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PRESSEKONFERENZ/433: Regierungspressekonferenz vom 8. Juni 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 8. Juni 2012
Regierungspressekonferenz vom 8. Juni 2012

Themen: Massaker in Syrien, angekündigte Errichtung von neuen Wohneinheiten im Westjordanland, Memorandum für eine Green Economy, Termine der Bundeskanzlerin (offizielle Verabschiedung von Oberbürgermeisterin Petra Roth, Empfang des Staatspräsidenten von Peru, Kabinettssitzung, Plenum des Deutschen Bundestages, Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder, "Tag des deutschen Familienunternehmens", G20-Gipfel).
Weitere Themen waren: Besuch der Bundeskanzlerin bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, Meldungen über angeblichen Antrag Spaniens auf Hilfen aus der EFSF, Verzollung eines nach Berlin transportierten Teppichs von BM Niebel, energetische Gebäudesanierung, Endlagersuchgesetz, Europäischer Stabilitätsmechanismus, Bundeswehrreform, Betreuungsgeld, vorgeschlagene Umschulung von Schlecker-Mitarbeiterinnen zu Erzieherinnen.

Sprecher: StS Seibert, Peschke (AA), Stamer (BMU), Kotthaus (BMF), Steltemeier (BMZ), Dienst (BMVg), Steegmans (BMFSFJ), Kutt (BMI)



Vorsitzender Hebestreit eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Sie alle haben die Nachrichten aus Syrien gehört: Zwei Wochen nach dem Massaker in Al Hula, ist nun am Mittwochabend ein Massaker in der Ortschaft Masraat Al-Kubair nahe Hama verübt worden. Ich möchte Ihnen gerne mitteilen, dass die Bundesregierung über dieses neuerliche Massaker entsetzt ist. Es sind wieder viele Menschen wahrscheinlich mindestens 80 ermordet worden, darunter viele Frauen und Kinder. Man muss sagen: Sie sind zum Teil bestialisch ermordet worden. Eine Führung, die solche Taten in ihrem Land zulässt, hat jegliche Legitimität verspielt. Es ist eigentlich undenkbar, eine politische Lösung und ein Ende des Konflikts mit Herrn Assad an der Spitze Syriens herzustellen. Die Bundesregierung fordert ihn daher erneut nachdrücklich auf, den Weg für den Übergang in eine friedliche Transformation in Syrien frei zu machen.

Entscheidend für die weitere Entwicklung in Syrien wird jetzt die Haltung sein, die der UN-Sicherheitsrat einnimmt. Wie die Bundeskanzlerin schon in der vergangenen Woche beim Besuch des russischen Präsidenten Putin betont hat, kommt Russland dabei eine besondere Verantwortung zu.

Peschke: Ich will das kurz ergänzen. Die jüngsten Gespräche, die Außenminister Westerwelle bis heute Morgen in der Region heute Morgen noch einmal im Libanon geführt hat, bringen den Außenminister zu der Einschätzung, dass sich seine Sorge hinsichtlich der Situation in Syrien und der Tatsache, dass der Konflikt in Syrien zu einem Flächenbrand eskalieren könnte, nicht verringert, sondern vergrößert hat. Die Zeit für die Umsetzung einer politischen Lösung läuft nach Einschätzung des Außenministers nach den jüngsten Gesprächen ab. Sie läuft nicht nur ab, sondern angesichts der eskalierenden Lage kann man sogar sagen, dass sie rennt. Es gibt die große Gefahr, dass der Konflikt in Syrien auch auf das benachbarte Libanon übergreift, wie wir es in Ansätzen bereits in den letzten Tagen sehen mussten. Es muss deshalb alles getan werden, um diese weitere Eskalation zu verhindern.

Dazu müssen aus Sicht der Bundesregierung und von Außenminister Westerwelle neue politische Initiativen ergriffen werden. Konkret heißt das, dass der Außenminister darauf drängt, dass sich der Sicherheitsrat endlich dazu durchringt, nicht-militärische Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII, Art. 41 der Charta der Vereinten Nationen gegen Syrien zu ergreifen, um die Durchsetzung der Vorschläge von Kofi Annan für ein Ende der Gewalt und einen politischen Neuanfang zu unterstützen. Außerdem unterstützt Außenminister Westerwelle auch die Bemühungen Kofi Annans, neue Gesprächsformate etwa in Form einer Kontaktgruppe zu gründen, um unter Einbeziehung Russlands und Chinas eine politische Lösung für den Konflikt in Syrien zu erarbeiten. Jedes Gesprächsformat, das der Beilegung der Gewalt in Syrien dient, ist aus Sicht des Außenministers und der Bundesregierung hilfreich.

Ich habe dann noch eine Stellungnahme zu den jüngsten Ankündigungen der israelischen Regierung, 851 neue Wohneinheiten im Westjordanland zu errichten. Die Bundesregierung ist sehr besorgt über diese Ankündigung. Sie hat die Einschätzung, dass solche Schritte den Bemühungen zuwiderlaufen, neue Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern in Gang zu bringen. Die Räumung oder Umsiedlung von Außenposten, wie sie in den letzten Tagen ebenfalls angekündigt wurde, legitimiert nicht einen verstärkten Siedlungsbau an anderer Stelle. Außenminister Westerwelle fordert die israelische Regierung und die Palästinensische Autonomiebehörde auf, alle Spielräume für Fortschritte im Friedensprozess zu nutzen und neue Verhandlungen zu ermöglichen. Die Machbarkeit einer Zwei-Staaten-Lösung darf nicht durch einseitige Schritte infrage gestellt werden. Wir rufen beide Seiten auf, den Dialog wieder aufzunehmen und einseitige und provozierende Schritte zu unterlassen.

Frage: Herr Seibert, wenn Sie sagen, die Bundesregierung fordere Herrn Assad nachdrücklich auf, den Weg frei zu machen, würden Sie den Kofi-Annan-Plan dann offiziell für gescheitert erklären, weil der ja auf einen Dialog mit der syrischen Führung setzt? Gibt es zweitens irgendwelche Hinweise darauf, dass sich die Haltung von Russland und China nach dem zweiten Massaker ändern könnte?

StS Seibert: Ich glaube, es ist gerade von Herrn Peschke für das AA alles dazu gesagt worden. Niemandem ist gedient, wenn ich hier für die Bundesregierung etwas offiziell als gescheitert erkläre. Man hat gestern Herrn Annan selbst vor der Uno seine Einschätzung zu dem von ihm vorgetragenen Plan abgeben hören. Wir haben gesagt, und das ist gerade sehr deutlich geworden: Neue, stärkere politische und diplomatische Maßnahmen müssen jetzt ins Auge gefasst werden. Den Weg dafür will Deutschland mit bereiten. Entscheidend ist, wie sich der UN-Sicherheitsrat dazu verhält. Es gibt Länder Russland ist eines dieser Länder , die dabei eine besondere Verantwortung haben, und auf die werden wir in unseren Gesprächen natürlich auch sehr stark zugehen.

Zusatzfrage: Herr Seibert oder Herr Peschke, wenn ich noch einmal nachfragen darf: Gibt es irgendwelche Bewegung aufseiten Russlands oder Chinas?

Peschke: Um die russische Haltung abzufragen, sollten Sie oder Ihre Kollegen, glaube ich, direkt in Moskau oder Peking nachfragen. Wir können Ihnen von hier aus nur sagen, dass wir im ständigen Gespräch auch mit Vertretern dieser beiden Länder stehen und darauf setzen, dass Russland und China ebenso wie wir ein Interesse an einer geschlossenen Haltung der internationalen Staatengemeinschaft zur Beendigung des Konflikts in Syrien haben.

