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BUNDESTAG/8512: Heute im Bundestag Nr. 655 - 05.06.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 655
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 5. Juni 2019, Redaktionsschluss: 16.18 Uhr

1. Plädoyer für mehr Frauen in Leitungsjobs
2. Zahlen zu Nigerianern in Deutschland
3. Zahl offener Haftbefehle
4. Christenfeindlich motivierte Straftaten
5. Antisemitische Straftaten
6. Bundesrat zu Einbürgerung bei Polygamie
7. Bundesrat will umfassende Kostenangaben


1. Plädoyer für mehr Frauen in Leitungsjobs

Gesundheit/Anhörung

Berlin: (hib/PK) Gesundheits- und Sozialexperten befürworten grundsätzlich einen höheren Frauenanteil in Führungspositionen der Selbstverwaltung. Allerdings werden verbindliche Frauenquoten teilweise kritisch gesehen, wie eine Anhörung am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages ergab. Mehrere Sachverständige sprachen sich in der Anhörung wie auch in schriftlichen Stellungnahmen dafür aus, mit einer Reorganisation von Abläufen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern.

In der Expertenanhörung ging es konkret um einen Antrag (19/4855) der Grünen-Fraktion mit der Forderung von verbindlichen Vorgaben für die Besetzung von Spitzenfunktionen im Gesundheitswesen. Frauen seien in Führungspositionen der Krankenkassen und ihrer Verbände, den Organisationen der Ärzte- und Zahnärzteschaft sowie weiteren Organisationen der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen stark unterrepräsentiert. Dies stehe im Gegensatz zum hohen Frauenanteil bei den Beschäftigten im Gesundheitswesen.

Die Abgeordneten fordern eine angemessene Repräsentanz in den Verwaltungsräten der gesetzlichen Krankenkassen und den Vertreterversammlungen der Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen sowie den Spitzenverbänden der Selbstverwaltungskörperschaften auf Bundesebene.

Die Einzelsachverständige Antje Kapinsky erklärte, es bestehe dringender Handlungsbedarf. In Krankenhäusern und Arztpraxen, bei Krankenkassen und Institutionen, seien Frauen zahlenmäßig stark vertreten, jedoch würden Führungspositionen in den Organisationen und Gremien des Gesundheitswesens überwiegend von Männern besetzt. In wissenschaftlichen Studien werde der Zusammenhang zwischen dem Frauenanteil in entscheidenden Positionen und den medizinischen Entscheidungen klar belegt. Eine stärkere Beteiligung von Frauen führe zu signifikant besseren Ergebnissen.

Der Arbeitgeberverband BDA erklärte, ein möglichst repräsentatives Verhältnis von Frauen und Männern in der Selbstverwaltung sei wünschenswert, sollte aber nicht durch eine Quote erzwungen werden, zumal die Zulässigkeit von Quoten bei Wahlen verfassungsrechtlich umstritten sei. Für einen höheren Anteil von Frauen in der sozialen Selbstverwaltung wäre es hingegen hilfreich, die Wählbarkeitsvoraussetzungen zu lockern und die Entscheidungsspielräume zu stärken. Zudem sollte darauf hingewirkt werden, dass die mit den Posten verbundene Gremienarbeit auch neben Beruf und Familie möglich sei und Frauen nicht überfordere.

Auch der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hält es für wesentlich, eine hinreichende Vereinbarkeit der beruflichen oder ehrenamtlichen Anforderungen mit parallel bestehenden Erziehungs- und Betreuungspflichten sicherzustellen. Dies gelte auch für die Gewinnung von weiblichen Führungskräften und Vorständen und zweiten Führungsebenen der Krankenkassen. So verfolge der GKV-Spitzenverband mit seinem Gleichstellungsplan das Ziel, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern.

