Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/9486: Heute im Bundestag Nr. 177 - 12.02.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 177
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 12. Februar 2020, Redaktionsschluss: 16.25 Uhr

1. Aufarbeitung der Biografie Alfred Bauers
2. 23 Millionen Euro für Corona-Bekämpfung
3. Mehrheit für Schutz der EU-Symbole
4. Sozialkassenverfahren im Baugewerbe
5. Nachhaltigkeit der Rentenversicherung
6. Prüfung der Verfassungsmäßigkeit


1. Aufarbeitung der Biografie Alfred Bauers

Kultur und Medien/Ausschuss

Berlin: (hib/AW) Die neue Leitung der Internationalen Filmfestspiele Berlin will die Biografie des ersten Berlinale-Chefs Alfred Bauer und seine Verstrickung in das nationalsozialistische System aufarbeiten lassen. Dies kündigten die Berlinale-Leiter Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian am Mittwoch vor dem Kulturausschuss an. Derzeit stehe man mit drei unabhängigen Instituten für Zeitgeschichte in Gesprächen. Eine eigene Veranstaltung zur Person Bauers werde es auf der diesjährigen Berlinale nicht geben, da dies vor einer Klärung der Vorwürfe, die Ende Januar in der Wochenzeitung "Die Zeit" unter Berufung auf bislang unbekannte Dokumente erhoben wurden, keinen Sinn ergebe, führte Rissenbeek aus. Bauer, der die Berlinale von 1951 bis 1976 leitete, war offenbar ein hochrangiger Beamter in der von den Nationalsozialisten geschaffenen Reichsfilmintendanz. Bereits Ende Januar hatte die Leitung der Berlinale angekündigt, auf die diesjährige Verleihung des 1986 ins Leben gerufene Alfred-Bauer-Preises zu verzichten.

Chatrian verteidigte zudem vor dem Ausschuss die Benennung des britischen Schauspielers Jeremy Irons zum Vorsitzenden der diesjährigen Berlinale-Jury. Dieser war wegen angeblich sexistischer und homophober Äußerungen in die Kritik geraten. Irons habe die Äußerungen inzwischen bedauert, sagte Chatrian. Irons habe ihm im Gespräch versichert, dass diese Äußerungen "weder seiner Denkweise noch seiner Haltung" entsprechen würden.

*

2. 23 Millionen Euro für Corona-Bekämpfung

Haushalt/Ausschuss

Berlin: (hib/SCR) Die Bundesregierung will bis zu 23 Millionen Euro zusätzlich zur Bekämpfung des Corona-Virus aufwenden. Vertreter der Bundesministerien für Gesundheit (BMG) und für Finanzen (BMF) unterrichteten am Mittwochnachmittag die Mitglieder des Haushaltsausschusses über eine entsprechende außerplanmäßige Ausgabe. Laut Vorlage des BMF sollen die Mittel für vier Schwerpunktbereiche, darunter "Nationale Bekämpfung des Ausbreitung des Virus" und "Maßnahmen bei der Entwicklung von Impfstoffen und Therapeutika", genutzt werden.

Der Vertreter des BMG berichtete in der Sitzung über die aktuelle Situation hinsichtlich der Ausbreitung des Virus weltweit sowie in Deutschland. Zudem umriss er die wesentlichen Maßnahmen in den Schwerpunktbereichen und erläuterte den bilateralen Austausch mit China und die internationale Zusammenarbeit. Der Ministeriums-Vertreter wies zudem darauf hin, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen Bedarf von mehr als 600 Millionen Euro insbesondere zur Unterstützung der Gesundheitssysteme schwächerer Staaten angemeldet habe, um das Virus zu bekämpfen. Der sich daraus für Deutschland ergebende finanzielle Aufwand ließe sich noch nicht schätzen, sagte der BMG-Vertreter.

In der Aussprache betonten die Abgeordneten fraktionsübergreifend, dass die geplante außerplanmäßige Ausgabe sinnvoll sei. Eine Vertreterin der AfD-Fraktion forderte, angesichts der Unklarheiten über Ausbreitung, Mortalitätsrate und Verfügbarkeit eines Impfstoffes sollten die Vorsichtsmaßnahmen "sehr ausgeprägt" sein.

Ein Vertreter der Unions-Fraktion sprach dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und dem Ministerium Dank aus. Deren Reaktion sie "professionell und gelassen" gewesen.