Zur Frage nach dem Kofi-Annan-Plan: Kofi Annan hat gestern am Rande der Sicherheitsratssitzung gesagt, er halte seinen Plan nicht für tot, aber die Implementierung sei leider äußerst defizitär. Das ist eine Einschätzung, die wir ausdrücklich teilen.

Frage: Ich hätte gerne nach dem syrischen Botschafter gefragt. Ist der immer noch da, oder ist er schon nach Damaskus abgereist? Wo befindet sich der deutsche Botschafter in Syrien zurzeit?

Peschke: Zur ersten Frage: Der syrische Botschafter hat nach der Ausweisung am vergangenen Samstag Deutschland verlassen.

Was unsere Vertretung in Damaskus betrifft, so haben wir dort derzeit keinen Botschafter, und die Botschaft ist für den Besucherverkehr zurzeit geschlossen.

Frage: Ich weiß jetzt nicht genau, an welchen Ansprechpartner sich meine Frage richtet: Was würde ein Flächenbrand und ein Ausweiten des Konflikts auf den Libanon denn für UNIFIL bedeuten? Müssten die sich dann zurückziehen? Das gehört ja garantiert nicht zum Mandat.

StS Seibert: In solche Spekulationen sollten wir uns hier jetzt nicht begeben. Das UNIFIL-Mandat ist gerade vom Bundeskabinett vorbehaltlich der Zustimmung des Bundestags um ein Jahr verlängert worden, weil es so ist, dass diese UNIFIL-Mission so wird es von allen Ländern in der Gegend eingeschätzt einen stabilisierenden Beitrag leistet. Dieser stabilisierende Beitrag soll weitergehen. Auf weitere Spekulationen, glaube ich, sollten wir uns hier sinnvollerweise nicht einlassen.

Peschke: Ich kann das vielleicht noch insofern ergänzen, als der Außenminister heute Morgen das deutsche UNIFIL-Kontingent besucht hat. Hierbei muss man natürlich die einzelnen Ereignisse voneinander trennen und sehr genau hinschauen. Es gibt diese Gefahr einer Ausweitung; die hat der Außenminister vor Ort noch einmal sehr genau mit seinen libanesischen Ansprechpartnern diskutieren können. Außenminister Westerwelle hat gesagt: Es gibt bisher erste Anzeichen. Diese Anzeichen sind regional auch doch sehr genau einzugrenzen, namentlich auf die Stadt Tripoli. Sie wissen, dass der UNIFIL-Einsatz ausdrücklich eine andere Zielsetzung hat und auch an anderen Orten operiert. Für solche Spekulationen besteht also derzeit in der Tat kein Anlass.

Was die Aufgabenerfüllung des Bundeswehrkontingents zur seeseitigen Absicherung und zur Ausbildung der libanesischen Marine betrifft, so verläuft diese Aufgabenerfüllung weiterhin sehr gut.

Frage: Herr Seibert, hatte die Bundeskanzlerin seit dem zweiten Massaker in Syrien direkten Kontakt mit Präsident Putin? Oder ist das für die nächsten Stunden geplant?

StS Seibert: Ich gebe hier nicht über den permanenten Telefonverkehr der Bundeskanzlerin Auskunft. Wenn es ein Gespräch gibt, über das wir Sie informieren wollen, geben wir dazu eine Pressemeldung heraus.

Frage: Herr Peschke, Sie erinnern sich: Der Entwicklungsminister wollte Gaza-Stadt besuchen, um die Vorarbeiten für die Kläranlage zu begutachten. Das wurde von der israelischen Armee und auch von der israelischen Regierung verhindert. Inzwischen ist bestimmt ein Jahr oder mehr ins Land gegangen. Ich möchte wissen, was aus diesem Projekt der Bundesregierung geworden ist, eine Kläranlage für die Palästinenser in Gaza zu bauen.

Peschke: Ich glaube, an dieser Stelle kann auch der Kollege des BMZ noch detaillierter vortragen.

Ich kann Ihnen aus unserer Sicht so viel sagen, dass diese Kläranlage ein sehr wichtiges Projekt ist, das die Bundesregierung mit Nachdruck unterstützt und bei dem wir uns gegenüber der israelischen Seite immer wieder dafür eingesetzt haben, dass es grünes Licht gibt. Es gab anlässlich von Besuchen verschiedener Vertreter der Bundesregierung unter anderem des Bundesentwicklungsministers, wozu Herr Steltemeier vielleicht noch mehr sagen kann grünes Licht der israelischen Regierung, bestimmte Aspekte des Projektes zu realisieren. Da gibt es Fortschritte. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass es auch weitere Fortschritte bis zur vollständigen Funktionstüchtigkeit der Anlage gibt.

Zusatzfrage: Nach meinen Informationen behaupten die Israelis, dass sie den Gazastreifen vollständig verlassen haben und nicht mehr für diesen Streifen verantwortlich sind. Warum können sie immer noch darüber bestimmen, dass zum Beispiel etwas im Gazastreifen mit Unterstützung der internationalen Seite aufgebaut wird? Wie kann man das erklären? Können Sie das vielleicht?

Peschke: Zur israelischen Position muss ich Sie natürlich an die israelischen Kollegen verweisen. Sie müssen das dort direkt abfragen.

Ansonsten gibt es hier zwei Aspekte. Das ist einerseits der völkerrechtliche Aspekt. Demnach ist Israel ist aus Sicht der internationalen Staatengemeinschaft durch den einseitigen Abzug seiner Verantwortung für Gaza natürlich nicht entbunden. Zum Zweiten das wissen Sie genauso wie wir alle gibt es ein Grenzkontrollregime nach Gaza, und zwar sowohl vonseiten Israels als auch vonseiten Ägyptens. Dieses Grenzkontrollregime hat einen Einfluss auf Dinge, die in Gaza passieren. Insofern gibt es ganz enge Wechselwirkungen und gegenseitige Beziehungen.

Zusatzfrage: Eine Frage zum Rang des palästinensischen Vertreters hier in Berlin. Bundesaußenminister Westerwelle hat verkündet, dass der Botschafter einen höheren Rang haben soll. Ist das schon vollzogen? Oder gibt es in der Angelegenheit einen Rückschritt? Ich habe inzwischen gehört, dass Minister Westerwelle nicht mehr daran festhalten will, weil Israel nicht einverstanden ist.

Peschke: Ich weiß nicht, woher Sie die Information haben. Die Information, die Sie haben, ist falsch. Die Sache wurde umgesetzt. Die Bundesregierung beziehungsweise das Auswärtige Amt hat der palästinensischen Vertretung schon im März mit einer Verbalnote mitgeteilt, dass in Umsetzung der Ankündigung, die Bundesaußenminister Westerwelle vor wenigen Monaten in Ramallah getätigt hat, die Aufwertung der palästinensischen Vertretung vollzogen werden kann und dass der palästinensische Vertreter in Deutschland das Recht hat, die Bezeichnung "Botschafter" zu tragen. Das ist vollzogen.

Zuruf: Wie ist die offizielle Bezeichnung?

Peschke: Er hat das Recht, die Bezeichnung "Botschafter" zu tragen.

Stamer: Meine Damen und Herren, ich möchte Sie kurz auf einen Termin hinweisen. Am kommenden Dienstag werden der Bundesumweltminister und der Hauptgeschäftsführer des BDI ein gemeinsames Memorandum für eine Green Economy vorstellen. Das ist eine gemeinsame Initiative des BMU und des BDI im Vorfeld der Rio+20-Konferenz. Sie wissen, die Konferenz wird in wenigen Tagen beginnen. Das Thema "Nachhaltiges Wirtschaften" ein zentrales Thema dieser Konferenz. Die globalen Themen wie Klimawandel, Rohstoffknappheit, Verlust der biologischen Vielfalt und eine wachsende Weltbevölkerung erzwingen es in Zukunft, dass Politik, Ökonomie und Ökologie noch stärker zusammenarbeiten. Es gilt auch, durch eine stärkere Zusammenarbeit die Wettbewerbsfähigkeit und die Innovationsfähigkeit der deutschen Unternehmen auf Märkten zu stärken, die die Schlüssel der Zukunft sein werden. Deutschland ist mit seiner sozialen Marktwirtschaft sehr gut aufgestellt, Wachstum, Innovationen und Nachhaltigkeit zu verbinden. Dafür werben das Bundesumweltministerium und der BDI aus Anlass der Rio+20-Konferenz.

