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BUNDESTAG/6229: Heute im Bundestag Nr. 743 - 15.12.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 743
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 15. Dezember 2016, Redaktionsschluss: 12.35 Uhr

1. Britischer Blick auf Snowden-Enthüllungen
2. Linke gegen Militarisierung der EU
3. Linke will Patientenvertretung stärken


1. Britischer Blick auf Snowden-Enthüllungen

1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Durch die Snowden-Affäre hat sich in Großbritanniens die bis dahin völlig geschlossene Welt der Geheimdienste dem kritischen Blick Außenstehender geöffnet, wenn auch nur einen Spalt breit. Diese Einschätzung äußerte Caroline Wilson-Palow, Leiterin des juristischen Stabes der britischen Bürgerrechtsorganisation Privacy International, am Donnerstag vor dem 1. Untersuchungsauschuss (NSA). Immerhin sei aus diesem Anlass die Regierung in London erstmals gezwungen worden, Massenüberwachung sowie illegale Abhörpraktiken durch eigene Geheimdienste zuzugeben, hob Wilson-Palow hervor. Außer ihr hörte der Ausschuss als weiteren Sachverständigen den Direktor des britischen Bürgerrechts-Bündnisses Don't Spy on Us, Eric King.

Wilson-Palow betonte, dass die britische Regierung auf die Enthüllungen des US-Geheimdienstkritikers Edward Snowdon weitaus zögerlicher und zurückhaltender reagiert habe als die amerikanische. Es habe kaum Verständnis für die Problematik gegeben und "erheblicher Anstrengungen" bedurft, um überhaupt eine Debatte in Gang zu bringen. Dass etwa Snowdens Angaben über das Massenüberwachungs-Programm Prism und den damit zusammenhängenden Datenaustausch zwischen der amerikanischen National Security Agency (NSA) und den britischen Government Communcations Headquarters (GCHQ) zutrafen, sei in London zähneknirschend erst bestätigt worden, nachdem die US-Regierung es bereits zugegeben hatte.

In einem Prüfbericht des britischen Parlaments sei noch im Juli 2013 die Rede davon gewesen, dass die von Snowden beschriebenen gemeinsamen Aktivitäten von NSA und GCHQ rechtmäßig seien. Die von Snowden offengelegten Dokumente hätten dann aber in den Jahren 2013 bis 2015 die Grundlage für eine Klagewelle gegen die Bespitzelung britischer Bürger gebildet. Dadurch habe sich die Regierung genötigt gesehen, vor Gericht wesentliche Eingeständnisse zu machen. So habe sie im Februar 2015 erstmals die Manipulation von Computern durch Geheimdienste zum Zweck der Ausspähung zugeben müssen. Zudem habe sie erstmals eingeräumt, dass in Großbritannien jahrelang Telefongespräch illegal abgehört worden seien.

Eine Folge der Snowden-Debatte sei schließlich auch die Novellierung des britischen Geheimdienstgesetzes, des Investigative Powers Act (IPA), in diesem Jahr gewesen. Dadurch sei mehr Transparenz in die Welt der Geheimdienste gekommen. Andererseits seien viele der umstrittenen Praktiken der Massenüberwachung jetzt gesetzlich geregelt.

King berichtetete über den seit 1946 bestehenden Geheimdienstverbund der sogenannten "Five Eyes", dem außer Großbritannien auch die USA, Kanada, Neuseeland und Australien angehören, insbesondere über die Frage, inwieweit zwischen den beteiligten Diensten eine Verabredung gilt, Bürger von Five-Eyes-Staaten nicht zu bespitzeln. Im Prinzip gebe es wohl eine "Präferenz, einander nicht abzuhören", doch seien Ausnahmen immer möglich, wenn "nationale Interessen" im Spiel seien. So habe Großbritannien 2007 die NSA ausdrücklich ermächtigt, auch Daten britischer Bürger auszuwerten.

King erwähnte auch die Praxis des "Ringtausches", mit der befreundete Geheimdienste einander aushelfen, wenn es gilt, die eigene nationale Gesetzgebung zu umgehen. So habe die NSA bei einer ihrer Operationen vor dem Problem gestanden, Datenleitungen zwischen den großen US-Internetkonzeren zu überwachen. Sie habe das auf US-Gebiet aber nicht tun wollen und deswegen die GCHQ gebeten, ein Kabel in der Irischen See anzuzapfen.

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2. Linke gegen Militarisierung der EU

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktion Die Linke wendet sich gegen Pläne zur Schaffung einer "europäischen Verteidigungsunion". Seit dem Brexit-Referendum werde diese Forderung deutlich forciert, auch die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten diene als Anlass und Rechtfertigung für den beschleunigten Ausbau der militär-, verteidigungs und rüstungspolitischen Integration in der Europäischen Union, heißt es in einem Antrag (18/10629), der am heutigen Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Eine weitere Militarisierung der EU-Politik ist aus Sicht der Linken jedoch kein geeignetes Mittel, um den EU-Integrationsprozess zu retten. "Sie ist auch kein Beitrag zur Sicherheit Europas, die bereits durch militärische Muskelspiele sowie durch die Erosion der konventionellen Rüstungskontrolle in Europa destabilisiert ist."

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich beim heutigen EU-Gipfel und darüber hinaus dafür einzusetzen, dass die EU künftig eine dem Frieden verpflichtete Politik betreibt, die ihrerseits das Gewaltverbot, so wie es in der UN-Charta formuliert ist, achtet. Die Pläne einer europäischen Verteidigungsunion lehnt die Fraktion ab. Die auswärtige Politik der EU sei strikt auf zivile Instrumente zu orientieren. Beim EU-Gipfel sollte die Regierung außerdem die auf dem Nato-EU-Außenministertreffen vom 6. und 7. Dezember 2016 beschlossenen Maßnahmen der intensivierten EU-Nato-Kooperation sowie die gesamte Agenda der Warschauer EU-Nato-Erklärung vom Juni 2016 ablehnen, um weiteren Druck in Richtung Militarisierung der EU über die Nato zu verhindern. Weitere Forderungen der Fraktion wenden sich unter anderem gegen Nato- und EU-Vorgaben, nach denen europäische Staaten ihre Militärbudgets auf zwei Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen sowie gegen Pläne Stationierung eines Nato-Raketenschirmes in Osteuropa.

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3. Linke will Patientenvertretung stärken

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) In der Selbstverwaltung des Gesundheitssystems müssen nach Ansicht der Fraktion Die Linke die Interessen der Patienten besser berücksichtigt werden. In einem Antrag (18/10630) fordern die Abgeordneten deshalb, Patientenvertreter stärker in Entscheidungen der Verwaltung einzubinden.

Viele Menschen hätten nicht das beste Bild von der Selbstverwaltung, und die Organisationen und Gremien trügen dazu selbst bei, heißt es in dem Antrag. So verweigerten Krankenkassen unberechtigt Leistungen, und aus Beitragsgeldern sehr gut bezahltes Spitzenpersonal der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) betreibe zweifelhafte Immobiliengeschäfte.

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen verhindere Leistungen durch eine negative Begutachtung, und die Kassen tricksten bei Diagnosen, um möglichst viel Geld aus dem Gesundheitsfonds zu erhalten. Die wenigsten Menschen könnten das komplexe System auch nur teilweise durchschauen, die meisten müssten mit den Folgen leben.

Deshalb sollten Patientenvertreter an entscheidender Stelle mitbestimmen können, heißt es in dem Antrag weiter. Sie sollten im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) "das Zünglein an der Waage" sein.

Die Linke schlägt konkret vor, dass Patientenorganisationen das Recht erhalten, im G-BA zwei der drei unparteiischen Mitglieder zu benennen. Ferner sollte die Aufsicht über die Krankenkassen, die bisher zwischen Bund und Ländern geteilt sei, vereinheitlicht und vom Bundesversicherungsamt (BVA) übernommen werden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 743 - 15. Dezember 2016 - 12.35 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Dezember 2016

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