Eine Vertreterin der SPD-Fraktion thematisierte die Entwicklung eines Impfstoffes. Daran schlossen Fragen einer Vertreterin der Fraktion Die Linke an, die um eine schriftliche Unterrichtung zur aktuellen Forschung und internationalen Kooperation bat.

Ein Vertreter der FDP-Fraktion sagte, der Vorfall zeige, wie wichtig das deutsche Engagement im Bereich internationale Gesundheit sei. Er forderte zudem, die Bundesregierung müsse ihre ankündigte Globale Gesundheitsstrategie zeitnah vorlegen.

Eine Vertreterin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie ein weiterer Vertreter der Unions-Fraktion thematisierten den Umgang mit Taiwan im Zuge der Ausbreitung des Virus. Sie warnten davor, Taiwan im Rahmen des Monitoring als "Weißen Flecken" zu behandeln.

*

3. Mehrheit für Schutz der EU-Symbole

Recht und Verbraucherschutz/Anhörung

Berlin: (hib/MWO) Auf ein unterschiedliches Echo der Sachverständigen traf ein Gesetzentwurf des Bundesrats zum besseren Schutz der Symbole der Europäischen Union und ausländischer Flaggen. Während die meisten Experten in der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses am Mittwoch eine Schutzwürdigkeit bejahten, aber durchaus auch Nachbesserungsbedarf sahen, äußerten mehrere Sachverständige erhebliche Bedenken gegen die Vorlage.

Der Gesetzentwurf (19/14378) sieht im Strafgesetzbuch (StGB) die Einführung eines Paragrafen 90c vor, der die Verunglimpfung der Flagge der EU und ihrer Symbole unter Strafe stellt. Der Strafrahmen der neuen Vorschrift soll sich an Paragraf 90a orientieren und bei Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe liegen. Vor dem Hintergrund der besonderen Bedeutung der EU für die Bundesrepublik bestehe gesetzgeberischer Handlungsbedarf, heißt es in dem Entwurf. Gegenstand der Anhörung war auch ein als Ausschussdrucksache (19(6)109) vorliegender Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zu dem Gesetzentwurf, nach dem auch ausländische Flaggen durch Änderungen des Paragrafen 104 besser geschützt werden sollen. Bestraft werden soll demnach, wer öffentlich die Flagge eines ausländischen Staates zerstört oder beschädigt.

Jörg Eisele von der Eberhard Karls Universität Tübingen erklärte, hinsichtlich der Verunglimpfung der Flagge und der Hymne der EU bestehe eine Schutzlücke, da Paragraf 104 nur Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten, nicht aber der EU schütze. Sie werde auch nicht über die Vorschrift des Paragrafen 90a erfasst, der nur die Bundesrepublik Deutschland und ihre Symbole schütze. Das Verbrennen einer Flagge eines ausländischen Staates im Rahmen von Kundgebungen werde bislang nicht erfasst. Eisele machte wie auch weitere Sachverständige eine Reihe von Änderungsvorschlägen.

Martin Heger von der Humboldt-Universität zu Berlin erklärte, der vorgeschlagene Paragraf 90c erscheine ihm nicht problematisch, wenngleich das praktische Bedürfnis nicht allzu groß sein dürfte. Auch die vorgeschlagene Einfügung in Paragraf 104 lasse sich durchaus rechtfertigen Er schlug unter anderem vor, die Erfassung auch ähnlicher Flaggen klarzustellen und Tathandlungen auf tatsächlich strafwürdige Fälle zu begrenzen.

Diethelm Klesczewski von der Universität Leipzig sprach sich wie auch die Berliner Rechtsanwältin Nadja Samour gegen den Gesetzentwurf aus. Klesczewski bestätigte zwar wie seine Vorredner die Schutzwürdigkeit der EU-Symbole, sieht hier aber eine Ausweitung des Strafrechts als nicht notwendig an. Es handele sich bei Verunglimpfungen um den typischen Anwendungsbereich des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG). So könnte der Paragraf 124 des OWiG ergänzt werden. Dies treffe sowohl auf die Vorschläge zu Paragraf 90 als auch zu Paragraf 104 zu.

Samour sagte, der Gesetzesentwurf sei abzulehnen, weil damit dem Ultima-Ratio-Prinzip des Strafrechts nicht genüge getan werde. Gleichzeitig werde der Grundrechtsschutz gefährdet. Es möge zwar sein, dass mit der Einführung von Paragraf 90c der Verrohung des politischen Diskurses entgegnet werden könnte. Andererseits sei davor zu warnen, dass illiberalen Kräften Instrumente zur Hand gereicht werden, mit denen sie politische Gegner verfolgen könnten. Das zu schützende Rechtsgut müsse demnach mit widerstreitenden Grundrechten wie der Meinungsäußerungs-, der Kunst-, oder der Versammlungsfreiheit im Einzelfall abgewogen werden.