Am kommenden Dienstag ist um 13.45 Uhr dazu ein Pressegespräch vorgesehen. Sie sind alle herzlich eingeladen, zu dem Termin zu kommen. Er findet bei uns im Ministerium statt. Vielen Dank!

Frage (zur Green Economy): Ist das ein Termin mit Herrn Altmaier?

Stamer: Das ist, wie ich sagte, ein Termin mit dem Bundesumweltminister und Herrn Kerber, dem Hauptgeschäftsführer des BDI.

Vorsitzender Hebestreit: Wenn es keine weiteren Fragen dazu gibt, sind wir bei den Terminen der Bundeskanzlerin.

StS Seibert: Die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin:

Der erste, den ich Ihnen nennen kann, ist ein Termin am Montag, dem 11. Juni. Um 16 Uhr nimmt die Kanzlerin in Frankfurt/Main an der offiziellen Verabschiedung von Oberbürgermeisterin Petra Roth teil. Petra Roth war 17 Jahre lang Oberbürgermeisterin von Frankfurt/Main. Sie war mehrfach Präsidentin des Deutschen Städtetages und ist sicherlich eine der erfolgreichsten und beliebtesten Kommunalpolitikerinnen. Die Bundeskanzlerin wird zu Ehren und zur Würdigung der Leistung von Petra Roth eine Rede halten.

Am Dienstag, dem 12. Juni, empfängt die Bundeskanzlerin um 11.30 Uhr mit militärischen Ehren den peruanischen Staatspräsidenten Ollanta Humala Tasso im Bundeskanzleramt. Außer den bilateralen Themen sind zu erwartende Themen bei dem Gespräch sicherlich das EU-Freihandelsabkommen mit Peru und Kolumbien und im Übrigen auch Fragen der Zusammenarbeit bei Wissenschaft und Forschung. Gegen 13 Uhr findet eine gemeinsame Pressekonferenz der beiden statt.

Am Mittwoch kann ich Ihnen bisher nur die Kabinettssitzung als Termin ankündigen, die wie immer um 9.30 Uhr stattfindet.

Donnerstagfrüh wird sich die Kanzlerin im Plenum des Deutschen Bundestages aufhalten.

Am Donnerstag trifft sie um 15 Uhr mit den Regierungschefs und - chefinnen der Bundesländer im Kanzleramt zusammen. Erster, aber nicht einziger Tagesordnungspunkt ist die Energiewende. Es wurde bei dem Energiegespräch mit den Ministerpräsidenten am 23. Mai vereinbart, dass man sich nun in der Runde regelmäßiger treffen will, um zu sehen, wie die Umsetzung vorankommt. An diesem Tagesordnungspunkt nehmen auch die zuständigen Fachminister und Fachministerinnen des Bundes und der Länder teil. Weitere Themen des Gesprächs mit den Ministerpräsidenten sind Fiskalpakt, Dialog zur Demografiestrategie, Konsequenzen der Bundeswehrreform und der bevorstehende Europäische Rat Ende Juni in Brüssel. Es wird, wie immer bei diesen Terminen, danach eine Pressekonferenz geben.

Am Freitagvormittag wird die Bundeskanzlerin auch am Plenum des Deutschen Bundestages teilnehmen.

Um 11 Uhr spricht sie hier im Berlin im Hotel Adlon beim diesjährigen "Tag des deutschen Familienunternehmens" und wird in ihrer Rede diese kleinen und mittleren Unternehmen, die oft Familienbetriebe und für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands ganz mitentscheidend sind, würdigen.

Am Sonntagfrüh, dem 17. Juni, reist die Bundeskanzlerin zum G20-Gipfel nach Los Cabos/Mexiko, der dort am 18. und 19. Juni stattfindet. Wir werden dazu nächste Woche, nämlich am Dienstag, hier wie immer ein Briefing mit den entsprechenden Fachleuten aus dem Bundeskanzleramt anbieten.

Frage: Herr Seibert, Sie haben die Termine der nächsten Woche genannt. Findet in dieser Woche noch ein Besuch der Bundeskanzlerin bei der Fußball-Nationalmannschaft?

StS Seibert: Nein. Es gab diese Woche einen Besuch der Bundeskanzlerin bei der Fußball-Nationalmannschaft. Ich glaube, ich habe das sogar im "heute-journal" gesehen.

Zusatz: Ich dachte jetzt eher an das Spiel als an ein Essen.

StS Seibert: Es wird keine Besuche bei der Vorrunde geben. Das ist aus terminlichen Gründen überhaupt nicht möglich.

Vorsitzender Hebestreit: Der Vollständigkeit halber: Auch die "Tagesthemen" haben darüber berichtet.

StS Seibert: Eine erfreulich breite Berichterstattung.

Frage: Heißt Vorrunde schon möglicherweise Viertelfinale oder nur Finale mit deutscher Beteiligung, also ähnlich, wie es der Innenminister macht?

StS Seibert: Vorrunde heißt Vorrunde. Drei Spiele.

Frage: Reist die Kanzlerin heute zum Eröffnungsspiel nach Warschau?

StS Seibert: Nein.

Zusatzfrage: Warum nicht?

StS Seibert: Sie reist heute nicht zum Eröffnungsspiel nach Warschau. Sie hatte auch nie angekündigt, zum Eröffnungsspiel nach Warschau zu reisen. Sie war gerade in Danzig bei der Nationalmannschaft. Weitere Spielbesuche werden, wenn sie überhaupt infrage kommen, kurzfristig entschieden.

Frage: Herr Seibert, Herr Kotthaus, eine Frage zum Thema Spanien. Wie kommentieren Sie die Gerüchte, dass Spanien dieses Wochenende Hilfen bei der ESFF beantragen wird? Was ist die Einschätzung der Bundesregierung: Wie willkommen wäre es, wenn Spanien diesen Antrag am Wochenende stellte?

StS Seibert: Ich kommentiere diese Berichte, indem ich sie nicht kommentiere. Ansonsten können wir eigentlich all das sagen, was wir hier am Montag und am Mittwoch schon gesagt haben: Die Entscheidung liegt bei der spanischen Regierung. Wenn sie sie fällt, dann stehen Europas Instrumente dafür bereit. Dafür haben wir im letzten und in diesem Jahr wirklich auf europäischer Ebene gearbeitet, dass es solche Instrumente gibt. Wenn, dann läuft das nach dem üblichen Verfahren: Ein Staat stellt einen Antrag. Er haftet. Er nimmt dafür Auflagen in Kauf. Wie gesagt: Die Entscheidung, ob dies der spanische Weg ist, fällt die spanische Regierung.

Zusatzfrage: Es gibt gewisse Sorgen, dass die Griechenland-Wahl in der Eurozone gewisse Entwicklungen auslösen könnte, die man möglicherweise nicht möchte. Sieht das Bundesfinanzministerium eine Notwendigkeit oder würde es das begrüßen , dass Spanien vor der griechischen Wahl zumindest einen Antrag stellt?

Kotthaus: Das war eine nette Frage. Aber ich muss gestehen, dass ich dem, was Herr Seibert gesagt hat, nichts hinzuzufügen habe.

Frage: Ich möchte nur eine Bestätigung von Herrn Kotthaus, ob es morgen eine Besprechung des Ecofin-Rates per Videokonferenz geben wird, um über die Rettung von Spanien zu sprechen.