Nach Angaben der Gewerkschaft verdi wird der Frauenanteil in den Selbstverwaltungsgremien durch die Zusammensetzung konkurrierender Listen entscheidend beeinflusst. Wenn eine Liste mit Frauenquote aufgestellt sei, könne der Wahlerfolg anderer, männerdominierter Listen im Ergebnis dazu führen, dass Frauen unterrepräsentiert sind. So falle auf, dass die Arbeitgeber überwiegend männliche Repräsentanten in die gemeinsam selbstverwalteten Gremien entsenden.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) geht davon aus, dass sich der Anteil der Ärztinnen weiter erhöhen wird und dies dazu führt, dass sich auch mehr Frauen berufspolitisch engagieren und in den Führungspositionen des Gesundheitswesens vertreten sein werden. Um Frauen den Weg dorthin zu ebnen, müssten jedoch die Rahmenbedingungen stimmen mit der Vereinbarkeit von familiären und beruflichen Verpflichtungen. Eine starre Quote könnte Frauen als Makel anhängen.

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2. Zahlen zu Nigerianern in Deutschland

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) In Deutschland sind laut Bundesregierung Mitte vergangenen Jahres 15.296 nigerianische Staatsangehörige einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen. Wie aus der Antwort der Bundesregierung (19/10465) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/9198) weiter hervorgeht, lag die Zahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter mit nigerianischer Staatsangehörigkeit Mitte des Jahres 2014 noch bei 6.944 und stieg über 8.019 Mitte des Jahres 2015 und 10.192 Mitte des Jahres 2016 auf 13.111 Mitte des Jahres 2017.

Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhielten Ende 2014 laut Vorlage 8.101 und Ende des Folgejahres 16.194. Ende 2016 waren es der Antwort zufolge 21.870 und zwölf Monate später 22.780. Entsprechende Zahlen für das vergangenen Jahr liegen laut Bundesregierung noch nicht vor.

Die Zahl der Asylanträge nigerianischer Staatsangehöriger betrug den Angaben zufolge 3.989 im Jahr 2014, 5.302 im Jahr 2015 und 12.916 im Jahr 2016. Im Jahr 2017 lag sie danach bei 8.261 und im vergangenen Jahr bei 11.073. Die Zahl der "aufhältigen Ausreisepflichtigen" belief sich laut Vorlage Ende 2014 auf 2.420, Ende 2015 auf 2.897 und Ende 2016 auf 2.937. Ende 2017 betrug sie der Antwort zufolge 6.540 und Ende vergangenen Jahres 9.641.

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3. Zahl offener Haftbefehle

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Im Polizeilichen Informationssystem (Inpol-Z) beziehungsweise im Schengener Informationssystem (SIS II) sind zum Stichtag 28. März 2019 laut Bundesregierung 5.980 offene Haftbefehle zu Personen mit politisch motiviertem Hintergrund ausgeschrieben gewesen. Davon entfielen 657 auf die politisch rechts motivierte Kriminalität und 141 auf die politisch links motivierte Kriminalität, wie aus der Antwort der Bundesregierung (19/10482) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/9312) weiter hervorgeht. Dem Phänomenbereich "politisch motivierte Kriminalität - ausländische Ideologie" wurden danach 225 der Haftbefehle zugeordnet und dem Phänomenbereich "politisch motivierte Kriminalität - religiöse Ideologie" 4.503. 19 Haftbefehle entfielen den Angaben zufolge auf "Spionage/Proliferation/Landesverrat" und 435 dem Phänomenbereich "politisch motivierte Kriminalität - nicht zuzuordnen".

Bei dem dem jeweiligen Haftbefehl zugrunde liegenden Delikt handelt es sich laut Vorlage nicht zwingend um eine politisch motivierte Straftat. "Die Zuordnung der jeweiligen Person zu einem (Phänomen-)Bereich der PMK erfolgt durch die datenbesitzende Stelle unter Berücksichtigung der dort vorliegenden Erkenntnisse", heißt es dazu in der Antwort weiter.

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4. Christenfeindlich motivierte Straftaten

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Zahl christenfeindlich motivierter Straftaten seit dem Jahr 2017 ist ein Thema der Antwort der Bundesregierung (19/10483) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/9644). Dazu wurden der Vorlage zufolge die Jahresfallzahlen aus den Jahren 2017 und 2018 verwendet und für das Jahr 2019 in der BKA-Fallzahlendatei "Lageauswertung Politisch motivierte Straftaten" (Lapos) das Themenfeld "Christenfeindlich" mit Stand vom 25. April 2019 abgefragt. "Bezüglich des Themenfeldes ergibt sich daraus eine Anzahl von 265 Straftaten", schreibt die Bundesregierung weiter. Mehrfachnennungen seien möglich.

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5. Antisemitische Straftaten

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Im ersten Quartal 2019 sind in Deutschland drei Menschen infolge politisch motivierter Straftaten mit antisemitischem Hintergrund verletzt worden. Alle drei Taten wurden dem Phänomenbereich der politisch rechts motivierten Kriminalität zugeordnet, wie aus der Antwort der Bundesregierung (19/10402) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/9874) weiter hervorgeht.

Danach wurden von Anfang Januar bis Ende März dieses Jahres insgesamt 223 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund gemeldet, darunter acht Gewalttaten. Zu diesen 223 Straftaten wurden der Antwort zufolge insgesamt 89 Tatverdächtige ermittelt. Laut Vorlage werden sich die genannten Zahlen "aufgrund von Nachmeldungen und Korrekturen noch (teilweise erheblich) verändern".

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6. Bundesrat zu Einbürgerung bei Polygamie

Inneres und Heimat/Unterrichtung

Berlin: (hib/STO) Mit mehr als einer Person verheiratete Ausländer sollen nach dem Willen des Bundesrates vom Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft ausgeschlossen werden. Dies geht aus der als Unterrichtung durch die Bundesregierung (19/10518) vorliegenden Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf eines "Dritten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgsetzes" (19/9736) hervor.

Darin schreibt der Bundesrat, dass der über die Einbürgerung bewirkte Zugang zum Staatsvolk "bestimmte Anforderungen an die Identifikation mit dem bestehenden Gemeinwesen" aufstelle, die nicht erfüllt seien, "wenn der Einbürgerungsbewerber mit einem weiteren oder mehreren Ehegatten verheiratet ist". Der Grundsatz der Einehe sei in Deutschland verfassungs- und strafrechtlich verankert. Dies gebiete dessen Beachtung durch einen Einbürgerungsbewerber und hindere "den Anspruch auf Einbürgerung daher auch dann, wenn die Doppelehe im Ausland wirksam geschlossen worden ist und auch nicht gegen deutsches Strafrecht verstößt".

In ihrer ebenfalls in der Unterrichtung enthaltenen Gegenäußerung sagt die Bundesregierung zu, den Vorschlag des Bundesrates im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen. Ferner führt die Bundesregierung aus, die Auffassung des Bundesrates zu teilen, "dass aufgrund des verfassungs- und strafrechtlich besonders geschützten Grundsatzes der Einehe eine Aufnahme in den deutschen Staatsverband ausgeschlossen sein muss, wenn der Einbürgerungsbewerber polygam in einer Viel- oder Mehrehe lebt".

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7. Bundesrat will umfassende Kostenangaben

Inneres und Heimat/Unterrichtung

Berlin: (hib/STO) Als Unterrichtung durch die Bundesregierung (19/10506) liegt die Stellungnahme des Bundesrates zu dem Regierungsentwurfs "eines Zweiten Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht" (19/10047) vor. Darin dringt der Bundesrat unter anderem darauf, "im weiteren Gesetzgebungsverfahren die den Ländern und Kommunen entstehenden Kosten umfassend darzulegen". Zur Begründung verweist er darauf, dass die Konkretisierung und Ergänzung fehlender Angaben zum Erfüllungsaufwand der Verwaltung laut Gesetzentwurf durch Nacherfassung bis Ende August 2019 erfolgen und dem Normenkontrollrat (NKR) übermittelt werden solle. Dies sei aus Sicht der Länder nicht ausreichend.

Dagegen schreibt die Bundesregierung in ihrer ebenfalls in der Unterrichtung enthaltenen Gegenäußerung, dass sie an der avisierten Konkretisierung und Ergänzung von Angaben zum Erfüllungsaufwand der Verwaltung durch Nacherfassung bis Ende August 2019 festhalten wolle. Damit stünden die Angaben "in zeitlichem Zusammenhang mit dem zu erwartenden Inkrafttreten des Gesetzes zur Verfügung".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 655 - 5. Juni 2019 - 16.18 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
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Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juni 2019

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