. Es gibt zwei Möglichkeiten, um zu einer strukturellen Null zu kommen, nämlich Ausgaben kürzen oder Einnahmen verbessern. - Da wir jetzt nur über die Ausgaben gesprochen haben, Sie aber das Stichwort "Einnahmenverbesserung" gesagt haben: Gibt es denn irgendwelche Planungen, um die Einnahmen um 6 Milliarden Euro zu erhöhen? Gibt es im Wahljahr Steuererhöhungen? Woran darf ich jetzt denken, wenn Sie mich auf die Einnahmenverbesserung hinweisen?

Kotthaus: Nein. Dann überinterpretieren Sie mich. Ich habe nur gesagt: Im Endeffekt ist es immer eine Funktion aus beidem. Steuererhöhungen sind natürlich nirgendwo zu erkennen.

Ich gehe davon aus: Normalerweise ist der Bundesfinanzminister dabei, wenn dann am 31. Januar dieser Koalitionsausschuss stattfindet, was nicht meine Zuständigkeit ist, weil ich ja Ministeriumssprecher bin.

Zusatzfrage: Steuererhöhungen sind definitiv auszuschließen?

Kotthaus: Ich glaube, das Thema Steuererhöhungen ist in der Vergangenheit mehrfach in der Form klar besprochen worden. Davon reden wir nicht. Aber Sie wissen ja: In der Umsetzung arbeiten wir mit den verschiedensten Methoden, um Einnahmen zu generieren. Sie kennen das ganze Thema mit den Möglichkeiten, Steuern zu umgehen, dass man daran arbeitet und Ähnliches mehr. Aber Steuererhöhungen: nein.

Zusatzfrage: Das mit dem Umgehen habe ich jetzt nicht verstanden. Welchen Weg wollen Sie mir da eröffnen?

Kotthaus: Ich will Ihnen da gar keinen Weg eröffnen. Es geht nur darum, dass die Gesetze richtig umgesetzt werden. Dabei geht es beispielsweise um das Thema, das wir auch beim G20-Treffen in Moskau haben werden, nämlich die Frage der Möglichkeiten der internationalen Unternehmen, Steuern zu vermeiden, um das Thema, das wir gemeinsam mit Großbritannien verfolgen, und ähnliche Sachen.

Aber noch mal: Es geht jetzt erst einmal darum, am 31. Januar zu besprechen, wie wir gemeinsam dieses Ziel erreichen können - um nicht mehr und nicht weniger.

Frage: Herr Dienst, ein Nebenaspekt der Haushaltspolitik: Sie führen ja seit geraumer Zeit Gespräche mit EADS über die Reduzierung von militärischen Beschaffungsprogrammen. Das läuft schon seit ewigen Zeiten. Ist man da inzwischen so weit, dass man irgendwelche Entscheidungen, irgendwelche Verständigungen getroffen hat oder in nächster Zeit zu erwarten hat, die dann auch in die Haushaltsgestaltung einfließen würden?

Dienst: Die Verhandlungen hinsichtlich der Reduzierung von laufenden Bestellungen laufen. Da wir bisher noch nichts dazu haben verlautbaren können, weder EADS noch wir, können Sie davon ausgehen, dass sie andauern. Wenn es etwas zu verlautbaren gibt, dann werden wir das verlautbaren.

Frage: Herr Kotthaus, habe ich Sie richtig verstanden, dass die Ministerien zum 31. Januar freiwillige Sparvorschläge abliefern dürfen?

Kotthaus: Am 31. Januar kommen die Staatssekretäre dieser Bundesregierung, die für den Haushalt zuständig sind, zusammen und werden gemeinsam über das Thema Haushalt 2014 sprechen. Das ist eine Art Auftaktveranstaltung zum Top-down-Verfahren. Es wird allen noch einmal klargemacht, dass es eine gemeinsame Anstrengung, ein gemeinsames Ziel ist, weiter auf dem Pfad der Haushaltskonsolidierung voranzuschreiten. Das wird auch eine aktive Beteiligung und auch ein aktives Engagement der jeweiligen Häuser erfordern. Man muss von da aus starten. Dann geht das normale Top-down-Verfahren weiter.

Zusatzfrage: Dann frage ich jetzt einmal die ganzen Häuser, weil wir ja die Sprecher aller Ministerien hier haben: Gibt es von irgendeinem Ministerium bereits freiwillige Sparvorschläge für den Haushalt 2014?

Kotthaus: Am 31. Januar treffen sich die Häuser. Ich glaube nicht, dass die Diskussion, die am 31. Januar geführt wird, durch eine sicherlich reizvolle, aber doch vielleicht längere Runde in der Regierungspressekonferenz vorweggenommen wird. Ich kann jetzt nicht für alle Häuser sprechen, aber es ist scheinbar doch ein relativ ungewöhnliches Verfahren, das hier so umzusetzen.

Zusatz: Es könnte ja sein, dass irgendein Haus vorangeht und sagt: Wir haben 500 Millionen Euro, die wir gerne zur Verfügung stellen würden.

StS Seibert: Das scheint nicht der Fall zu sein.

Vorsitzender Mayntz: Gibt es jemanden, der sich da meldet? - Sie haben gerade einmal keine halbe Milliarde Euro übrig.

Frage: Herr Kotthaus, noch einmal zu dieser Lücke zwischen 5 bis 6 Milliarden Euro, also zu dieser strukturellen Lücke. Mir ist nicht ganz klar: Ist das jetzt der aktuelle Stand - denn das Bundeswirtschaftsministerium hat ja die Wachstumsprognose für dieses Jahr gesenkt -, oder muss man sich darauf einstellen, dass die Lücke vielleicht noch etwas größer oder vielleicht sogar kleiner wird?

Kotthaus: Noch mal: Ich werde weder dem Haushaltsverfahren noch der Sitzung am 31. Januar etwas vorwegnehmen und jetzt alles über die Regierungspressekonferenz machen. Wir werden die Zahlen, die anstehen, gemeinsam offensiv diskutieren müssen. Wir werden dann im Top-down-Verfahren da hinkommen, wo wir hinkommen müssen. Aber ich werde jetzt hier keine weiteren Zahlendiskussionen machen, wann wo wie was hinauf-, herunter-, kreuz und quer geht, sondern wir werden jetzt den 31. Januar als Auftakt haben und dann das Top-down-Verfahren in der normalen Weise abarbeiten. Auch in der Vergangenheit haben wir bei dem Verfahren der Eckpunktefeststellung nicht jede Woche einen aktuellen Wasserstand abgegeben, ob es 5 oder 3 oder Ähnliches mehr werden. Daran werde ich auch dieses Jahr nichts ändern.

Frage: Herr Dienst, wir haben vorhin in einem Briefing zur Münchener Sicherheitskonferenz von Herrn Ischinger gehört, dass dort das Pooling und Sharing ein wichtiges Thema wird. Das war "unter eins", deshalb kann man es zitieren. Könnte das, weil es ja bereits Formen anzunehmen beginnt, schon Auswirkungen auf die Ansätze des Verteidigungshaushaltes haben, dass also da wirklich schon Effizienz erreicht wird, dass es schon Synergieeffekte gibt und dass zumindest schon in den Köpfen die Idee besteht, dadurch einzusparen?

Dienst: Das Thema Pooling und Sharing ist ein Thema, das in allen internationalen Formaten immer wieder aufgegriffen wird. Wenn wir irgendwann einmal in den Zustand kommen, dass wir konkrete Taten und Maßnahmen ableiten können, dann können wir irgendwann sicherlich auch einmal über das Geld reden. Da sind wir aber im Moment noch nicht.