Kotthaus: Ich werde auch um drei Ecken herum nicht irgendetwas in Bezug auf Spanien kommentieren. Wir bleiben dabei: Die Spanier müssen entscheiden, was sie tun wollen oder nicht. Dann sehen wir weiter.

Zusatzfrage: Findet dieser Ecofin-Rat morgen statt oder nicht?

Kotthaus: Morgen findet kein Ecofin-Rat statt.

Zusatzfrage: Auch keine Videokonferenz?

Kotthaus: Liebe Kollegin, noch einmal: Wir schauen einmal, wofür Spanien sich entscheidet oder nicht entscheidet. Bis dahin kommentieren wir das nicht, auch nicht alle Neben- oder Rundherum-Ereignisse. Es liegt in der Hand von Spanien, zu entscheiden, was es tun möchte oder nicht tun möchte und wann es das tun möchte oder nicht. Lassen wir es doch dabei bleiben.

Frage: Wir reden nicht über Spanien. Wir reden über Länder. Land A durfte keine Bankenfinanzierung vornehmen. Es musste ein ganzes Programm auflegen. Die Bankenschulden hängen diesem Land noch nach. Land B könnte eine direkte Bankenrefinanzierungsmöglichkeit in Anspruch nehmen. Bedeutet das, dass wir einfach besser gewappnet sind oder manche Länder einen größeren Handlungsspielraum und eine größere Gefahr mit sich bringen?

Kotthaus: Sprecher C erklärt dazu, dass wir verschiedene Instrumente in den europäischen Rettungsschirmen haben, die punktgenau für die verschiedenen Sachverhalte zugeschnitten sind. Bei jedem Sachverhalt muss geprüft werden: Wie stellt sich die gesamte Sachlage dar? Was ist das richtige Instrument? Was kann man dafür anwenden? Mehr ist dazu momentan nicht zu sagen.

Frage: Eine Frage an mehrere Ministerien. Ich bin nicht ganz sicher, wo wir anfangen sollen. Ich beginne einmal bei dem Regierungssprecher. Ich würde gerne wissen: Wie sind denn Mitflug- und Mittransportmöglichkeiten in einem Flugzeug des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes geregelt? Gibt es Vorschriften, die vielleicht persönliche Gefälligkeiten untersagen? Oder wie sehen Sie den Transport des Teppichs von Herrn Niebel im Flugzeug des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes?

StS Seibert: Ich habe eigentlich zu der ganzen Sache nur zu sagen, dass die Bundeskanzlerin sicher ist der Minister hat das ja auch schon angekündigt , dass das, was offenbar bei der Einfuhr dieses Teppichs versäumt wurde, so schnell und so vollständig wie möglich nachgeholt wird.

Zusatzfrage: Kurze Nachfrage dazu: Wie sehen Sie die Rolle des Bundesnachrichtendienstes? Normalerweise würde man ja nicht auf die Idee kommen, dass der BND-Präsident für einen Minister einen Teppich mitnimmt.

StS Seibert: Vielleicht lassen wir erst einmal den zuständigen Sprecher sagen, was er zu dem Thema zu sagen hat. Ich ergänze dann gerne.

Steltemeier: Vielen herzlichen Dank! Der Minister hat ja gestern eine Presseerklärung herausgegeben, in der er sehr deutlich sein Bedauern ausgedrückt hat, dass der Antrag auf Verzollung verspätet gestellt wurde. Die Nachverzollung ist bereits eingeleitet und wird jetzt auch durchgeführt. Selbstverständlich kommt er jederzeit das steht auch so in der Erklärung sämtlichen Rechtsverpflichtungen sowohl im dienstlichen als auch im privaten Bereich nach. Von daher ist dem, was dieses Thema angeht, genüge getan.

Zusatzfrage: Ist es denn richtig, dass es bei dem Transport um einen persönlichen Gefallen des BND-Präsidenten ging?

Steltemeier: Das kann man auch der Erklärung entnehmen. Wir kehren nichts unter den Teppich. Wir haben genau aus dem Grund gestern gleich Fragen und Antworten bei uns auf die Internetseite eingestellt und auch noch eine Erklärung dazu herausgegeben. Es ist korrekt, dass der Minister den Transport des Teppichs als persönliches Entgegenkommen angenommen hat. Es geht um den Teppich, der noch in der Botschaft lag, den er im März bei einem Besuch in Afghanistan erworben hat und den er damals aus logistischen Gründen nicht gut mitnehmen konnte. Er hatte vor, diesen bei einem seiner nächsten Aufenthalte in Afghanistan als persönliches Handgepäck mitzunehmen, was durchaus innerhalb der Möglichkeiten lag.

Zusatzfrage: Kennen sich denn die beiden Herren, also Herr Schindler und Herr Niebel, so gut, dass es einen persönlichen Gefallen gab? Woher kennen sie sich denn so gut? Vielleicht können Sie da weiterhelfen.

Steltemeier: Ich weiß, dass die beiden über die Verbringung des Teppichs von Kabul nach Berlin nicht selbst gesprochen haben, sondern dass lediglich ein Mitarbeiter des Ministeriums per SMS darüber informiert wurde, dass eben eine Möglichkeit bestünde, den Teppich mitzubringen, dass dieser am 20. Mai in Berlin mit dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes landen und im Kofferraum sein würde, man ihn abholen könne und dass das einfach ein Gefallen sei.

Zusatzfrage: Eine persönliche Freundschaft zwischen den beiden Herren ist Ihnen nicht bekannt?

Steltemeier: Nein.

Zusatzfrage: Ist denn bekannt, wie hoch die Nachversteuerungssumme ist, die der Minister leisten muss?

Steltemeier: Nein, das ist noch nicht bekannt. Der Minister hat den Antrag auf Verzollung gestellt. Es ist ja eine private Angelegenheit. Wir harren jetzt der Dinge, die da kommen werden. Ich denke, das wird in nächster Zeit vonstattengehen. Die Nachversteuerungssumme kennen wir nicht. Den Preis des Teppichs haben wir mit Rechnungen und Belegen kund getan. Der Teppich wird auf 1.400 Dollar festgesetzt.

Frage: Könnte das Finanzministerium, das für den Zoll zuständig ist, sagen, wie viel Zoll für einen Teppich, der nach Deutschland eingeführt wird, fällig ist und in welchen Fällen eine Strafe anfällt, wenn die Verzollung nicht richtig oder zu spät erfolgt?

Kotthaus: Ganz abstrakt gefragt?

Zusatz: Ja.

Kotthaus: Zu Einzelfällen können wir, wie gesagt, nichts sagen.

Abstrakt gesagt gibt es bei Teppichen zwei Elemente. Es gibt einmal die Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent. Diese wird auf den Zollwert und den Zollbetrag erhoben. Der Zollbetrag für Drittlandsteppiche es gibt verschiedene Zollsätze für verschiedene Teppiche, je nachdem, wo sie herkommen , also nicht innerhalb der EU, liegt zwischen 3 bis 8 Prozent. Wenn Sie die beiden Sachen zusammennehmen, kommt man bei einem Teppich, der um die 1.000 Euro kostet, auf einen Gesamtabgabenbetrag von etwas über 200 Euro.

Zusatzfrage: Und die Frage von Strafen, wenn nicht versteuert wird?

Kotthaus: Auch da ganz abstrakt: Theoretisch kann die Nicht-Anmeldung einer Ware den Strafbestand der Steuerhinterziehung erfüllen. Aber sobald so etwas angezeigt ist eine Selbstanzeige kennen Sie ja auch in anderen Steuerfällen , entfällt die Strafbarkeit sowieso wegen der Selbstanzeige und ist damit hinfällig. Ich glaube, die Frage Strafbarkeit ist damit erschöpfend beantwortet.

