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BUNDESTAG/9752: Heute im Bundestag Nr. 445 - 30.04.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 445
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 30. April 2020, Redaktionsschluss: 11.56 Uhr

1. Änderung des NetzDG
2. Kosten der Verschärfung des NetzDG
3. Ermittlungen gegen die Gruppe S.
4. Bonitätsbewertungen durch die Schufa
5. Ausschluss schwerer Unfälle
6. AfD fragt nach Korrekturbitten des BMVg


1. Änderung des NetzDG

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/MWO) Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) vorgelegt (19/18792). Eine Reihe von ergänzenden Regelungen sollen die Bekämpfung strafbarer Inhalte auf den Plattformen der erfassten Anbieter sozialer Netzwerke weiter verbessern und transparenter machen. Ferner soll die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Beschwerdeführern sowie Nutzern mit den Anbietern zukünftig vereinfacht und effektiver gemacht und die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte aufgrund rechtswidriger Inhalte erleichtert werden.

Wie es in dem Entwurf heißt, ist die Notwendigkeit der Bekämpfung strafbarer Hassrede im Internet von unveränderter Aktualität. Strafbare Hassrede könne zum Nährboden für tätliche Angriffe auf Leib und Leben von Bürgerinnen und Bürgern werden. Die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke oder die Attentate im Umfeld der Synagoge in Halle (Saale) seien hierfür besorgniserregende Anhaltspunkte. Dies gelte auch für den extremistischen Anschlag in Hanau im Februar 2020 durch einen Täter, der im Vorfeld rassistische Inhalte in sozialen Netzwerken eingestellt und verbreitet habe.

Im Einzelnen sieht der Entwurf Ergänzungen der Informationspflichten im Rahmen des Paragraf 2 NetzDG vor, um den Informationsgehalt und die Vergleichbarkeit der Transparenzberichte zu erhöhen. Ferner soll die erforderliche Nutzerfreundlichkeit der Meldewege zum Übermitteln von Beschwerden über rechtswidrige Inhalte klargestellt werden, und es soll vor dem Hintergrund der Befürchtung eines Overblocking ein Verfahren zum Umgang mit Gegenvorstellungen gegen Maßnahmen des Anbieters eines sozialen Netzwerkes sowie eine Anerkennungsmöglichkeit für eine Schlichtungsstelle für entsprechende Streitigkeiten eingeführt werden. Daneben sollen die Befugnisse des Bundesamts für Justiz um Aufsichtsbefugnisse erweitert werden.

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2. Kosten der Verschärfung des NetzDG

Recht und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/MWO) Fragen zur Verschärfung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) beantwortet die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/18619) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/18239). Wie es darin unter anderem heißt, beruht die Schätzung der Bundesregierung, dass ein Referent im höheren Dienst beim Bundesamt für Justiz für jede Meldung, mit der beanstandet wird, dass ein Inhalt in einem sozialen Netzwerk trotz Beschwerde nicht gelöscht worden ist, im Durchschnitt eine Arbeitszeit von 90 Minuten benötigt, auf den nach der Einführung des NetzDG durchschnittlichen Zeiten der Bearbeitung einer Einzelfallbeschwerde durch das Bundesamt für Justiz. Dem Bundeskriminalamt entstehe ein einmaliger Erfüllungsaufwand in Höhe von 27,5 Millionen Euro für die IT-Unterstützung zur Identifizierung der Urheber anhand der notwendigen Nutzerdaten der Anbietenden und zur Weiterleitung dieser Daten an die zuständige Staatsanwaltschaft oder das zuständige Landeskriminalamt. Für die Entwicklung und Beschaffung der dafür notwendigen technischen Tools und Lösungen seien 15 Millionen Euro und für den Aufbau der Infrastruktur 12,5 Millionen Euro geplant. Daneben fielen die Personalkosten und Sacheinzelkosten für 252 Ste llen an.

Zum Zuwachs an Staatsanwälten heißt es in der Antwort, es obliege den für die Strafverfolgung zuständigen Ländern, welches Personal sie in welchem Umfang einsetzen. In der Antwort weist die Bundesregierung darauf hin, dass die in dem Gesetzentwurf vorgeschlagenen Maßnahmen grundsätzlich keine Unterscheidung nach den politischen Zielvorstellungen der Täter vornehmen und sich gegen jede Form von Hasskriminalität richten.

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3. Ermittlungen gegen die Gruppe S.

Recht und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/MWO) Auskunft über das Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts (GBA) gegen die mutmaßlich rechtsterroristische Vereinigung"Gruppe S." um Werner S. gibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/18642) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/18061). Danach war in das vom GBA geführte Verfahren das Bundeskriminalamt zur Wahrnehmung seiner Aufgabe als Zentralstelle insbesondere zur Informationsverdichtung und -steuerung eingebunden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe die Ermittlungen im Rahmen seiner Zuständigkeit und in Wahrnehmung seiner Zentralstellenfunktion für den Verfassungsschutzverbund unterstützt. Mit der Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben auf strafprozessualem Gebiet habe der GBA das Landeskriminalamt Baden-Württemberg beauftragt. In der Antwort wird bezüglich einer Reihe von Detailfragen auf die Antwort der Bundesregierung zur Kleinen Anfrage zu Ermittlungen gegen die "Gruppe S." auf Bundestagsdrucksache 19/18305 verwiesen. Auch wegen der laufenden Ermittlungen könnten einige Fragen nicht beantwortet werden.