Vorsitzender Mayntz: Ich habe den Eindruck, wir sind bei unserem ersten TOP down angekommen und können dann zu den Terminen der Bundeskanzlerin übergehen.

StS Seibert: Ich möchte Ihnen vorher noch mitteilen, dass die Bundeskanzlerin heute mit dem neuen japanischen Premierminister Shinzo Abe telefoniert hat. Sie hat ihm herzlich zu seiner Amtsübernahme gratuliert. Sie hat ihm außerdem zum Tod von zehn japanischen Bürgern bei der Geiselnahme in Algerien kondoliert. Die Bundeskanzlerin und Herr Abe kennen sich bereits aus früheren Begegnungen während seiner ersten Amtszeit als Premierminister von Japan. Sie haben vereinbart, die traditionell sehr gute Zusammenarbeit beider Länder auszubauen. Die Bundeskanzlerin hat Premierminister Abe nach Deutschland eingeladen.

Der Wochenausblick, die öffentlichen Termine: Sie wissen, dass ab heute die Chile-Reise ansteht. Die Rückkehr von dieser Reise ist am Montag im Laufe des Vormittags.

Am Dienstag, dem 29. Januar, ist der jährliche Karnevalstermin im Kanzleramt. Um 13 Uhr empfängt die Kanzlerin wie in jedem Jahr die Abordnung des Bundes Deutscher Karneval mit 16 Prinzenpaaren aus allen 16 Bundesländern. Die Musik kommt vom Bundespolizeiorchester Berlin. Hier hat mir jemand sehr schön aufgeschrieben: Es gibt Tanzeinlagen.

Am Dienstagabend nimmt die Kanzlerin ab 19 Uhr am Festlichen Abend der Deutschen Industrie des BDI im Deutschen Historischen Museum hier in Berlin teil. Der Anlass dieses Festlichen Abends ist die Übergabe vom bisherigen BDI-Präsidenten Professor Keitel an den neuen BDI-Präsidenten Ulrich Grillo. Die Bundeskanzlerin wird gegen 19.20 Uhr eine Rede halten.

Am Mittwoch, dem 30. Januar, tagt wie immer um 9.30 Uhr das Kabinett.

Anschließend wird die Kanzlerin die Ausstellung "Berlin 1933 - Der Weg in die Diktatur" eröffnen, die im Dokumentationszentrum Topographie des Terrors aufgebaut ist. Sie wird dort gegen 11.10 Uhr eine Rede halten.

Ab 12 Uhr wird sie dann im Deutschen Bundestag an der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus teilnehmen. Die Gedenkrede hält in diesem Jahr die Autorin und Journalistin Inge Deutschkron. Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus - das wissen Sie - ist der 27. Januar, seit ihn Bundespräsident Herzog 1996 eingeführt hat. In diesem Jahr ist der 27. Januar ein Sonntag. Deswegen wird die Gedenkstunde im Bundestag am 30. Januar zusammen mit dem 80. Jahrestag der Machtergreifung Hitlers begangen. An der Gedenkstunde nehmen Vertreter aller Verfassungsorgane teil.

Am Mittwochmittag wird Ägyptens Staatspräsident Mohammed Mursi bei der Kanzlerin zu Gast sein. Sie empfängt ihn um 13.30 Uhr mit militärischen Ehren. Daran anschließend folgt die Unterredung. Zentrale Themen werden die innenpolitische Entwicklung in Ägypten, die bilateralen Beziehungen, der Nahostfriedensprozess beziehungsweise die Frage, wie es wieder einen Nahostfriedensprozess geben könnte, sowie die Situation in Syrien sein. Es ist eine gemeinsame Pressekonferenz für etwa 14.45 Uhr vorgesehen.

Am Mittwochnachmittag, nämlich um 16.30 Uhr, findet der traditionelle Jahresempfang für das Diplomatische Corps im Kanzleramt statt. Eingeladen sind Botschafterinnen und Botschafter aller in Deutschland akkreditierten Staaten sowie der hier ansässigen internationalen Organisationen. Die Bundeskanzlerin wird eine Rede halten, ebenso wie der Doyen des Diplomatischen Corps, Erzbischof Jean-Claude Périsset.

Am Donnerstagvormittag wird die Bundeskanzlerin im Plenum des Deutschen Bundestages sein.

Am Freitag nimmt sie ab 11 Uhr an der Klausurtagung Energie- und Umweltpolitik des CDU-Wirtschaftsrates teil, die im Hotel Adlon stattfindet. Sie ist an sich nicht presseöffentlich. Aber die Statements der Bundeskanzlerin und auch des Präsidenten des Wirtschaftsrates, Professor Lauk, um 12 Uhr sind presseöffentlich.

Wir sind noch immer am Freitag: Um 14.15 Uhr wird im Kanzleramt die 2-Euro-Gedenkmünze "Baden-Württemberg" präsentiert. Es gibt eine Reihe von 2-Euro-Gedenkmünzen der Bundesländer; nun ist Baden-Württemberg an der Reihe. Die Bildseite zeigt das Kloster Maulbronn. Staatssekretär Gatzer vom BMF stellt die Münze vor. Die Kanzlerin hält eine kurze Ansprache. Der Erste, der ein Münzset bekommt, ist Ministerpräsident Kretschmann. Um 14.35 Uhr gibt es für Sie einem Bildtermin.

Am Freitag um 15 Uhr kommt der amerikanische Vizepräsident Joe Biden zu einem Meinungsaustausch ins Bundeskanzleramt. Zu Beginn, gleich nach seiner Ankunft sind Pressestatements der Kanzlerin und des Vizepräsidenten vorgesehen. Er ist - das haben Sie wahrscheinlich in dem Briefing vorhin erfahren - anlässlich der Münchener Sicherheitskonferenz in Deutschland.

Das wäre es.

Frage: Nach den Anmerkungen der Kanzlerin gestern in Davos: Hat denn das Thema Geld- und Währungspolitik in dem Gespräch mit Herrn Abe eine Rolle gespielt? War dies möglicherweise gar einer der Gründe für diese Kontaktaufnahme?

Zum Zweiten gefragt, auch im Anschluss an die Anmerkungen der Kanzlerin gestern: Gibt es in der Bundesregierung, ähnlich wie bei Herrn Monti, inzwischen Sorge über den doch relativ deutlichen, über einen zu exzessiven Kursanstieg des Euro?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat mit Herrn Abe telefoniert, weil es unter Partnerländer, die einander freundschaftlich und sehr eng verbunden sind, üblich ist, dass es nach dem Amtsantritt eines neues neuen Regierungschefs ein solches Gespräch gibt. Mehr als das, was ich Ihnen gesagt habe, kann ich Ihnen über dieses Gespräch jetzt nicht sagen.

Die deutschen Grundüberzeugungen in Sachen Finanz- und Haushaltspolitik, auch international, sind allen unseren Partnern bekannt. Sie sind auch immer wieder zum Beispiel bei G8-Gipfeln miteinander besprochen worden.

Bezüglich der anderen Frage würde ich Herrn Kotthaus bitten.

Kotthaus: Ich versuche, mich bei Währungsfragen normalerweise zurückzuhalten. Dies würde ich auch heute gerne tun. Ich glaube, im Wesentlichen gilt die Aussage, die ich am Mittwoch hier gemacht habe, weiter fort.

Zusatzfrage: Um es noch einmal klar zu fragen: Herr Seibert, Sie können mir nicht sagen, ob dieser Punkt in dem Gespräch der Kanzlerin mit Herrn Abe irgendeine Rolle gespielt hat?

StS Seibert: Das kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, nein.