Frage: Herr Steltemeier, Sie sagten richtig, dass das ein privater Teppichkauf war, dass also der Minister selbst als Privatperson für die Verzollung zuständig ist. Wieso konnte es denn zu diesem Missverständnis kommen, dass er gesagt hat, er sei davon ausgegangen, das sei schon in die Wege geleitet worden? Wer hätte das in seinem Auftrag in die Wege leiten können? Es wäre ja nicht richtig gewesen, dafür die Infrastruktur des Ministeriums oder des BND oder der Botschaft in Anspruch zu nehmen, denn das wäre dann eine Hilfe bei einem privaten Geschäft, die sicherlich nicht zulässig wäre.

Steltemeier: Erst einmal muss man sagen, dass rein rechtlich gesehen derjenige für die Verzollung zuständig ist, der einen Gegenstand in die EU einführt. Es gibt auch ein EuGH-Urteil, wo das genau drinsteht. Die Zollschuld entsteht zu dem Zeitpunkt, an dem die Ware in das Zollgebiet verbracht wird. Derjenige, der das tut, ist dafür zuständig. Der Bundesnachrichtenpräsident das habe ich der Presse entnommen hat geglaubt, dass es sich um ein Amtsgeschäft handelt und somit dieses nicht erforderlich war. Der Minister hat den Fehler begangen was er ja auch bedauert , dass er eben nicht im Vorfeld genau geklärt hat, wie genau die Schritte zu gehen sind, um dieses Ding sofort ordnungsgemäß anzumelden.

Als der Teppich vor ca. drei Wochen, nämlich am 20. Mai, zu dem Minister nach Hause verbracht wurde und der Teppich dort lag, hat er sich wohl darüber tatsächlich Gedanken gemacht, ist dann aber darüber weggekommen. Er hat wohl zu Hause, im privaten Kreis, besprochen, dass das erledigt werden soll. Das ist tatsächlich einfach liegen geblieben, wie so etwas eben einfach liegen bleiben kann. Das ist dann tatsächlich wieder aufgetaucht und ist auch sofort, unmittelbar und direkt angegangen worden, als vor zwei Tagen am vergangenen Mittwoch eine Nachfrage kam. Dann ist natürlich sofort gehandelt worden, um dieses Versehen unmittelbar, direkt und unverzüglich zu beseitigen. Das ist sofort gemacht worden.

Zusatzfrage: Finden Sie es in dem Zusammenhang eine sehr pingelige Nachfrage, wenn man fragt, warum der Minister seinen Fahrer zum Flughafen schickt, um den Teppich abzuholen? Er ist ja eigentlich auch nicht sein privater Fahrer.

Steltemeier: Der Minister kann eine solche Sache durchaus mit dem Fahrer und dem Auto erledigen. Das wird hinterher bei seiner Versteuerung natürlich als Privatfahrt eindeutig gekennzeichnet und stellt somit kein Problem dar.

Frage: Mich würde doch noch eine Frage an Herrn Kotthaus interessieren. Meines Wissens gibt es Freigrenzen für zollfreie Einfuhren. Wenn diese Freigrenzen überschritten werden, wird automatisch ein Steuerstrafverfahren eingeleitet. Das ist in diesem Fall nicht so, und zwar nicht nur wegen der Selbstanzeige. Wo liegt, abstrakt gesehen und ohne den konkreten Fall im Auge zu haben, die Freigrenze?

Kotthaus: Ich muss gestehen, dass ich mir, obwohl ich relativ viel fliege, die Freigrenzen über Einfuhren aus Drittstaaten nicht eingeprägt habe. Ich bekomme die aber sicherlich gleich noch von meinen reizenden Kollegen zugemailt. Aber noch einmal: Alle Fragen hinsichtlich der Strafbarkeit sind im Moment der Selbstanzeige erledigt.

Zusatzfrage: Aber der Fakt ist richtig ganz abstrakt gefragt : Ist die Freigrenze überschritten und hätte es keine Selbstanzeige gegeben, dann würde es automatisch erst einmal zu einem Verfahren kommen?

Kotthaus: Wenn die Freigrenze überschritten ist und der Tatbestand würde bekannt, dann würde es eine Anzeige geben, und dementsprechend gäbe es ein Verfahren. Aber wie gesagt, das würde sich wiederum im Moment der Selbstanzeige erledigen.

Zusatzfrage: Und die Freigrenzen teilen Sie uns nachher noch mit?

Kotthaus: Die bekomme ich gleich sicherlich noch von meinen reizenden Kollegen mitgeteilt und werde Sie dann durchgeben.

Zusatzfrage: Herr Steltemeier, können Sie sagen, wo der Teppich liegt? Würden Sie sagen: Das Ding ist ein richtiges Pfund, das ist so richtig schön? Wie sieht es überhaupt aus, aus welchem Material ist es? Hat sich der Minister versichert, dass dieses Produkt nicht durch Kinderarbeit entstanden ist?

Steltemeier: Der Teppich ist bestimmt schön. Ich habe ihn aber, weil er beim Minister zu Hause liegt, nicht selbst gesehen und habe ihn mir nicht selbst angeschaut. Er ist wohl in roten Tönen gehalten, mit ein wenig Schwarz darin. Mehr weiß ich dazu nicht. Das Ding ist ungefähr 9 Quadratmeter groß und wiegt auch das konnte man ja der Presse entnehmen ungefähr 30 Kilogramm. Das läge also, wenn es ordentlich verpackt ist, auch innerhalb der Grenzen dessen, was man als Reisender würde mitnehmen können. Das ist nämlich keine Rolle gewesen, die man womöglich als Sperrgepäck hätte einchecken müssen, sondern ein Paket, das man beim nächsten Mal hätte mitnehmen können.

Zusatzfrage: Und wo liegt es? Im Wohnzimmer?

Steltemeier: Das kann ich Ihnen nicht sagen es liegt zu Hause bei ihm.

Zusatzfrage: Was hätte denn darüber hat sich der Minister oder Ihr Haus sicherlich auch erkundigt der Transport als ganz normales Gepäck gekostet? Das hätte man ja auch ins Auge nehmen können.

Steltemeier: Der Gedanke kam aber gar nicht auf, weil er einfach diesen Teppich erworben hat, diesen in der Botschaft belassen hat und gesagt hat: Ich werde sowieso in absehbarer Zeit wieder hier sein und den Teppich beim nächsten Mal als ordentliches Gepäck mitnehmen. So weit kam es aber gar nicht, und das war überhaupt kein Thema.

Zusatzfrage: Hat sich der Minister sich über die Herkunft des guten Stücks Stichwort Kinderarbeit erkundigt?

Steltemeier: Der Teppich ist ihm in der Botschaft präsentiert worden; der Teppichhändler ist eben mit mehreren Exemplaren da gewesen. Von daher hat man sich vorher natürlich versichert, dass das ordnungsgemäß und richtig ist.

Zusatzfrage: Da bietet sich jetzt natürlich eine Nachfrage an Herrn Peschke an: Ist es denn üblich, dass in Botschaften Teppichhandel stattfindet?

Peschke: Ich habe zu diesem Sachverhalt insgesamt nichts weiter beizutragen als das, was Herr Steltemeier schon gesagt hat.

Kotthaus: Meinen Sie, ich kann Sie bezüglich der Freigrenzen auf die Webseite www.zoll.de verweisen? Ich kann es Ihnen aber auch kurz vorlesen. Ich glaube, der einzige Sachverhalt, der hier zutrifft, ist "andere Waren". Da beträgt der Warenwert für die Freigrenze 300 Euro, bei Flug- beziehungsweise Seereisen aber insgesamt 430 Euro. Wie gesagt, weitere Auskünfte finden Sie auf der Webseite www.zoll.de unter dem Punkt "Einreisebestimmungen".

Frage: Herr Steltemeier, es waren ja schon mehrere Minister in Afghanistan. Meines Wissens ist Herr Niebel der erste, der einen Teppich mitbringt. War das vielleicht auch eine Art Strukturunterstützung in dieser ärmeren Region, war das vielleicht ein Hintergrund, den Teppich dort gekauft zu haben?

Steltemeier: Es ist sicherlich ein schöner Seiteneffekt, dass er damit die örtliche Wirtschaft angekurbelt hat, aber dass das sein erstes Interesse war, wäre sicherlich zu viel gesagt und würde der Sache nicht gerecht werden. Tatsache ist, dass er den Teppich für schön befunden hat und ihn deswegen auch in einem Land der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, nämlich in Afghanistan, erworben hat, das wir ja auch massiv unterstützen und mit dem wir auch sehr tätig sind deswegen ist der Minister ja häufig in diesem Land.

Zusatzfrage: Herr Seibert, wie bewertet eigentlich die Kanzlerin diese ganze Geschichte rund um ihren Minister und den Teppich?

StS Seibert: So, wie ich es Ihnen gesagt habe: Sie ist sich sicher, dass und das geschieht nun ja auch, wie vom Minister angekündigt das, was bei der Einfuhr dieses Teppichs versäumt wurde, umfassend und schnell nachgeholt wird. Das Wort "Versäumnis" beinhaltet ja schon, dass eine andere Form der Einfuhr noch korrekter gewesen wäre und deswegen auch vorzuziehen gewesen wäre.

Zusatzfrage: Die Kanzlerin bekommt ja auch öfter mal Geschenke. Hat sie Ihres Wissens auch schon einmal einen Teppich aus Afghanistan mitgebracht?

StS Seibert: Ich kann Ihnen weder über Privatkäufe der Kanzlerin noch über Geschenke berichten. Es gibt Geschenke, die die Kanzlerin auf Reisen erhält; dann erhält sie sie, wie Sie wissen, nie persönlich, sondern sozusagen namens der Bundesrepublik Deutschland, und dann werden diese Geschenke auf dem dafür üblichen und allen Regeln entsprechenden Wege nach Deutschland eingeführt und damit umgegangen.

Zusatzfrage: Aber ein Teppich war noch nicht dabei?

StS Seibert: Ich habe keinen Überblick; die Asservatenkammern sind voll.

Frage: Herr Steltemeier, ist es bei Ihnen im Ministerium üblich, dass sich Mitarbeiter um die privaten Dinge des Ministers kümmern, also zum Beispiel um das Organisieren des Verbringens eines Teppichs von Afghanistan nach Deutschland? Gehört das zu den Aufgaben Ihres Ministeriums, ist das eine neue Aufgabenbeschreibung, dass private Dinge von Mitarbeitern erledigt werden?

Steltemeier: Es wurde eine SMS angenommen, dass dieses gute Stück dort ankommt, das war alles. Ich glaube, es ist die Lebenswirklichkeit, dass so etwas weitergeleitet wird, aber sonst ist da ja nicht weiter von dem Mitarbeiter des Ministers gemacht worden.

Zusatzfrage: Es ist die Lebenswirklichkeit Ihres Ministeriums, dass die privaten Dinge des Ministers von Mitarbeitern erledigt werden?

Steltemeier: Wenn der Mitarbeiter, der auch selbst damals bei der Reise dabei war, eine SMS erhält und diese dann quasi weiterleitet beziehungsweise damit umgeht, dann ist das, denke ich, ein Vorgang, der nicht weiter verwerflich ist.

Frage: Herr Steltemeier, wer hatte denn zum ersten Mal die Idee, dass der Teppich in dem BND-Flugzeug mitgenommen wird? War das der Botschafter, oder wer sonst ist überhaupt auf diese Idee gekommen?

Herr Kotthaus, spielt es bei einer Selbstanzeige in der juristischen Bewertung eine Rolle, ob sozusagen ohnehin die Gefahr des Bekanntwerdens beziehungsweise der Enttarnung drohte, oder ist das zweitrangig?

Steltemeier: Wie ich eben schon sagte: Die besagte SMS ist eben die, in der es hieß: Es gibt jetzt eine Möglichkeit, den Teppich mit nach Deutschland zu nehmen, und er würde dann eben am 20. Mai ankommen. Die Idee war ursprünglich, dass der Minister diesen Teppich bei seiner nächsten Reise selbst mit nach Hause bringen wollte. Von daher denke ich einmal, dass das ziemlich eindeutig ist.

Zusatzfrage: Aber es muss ja erst einmal überhaupt jemand auf Idee gekommen sein, diesen Teppich in einem BND-Flugzeug zu befördern. Hat der Botschafter einmal herumgefragt, wer in nächster Zeit nach Berlin fliege, oder wer hat diese SMS überhaupt veranlasst?

Steltemeier: Ich kann Ihnen nicht sagen, wer die veranlasst hat. Ich kann Ihnen sagen, dass der Minister den Teppich dort in der Botschaft gelassen hat und gesagt hat: Ich nehme ihn nächstes Mal, wenn ich wieder hier bin, mit. Wenn aber zwischendurch jemand da ist, der eine Möglichkeit sieht, ihn mitzunehmen das wird der Minister nicht gesagt haben, aber ich vermute, dass das Ding in der Botschaft lag und man gesagt hat: Okay, dann kann das jemand, der wieder nach Deutschland fliegt, auch mitnehmen. Ich glaube, das ist ein ziemlich unspektakulärer Vorgang.

Kotthaus: Bei allen Fragen der Selbstanzeige gilt der alte Juristensatz: Es kommt drauf an. Insofern: Da ich kein Interesse daran habe und das auch nicht will auch aufgrund von Vorgaben des Zollkodex, dass man über Einzelfälle nicht spricht , werde ich auch nicht weiter darüber Exegese betreiben, was wo wie angekommen wäre. Wie gesagt, grundsätzlich ist das Thema der Steuerhinterziehung im Sinne von Nichtverzollung im Moment der Selbstanzeige erledigt. Der Rest kommt auf den Einzelfall an, und den erörtere ich genau hier nicht.

Frage: Ist es normal beziehungsweise ist es üblich oder kommt es häufiger vor, dass Sachen in der Botschaft gelagert werden? Und wie ist der Teppich eigentlich am Zoll vorbeigekommen?

Kotthaus: Zur Lagerung in Botschaften kann ich nichts sagen.

Steltemeier: Dann beantworte ich einmal den zweiten Teil der Frage: Der Fahrer ist zum Flughafen Schönefeld gefahren, hat den Teppich in Empfang genommen und zu Niebels nach Hause gefahren ganz einfach, wie man eben Dinge verbringt.

Frage: Herr Steltemeier, habe ich Sie richtig verstanden, dass Ihr Ministerium erst vor zwei Tagen einen Antrag auf Nachverzollung gestellt hat nach einer entsprechenden Presseanfrage? Das heißt, der Minister wäre nie selbst auf die Idee gekommen beziehungsweise ist nicht selbst auf die Idee gekommen, diesen Antrag zu stellen, sondern hat im Grunde genommen nur auf eine entsprechende Presseanfrage reagiert?

Steltemeier: Konkret an dem Tag haben wir darauf reagiert, aber er wäre sicherlich noch auf die Idee gekommen das ganze Thema war für ihn ja noch nicht erledigt, insofern wäre er natürlich auf die Idee gekommen, das noch zu tun. Tatsache ist aber das stimmt, ja : In dem Moment sind wir der Sache konkret schnell nachgegangen oder ist der Minister der Sache nachgegangen, muss man sagen , nachdem eben diese Anfrage kam.