Der Bundesregierung liegen ihren Angaben zufolge Erkenntnisse vor, wonach einzelne Mitglieder der mutmaßlich rechtsterroristischen Vereinigung Kontakte und Verbindungen in die rechtsextremistische Szene, insbesondere zu bürgerwehrähnlichen Zusammenschlüssen, haben. Sowohl die Beschuldigten im Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der Vereinigung "Gruppe S." als auch Personen im Umfeld dieser Gruppierung hätten in den letzten Jahren an mehreren Szeneveranstaltungen in Deutschland, insbesondere Demonstrationen, Fackelmärschen und Trauermärschen für deutsche Kriegsopfer im Zweiten Weltkrieg teilgenommen. Wie es in der Antwort weiter heißt, muss eine Aufschlüsselung nach Datum, Ort und Anlass beziehungsweise Art der Veranstaltung trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht, Informationsansprüche des Bundestages zu erfüllen, aus Gründen des Staatswohls unterbleiben. Durch die Beantwortung der Frage könnten Rückschlüsse zur generellen Arbeitsweise von Nachrichtendiensten sowie auf deren Erkenntnisstand und Aufklärungsbedarf gezogen werden. Dies würde die Arbeit von Nachrichtendiensten in erheblichem Maße gefährden.

Laut GBA-Pressemitteilung soll es Ziel der Vereinigung gewesen sein, die Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu erschüttern und letztlich zu überwinden. Zu diesem Zweck sollten durch Anschläge auf Politiker, Asylsuchende und Personen muslimischen Glaubens bürgerkriegsähnliche Zustände herbeigeführt werden.

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4. Bonitätsbewertungen durch die Schufa

Recht und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/MWO) Die Bundesregierung hat keine Informationen darüber, welche Auswirkungen die Geschäftspraxis der marktdominierenden Schufa und anderer Auskunfteien auf in Armut lebende oder von Armut gefährdete Menschen hat. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/18641) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/18149) hervor. Auch lägen die Bundesregierung keine Informationen über die Gesamtzahl der gespeicherten Daten von in Deutschland lebenden Privatpersonen vor.

Wie die Bundesregierung weiter schreibt, dürfte eine Abfrage der Bonität von Verbrauchern bei Auskunfteien bei der Vergabe von Verbraucherdarlehensverträgen und beim Abschluss von Zahlungsdiensterahmenverträgen der üblichen Praxis entsprechen. Bei weiteren Verträgen könne dies ebenfalls möglich sein, insbesondere wenn es sich um Dauerschuldverhältnisse handele und der Gläubiger in Vorleistung trete. Der Bundesregierung liegen nach eigenen Angaben keine Erkenntnisse zur Anzahl der in Deutschland lebenden Personen vor, denen im Jahr 2019 eine Mietwohnung unter Bezugnahme auf die vorliegenden Schufa-Scores verwehrt wurde. Es gebe auch keine gesetzliche Meldepflicht darüber, auf welcher Grundlage und zu welchen Konditionen ein Darlehensvertrag im Einzelfall zustande kommt oder abgelehnt wird.

Weiter heißt es in der Antwort, Auskunfteien würden in Deutschland von den Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder beaufsichtigt und kontrolliert. Bürger könnten sich grundsätzlich kostenfrei bei den Datenschutzaufsichtsbehörden beschweren, falls sie den Eindruck haben, dass durch eine Auskunftei Regeln des Datenschutzes verletzt wurden, zum Beispiel bei der Scorewertberechnung. Für die Bundesregierung sei nicht erkennbar, warum Schufa-Scores gegen Artikel 12 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Schutz der Freiheitssphäre des Einzelnen) verstoßen sollen.

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5. Ausschluss schwerer Unfälle

Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit/Antwort

Berlin: (hib/LBR) Laut Bundesregierung gilt die in der Richtlinie 2014/87/Euratom geforderte Vermeidung von frühen oder großen Freisetzungen für kerntechnische Anlagen, denen erstmals nach dem 14. August 2014 eine Genehmigung zur Errichtung erteilt wurde. Das schreibt sie in einer Antwort (19/18625) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/18003).

Für alle anderen kerntechnischen Anlagen diene diese als "Referenz zur Identifizierung möglicher sicherheitstechnischer Verbesserungen." Der praktische Ausschluss von großen oder frühen Freisetzungen wurde 2012 im deutschen kerntechnischen Regelwerk umgesetzt, schreibt die Regierung. Das Konzept und methodische Vorgehen zum praktischen Ausschluss schwerer Unfälle gemäß der Veröffentlichtung der Western European Nuclear Regulators Association (WENRA) werde in an die Randbedingungen angepasster Form auch bei der Genehmigung der Aufbewahrung bestrahlter Brennelemente und radioaktiver Abfälle berücksichtigt.

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6. AfD fragt nach Korrekturbitten des BMVg

Verteidigung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AW) Die AfD-Fraktion will über Korrekturbitten des Bundesverteidigungsministeriums (BMVg) gegenüber der Presse informiert werden. In einer Kleinen Anfrage (19/18179) will sie wissen, ob und aus welchen Anlässen das Ministerium im August 2019 mit und ohne anwaltliche Hilfe um Korrekturen von Berichterstattung hat ersuchen lassen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 445 - 30. April 2020 - 11.56 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2020

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