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BUNDESTAG/8179: Heute im Bundestag Nr. 314 - 22.03.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 314
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 22. März 2019, Redaktionsschluss: 09.37 Uhr

1. Prüfer: Keine Aussage über Schaden
2. Bericht über BKA-Bewertung Amris
3. Schärfere Grenzwerte bleiben bestehen
4. Keine Einwände gegen Prospektverordnung


1. Prüfer: Keine Aussage über Schaden

Verteidigung/Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/fla) Der Bundesrechnungshof hat zwar massive Verstöße der Bundeswehr beim Abschluss von teils millionenschweren Verträgen mit externen Unternehmen festgestellt. Es sei "davon auszugehen, dass vermeidbare Mehrausgaben entstanden sind", sagte die Prüf-Verantwortliche Thea Dilger. Doch über den tatsächlichen wirtschaftlichen Schaden für den Steuerzahler könne sie "keine Aussage treffen", meinte sie gestern (21. März 2019) in einer Sitzung des Verteidigungs-Untersuchungsausschusses unter der Leitung von Wolfgang Hellmich (SPD). Schließlich sei im Nachhinein kaum feststellbar, welche Preise bei einer korrekten Vergabe zustande gekommen wären oder ob die Bundeswehr mit eigenen Kräften die Aufgaben hätte erledigen können.

Ihr Kollege Helmut Peters, der speziell Verträge im IT-Bereich unter die Lupe genommen hatte, nannte aber für einen Fall eine Schadenssumme von einer Million Euro. Es ging um einen Rahmenvertrag mit der Firma S. mit einem Volumen von knapp 20 Millionen Euro. Das Unternehmen selbst habe keinerlei Leistung erbracht, sondern nur Unterauftragsnehmer eingesetzt. Auf deren Forderung sattelte es einen Aufschlag drauf, bevor sie die Rechnung an die Bundeswehr schickte. Die hätte nach Peters Darstellung freilich gleich mit den Subunternehmen Verträge schließen können.

Ob in solche Fälle Vetternwirtschaft hineinspielen könnte, dazu gab es in öffentlicher Sitzung keine Auskünfte. Peters verwies allerdings auf eine anonyme Eingabe vom Januar 2018 mit Erkenntnissen aus Cyber-Projekten. Darin sei auch auf Personenbeziehungen verwiesen worden. Doch sei der Bundesrechnungshof nun mal keine Staatsanwaltschaft. Er habe die Eingabe an das Verteidigungsministerium weitergeleitet, das dann selbst ermitteln oder Strafverfolgungsbehörden einschalten könne.

Dilger stellte dar, dass der Bundesrechnungshof weit höhere Fehlerquoten bei Verträgen mit Externen aufgedeckt habe als das Verteidigungsministerium dann eingeräumt habe. So habe die Bundeswehr zugestanden, dass bei 55 Prozent der Vergaben für Beratung und Unterstützung an Externe keine Bedarfsprüfung dokumentiert sei. Der Rechnungshof kam auf 80 Prozent. Bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung stehen sich 98 Prozent gegen 75 Prozent gegenüber. Wobei der Rechnungshof die Quoten der Bundeswehr akzeptiert habe. Die Summe der zugegebenen Fehler sei so schon "unvorstellbar groß", dass sich ein Streit über die Prozentzahl nicht lohne, machte Dilger klar. Auch im Vergleich mit anderen Prüfungen des Bundesrechnungshofs sei die Quote "auffällig hoch".

Der Bundesrechnungshof beurteilte nur, ob aus den Akten hervorging, dass die vor einer Vergabe vorgeschriebenen notwendigen Prüfungen wie eben der Bedarf auch durchgeführt wurden. Dilger geht davon aus, dass die Wirtschaftlichkeitsprüfungen überwiegend tatsächlich nicht stattfanden. Dabei gehe es vor allem um die Frage, ob die Bundeswehr die fraglichen Aufgaben nicht ganz oder teilweise mit eigenen Kräften habe erledigen können. Dies zu beurteilen, sei außerordentlich komplex. Das könne einer nicht einfach im Kopf ermittelt haben.

Sie mochte auch die Begründung nicht gelten lassen, ein Vertrag sei freihändig vergeben worden, weil sich die Zusammenarbeit mit einem Unternehmen bereits bewährt habe, oder weil Zeitdruck herrsche gebe, oder weil nur diese eine Firma die Leistungen erbringen könne. Mindestens hätten dann noch Angebote von drei weiteren Firmen eingeholt werden müssen. Dass kein Wettbewerb stattgefunden habe, sei nicht zu rechtfertigen.

Ob die Fehler vorsätzlich oder aus Unkenntnis gemacht worden seien, mochte sie nicht beurteilen. "Das steht ja nicht in den Akten." Ob bestimmte Firmen bevorzugt wurden, sei nicht zu erkennen gewesen. Warum überhaupt die Vorgaben nicht eingehalten wurden, konnte sie sich nicht erklären: "Es gibt keinen Grund, der sich aufgedrängt hat."

Dilger kritisierte, dass es im Ministerium keine aktuelle Aufstellung über Aufträge an Externe gegeben habe. Der Überblick sei zum einen sinnvoll, weil in diesen Fällen ja immer Steuergelder ausgegeben werden. Zum anderen würden Auffälligkeiten bei Korruption oder anderen Unregelmäßigkeiten eher deutlich.

Von den Prüfungen erhofft sich Dilger, dass "künftig Vergaberecht und Bundeshaushaltsordnung eingehalten wird".

