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BUNDESTAG/7770: Heute im Bundestag Nr. 922 - 28.11.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 922
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 28. November 2018, Redaktionsschluss: 11.47 Uhr

1. AfD-Antrag zur Kriminalstatistik abgelehnt
2. Häufige Lieferengpässe bei Arzneimitteln
3. Kein Bedarf für Recht auf Reparatur
4. Zukunft der Forschungsgemeinschaft
5. Keine Angaben zum Auslands-Unterhalt
6. Bestandsaufnahme der Finanzregulierung


1. AfD-Antrag zur Kriminalstatistik abgelehnt

Inneres und Heimat/Ausschuss

Berlin: (hib/STO) Die AfD-Fraktion ist im Innenausschuss mit einem Vorstoß zur "Erfassung von Straftaten unter Zuhilfenahme des Tatmittels Messer in der Polizeilichen Kriminalstatistik" gescheitert. Mit den Stimmen aller anderen Fraktionen lehnte das Gremium einen entsprechenden Antrag (19/2731) am Mittwochvormittag ab.

In der Vorlage wird die Bundesregierung aufgefordert, die Richtlinien für die Führung der Polizeilichen Kriminalstatistik "dahingehend zu erweitern, dass die Verwendung des Tatmittels Messer analog zum Gebrauch von Schusswaffen erfasst wird". Eine flächendeckende Erfassung von Straftaten, die unter Zuhilfenahme eines Messers durchgeführt werden, sei "angesichts neuer Herausforderungen, vor denen der deutsche Staat steht, dringend geboten". Nur ein umfassender Überblick über die aktuelle Kriminalitätssituation ermögliche es, präventive Maßnahmen wirkungsvoll zu implementieren.

In der Ausschusssitzung hob die AfD-Fraktion hervor, dass seit 2014 eine Zunahme von Messerdelikten zu verzeichnen sei. Es gebe aber keine bundeseinheitliche Erfassung solcher Straftaten.

Die CDU/CSU-Fraktion verwies darauf, dass die Innenministerkonferenz (IMK) bereits über das Thema debattiere und die Problematik längst erfasst sei. Einen Antrag im Bundestag brauche es dazu nicht.

Die SPD-Fraktion betonte, dass die Innenminister als zuständige Fachleute in dieser Frage bereits auf einem guten Weg seien. Hier müsse sich der Bundestag nicht einmischen.

Die FDP-Fraktion bewertete die statistische Erfassung als grundsätzlich sinnvoll, sah aber angesichts der Befassung der IMK mit dem Thema keinen Bedarf für den AfD-Antrag.

Die Fraktion Die Linke hielt der AfD vor, dass es ihr mit dem Antrag um eine Grundlage für das "Schreckgespenst der Messermigration" gehe.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisierte, der Antrag suggeriere fälschlicherweise, dass der Bundestag einfach über die Polizeiliche Kriminalstatistik entscheiden könne.

Ein Vertreter des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat befürwortete eine Aufnahme der Tatmittel Messer und Stichwaffen in die Statistik, unterstrich aber gleichfalls, dass der Bund dies nicht alleine vornehmen könne.

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2. Häufige Lieferengpässe bei Arzneimitteln

Gesundheit/Ausschuss

Berlin: (hib/PK) Gesundheitsexperten sind besorgt über wiederkehrende Lieferengpässe für wichtige Medikamente in Deutschland. Betroffen sind unter anderem Antibiotika und Krebsmittel, wie eine Expertenanhörung am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages ergab.

Der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Wolf-Dieter Ludwig, zeichnete ein dramatisches Bild der Lage. So hätten auch große Krankenhausapotheker bestätigt, dass es pro Jahr zu rund 150 Lieferengpässen bei relevanten Arzneimitteln komme.

Als wichtige Ursachen für das Problem sehen Experten die zunehmende Konzentration des Marktes und die Verlagerung der Herstellung von Medikamenten nach China und Indien. Ludwig sagte, die Transparenz über Wirkstoffhersteller in diesen Ländern sei völlig unzureichend. Er sprach sich außerdem dafür aus, die Bevorratungsfristen für wichtige Arzneimittel zu verlängern. Zwei Wochen reichten nicht aus.

Übereinstimmend werteten die Experten den im Pharmadialog beschlossenen Jour Fixe als Erfolg. Bei diesen Treffen beraten Behördenvertreter und Arzneimittelexperten, wie bestimmte Lieferengpässe für Medikamente vermieden werden können.

Zudem hat sich die Pharmaindustrie dazu verpflichtet, Behörden und Kliniken frühzeitig über mögliche Lieferengpässe bei wichtigen Wirkstoffen zu informieren. Vereinbart wurde auch eine Liste mit relevanten Arzneimitteln, die von Lieferengpässen betroffen sein könnten. So soll die Versorgung durchgängig mit alternativen Medikamenten gewährleistet werden. Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie, Martin Zentgraf, sagte im Ausschuss, der Jour Fixe verhindere, dass aus einem Lieferengpass ein Versorgungsengpass werde.