Frage: Herr Seibert, am Dienstagabend, wenn die Kanzlerin beim Bundesverband der Deutschen Industrie ist, inwieweit wird da die neue Personalie in Sachen EADS-Verwaltungsrat eine Rolle spielen? Wenn mich nicht alles täuscht, hat Frau Merkel bereits dem Vorschlag zugestimmt, dass sowohl Keitel als auch Bischoff in den Verwaltungsrat gehen sollen. Ist das korrekt?

StS Seibert: Es gibt ein Vorgehen, dass Vorschläge gemacht werden, wenn es neue Mitglieder im Verwaltungsrat geben soll. Es ist die Sache des derzeitigen Verwaltungsrats, der Hauptversammlung einen Vorschlag für die Neubesetzung des Verwaltungsrats vorzulegen. Nach Kenntnis der Bundesregierung liegt ein solcher Vorschlag des derzeitigen Verwaltungsrats noch nicht vor. Mehr kann ich dazu jetzt nicht sagen.

Zusatzfrage: Also kein Vorschlag von Enders und keine Bestätigung durch die Kanzlerin?

StS Seibert: Es ist die Sache des derzeitigen Verwaltungsrats, der Hauptversammlung für Neubesetzungen einen Vorschlag zu machen. Ein solcher Beschluss liegt nach Kenntnis der Bundesregierung bisher nicht vor. Mehr habe ich dazu jetzt nicht zu sagen.

Frage: Das heißt, die Bundesregierung wird ihre Position als neuer Großaktionär nicht dazu nutzen, einen eigenen Vorschlag vorzulegen, einzubringen?

StS Seibert: Ich habe Ihnen das Verfahren beschrieben. Nach unserer festen Überzeugung ist es Sache des derzeitigen Verwaltungsrats, einen Vorschlag zu unterbreiten.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Schäfer zu dem Besuch von Präsident Mursi: Es gab vor gut einer Woche, ausgehend von einem Bericht des "Deutschlandfunks", weitere Berichte darüber, dass Herr Mursi, der sich vor knapp zwei Jahren sehr drastisch zur Situation in Palästina und Israel geäußert und strikt eine Zweistaatenregelung abgelehnt hatte, dazu aufgerufen hat, Palästina, wie er wörtlich sagte, von Affen und Schweinen zu reinigen, was sich deutlich auf die Israelis bezog. Wie ist Ihr Haus in der Zwischenzeit damit umgegangen? Haben Sie das bei der Botschaft in Kairo verifiziert? Gibt es eine Perspektive, ob das am Mittwoch zur Sprache kommt?

Schäfer: Die Äußerungen, die Herrn Mursi zugeschrieben werden, kommentiere ich hier nicht. Aber es ist für die Bundesregierung klar, dass im Nahen Osten Entspannungen und Anstrengungen in Richtung einer dauerhaften Lösung im Vordergrund stehen müssen. Das gilt nicht nur, aber selbstverständlich auch für Ägypten. Da sind aggressive oder verletzende Äußerungen - von welcher Seite auch immer - nicht hilfreich.

Herr Mursi hat während seiner Amtszeit als erster frei gewählter Präsident Ägyptens betont, dass Ägypten seine internationalen Verpflichtungen einhalten wird. Das gilt ausdrücklich auch für den Friedensvertrag mit Israel.

Im Übrigen wissen Sie ja, dass sich die ägyptische Regierung vor einigen Monaten bei der Waffenruhe zwischen der Hamas im Gazastreifen und Israel sehr vernünftig eingebracht hat und sehr erfolgreich vermittelt hat. Wir sind zuversichtlich, dass Ägypten diese konstruktive Rolle im Nahostfriedensprozess auch in Zukunft weiter fortsetzen wird.

Die Gespräche, die die Bundeskanzlerin und andere Vertreter der Bundesregierung einschließlich des Außenministers in der nächsten Woche mit Präsident Mursi führen werden, sind ein guter Anlass, genau diese Themen im engen Kreis von Verantwortungsträgern zu besprechen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Frauenministerium. Ich wüsste gerne: Ausgehend von einer Debatte über Dekolletés und Tanzkarten, gibt es eine Debatte über den alltäglichen Sexismus. Meine Frage: Vertritt die Frauenministerin eine Position zu der Dimension des alltäglichen Sexismus? Verfügt Frau Schröder über Erkenntnisse über einen besonderen Grad von Sexismus, der möglicherweise in der Politik oder im Zusammenspiel zwischen Politik und Medien eine Rolle spielt?

Angeli: Danke für die Frage. - Ich kann Ihnen zu der Debatte über Sexismus und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz oder zwischen Politik und Journalisten oder bei anderen Jobs gerne einige Zahlen nennen:

Das Familienministerium hat 2004 eine Studie, eine repräsentative Untersuchung veröffentlicht. Insgesamt wurden über 10.000 Frauen im Alter zwischen 16 und 85 Jahren befragt. Nach dieser Untersuchung haben insgesamt 58 Prozent der Befragten mindestens einmal sexuelle Belästigung erlebt, 42 Prozent dieser Personen am Arbeitsplatz. Diese Zahlen zeigen, dass das ein sehr wichtiges Thema ist, dass das kein Spartenproblem ist und dass es auch wichtig ist, dass dieses Thema öffentlich diskutiert wird, und zwar als Dauerthema und unabhängig von aktuellen Anlässen.

Zusatzfrage: Hat die aktuelle Frauenministerin auch eine Position zur aktuellen Debatte im Fall Brüderle?

Angeli: Wir verfügen nicht über genügend Informationen, um diesen Fall beurteilen zu können. Aber wie gesagt: Die Diskussion, die sich gerade durch die Medien zieht, halten wir für eine sehr wichtige Diskussion, was ein Dauerthema sein sollte.

Ich kann Sie noch auf die Antidiskriminierungsstelle und auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verweisen, das in Fragen der sexuellen Belästigung und des Sexismus zuständig ist. Die Antidiskriminierungsstelle und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz umfassen auch den Bereich der sexuellen Belästigung als einen Gesetzesbestandteil.

Zusatzfrage: Bemüht sich die Ministerin denn um einen klaren Informationsgewinn in der Sache Brüderle? Denn Sie sagten, Sie verfügten nicht über genügend Informationen. Das kann man korrigieren, indem man als Frauenministerin hinsichtlich eines in die Diskussion gerückten Politikers von herausragender Statur, dem Sexismus vorgeworfen wird, versucht, sich zu informieren, um dann als Frauenministerin eine Positionierung abzugeben. Tut sie das, hat sie das vor?

Angeli: Darüber habe ich mit der Ministerin noch nicht gesprochen. Ich kann Ihnen aber sagen, dass das Thema, das sich momentan in den Medien entsponnen hat, ein sehr wichtiges ist.

Frage: Vielleicht einmal andersherum die Frage gestellt: Wird Frau Schröder Herrn Brüderle auffordern, sich dazu zu äußern?

Angeli: Darüber ist mir nichts bekannt.

Frage: Sie haben gesagt, die Diskussion, die da aktuell geführt wird, sei eine sehr wichtige. Kann ich das so werten, dass Sie sagen, dieser Tabubruch, der es so oder so war, befördert eine wichtige Diskussion und hat damit eine wichtige positive Funktion?

Angeli: Sie können das so interpretieren, dass ich gesagt habe: Das Thema sollte unabhängig von aktuellen Anlässen als Dauerthema diskutiert werden; denn es ist ein sehr wichtiges Thema. Die Zahl von 58 Prozent der befragten Frauen zeigt ja, dass nicht nur einige wenige Frauen mit Themen sexueller Belästigung, mit Sexismus konfrontiert sind, sondern dass eine sehr hohe Prozentzahl von Frauen damit konfrontiert ist. Deswegen ist das ein wichtiger Bereich, den man unabhängig von aktuellen Anlässen diskutieren sollte.

Zusatzfrage: Aber ist es nicht so, dass man über sexuelle Belästigung eigentlich immer nur dann intensiv diskutieren kann, wenn man konkrete Dinge zu bereden hat? Wie will man ein wichtiges Thema dieser Art bereden, wenn es nicht um konkrete Vorfälle geht?

Angeli: Dass 58 Prozent der Befragten davon berichten, dass sie schon einmal mit sexueller Belästigung konfrontiert wurden, zeigt ja, dass es hier Erfahrungen gibt. Über solche Erfahrungen muss man selbstverständlich sprechen.

Frage: Herr Seibert, hat die Bundeskanzlerin als Bundeskanzlerin eine Position zu dieser aktuellen Debatte, und/oder hat sie als Frau eine Ihnen bekannte Position zu dieser Debatte bezogen?

StS Seibert: Wie ernst die Bundesregierung das Thema sexuelle Belästigung nimmt, und zwar seit vielen Jahren, hat Ihnen die Sprecherin des zuständigen Ministeriums gerade dargestellt. Der Anlass, der Artikel betrifft in keiner Weise die Arbeit dieser Bundesregierung. Deswegen habe ich ihn als Regierungssprecher nicht zu kommentieren.

Meine allgemeine Bemerkung ist, dass die Bundeskanzlerin selbstverständlich für einen menschlich professionellen und respektvollen Umgang miteinander in der Politik wie auch zwischen Politikern und Medienvertretern steht und es auch so einhält.

Frage: Ich habe noch einmal eine Frage zu der Zahl 58 Prozent. Sie haben gerade gesagt, dass sei eine Erhebung aus dem Jahr 2004 gewesen. Jetzt ist 2013. Gibt es auch neuere Zahlen darüber, wie sich diese Art des Umgangs miteinander oder gegeneinander entwickelt hat? Es kann ja sein, dass es noch mehr Frauen sind, die sich betroffen fühlen.

Angeli: Das ist die aktuellste Studie, die wir dazu haben.

Frage: Gibt es Schätzungen oder Trends? Darüber, dass eine Umfrage von 2004 ja nicht der letzte Stand sein kann, sind wir uns, glaube ich, einig.

Angeli: Ich schließe nicht aus, dass andere Institute dazu Umfragen gemacht haben. Dies ist die letzte Studie, die wir aus unserem Haus in Auftrag gegeben haben.

Zusatzfrage: Gibt es seitdem - seit knapp zehn Jahren - in Ihrem Haus auch keine Schätzungen oder Trends in Bezug darauf, wie sich das entwickelt haben könnte?

Angeli: Ich kann gerne noch einmal nachprüfen, ob es mittlerweile etwas Neueres gibt und das dann der BPK berichten.

Frage: Jetzt muss ich doch noch einmal fragen, weil sich Herr Seibert so geschickt aus der Affäre gezogen hat: Wenn die Regierung das Thema Sexismus und einen professionellen Umgang zwischen Politikern und Journalisten so ernst nimmt, gibt es dann Überlegungen innerhalb der Bundesregierung, noch einmal das Gespräch mit den die Bundesregierung tragenden Fraktionen zu suchen und sich einerseits entweder über diesen Vorfall aufklären zu lassen oder grundsätzlich noch einmal klarzustellen, wie dieses professionelle Verhältnis beiderseitig auszusehen hat, oder belässt man es andererseits dabei, grundsätzliche offizielle Äußerungen zu diesem Thema zu machen?

StS Seibert: Die konkrete Äußerung über die Arbeit der Bundesregierung in Sachen sexuelle Belästigung kommt doch von der Ministeriumssprecherin. Sie hat dargestellt, wie ernst das genommen wird.

Ich habe zu dem aktuellen Anlass, weil er die Regierungspolitik nicht betrifft und für die Regierungspolitik nicht relevant ist, keine Bemerkung zu machen. Die Bundesregierung schätzt und verteidigt die Pressefreiheit. Dazu gehört auch, dass über Artikel kritisch und in alle Richtungen diskutiert werden kann. Das ist eine allgemeine Bemerkung. Zu der konkreten Sache habe ich als Regierungssprecher nichts beizutragen. Die Bundesregierung arbeitet mit dem Fraktionsvorsitzenden der FDP gut zusammen.

Das, was ich gesagt habe, habe ich gesagt, weil ich gefragt wurde, was die Bundeskanzlerin persönlich von Sexismus hält. Dann habe ich gesagt, wie sie dazu steht und was ihre persönliche Leitlinie ist. Ich denke, Sie werden bestätigen, dass sie die in ihrer gesamten politischen Laufbahn bisher auch durchgehalten hat.

Zusatzfrage: Sie haben gesagt: Die Bundesregierung arbeitet mit dem Fraktionsvorsitzenden der FDP gut zusammen. Würde dieses Verhältnis durch einen solchen Vorfall, von dem da berichtet wird, in irgendeiner Weise beeinflusst? Ist das eine Privatsache oder eine Sache, die das Verhältnis der Regierung zu und die Zusammenarbeit mit dem Fraktionsvorsitzenden der Regierungspartei FDP beeinflussen kann?

StS Seibert: Ich werde mich zu diesen Artikel, der im Rahmen der Pressefreiheit geschrieben worden ist und im Rahmen der Pressefreiheit jetzt auch in vielerlei Hinsicht diskutiert wird, nicht äußern. Er betrifft nicht die Arbeit der Bundesregierung und des Regierungssprechers.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Seibert und an Herrn Dienst zu der Meldung über die mögliche Anschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr. Herr Seibert, wie steht die Bundeskanzlerin zu diesem Thema? Herr Dienst, wie weit sind diese Überlegungen, sich eventuell solches Gerät anzuschaffen, schon gediehen?

Dienst: Diese Diskussion ist ja nichts Neues. Sie läuft seit Mai des letzten Jahres. Ich selbst habe hier, glaube ich, ziemlich zu Anfang dieser Diskussion gesagt: Da mit der Beschaffung von bewaffneten Drohnen eine Erweiterung des Fähigkeitsspektrums der Bundeswehr einhergehen würde, legt der Minister Wert darauf, dass das diskutiert wird und dass darüber ein Diskurs - auch ein gesellschaftlicher Diskurs - stattfindet. Dieser Erwartung ist die Gesellschaft und sind die Institutionen, die sie tragen, bisher gerecht geworden. Insofern ist diese Diskussion auch heute überhaupt nichts Neues oder etwas, das gesondert zu kommentieren wäre.

Der Minister selbst - ich kann das hier zusammenfassen - lässt sich so ein, dass alle wesentlichen Entscheidungen sowohl in einem bemannten wie auch in einem unbemannten System, was den Waffeneinsatz anbelangt, von Menschen getroffen und verantwortet werden. Insofern sind Drohnen und Flugzeuge ethisch neutral. Das ist das, was nach wie vor in der Kurzzusammenfassung für ihn dazu zu sagen ist.

Hinsichtlich der konkreten Beschaffungsvorhaben ist es so, dass die Fachleute seit Jahr und Tag wissen, dass wir im Moment unbemannte größere Systeme - Stichwort "Heron 1" - in Afghanistan im Einsatz haben. Das ist ein Leasing-System, und dieses System muss mittelfristig durch einen Kauf oder eine wie auch immer geartete andere Lösung abgelöst werden. In diesem Zusammenhang ist die Diskussion im Bereich der Planung, ob es Sinn ergibt, auch bewaffnete Drohnen mit zu beschaffen. In diesem Zustand sind wir. Es ist noch keine Entscheidung gefallen, aber es gibt eine breite Diskussion.

Zusatzfrage: Herr Dienst, ist es richtig, dass die Ausbildung an solchen bewaffneten Drohnen derzeit im europäischen Luftraum rechtlich gar nicht möglich ist, dass man also möglicherweise, wenn man Material anschaffen würde, ins außereuropäische Ausland gehen müsste?

Dienst: Hinsichtlich der rechtlichen luftrauminfrastrukturellen Bedingungen beziehungsweise Beschränkungen würde ich Sie bitten, sich an das Verkehrsministerium zu wenden, das dafür zuständig ist. Wir müssen mit den Gegebenheiten so arbeiten, wie sie sich darstellen.

Zusatzfrage: Darf ich die Frage dann an das Verkehrsministerium weiterreichen?

Strater: Entschuldigung, können Sie die noch einmal wiederholen?

Zusatzfrage: Ist es richtig, dass die Ausbildung in Bezug auf solche bewaffneten Drohnen derzeit nach den flugrechtlichen Möglichkeiten in Europa gar nicht möglich ist?

Strater: Über militärisches Gerät kann ich Ihnen nicht viel sagen. Ich kann nur über die Zivilluftfahrt und über Drohnen, die zivilluftfahrtlich genutzt werden, reden. Insofern kann ich das, was Herr Dienst hier gesagt hat, nicht ergänzen.

Zusatzfrage: Vielleicht könnten Sie das noch nachreichen. Der Punkt würde mich interessieren, wenn es dafür eine Möglichkeit gäbe.

Vorsitzender Mayntz: Die Häuser können das ja noch einmal checken.

Dienst: Ich bin jetzt fragend angesprochen worden. Darf ich erst einmal nach der Methode fragen? Ich antworte ja gerne, wenn ich gefragt werde.

Vorsitzender Mayntz: Sie sind wieder gefragt!

Dienst: Gut. Ihre Frage basiert ja auf einer Anfrage, die von der Fraktion Die Linke gestellt worden ist, und es gibt auch eine umfangreiche Antwort, die vom BMVBS ergangen ist. Das ist der aktuelle Ausgangspunkt, und deswegen hatte ich Sie hinsichtlich der Bedingungen auch erst einmal nur darauf verwiesen.

Für uns selbst ist es so, dass die Rahmenbedingungen, unter denen der Drohnenverkehr überhaupt im zivilen Luftraum stattfindet, natürlich schwierig sind. Dabei ist kein Unterschied zwischen "militärisch" und "zivil" zu machen. Das Problem ist eben die Koordination zwischen bemannten und unbemannten Systemen im zivil genutzten Luftraum - ob bewaffnet oder unbewaffnet, spielt dabei überhaupt keine Rolle. Das ist durchaus eine Herausforderung, um das einmal auf diese Ebene zu heben. Diese Herausforderung ist längst nicht gelöst.

Frage: Zunächst einmal eine Verständnisfrage und dann eine weiterführende Frage.

Die Verständnisfrage: Mir ist aus Ihren Ausführungen noch nicht ganz klar geworden, wie weit die konkreten Pläne des Verteidigungsministeriums gediehen sind, bewaffnete Drohnen selber anzuschaffen.

Die weiterführende Frage: Sie sprachen davon, dass es seit Mai vorigen Jahres eine Debatte gibt. Es fällt auf, wie entschieden sich die Militärbischöfe beider Seiten im zweiten Halbjahr vorigen Jahres mahnend ausgesprochen haben, über dieses Thema breiter gesellschaftlicher zu diskutieren. Es war die Rede von einer "Lizenz zum Töten" oder von einer "Herabsenkung einer mentalen Schwelle zu töten", weil es nur Computerspiele seien. Das waren zwei Äußerungen von katholischer Seite. Es gab entsprechende Äußerungen des evangelischen Militärbischofs. Wo sehen Sie diese breite gesellschaftliche Debatte über das Thema "bewaffnete Drohnen" in der Gesellschaft schon im Fluss?

Dienst: Anhand aller möglichen Beiträge, die zu dem Thema innerhalb der letzten neun Monate gelaufen sind. Ich überlasse es Ihnen, das nachzurecherchieren. Ich habe alleine hier zwei eng beschriebene DIN-A-4-Seiten mit Äußerungen des Ministers zu dem Thema vorliegen, die im Einzelfall Gegenäußerungen oder Reaktionen auf Äußerungen der von Ihnen angesprochenen Militärbischöfe sind.

Für uns - das sage ich noch einmal - ist die Essenz, dass nicht ein Waffensystem als solches per se unethisch ist - es sei denn, es handelt sich um geächtete Waffen wie zum Beispiel Streubomben oder biologische Waffen -, sondern es ist immer die Intention, die hinter dem Einsatz des Waffensystems steckt und über die man diskutieren kann. Bei uns ist es so, dass alles, was wir beschaffen werden - auch dann, wenn es dazu kommen sollte, dass wir irgendwann einmal bewaffnete Drohnen beschaffen -, natürlich nur im Rahmen des jeweils gültigen Mandatsrahmens zum Einsatz kommt. Das ist völlig klar. Das gilt für bewaffnete Systeme wie für unbewaffnete Systeme. Das gilt für bemannte Luftfahrzeuge wie auch für unbemannte Luftfahrzeuge.

Zusatzfrage: Wie weit ist ein Ankauf bewaffneter Drohnen konkret gediehen?

Dienst: Dazu hatte ich Ihnen gesagt, dass wir in einem Planungsprozess sind, die unbemannten Plattformen zu ersetzen - Stichwort Leasingvertrag - und dass in diesem Zusammenhang auch mit berücksichtigt wird, ob es Sinn macht, im Rahmen dieses Erneuerungszyklus bereits auf bewaffnete unbemannte Plattformen zu setzen. Aber die Entscheidung ist noch nicht gefallen.

Frage: Herr Dienst, ist es richtig, dass, wenn es Drohnen sind, es wahrscheinlich auf den Typ "Predator", also die amerikanische Drohnenvariante, hinauslaufen würde?

Wenn Sie sagen, es sei ein Planungsprozess, wann ist dieser Planungsprozess denn abgeschlossen? Wann kann man denn Ja oder Nein sagen?

Dienst: Wir rechnen damit, dass wir in die Lage versetzt werden, diesen Planungsprozess irgendwann im ersten Halbjahr abschließen zu können. Das hängt immer davon ab, wie die Marktsichtung und die entsprechenden Angebote dazu im Konkreten aussehen und wie sie ausgegangen sind. Die Firmen, die solche Systeme herstellen, sind zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Wir werden dann, wie gesagt, sehen, wie es ausgeht.

Zusatzfrage S: Noch einmal die Frage: Vonseiten der Bundeswehr hört man, dass man natürlich in Richtung des Typs "Predator", also die amerikanische Drohne, geht und das israelische Angebot, den Nachfolger vom Typ "Heron 1" zu nehmen, nicht annehmen wird.

Dienst: Die Vorfestlegung auf bestimmte Systeme ist rein spekulativ und es gibt auch nicht das Militär als Institution, sondern Sie sprechen vielleicht mit dem einen oder anderen Generaloberst oder Oberstleutnant, der unter Umständen nachher sein Wunschsystem zum betreffenden Tage formuliert. Aber das hat keinerlei Einfluss beziehungsweise ist keine Vorfestlegung auf die endgültige Entscheidung.

Frage: Ich wollte noch einmal die Frage an Herrn Seibert zurückgeben: Findet es denn die Bundeskanzlerin wichtig, dass über dieses Thema in der kommenden Zeit intensiver debattiert wird, wenn der Planungsprozess bereits Ende des ersten Halbjahres abgeschlossen sein soll?