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2. Bericht über BKA-Bewertung Amris

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Das Bundeskriminalamt (BKA) hat im Februar 2016 drei "explizite Gefährdungsbewertungen" zur Person des späteren Breitscheidplatz-Attentäters Anis Amri abgegeben und dabei die Bedrohungsprognose geringfügig nach oben korrigiert. Dies berichtete der damals zuständige Kriminaldirektor Martin Kurzhals am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz"). Der heute 47-jährige Referatsleiter im BKA vertrat von 2014 bis Mitte 2018 seine Behörde im Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) der deutschen Polizeien und Nachrichtendienste. Er moderierte in dieser Funktion zwischen Anfang Februar und Juni 2016 sechs Besprechungen, in denen der Fall Amris erörtert wurde.

Der gebürtige Tunesier kam erstmals am 4. Februar 2016 im GTAZ zur Sprache. Damals war die Rede von Anschlägen mit Schnellfeuerwaffen, die Amri angeblich plante. Entsprechende Erkenntnisse, die das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt (LKA) durch einen Informanten gewonnen hatte, hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz am 26. Januar ohne Nennung der Quelle in einem "Behördenzeugnis" für die Berliner Polizei verarbeitet. Der Februar 2016 sei in seiner Erinnerung ein Wendemoment in der Bewertung Amris durch deutsche Sicherheitsbehörden gewesen, sagte Kurzhals: "Im Februar 2016 war Amri am nächsten an einer Anschlagsvorbereitung. Nach Februar war die Brisanz der Lage ein Stück weit abgeebbt." So sei es zumindest erschienen.

In der ersten seiner drei Gefährdungsbewertungen setzte das BKA Amri damals auf Rang sieben in einem achtstufigen polizeilichen Prognosemodell. Das bedeutete, dass ein unmittelbar bevorstehender, durch ihn verursachter Schadensfall "eher auszuschließen" war. In der zweiten Bewertung stieg Amri in die Stufe fünf auf, womit ein von ihm ausgehender Schaden als "eher unwahrscheinlich" galt. Bei dieser Beurteilung blieb das BKA auch in seinem dritten Amri-Gutachten.

Auf Stufe eins der Skala ist mit dem Eintritt eines Schadensereignisses "zu rechnen", auf Stufe zwei "mit hoher Wahrscheinlichkeit zu rechnen", auf Stufe acht ist er "auszuschließen". Als Beispiel für einen Gefährder der Stufe zwei nannte Kurzhals den syrischen Flüchtling Dschaber al-Bakr, der unmittelbar vor der Ausführung seines geplanten Sprengstoffanschlags auf den Berliner Flughafen stand, als er im Oktober 2016 in Chemnitz festgenommen wurde. Amris Höherstufung auf Rang fünf habe durchaus bedeutet, dass er als Gefährder "ernstzunehmen" gewesen sei, betonte der Zeuge.

Das Behördenzeugnis über Amri habe der Verfassungsschutz auf Bitten des nordrhein-westfälischen LKA gefertigt, um dessen V-Mann in der Islamistenszene vor den Kollegen des Berliner LKA zu verschleiern, sagte Kurzhals. Dieser Sachverhalt sei aber damals schon damals kein Geheimnis gewesen. Er selbst habe bei der Vorbereitung der GTAZ-Besprechung am 4. Februar im Vertrauen davon erfahren.

Kurzhals erinnerte an die Zeitumstände des Jahres 2016, das von einer verschiedene Länder erfassenden Welle des radikalislamischen Terrorismus geprägt gewesen sei. Im Januar ereignete sich der Anschlag auf Touristen in Istanbul, in März fanden die Attentate in Brüssel statt, im Juli kam es zum ersten Massenmord mit einem Schwerlaster in Nizza. Deutschland erlebte im Januar eine Messerattacke auf dem Hannoveraner Bahnhof, im April den Anschlag auf einen Sikh-Tempel, im Juli einen Axtüberfall in einem Nahverkehrszug und einen Sprengstoffanschlag in Ansbach, schließlich im Dezember das Attentat Amris in Berlin.

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3. Schärfere Grenzwerte bleiben bestehen

Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit/Verordnung

Berlin: (hib/HLE) Die teilweise über die Anforderungen des europäischen Rechts hinausgehenden nationalen Anforderungen insbesondere aus der technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft und der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen sowie weitere Verordnungen im Rahmen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes werden beibehalten. "Bereits rechtlich festgelegte Anforderungen und Grenzwerte für den Betrieb von mittelgroßen Feuerungsanlagen werden somit auch im Sinne des Normadressaten nicht abgeschwächt", heißt es in der von der Bundesregierung vorgelegten Verordnung zur Einführung der Verordnung über mittelgroße Feuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen sowie zur Änderung der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (19/8459). Nach Angaben der Bundesregierung sehen die Richtlinie und in der Folge auch die Verordnung für Deutschland nationale Emissionsgrenzwerte für die Luftschadstoffe Schwefeldioxid, Stickstoffoxide und Gesamtstaub vor, die direkt beziehungsweise ab den Jahren 2025 oder 2030 gelten sollen.

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4. Keine Einwände gegen Prospektverordnung

Finanzen/Unterrichtung

Berlin: (hib/HLE) Der Bundesrat hat am 15. März 2019 beschlossen, gegen den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen (19/8005) keine Einwendungen zu erheben. Dies teilt die Bundesregierung in einer Unterrichtung (19/8617) mit.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 314 - 22. März 2019 - 09.37 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2019

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