Frage: Ich habe eine Frage zur energetischen Gebäudesanierung und deren steuerlicher Absetzbarkeit: Es hieß, es gebe eine Einigung; es gab dann aber auch ein Dementi, es gebe doch keine Einigung. Da würde ich jetzt gerne Klarheit haben. Gibt es Aussicht darauf, dass das zwischen Bund und Ländern geklärt werden kann?

Kotthaus: Letzteres ist eine schöne Formulierung; ich glaube, der würde ich mich gleich anschließen. Es gab gute Gespräche. Wir sind optimistisch, dass wir tatsächlich zügig zu einer Einigung kommen können, ich kann aber noch keine verkünden. Wir haben in den letzten Tagen Gespräche gehabt, die aus unserer Perspektive sehr gut gelaufen sind. Es sind aber schlicht und ergreifend noch nicht alle Fragen geklärt, alle Details geklärt, deswegen kann ich von einer Einigung noch nicht sprechen.

Zusatzfrage: Stimmt es denn, dass der Umfang dieser Absetzbarkeit von 1,5 Milliarden Euro auf 1 Milliarde Euro gesenkt wird und dass das dann möglicherweise für die Länder ausschlaggebend sein wird, dem zuzustimmen?

Kotthaus: Es ist immer nachteilig, wenn man interne Gespräche über die Öffentlichkeit spielt; deswegen würde ich sagen, dass wir noch ein wenig warten müssen, bis wir die Einigung die hoffentlich bald kommt verkünden können.

Frage: Herr Kotthaus, wann wird dieser Zeitpunkt sein? Gehen Sie davon aus, dass das erst im Vermittlungsausschuss kommende Woche geklärt wird, oder finden vorher noch Gespräche statt?

Kotthaus: Die Gespräche dauern an, und ich kann nur sagen: So schnell wie eben möglich. Das wäre idealerweise vor dem Vermittlungsausschuss, aber ich kann Ihnen das nicht zusagen.

Frage: Ich habe eine Frage an Frau Stamer zum Endlagersuchgesetz: Die Sommerpause ist nicht mehr lange hin, und bis dahin soll es ja eine Einigung geben. Gibt es weitere Gespräche beziehungsweise Termine für Gespräche mit den Beteiligten mit den Ministerpräsidenten oder mit der Arbeitsgruppe? Ist irgendetwas terminlich schon festgelegt worden?

Stamer: Der Minister hat ja angekündigt, dass er Gespräche führen wird, mit dem Ziel, dass eine Einigung erreicht wird. Konkrete Gesprächstermine kann ich Ihnen nicht nennen.

Frage: Eine Frage an das Finanzministerium: Herr Kotthaus, die Stiftung Familienunternehmer ist offensichtlich der Ansicht, dass die Abgeordneten beim Thema ESM den Überblick verloren haben, und fordert sie auf, den ESM abzulehnen. Wenn dem so wäre: Wie können Sie denn die Abgeordneten besser aufklären?

Kotthaus: Ich glaube, die Stiftung der Familienunternehmer hat sich in den letzten Monaten nicht gerade als ein Freund der Rettungsmaßnahmen auf europäischer Ebene herausgestellt; insofern ist es nicht völlig überraschend, dass dieses Statement jetzt kommt.

Aber noch einmal: Wir sind natürlich im intensiven Dialog mit dem Bundestag. Sie können ja über alle Medien mitverfolgen, Sie können über alle Gespräche mitverfolgen, dass der ESM von allen Seiten beleuchtet, dargestellt, erklärt und vermittelt wird. Wir haben außerdem nicht nur die Bundestagsabgeordneten mit verschiedensten Materialien, mit Fragen-und-Antworten-Katalogen, mit Inhalten, mit Stellungnahmen, mit Anhörungen und Ähnlichem mehr informiert, sondern das ist vielleicht auch für Sie interessant haben auch auf einer Webseite intensive und extensive Informationen zum ESM zu den Inhalten, zu den Regelungen bereitgestellt. Insofern glaube ich schon, dass die Bundesregierung alles daran setzt aber wirklich alles , den gesamten Komplex ESM wie auch Fiskalpakt so transparent wie eben möglich zu machen. Mir fällt nicht mehr viel ein, was man noch tun kann, um die Inhalte zu vermitteln. Sie sind komplex, aber auf der anderen Seite ist der ESM in weiteren Bereichen natürlich sehr eng an der EFSF modelliert; er ist nur sehr viel effizienter und hat eine sehr viel effizientere Kapitalstruktur. Was die Instrumente selber betrifft, ist er aber sehr eng an der EFSF modelliert. Das ist also auch etwas, was schon bekannt ist. Insofern gehe ich eigentlich davon aus, dass alle Beteiligten umfassend informiert sein müssten und könnten. Wenn das nicht der Fall wäre, stünden wir sicherlich jederzeit zur Verfügung, um weitere Erklärungen zu liefern.

Frage: Ich habe noch eine Frage an Herrn Dienst: Werden die Ergebnisse der Feinausplanung der Bundeswehrreform am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz bekanntgegeben, oder wie werden Sie die bekanntgeben? Werden Sie die vielleicht gar nicht bekanntgeben? Das ist ja Dienstag fertig, soweit ich gehört habe.

Dienst: Warten Sie den Beginn der nächsten Woche ab.

Frage: Eine Frage an das Familienministerium zum Betreuungsgeld: Laut Presseberichten gibt es neue Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieses Projektes, weil der Bund nicht zuständig sei. Machen Sie sich Sorgen, dass das Gesetz im Bundestag nicht verabschiedet werden könnte oder dass ein mögliches Urteil des Bundesverfassungsgerichtes Hamburg hat wohl eine entsprechende Klage vorbereitet oder ist dabei, sie vorzubereiten das Projekt stoppen könnte?

Steegmans: Nein, wir haben keine Sorgen. Es gibt auch keine "neuen" Zweifel; es gibt, wenn überhaupt, erstmals Zweifel, weil ja jede Beurteilung unseres Gesetzentwurfes durch Externe erst stattfinden konnte, nachdem der Gesetzentwurf als solcher durch das Kabinett beschlossen wurde. Alle, die vorher irgendetwas in die Welt gesetzt haben, haben ja davon gesprochen wie die Blinden von der Farbe oder wie der Brunnenfrosch vom Ozean. Ich glaube, dass wir unsere Prüfung sehr solide schon in der Frühphase der Überlegungen durchgeführt haben. Wir haben ja auch eine ausdrückliche Würdigung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes in der Kabinettsbeschlussfassung stehen.

Ich darf einfach einmal ein paar zentrale Sätze vorlesen, die, glaube ich, für Klarheit und Wahrheit in der Sache sorgen:

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Betreuungsgeld folgt entsprechend der Gesetzgebungskompetenz für Elterngeld und Elternzeit im Bundeselterngeld- und -elternzeitgesetz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 Grundgesetz. Der Begriff der öffentlichen Fürsorge in Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 Grundgesetz ist nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre nicht beschränkt auf klassische Sozialleistungen. Zur öffentlichen Fürsorge zählen deshalb auch präventive Maßnahmen zur Förderung des Kindeswohls, das heißt, Fördermaßnahmen, bei denen auf der Grundlage einer pauschalen Betrachtungsweise von einer Hilfs- und Unterstützungsbedürftigkeit ausgegangen werden kann. Bei Familien mit kleinen Kindern ist eine entsprechende Hilfs- und Unterstützungsbedürftigkeit anzunehmen. Außerdem ist es zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse

- das ist ja ein weiterer Passus, der in dieser Frage eine große Rolle spielt

erforderlich, als flächendeckende und deshalb notwendig bundesgesetzlich zu regelnde Alternative zur Inanspruchnahme von Betreuung durch Dritte auch eine individuelle Betreuung innerhalb der Familie zu fördern und damit eine echte Wahlfreiheit für Eltern zwischen der Betreuung innerhalb der Familie und der Betreuung in öffentlichen oder privat organisierten Betreuungsangeboten zu schaffen.