StS Seibert: Ich möchte hier auf einzelne Beschaffungsfragen nicht eingehen. Es gilt, dass die Bundeswehr die Ausrüstung braucht, die ihren Aufgaben entspricht, die es ihr ermöglicht, ihre Aufgaben für uns alle zu erfüllen. Bei der Beschaffung möglicherweise neuer Systeme steht natürlich immer das Wertesystem, für das die Bundeswehr eintritt, und unsere Grundüberzeugung im Hintergrund. Dieses ist immer abzuwägen, weswegen wir bestimmte geächtete Waffen beispielsweise nicht einsetzen; das hat Herr Dienst gerade erklärt. Das gilt.

Ansonsten ist, glaube ich, sehr klar gemacht worden, dass die Vorstellung, es handele sich um reines Computerspiel auf der Ebene von militärischen Auseinandersetzungen, eine irrige ist, weil natürlich immer Menschen Entscheidungen treffen.

Frage: Herr Dienst, sind denn der Planungsprozess einerseits und die öffentliche Debatte andererseits zwei verschiedene Baustellen? Oder ist Ersteres für Fortgang und Ergebnis der öffentlichen Debatte, die schon sehr substanziell geführt wird, abhängig? Wenn Sie von dem ethisch-neutralen Charakter solcher bewaffneter Drohnen sprechen, ist das auch schon ein bisschen eine Vorentscheidung.

Dienst: Wir müssen einfach die Genese des Vorgangs im Auge behalten. Da ich in den vergangenen neun Monaten, ausgehend vom Mai, hier mehrfach zu dem Thema Stellung genommen habe, überblicke ich das auch sehr gut. Der Punkt ist, dass wir erkannt haben, dass es im Einsatz in Afghanistan durchaus Sinn macht, im Einzelfall über bewaffnete Drohnen zu verfügen. Die Vor- und Nachteile sind in den letzten neun Monaten hinreichend durchdekliniert worden. Ich möchte das hier nicht zu einem Seminar ausarten lassen. Sie können gerne bei uns im Haus abfragen, worum es da geht. Ich nenne Ihnen nur die kurzen Stichworte, damit Sie sehen, dass ich mich nicht um die Antwort drücken möchte. Die Vorteile sind: keine Gefährdung von eigenem Personal, höhere Stehzeit in der Luft, geringere eigene Aufklärbarkeit usw.

Das sind Erkenntnisse aus dem Einsatzgeschehen. Dementsprechend ist der Auftrag ergangen, in die Planung zu gehen, ob es Sinn macht, das Fähigkeitsportfolio um bewaffnete Plattformen zu erweitern. Neben der rein technischen oder militärischen Betrachtung hat Minister de Maizière Wert darauf gelegt, dass es auch eine gesellschaftliche Diskussion zu dem Thema gibt. Diese Diskussion habe ich mehr oder weniger hier an dieser Stelle losgetreten, indem ich damals das Bonmot von der Rampe eingeführt habe, die es zu bauen gibt und an deren Ende eine Entscheidung steht, ob bewaffnete unbemannte Plattformen anzuschaffen sind oder nicht. In diesem Prozess sind wir heute auf der Rampe relativ weit höher, als wir es vor neun Monaten waren. Aber die endgültige Entscheidung ist, wie gesagt, noch nicht getroffen. Wenn wir nicht davon ausgehen würden, dass es Sinn macht, solche Systeme zu beschaffen, bräuchten wir uns gar nicht in den Diskurs zu begeben oder auch gar keine Planungen dazu anzustellen.

Frage: Herr Dienst, verstehe ich Sie richtig, wenn Sie sagen: Die grundsätzliche Entscheidung, dass man die Dinger gerne hätte, ist getroffen. Das steht auch wörtlich in der Beantwortung dieser Kleinen Anfrage. Die Entscheidung, ob man diese grundsätzliche Überzeugung umsetzt oder nicht, dass es Sinn mache, über diese Geräte zu verfügen, ist noch nicht gefallen?

Dienst: Genau so ist es. Die Entscheidung hängt immer von verschiedenen Faktoren ab: Welche Systeme sind - in Anführungszeichen - verfügbar? Wir kommen wieder zum Ausgangspunkt: Wie viel Geld hat man im Zweifelsfall? Was kosten diese Systeme? Macht es Sinn, ein System vom Markt zu nehmen? Macht es Sinn, ein System multinational zu entwickeln? Macht es Sinn, eine Zwischenlösung einzugehen? Wie sieht die endgültige Lösung dazu aus? - Das ist der gesamte Komplex, in dem das diskutiert wird. Dieser wird von der gesellschaftlichen Diskussion dazu über- oder unterlagert - je nachdem, wie Sie es sehen. Darauf sind Antworten zu geben, und wir haben sie bisher immer gegeben.

Zusatzfrage: Wenn man die Formulierung in dieser Kleinen Anfrage - ich glaube, es ist Frage 25 b gewesen -, betrachtet, dann ist es sozusagen aus der militärischen Perspektive sinnvoll, unabdingbar - wie auch immer die Vokabel dort heißt -, über diese Fähigkeit künftig zu verfügen.

Dienst: Ja, ohne Frage. Ich habe Ihnen eben den kurzen Abriss gegeben, was alleine die Vorteile solcher Systeme sind.

Zusatzfrage: Die zweite Frage, die sich auch aus der Beantwortung dieser kleinen Anfrage ergibt: Da ist die Rede von "bewaffneter Aufklärung". Ist das der euphemistische Begriff für "bewaffnete Drohnen" allgemein? Oder gibt es in Ihrem Haus eine Unterscheidung zwischen Kampfdrohnen und Aufklärungsdrohnen, die auch bewaffnet sind?

Dienst: Nein. Der Begriff "bewaffnete Aufklärung" ist ein Terminus technicus, den es in der militärischen Welt schon seit Langem gibt, der aus dem Bereich der Marine und durchaus aus dem Bereich des fliegenden Geschäfts kommt. Wir haben schon zu Zeiten des Kalten Krieges Düsenflugzeuge gehabt, um es einmal so einfach auszudrücken, mit denen in erster Linie Aufklärungsflüge über der Ostsee geflogen worden sind. Um nicht, nachdem man Systeme aufgeklärt hat, die bedrohlich gewesen wären, extra wieder zurückfliegen zu müssen, um dann Waffen zu holen, hat man die Systeme so konfiguriert, dass sie auch schon Waffen dabei hatten, um im Fall des Falles gleich reagieren zu können. Um nichts anderes geht es heute auch.

Zusatzfrage: Der Kollege hatte schon einschlägig bekannte Modelle genannt. Wenn es also um die nach Raubvögeln oder ähnlichen Raubtieren benannten Drohnen geht, die die Amerikaner einsetzen, dann fallen sie auch unter die Kategorie "bewaffnete Aufklärung"? Das ist jetzt die Frage, die sich mir stellt.

Dienst: Ich verstehe, ehrlich gesagt, nicht ganz die Sinntiefe. Es sind bewaffnete oder unbewaffnete Drohnen. Unbewaffnete Drohnen werden in der Regel zu Aufklärungszwecken eingesetzt. Bewaffnete Drohnen können entweder nur für den Waffeneinsatz oder zu Aufklärungs- und Waffeneinsätzen eingesetzt werden. Wie gesagt: Ich möchte niemanden hier in Form eines Seminars bezüglich des Themas langweilen. Ich lasse mir diese Fragen alle nur aufdrängen.

Zusatzfrage: Ich bin gerne bereit, weiter zu drängen. Es ging nur um die Frage: Schließt die Formulierung "bewaffnete Aufklärung" irgendeinen Typ, über den jetzt diskutiert wird, von vornherein aus? Oder schließt sie alle Typen, über die wir jetzt reden, ein? Das ist eine ganz einfache Frage.