Thomas Weigend von der Universität zu Köln sprach sich ebenfalls für eine Regelung als Ordnungswidrigkeit aus. Legitimer Kern der angestrebten Gesetzesänderung sei der Wunsch, gegen das Zerstören und Beschädigen sowie andere beschimpfende Behandlung der Europaflagge in der Öffentlichkeit rechtlich vorgehen zu können. Bei einer Einstufung als Ordnungswidrigkeiten könnte die Polizei zur Verhinderung der Taten präventiv eingreifen, und die gesetzliche Androhung von Geldbußen hätte abschreckende Wirkung.

Einhellig begrüßt wurde der Entwurf von den beiden eingeladenen Vertretern der Anklagebehörde. Oberstaatsanwalt Andreas Franck von der Staatsanwaltschaft München I erklärte, die gegenwärtige Gesetzeslage weise einen Wertungswiderspruch auf. Während die Symbole der Bundesrepublik Deutschland und ausländischer Staaten strafrechtlich geschützt seien, gelte dies nicht für Symbole der EU. Auch gemessen am Schutzzweck von Paragraf 104 bestehe nach geltender Gesetzeslage eine Strafbarkeitslücke.

Auch Kai Lohse, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof, hatte keine Einwände gegen den Entwurf. Der strafrechtliche Schutz der Symbole der EU sei gerechtfertigt. Eine hinreichende Beachtung der Grundrechte im Einzelfall sei sichergestellt. Absehbar werde dies vielfach im Ergebnis zur Straffreiheit führen. Bezüglich Paragraf 104 erklärte Lohse, eine Strafandrohung sei auch mit Blick auf die Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes gerechtfertigt.

*

4. Sozialkassenverfahren im Baugewerbe

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die AfD-Fraktion verlangt in einem Antrag (19/16989) die Aufhebung der Sozialkassenverfahrensicherungsgesetze (SokaSiG; SokaSiG2) im Baugewerbe. Seit Gründung der "Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft" (ULAK) vor 70 Jahren und der "Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes AG" (ZVK) vor mehr als 60 Jahren hätten sich die Arbeitsbedingungen derart gewandelt, dass ein ganzjähriges Arbeiten in den betreffenden Branchen möglich und üblich sei. Somit würden Aufrechnungsansprüche der Vertragsparteien nicht mehr gehäuft vorkommen. Zwangsabgaben der Unternehmen seien also nicht mehr gerechtfertigt, schreibt die Fraktion. Neben der Aufhebung der Gesetze verlangt die AfD außerdem, die ULAK und die ZVK anzuweisen, bestehende Forderungen der beitragenden Unternehmen ihnen gegenüber und etwaige Überschüsse an ebendiese rückzuerstatten beziehungsweise abzutreten.

*

5. Nachhaltigkeit der Rentenversicherung

Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/CHE) Die Bundesregierung verteidigt in ihrer Antwort (19/16954) auf eine Große Anfrage (19/12500) der FDP-Fraktion die rentenpolitischen Maßnahmen der vergangenen Jahre. So habe der Gesetzgeber mit dem RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz festgelegt, dass der Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung die Marke von 20 Prozent bis zum Jahr 2025 nicht überschreite und die Marke von 18,6 Prozent nicht unterschreite. Damit seien die bisherigen Ziele für den Beitragssatz und das Sicherungsniveau für die Zeit bis 2025 angepasst, verbessert und in rechtliche Ansprüche verwandelt worden.

Denn bisher sollte nur bis 2020 ein Beitragssatz von 20 Prozent und ein Sicherungsniveau von 46 Prozent erreicht werden. Durch die Umwandlung dieser Ziele in eine gesetzliche Beitragssatzgarantie und eine Niveauschutzklausel bis zum Jahr 2025 werde erreicht, dass die Interessen der Rentner als auch der Beitragszahler sowie der Steuerzahler angemessen berücksichtigt werden, betont die Bundesregierung.

*

6. Prüfung der Verfassungsmäßigkeit

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) prüfen alle Gesetzentwürfe der Bundesregierung auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/17026) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/16601) hervor.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 177 - 12. Februar 2020 - 16.25 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2020

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang