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BUNDESTAG/7515: Heute im Bundestag Nr. 667 - 14.09.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 667
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 14. September 2018, Redaktionsschluss: 09.36 Uhr

1. Justiz suchte vergeblich nach Amri
2. Linke will Entlassung des BfV-Präsidenten
3. Sendungsmengen der Deutschen Post
4. Situation der Lebensversicherungen
5. Privatisierung ostdeutscher Seen


1. Justiz suchte vergeblich nach Amri

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Die Staatsanwaltschaft in Freiburg hat gegen den Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri ein Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Grenzübertritts geführt, das erst dreieinhalb Wochen vor Amris Terroranschlag an der Berliner Gedächtniskirche eingestellt wurde. Dies berichtete der zuständige Amtsanwalt Ulrich Riesterer dem 1. Untersuchungsausschuss. Der bei der Staatsanwaltschaft für die Verfolgung minder schwerer Delikte zuständige Zeuge hatte die Anzeige wegen illegaler Einreise bearbeitet, die die Freiburger Polizei bei Amris Ankunft am 6. Juli 2015 routinemäßig erstattet hatte.

Die Beamten des Freiburger Polizeireviers Nord setzten den Neuankömmling mit einer "Bescheinigung über die Meldung als Asylbewerber" (BüMA) und einer Fahrkarte in den Zug nach Karlsruhe, wo er sich in der baden-württembergischen Landesaufnahmestelle melden sollte. Amri, der sich in Freiburg als Anis "Amir" vorgestellt hatte, kam indes nie in Karlsruhe an. Er tauchte unter und ließ sich einige Wochen später unter dem Namen "Mohammed Hassan" in Berlin ein weiteres Mal als Asylbewerber registrieren. Nachdem er somit für die Freiburger Behörden verschollen war, stellte Riesterer am 29. Juli 2015 das Verfahren vorläufig ein und schrieb Amri zur Aufenthaltsermittlung aus.

"Ich hatte mit Amri nie persönlich zu tun. Für mich war er ein Aktenvorgang", sagte der Zeuge dem Ausschuss. Amri sei obendrein nur ein Fall "unter sehr vielen" gewesen. Im Juli 2015 seien allein über seinen Schreibtisch 93 Anzeigen wegen unerlaubten Grenzübertritts gegangen. Insgesamt habe sein Dezernat in jenem Monat 141 vergleichbare Fälle zu bearbeiten gehabt. Im Gesamtjahr 2015 habe sich die Zahl auf 1375 summiert: "Wenn jeder Fall so viel Arbeit macht, ohne einen Ertrag zu bringen, liegt der Gedanke nahe, den Fall zu beenden."

Riesterer hatte mit Amri zwei gravierende Probleme. Weil der Aufenthaltsort des Mannes unbekannt war, wusste er nicht, an welche Staatsanwaltschaft er das eingeleitete Ermittlungsverfahren zuständigkeitshalber abgeben konnte. Zudem war er völlig im Unklaren über Amris Reiseweg nach Deutschland, weil in seinem Fall keine Eurodac-Abfrage vorlag. Eurodac ist die europaweite Fingerabdruck-Datenbank, die darüber Auskunft geben kann, ob ein Migrant vor der Einreise nach Deutschland möglicherweise schon in einem anderen EU-Staat einen Asylantrag gestellt hat.

Für die Beurteilung einer Anzeige wegen unerlaubten Grenzübertritts ist Eurodac von entscheidender Bedeutung. Produziert das System keinen Treffer, gilt die Vermutung, dass der Migrant Anspruch auf ein Asylverfahren hat, und damit sind die Ermittlungen einzustellen. Wer sich indes nachweisbar mindestens 40 Tage schon in einem anderen europäischen Land aufgehalten hat, muss sich eine Straftat zurechnen lassen. Die Staatsanwaltschaften verhielten sich in solchen Fällen recht unterschiedlich. Die Neigung sei groß, die Verfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen: "Ich glaube, dass ich relativ hart verfolge", sagte der Zeuge. Er erwirke Geldstrafen von 30 Tagessätzen, die die Betroffenen in Raten abstottern könnten.

Im Fall Amri liefen seine Bemühungen ins Leere. Im Laufe des Jahres 2016 gingen zwar 13 Hinweise aus dem Bundeszentralregister ein, wenn der Mann irgendwo in Deutschland auffällig geworden war. Doch fand sich nie eine verwertbare Wohnadresse. Am 24. November 2016 stellte Riesterer das Verfahren endgültig ein. Am 19. Dezember steuerte Amri einen Lastwagen in einen Berliner Weihnachtsmarkt.

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2. Linke will Entlassung des BfV-Präsidenten

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Die Linke dringt auf die Entlassung des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen. In einem Antrag (19/3890) fordert sie Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, Maaßens Entlassung "unverzüglich in die Wege zu leiten".

In der Begründung verweist die Fraktion unter anderem auf Maaßens Äußerungen in der "Bild"-Zeitung vom 7. September 2018 zu den Vorgängen in Chemnitz. "Er behauptete, dass seinem Amt keinerlei belastbare Informationen darüber vorlägen, dass in Chemnitz Hetzjagden auf Ausländer stattgefunden hätten, obwohl es diesbezüglich Dutzende Zeugen gibt und Polizei sowie Staatsanwaltschaft ermitteln und entsprechende Strafverfahren wegen Landfriedensbruch, versuchter oder vollendeter (schwerer) Körperverletzung sowie auch diverser Propagandadelikte (wie das Zeigen des Hitlergrußes) eingeleitet haben", heißt es in dem Antrag weiter. Auch habe er erklärt, es lägen keine Belege dafür vor, dass ein "im Internet kursierendes Video zu einer angeblichen Hetzjagd auf Ausländer authentisch" sei, und spreche von möglicherweise gezielten Falschinformationen.

In den jüngsten Sitzungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums sowie des Innenausschusses habe der BfV-Präsident "keine nachvollziehbaren Erklärungen für sein heftig umstrittenes Agieren geben können", schreiben die Abgeordneten.weiter, Seine "umgehende Entlassung sei aus ihrer Sicht "im Interesse des ,Staatswohls' unausweichlich". .

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3. Sendungsmengen der Deutschen Post

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Die Deutsche Post hat im vergangenen Jahr mehr als 20 Prozent weniger Briefmengen transportiert als vor zehn Jahren. Das geht aus der Antwort (19/4122) auf eine Kleine Anfrage (19/3805) der FDP-Fraktion hervor. Demnach beförderte die Post 2017 nach vorläufigen Zahlen 12,7 Milliarden Sendungen, 2008 waren es 16 Milliarden. Der Trend dürfte sich fortsetzen. Nach Einschätzung der Bundesnetzagentur würden die Sendungsmengen in der Zukunft erwartungsgemäß weiterhin als Folge der E-Substitution zurückgehen, schreibt die Bundesregierung.

Zur Diskussion über eine Erhöhung der Portokosten gibt sich die Bundesregierung bedeckt. Gefragt nach einer Einschätzung, verweist sie lediglich auf das rechtliche und behördliche Prozedere. Die Post könnte nach einer für November erwarteten Entscheidung der Bundesnetzagentur konkrete Preisänderungsanträge für das kommende Jahr stellen, die dann wiederum von der Bundesnetzagentur geprüft würden. Ob der Wettbewerb auf dem Postmarkt funktioniert, will die Bundesregierung in einer gesonderten Stellungnahme erklären.

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4. Situation der Lebensversicherungen

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Die Lage der Lebensversicherungen in Deutschland ist Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (19/3884). Gefragt wird unter anderem nach der Zahl der Unternehmen und ihren Gewinnen sowie nach Gewinnabführungsverträgen von Lebensversicherungen mit ihren Muttergesellschaften. Weitere Themen sind die Bewertungs- und Zinszusatzreserven. Die Regierung soll auch Vorschläge zur Deckelung der für Vertragsabschlüsse gezahlten Provisionen bewerten.

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5. Privatisierung ostdeutscher Seen

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) In welchem Umfang Wasserflächen in Ostdeutschland seit 1992 vom Bund oder Einrichtungen des Bundes an Private veräußert wurden, will die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (19/4041) erfahren. Wissen wollen die Abgeordneten auch, welche der veräußerten Gewässer seitdem nicht mehr über öffentliche Grundstücke oder Strandbäder zugänglich sind und welche Gewässer sich überhaupt noch im Besitz des Bundes befinden. "Wandern, im Wald spazieren, baden, segeln, rudern, angeln oder tauchen - die kostenlose Nutzung und der offene und freie Zugang zu zahlreichen Seen in den neuen Bundesländern wurden in den vergangenen Jahrzehnten vielerorts durch die Privatisierungsbemühungen des Bundes eingeschränkt und für die Zukunft gefährdet", kritisiert die Linksfraktion in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 667 - 14. September 2018 - 09.36 Uhr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. September 2018

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