Dienst: Die Formulierung schließt alle Typen, die dazu in der Lage sind, ein.

Frage: Eine ganz kurze Frage, Herr Dienst: Wie viele Typen gibt es überhaupt im Angebot? Gibt es bereits im Haushaltsplan 2013 - oder eventuell gedanklich 2014 - einen Titel zur Beschaffung von Drohnen?

Dienst: Es gibt im Haushaltsplan einen Titel zur Ablösung des bisherigen Leasingsystems.

Zuruf: Ab wann?

Dienst: Nageln Sie mich nicht fest. Ich glaube, ab 2014. Sie können aber in unserem Haus anrufen und sich das noch einmal von Frau Heimburger genau darstellen lassen.

Zu der Frage hinsichtlich der Typen: Herr Spangenberg, Sie verfolgen die Szene sehr aufmerksam. Es gibt zwei Typen, die auf dem Markt sind. Das ist einmal das System "Predator" sowie das System "Heron" und seine entsprechenden Konfigurationen. Nur aus diesem Bereich können Angebote zu marktverfügbaren Systemen kommen, denn andere Systeme sind auf dem Markt nicht verfügbar.

Frage: In welchem Zeitrahmen kann aus dieser informellen Willens- oder Absichtserklärung ein tatsächlicher Beschluss erfolgen? Sie sagen, es gebe keine Entscheidungen. Aber so etwas wie eine inhaltliche Vorentscheidung gibt es ja doch; so verstehe ich Sie jetzt. Wann wird daraus tatsächlich eine formelle Entscheidung? Ist Ihr Haus da auch in einem europäischen Abstimmungsprozess, wie das nun aus dem Bereich der Politik, des Parlaments gefordert wird?

Dienst: Jetzt kommen wir wieder zur Beschaffungssystematik. Es muss überhaupt erst einmal die Entscheidung geben, dass man etwas beschaffen will. Dann muss man für diese Beschaffung den entsprechenden Finanztitel erwirken - Stichwort 25 Millionen-Vorlagen. Dann muss man die Kapazitäten der Industrie berücksichtigen oder man muss überhaupt erst einmal festlegen: Will ich das System kaufen oder will ich es leasen? Ist es sofort verfügbar? Gibt es Stückzahlen, die irgendwo - in Anführungszeichen - auf Lager stehen? Muss erst gefertigt werden? Ist es eine bestehende Fertigungsstrecke? Muss erst eine Fertigungsstrecke aufgebaut werden? Macht das alles Sinn? Oder geht man gleich in eine multinationale Lösung, wartet entsprechend und nimmt bestimmte Vakanzen in dem Bereich der Fähigkeiten in Kauf? - Das ist eine Riesenarena, wo es keine Antworten zu dem Komplex gibt.

Frage: Ich habe Sie so verstanden, dass der letzte Leasingvertrag 2014 ausläuft.

Dienst: Ja.

Frage: Pro forma die Frage an das Bundesjustizministerium: Sehen Sie im Zusammenhang mit der Beschaffung solcher neuen Waffen rechtliche Probleme oder neue rechtliche Fragestellungen auf deutsche Soldaten auf die Befehlshaber, die letztendlich den Einsatz für so eine Drohne geben müssten, zukommen?

Zimmermann: Dazu kann ich Ihnen jetzt nichts Konkretes sagen. Tut mir leid. Da müsste ich mich noch einmal erkundigen.

Vorsitzender Mayntz: Wenn Sie eine Position im Haus finden, teilen Sie uns diese bitte mit.

Zimmermann: Ja.

Frage: Hält die Bundesregierung nach dem fatalen Urteil des Verkehrsgerichtstages in Goslar an ihren Reformvorstellungen zum Flensburger Punktesystem fest?

Strater: Der Verkehrsgerichtstag spricht keine Urteile, sondern Empfehlungen aus oder bewertet Dinge aus juristischer Sicht und das nach sehr langer und intensiver Beratung.

Zu dem Vorgang ist Zweierlei zu sagen: Erstens. Soweit, dass die Reform vor dem Scheitern oder vor dem Aus stehe, was jetzt zu lesen ist, sind wir noch lange nicht. Wir befinden uns ganz am Anfang des parlamentarischen Verfahrens. Die Bundesregierung hat die Vorschläge zur Neuregelung des Punktesystems in Flensburg im Dezember im Bundeskabinett verabschiedet. Jetzt befinden wir uns gerade einmal im ersten Durchgang der Beratungen im Bundesrat und auch da bisher in der Befassung durch die Ausschüsse. Das Plenum hat sich mit dem Thema noch gar nicht befasst. Das wird es voraussichtlich, soweit ich das verfolgt habe, am 1. oder 2. Februar machen.

Das heißt, wir haben noch eine ganze Strecke an parlamentarischen Beratungen sowohl in der Länderkammer als auch im Bundestag vor uns. Sie kennen das: Zu den Stellungnahmen des Bundesrates wird es eine Gegenäußerung der Bundesregierung geben, die sich mit den Sachfragen auseinandersetzt. Dann wird man sich inhaltlich damit weiter befassen.

Das Ganze hat einen großen Vorlauf. Wir haben die Eckpunkte dieser Reform im Februar des vergangenen Jahres vorgestellt, um damit eine breite gesellschaftliche Diskussion auszulösen. Wir haben deswegen keinen konkreten Gesetzesvorschlag vorgelegt, sondern zunächst einmal Eckpunkte. Diese sind im Mai des vergangenen Jahres in Form einer Bürgerbeteiligung besprochen worden. Dort könnte man per Internetplattform zu diesen Themen Stellung nehmen. Verbände und Länder haben sich auch schon zu dieser Reform geäußert. All das ist schon in diesem Prozess mit berücksichtigt.

Auch die Empfehlungen - jetzt bin ich wieder beim Verkehrsgerichtstag - werden natürlich die Diskussion weitertragen. Es ist in einer Demokratie so üblich, dass Reformvorschläge breit diskutiert werden. Das ist auch nichts Ungewöhnliches. Da ist niemand gescheitert, da steht auch niemand vor dem Aus oder hat irgendetwas vor die Wand gefahren, sondern dieser Prozess geht weiter. Wie gesagt: Wir befinden uns ganz am Anfang dieses parlamentarischen Verfahrens.

In der Sache: Ja, wir sind der Auffassung, dass wir mit diesen Vorschlägen zur Neuregelung das System einfacher, transparenter und gerechter machen. Ich will das hier im Einzelnen nicht ausführen. Das ist eine sehr komplexe Materie. Sie können auch nicht einzelne Punkte wie die Tilgungsfristen, die Tilgungshemmung, die Fahreignungsseminare oder den Punkteabbau betrachten. Man muss insgesamt das System anpacken, verschlanken und entrümpeln.

Ich will nur einmal ein paar Beispiele nennen: Wir sind davon ausgegangen, dass wir mit dem System die Verkehrssicherheit verbessern wollen, dass wir also nur noch verkehrssicherheitsrelevante Verstöße in diesem System erfassen wollen. Alle anderen wollen wir da herausschmeißen. Das heißt auch: Punkte, die man dafür bekommen hat, sollen künftig gelöscht werden. Das ist also unter dem Stichwort "Verschlankung" zu verstehen.

Ein zweites und letztes Beispiel zu den Tilgungsfristen: Jeder Verstoß soll für sich verjähren. Das heißt, wenn man ihn begangen hat, tickert die Uhr. Es gibt eine Tilgungsfrist. Jetzt ist es so, dass, wenn man innerhalb dieser Tilgungsfrist einen neuen Verstoß begeht, dieser alte automatisch verlängert wird. Diese komplizierte Regelung soll entfallen. Man hat also mehr Klarheit.