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3. Kein Bedarf für Recht auf Reparatur

Petitionen/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Der Petitionsausschuss sieht mehrheitlich keinen Bedarf für die Schaffung des in einer Petition geforderten "Rechts auf Reparatur" für elektronische Klein- und Großgeräte sowie eine Verpflichtung der Hersteller, für dieser Produkte Originalersatzteile für zehn Jahre vorzuhalten. In der Sitzung am Mittwoch beschloss der Ausschuss mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, AfD und FDP das Petitionsverfahren abzuschließen. Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sprachen sich hingegen für eine Materialüberweisung an die Bundesregierung aus.

In der Petition wird außerdem gefordert, die Originalersatzteile nicht nur an offizielle Reparaturpartner, sondern auch an unabhängige Dienstleister und Verbraucher abzugeben. Reparaturanleitungen und - vor Verkauf - die Haltbarkeitsauslegung müssten zudem öffentlich zugänglich gemacht sowie Beschränkungen zur Eigenreparatur deaktiviert werden.

Zur Begründung schreiben die Petenten, Hersteller von Elektronikartikeln würden oftmals bewusst Sollbruchstellen planen, die zu einem Defekt des Gerätes nach etwa zwei Jahren führen würden. Im Sinne des Umwelt- und Verbraucherschutzes sei eine Gesetzesänderung daher überfällig, um die Haltbarkeitsdauer von Geräten zu erhöhen und so Ressourcen zu sparen.

In der Begründung zur Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses wird auf einen Bericht des Umweltbundesamtes zum Thema "Obsoleszenz" hingewiesen. Demzufolge gebe es keine Belege für gezielt eingebaute Schwachstellen in Produkten seitens der Hersteller. Derartige geplante Obsoleszenzen hätten sich dem Bericht zufolge nicht als strukturelles Problem manifestieren lassen. Sie könnten daher auch "kein tauglicher Anknüpfungspunkt für gesetzgeberisches Handeln" sein, heißt es in der Beschlussempfehlung.

Daraus geht zudem hervor, dass eine lange Nutzungsdauer von Produkten aus Sicht der Nachhaltigkeit nicht immer begrüßens- und wünschenswert sei. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die lange Nutzungsdauer eines nicht-nachhaltig hergestellten Produktes der Nutzung eines nachhaltig an Umwelt- und Sozialaspekten in der Herstellung orientierten Produktes entgegenstehe.

Sinnvoller sei es, an ein nachhaltiges Produktdesign anzuknüpfen, heißt es in der Vorlage, in der auf die Weiterentwicklung der EU- Ökodesignrichtlinie verwiesen wird. Nachhaltiges und verbraucherfreundliches Produktdesign sei mit der Etablierung einer vollkommenen Kreislaufwirtschaft verbunden. In einer solchen sei Obsoleszenz nachhaltigkeitspolitisch bedeutungslos, da die Ressourcen nach einer gegebenenfalls auch nur kurzen Nutzungsdauer wieder in den Kreislauf zugeführt werden könnten.

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4. Zukunft der Forschungsgemeinschaft

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Ausschuss

Berlin: (hib/ROL) "Forschung produziert Wissen. Es soll methodisch verlässlich und neu sein. Es soll stören." Das sagte Professor Peter Strohschneider, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), zu seinem Selbstverständnis von Wissenschaft und Forschung vor dem Ausschuss für Bildung und Forschung am Mittwochvormittag in Berlin. Unabhängig von ihren positiven Effekten sei Wissenschaft eben deswegen auch stets mit Zumutungen verbunden. Neu sei Wissen dann, wenn es etablierte Ordnungen des Wissens erweitere und umgestalte.

Die DFG ist die größte Forschungsförderorganisation und die zentrale Selbstverwaltungsorganisation der Wissenschaft in Deutschland. Ihre Mitglieder sind forschungsintensive Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und wissenschaftliche Verbände sowie Akademien der Wissenschaften. Aktuell hat die DFG 96 Mitglieder. Die DFG erhält ihre finanziellen Mittel zum größten Teil von Bund und Ländern, die in allen Bewilligungsgremien vertreten sind. Derzeit verfügt die DFG über ein Budget von rund 3,2 Milliarden Euro. Die Kernaufgabe der DFG besteht in der wettbewerblichen Auswahl der besten Forschungsvorhaben von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an Hochschulen und Forschungsinstituten und in deren Finanzierung. Ferner fördert sie die nationale und internationale Zusammenarbeit der Forscher. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Förderung und Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. In 2017 förderte die DFG rund 32.500 Forschungsvorhaben, davon 8303, die erstmalig bewilligt worden waren.

Strohschneider lobte die unterschiedlichen Formen und Ebenen der Förderung von Wissenschaft und Forschung in Deutschland. "Dieses komplexe System ist zwar für die Mitglieder des Bundestages kompliziert, da er verschiedene Ansprechpartner hat, trägt aber in ganz besonderem Maß zur Leistungsfähigkeit des Systems bei." Strohschneider unterstrich vor dem Ausschuss, wie wichtig es sei, erkenntnisgeleitete Forschung zu unterstützen und zu fördern und sie nicht nachranging zu Forschung zu sehen, die eine direkte Forschungsnutzung habe. Gleichwohl werde genau in diese Richtung seit einiger Zeit Druck aufgebaut.

Zudem mahnte er die Redlichkeit wissenschaftlicher Praxis an. Selbstkontrolle und eine Kultur wissenschaftlicher Integrität seien wichtig, unterstrich Strohschneider. Auf sie müsse angesichts von Plagiaten und Fälschungen, Autorschafts- und Zitierungsfragen, aber auch laxem und überhasteten Forschungsweisen immer wieder gedrungen werden. Mit den Empfehlungen der DFG zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis aus dem Jahre 1998 habe die Wissenschaft eine Selbstkontrolle initiiert und formuliert, die einen allgemeinen Konsens gefunden habe.

Zudem sprach sich Strohschneider für mehr Chancengleichheit in der Wissenschaft aus. "Fordern, fördern, forschen seien die Kernbegriffe. Dabei ginge es auch darum, die jeweiligen Lebensumstände von Forscherin und Forscherinnen mit zu berücksichtigen. Zur Stärkung der Gleichstellung an den Universitäten hatten sich die Mitglieder der DFG bereits 2008 zur Umsetzung der "Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards" verpflichtet. Im vergangenen Jahr erneuerten sie diese Selbstverpflichtung vor dem Hintergrund, dass die Anzahl von Professorinnen und Frauen in wissenschaftlichen Führungspositionen in Deutschland zwar weiter steige, aber immer noch hinter den Erwartungen zurückbleibe. Zudem äußerte sich Strohschneider besorgt über die Gefährdung von Wissenschafts- und Hochschulfreiheit insgesamt.

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5. Keine Angaben zum Auslands-Unterhalt

Finanzen/Große Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung kann nicht angeben, wie viele Steuerpflichtige seit 2010 Unterhaltszahlungen ins Ausland geleistet haben. Entsprechende Erkenntnisse lägen nicht vor, heißt es in der Antwort der Bundesregierung (19/5797) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/5374).

In der Antwort wird erläutert, dass Aufwendungen für den Unterhalt und die Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person bis zu einem bestimmten Höchstbetrag vom Gesamtbetrag der Einkünfte als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden. Wenn der Unterhaltsempfänger seinen Wohnsitz im Inland habe, könnten derzeit bis zu 9.000 Euro als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Lebe der Unterhaltsempfänger im Ausland (EU und Nicht-EU), hänge die Höhe des maximal steuerlich berücksichtigungsfähigen Unterhaltshöchstbetrags von den Lebensverhältnissen im Wohnsitzland ab. Grundlage für die Bestimmung des Höchstbetrages bilde die jeweils aktuelle Ländergruppeneinteilung. "Bei der Feststellung der Ländergruppeneinteilung wird der Grundbedarf in den einzelnen Staaten basierend auf den tatsächlichen Lebensbedingungen eines Staates insgesamt ermittelt und mit dem Grundbedarf eines inländischen Unterhaltsempfängers verglichen. Abhängig vom Wohnsitzland kann sich der anzusetzende Unterhaltshöchstbetrag ermäßigen", heißt es in der Antwort weiter.

Auf Fragen nach Kontrollen von Zahlungen ins Ausland erklärt die Regierung, von den Steuerpflichtigen müssten "sichere und leicht nachprüfbare Bescheinigungen" vorgelegt werden, "die den Zugang und Abfluss der Geldbeträge erkennen lassen". Eigenerklärungen oder eidesstattliche Versicherungen seien nicht ausreichend.

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6. Bestandsaufnahme der Finanzregulierung

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Wann die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD angekündigte Evaluierung der Finanzmarktregulierungen in Angriff nehmen will, möchte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (19/5942) erfahren. Außerdem wollen die Abgeordneten wissen, ob die Regierung bereits vor einer möglicherweise anstehenden Evaluierung Änderungsbedarf hinsichtlich der Regulierung erkannt hat. Weitere Fragen betreffen unter anderem die Erstellung des Evaluierungskonzepts und die Kosten.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 922 - 28. November 2018 - 11.47 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
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Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. November 2018

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