Die rechtliche Würdigung ist noch viel umfangreicher, das sind aber die Kernsätze, die klar machen, dass der Bund an dieser Stelle handeln darf und komplett gesetzeskonform, verfassungskonform und auch entsprechend ständiger Rechtsprechung an dieser Stelle von seinen Möglichkeiten und Aufträgen Gebrauch macht.

Wir gehen also davon aus, dass die Einwände, die von parteipolitischer Seite aus erhoben werden, in sich zusammenfallen werden. Sie werden es trotzdem erleben, dass noch bei drei Juristen fünf Meinungen zu Markte getragen werden. Wir gehen aber davon aus, dass unsere Auffassung, die ja innerhalb der Regierung auch abgestimmt ist ich sitze hier jetzt nur durch Zufall auf dem Stuhl des Justizministeriums , am Ende tragen wird. Wir hatten ausreichend Zeit für diese rechtliche Prüfung und wir haben natürlich im ständigen Wechselspiel zwischen rechtlicher Prüfung und Erarbeitung des Gesetzes unsere Regelungsinhalte formuliert.

Im Übrigen muss man auch einmal sagen: Es gibt die reale Gefahr, dass, wenn manche versuchen, das Betreuungsgeld infrage zu stellen, dann auch die Unterstützung des Bundes für den Kita-Ausbau in ähnlicher Weise infrage steht. Daher sollte sich der eine oder andere einmal überlegen, ob er ein Interesse daran hat, dass sich der Bund aus vorgeschobenen rechtlichen Erwägungen nicht weiter am Kita-Ausbau beteiligen darf.

Frage: Herr Steegmans, ist das jetzt eine Drohung?

Steegmans: Nein, das ist eine Deskription. Nur, wer A sagt, muss auch B sagen. Und wer Kita-Ausbau sagt, muss auch Betreuungsgeld sagen.

Frage: Das möchte ich gerne noch einmal genau wissen: Kita-Ausbau und Betreuungsgeld gehören inhaltlich und funktional zusammen? Ist das eine neue Variante, weil die Verfassung jetzt neu ausgelegt wird, ein neuer Paragraph eingeführt oder das Grundgesetz erweitert wird, oder wie kommt diese Einsicht zustande, die ja offensichtlich jetzt gerade geboren worden ist?

Steegmans: Nein, diese Einsicht ist nicht geboren worden; aber, Sie haben ja schon ein bisschen Lebensalter vorzuweisen, dementsprechend waren Sie auch schon in der politischen Berichterstattung, als 2007/2008 die rechtlichen Grundlagen für den Kita-Ausbau und das KiföG gelegt wurden. Man ist damals ja bis an die Grenzen der Verfassung gegangen, um überhaupt eine Bundeszuständigkeit für Hilfen zugunsten des Kita-Ausbaus zu finden.

Zusatz: Wie jetzt auch, genau.

Steegmans: Die Erklärung, die ich Ihnen gerade vorgelesen habe, ist aber viel, viel stärker im Rahmen des gesetzlichen Fürsorgeauftrages als zum Beispiel der Weg, den man gefunden hat, um über Umsatzsteuerpunkte den Kommunen Betriebskostenzuschüsse für Kindertagesstätten zukommen zu lassen. Dementsprechend gehen wir davon aus, dass auch die Länder und Kommunen ein Interesse daran haben, dass die Rechtskonstrukte, die man damals gefunden hat, dauerhaft tragen. Wir wollen, dass der Bund an dieser Stelle seinen 2007/2008 eingegangen Verpflichtungen nachkommt. Aber natürlich muss man schauen, dass in einer solchen rechtlichen Betrachtung nicht nur das Betreuungsgeld, sondern Bundeshilfen insgesamt in den Blick genommen werden. Insofern muss man immer schauen, dass man keine unbeabsichtigten Nebenwirkungen auslöst.

Frage: Wollen oder müssen Sie diesen Verpflichtungen nachkommen?

Steegmans: Es gibt seit der Föderalismusreform sinngemäß die Rechtslage, dass der Bund nur machen kann, was er machen muss, und dementsprechend immer eine Notwendigkeit nachgewiesen wird. Diese Notwendigkeit habe ich Ihnen ja eben vorgelesen.

Frage: Noch eine Frage an das Familienministerium: Zurzeit geistert der Vorschlag herum, dass man Schlecker-Mitarbeiterinnen möglicherweise zu Erzieherinnen umschulen soll. Wie steht das Familienministerium zu dieser Überlegung?

Steegmans: Die Bundesfamilienministerin unterstützt ausdrücklich diesen Vorschlag. Sie hat auch gesagt, dass niemand in eine Umschulung gepresst werden soll. Es ist aber sehr vernünftig, wenn sich auch andere Ressorts Gedanken darüber machen, wie man mit verschiedensten Mitteln zum Erfolg des Kita-Ausbaus und auch zur Ausstattung der vorhandenen Kindertagesstätten mit genügend qualifiziertem Personal beitragen kann.

Wir dürfen in der ganzen Debatte nicht vergessen, dass am Ende jeder Umschulungsmaßnahme auch immer eine Prüfung steht. Ich war doch etwas erschüttert, als ich in einem Zeitungskommentar genauer gesagt, in einem Online-Kommentar vom heutigen Tag die menschliche und fachliche Qualifikation von Schlecker-Mitarbeiterinnen in einer Art und Weise herabgewürdigt sah, als ob die dort beschäftigten Frauen nicht in der Lage seien, auch andere Berufe auszuüben. Wir gehen davon aus, dass gerade bei den von Schlecker Beschäftigten viel menschliche Kompetenz und sehr viel Lebenserfahrung zu finden ist und dass der oder die eine oder andere dort möglicherweise froh über ein Angebot in eine Aufgabe ist, in der menschliche Qualitäten auch sehr stark gebraucht werden.

Wir gehen des Weiteren davon aus, und das hat uns auch das Bundesarbeitsministerium von Anfang an versichert wir sind ja von dieser Ideen nicht überrascht worden; die beiden Ministerinnen haben ja schon vor einigen Wochen über derartige Fragen gesprochen , dass natürlich alle qualitativen Erfordernisse beachtet werden. Das Bundesarbeitsministerium hat das auch mehrfach betont, die Ministerin hat es betont, und Herr Westhoff hat es hier schon am Montag betont. Wir reden also nicht über irgendwelche Arten und Weisen von fachlich nachrangiger Ausbildung oder Umschulung, sondern von einer Umschulung oder Ausbildung, die natürlich alle fachlichen Qualifikationen strengstens berücksichtigt. Aber es ist richtig, dass man dafür wirbt, dass der Erzieherberuf attraktiv ist, und dass man Angebote dafür macht, dass der Erzieherberuf ergriffen wird. Ich glaube, wenn Menschen eine Aufgabe suchen, für die sie gebraucht werden, dann sollte man Menschen bei der Ergreifung dieser Chance unterstützen. Das tun wir.

Frage: Ich habe noch eine kurze Nachfrage zu dem Thema, das wir vorhin zumindest schon einmal kurz angesprochen haben. Frau Kutt, Herr Friedrich hat angekündigt, dass er möglicherweise bei einer deutsche Beteiligung zum Finale fahren wird. Ist denn klar, ob es dabei in der Ukraine ein Rahmenprogramm geben wird, also Gespräche mit Oppositionellen, Regierungsvertretern oder Ähnliches?

Kutt: Das steht noch nicht fest. Er hat gesagt: Wenn Deutschland im Finale steht, dann wird er dorthin fahren - egal, wo es stattfinden wird. Das Rahmenprogramm kenne ich noch nicht.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 8. Juni 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/06/2012-06-08-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2012