Ich höre auch Kritik. Die einen sagen: Es wird verwässert. Die anderen sagen: Es wird verschärft. Man muss sich schon entscheiden, welche Kritik man übt. Wie gesagt: In der Sache werden die Punkte des Verkehrsgerichtstages weiter diskutiert werden - auch sicher im parlamentarischen Raum.

Frage: Ich muss leider noch einmal zu einem Thema zurückkommen. Wir sind ja leider immer irgendwie erreichbar, und dann wird doch eine Bitte an uns herangetragen. Ich würde noch einmal eine Frage an das Frauenministerium stellen wollen, was Frauen angeht, die sich jetzt die Frage stellen, was sexuelle Belästigung ist und wo sie anfängt. Wie würde Ihr Haus diese Frage beantworten? Was ist ein Flirt? Was ist ein Altherrenwitz, um dieses Wort zu bemühen? Was ist tatsächlich handfeste sexuelle Belästigung? Was muss man sich im Zweifelsfall gefallen lassen?

Angeli: Das ist ganz einfach. Man kann einmal in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schauen. Dort steht die Definition von sexueller Belästigung. Diese kann ich gerne einmal vorlesen:

"Eine sexuelle Belästigung ist (...) ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird."

Das ist die Definition im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Auskunft zu den Rechten und Definitionsmöglichkeiten gibt auch die Antidiskriminierungsstelle, der Bundesverband der Frauenberatungsstellen sowie Frauennotrufe. Es gibt auch eine Internetseite, www.frauen-gegen-gewalt.de, wo sich Tipps für Frauen und für Männer befinden, die man nachlesen kann.

Frage: Das provoziert doch noch eine ganz kleine Nachfrage: Wäre die Bemerkung "Sie füllen das Dirndl doch richtig aus" unter den Vorwurf sexuelle Belästigung zu fassen? Unerwünschte sexuelle Handlungen mit Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung, Beleidigung und Ähnliches mehr? Würde das aus Ihrer Sicht den Tatbestand der sexuellen Belästigung erfüllen?

Angeli: Ich habe die Frage nicht ganz verstanden. - Das, was ich gerade vorgelesen habe, ist die Definition von sexueller Belästigung.

Zusatzfrage: Das ist richtig. Jetzt habe ich einfach aus aktuellem Anlass die Frage, ob das, was in einschlägigen, von der Pressefreiheit gedeckten Artikeln steht - diese Äußerung von Herrn B. -, den Vorwurf der sexuellen Belästigung erfüllt, und zwar auf Grundlage dessen, was Sie gerade vorgelesen haben.

Angeli: Ich habe gerade schon gesagt: Wir verfügen nicht über genügend Informationen, um diesen Fall beurteilen zu können. Die allgemeine Definition von sexueller Belästigung habe ich Ihnen gerade vorgelesen. Damit können Sie, denke ich, auch gut arbeiten.

Frage: Ich hätte gerne vom Außenministerium ein paar Hintergrundsätzchen zu der Warnung an deutsche Staatsbürger in Libyen, was insofern etwas verwundert, als Libyen schon ein Stück von dem Krisenherd entfernt ist. Besteht da ein Zusammenhang? Gibt es konkrete Bedrohungen, konkrete Anlässe, die dazu führen?

Schäfer: Lassen Sie mich zunächst einmal sagen, dass es eine Reisewarnung - und zwar eine Reisewarnung im juristischen Sinne - bereits seit rund zwei Jahren gibt. Das Auswärtige Amt hat auf seiner Webseite für jedes Land dieser Erde Reiseinformationen parat. Eine Reisewarnung für Libyen ist, wie gesagt, schon seit zwei Jahren auf der Webseite und auch angesichts der Ereignisse in der letzten Zeit, über die wir jetzt nicht zu sprechen brauchen.

Der Hintergrund der Entscheidung des Auswärtigen Amtes, gestern Nachmittag über die Reisewarnung hinaus noch eine konkrete und regional begrenzte Terrorwarnung aufzustellen, ist der, dass uns ernstzunehmende Hinweise über eine besondere Gefährdungslage auch für deutsche Staatsangehörige in der Stadt und der Region Bengasi vorlagen.

Ich muss allerdings Sie und alle anderen in der Öffentlichkeit darum bitten, Verständnis dafür aufzubringen, dass es mir hier an dieser Stelle nicht möglich ist, konkreter darauf einzugehen, was denn genau diese ernstzunehmenden Hinweise sind. Wir gehen davon aus - ich denke, das könnte Sie auch interessieren -, dass sich im Raum Bengasi nur wenige deutsche Staatsangehörige aufhalten. Es gibt dort auch keine Deutschen mehr, die in offizieller Mission - etwa für die Botschaft - im Einsatz wären. Ich möchte darauf hinweisen, dass nahezu zeitgleich auch von anderen Staaten - ich nenne Großbritannien, die Niederlande, Australien und Kanada - ähnliche Warnungen für ihre Staatsangehörigen an die Öffentlichkeit gegeben worden sind.

Vorsitzender Mayntz: Würde es helfen, wenn wir den Status ändern?

Frage: Das war genau mein Vorschlag, dass wir, Herr Schäfer, kurz "unter drei" gehen.

Schäfer: Ich kann Ihnen auch "unter drei" dazu nichts sagen.

Frage: Gibt es irgendeine Verbindung zu den Vorgängen in Mali?

Schäfer: Nicht, dass mir das bekannt wäre.

Frage: Eine Nachklappfrage zu Davos, Herr Seibert: Die Bundeskanzlerin war relativ zaghaft und behutsam im Umgang mit dem britischen Kollegen. Lag das an ihrer Milde? Oder hat sie inzwischen Verständnis für dessen Argumentation?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin war im Gespräch mit Herrn Cameron so, wie sie immer im Gespräch mit Partnerländern ist: offen, ehrlich, und sie hat ihre Überzeugungen ausgedrückt. Die Adjektive, die Sie gewählt haben, kann ich eigentlich nicht bestätigen.

Die Haltung der Bundeskanzlerin zur Haltung Großbritanniens hat sie selber klar gemacht. Sie hat darüber öffentlich gesprochen. Im Gespräch mit Premierminister Cameron ging es gestern in allererster Linie um zwei Themen. Ich fange einmal mit Mali an, weil wir da gerade in der Weltregion waren. Ganz besonders ging es um die nächste europapolitische Herausforderung, die ansteht, nämlich beim Europäischen Rat im Februar eine gemeinsame Lösung für einen EU-Haushalt zu finden, also den mehrjährigen Finanzrahmen der EU festzuklopfen. Darüber wurde gesprochen.

Frage: Hat die Bundesregierung versucht, Herrn Cameron zu erklären, dass, wenn sie von Kompromissbereitschaft spricht, sie nicht nur für sich selbst spricht, sondern versucht, Herrn Cameron zu einer Kompromissbereitschaft zu bewegen?

StS Seibert: Ich glaube, das ist in dem sehr klar geworden, was die Bundeskanzlerin neulich nach der Rede gesagt hat. Es gibt Interessen, die Länder vorbringen, und es gibt auch andere Länder, die Interessen haben. Europa ist ein permanenter Interessenausgleich.

Zusatzfrage: Wäre ein guter erster Kompromiss von Herrn Cameron im Februar vielleicht etwas in Sachen Haushaltsfrage?

StS Seibert: Um in der Haushaltsfrage mit 27 Staaten in diesem zweiten Anlauf zu einer Einigung zu kommen, wird es natürlich Kompromissbereitschaft auf allen Seiten geben müssen.

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 25. Januar 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/01/2013-01-25-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-0
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2013