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BUNDESTAG/5939: Heute im Bundestag Nr. 453 - 29.07.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 453
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 29. Juli 2016, Redaktionsschluss: 13.04 Uhr

1. Bonusprogramme für bessere Gesundheit
2. Identitäre Bewegung Deutschland
3. Maßnahmen der Funkzellenauswertung
4. Flüchtlinge in der Ägäis
5. Geschlechtergerechte Leistungsbeurteilung


1. Bonusprogramme für bessere Gesundheit

Gesundheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PK) Das gesundheitsbewusste Verhalten der Versicherten soll von den gesetzlichen Krankenkassen honoriert und gefördert werden. Mit den von den Kassen aufgelegten Bonusprogrammen könne das Ziel unterstützt werden, "die individuelle Gesundheit zu erhalten und zu bessern und die Solidargemeinschaft von Ausgaben für Krankenbehandlungen zu entlasten", heißt es in der Antwort (18/9243) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (18/9058) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Das Solidarprinzip in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werde durch die Bonusprogramme nicht ausgehöhlt. Die Aufsichtsbehörden hätten bei der Genehmigung von Satzungsregelungen über Boni darauf zu achten, dass die gesetzlichen Voraussetzungen einschließlich datenschutzrechtlichen Regelungen eingehalten werden. Dies gelte auch für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten im Rahmen von Bonusprogrammen.

Bei einer Datenübermittlung durch Wearables, Fitness- und Gesundheits-Apps sei zu prüfen, "ob insoweit der Nachweis eines gesundheitsbewussten Verhaltens geführt werden kann", heißt es in der Antwort weiter. Wenn solche Geräte als Boni gewährt würden, bleibe deren Nutzung den Versicherten überlassen.

Welche langfristigen Folgen sich für das Gesundheitssystem durch die Sammlung und Nutzung von Gesundheitsdaten durch Gesundheits-Apps, Wearables oder andere elektronische Anwendungen ergeben könnten, hänge zunächst davon ab, ob und welche neuen Angebote geeignet seien, sie in das GKV-System zu integrieren.

Die Versicherten müssten in die Lage versetzt werden, "sich der besonderen Bedeutung ihrer Daten zum persönlichen Lebenswandel und ihrem Gesundheitsverhalten bewusst zu werden und daher sorgsam und zurückhaltend mit der Weitergabe entsprechender Informationen umzugehen". Diese Aufgabe reiche weit über das Gesundheitssystem hinaus.

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2. Identitäre Bewegung Deutschland

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Informationen über die "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) enthält die Antwort der Bundesregierung (18/9218) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/9014). Danach rechnet sich die IBD eigenen Angaben zufolge dem "metapolitischen und aktivistischen Arm der neuen Rechten" zu und "grenzt sich deutlich von den ,Alten Rechten' (Nationalisten, Rassisten, Neonazis etc.) ab". Die IBD lehne ausdrücklich den historischen Nationalsozialismus ab. Sie stütze sich auf das Konzept des "Ethnopluralismus", wonach in der Idealvorstellung "alle Staaten ethnisch/kulturell homogen strukturiert sein sollten". Demzufolge betrachte die IBD die multikulturelle Gesellschaft, die Einwanderung und den Islam als eine massive Bedrohung für einen Staat.

Auf dieser ideologischen Basis fordere die IBD unter anderem den "Erhalt der Vielfalt der Völker und Kulturen", das "Ende der Islamisierung Europas", ein "Durchgreifen gegen terroristische Aktivitäten radikaler Muslime" und die Einrichtung einer "Festung Europa, die ihre Grenzen verteidigt, aber tatsächlich Hilfsbedürftige unterstützen" solle, heißt es in der Vorlage weiter. Zur Durchsetzung dieser Ziele beabsichtige die IBD, den Weg der außerparlamentarischen Opposition weiter zu verfolgen.

Wie die Bundesregierung ferner ausführt, basiert die Ideologie der "Identitären Bewegung" stark auf dem Abstammungsprinzip und der Abgrenzung zu anderen Kulturen, insbesondere zum islamischen Glauben. Im Rahmen der "Flüchtlingskrise" habe in der Agitation der IBD beziehungsweise ihrer Anhänger eine weitere Radikalisierung festgestellt werden können. So sei beispielsweise innerhalb der zum Teil fremdenfeindlichen Agitation von Protagonisten eine selektive Ausrichtung festzustellen. Das oftmals benutzte Schlagwort der "Migrantengewalt" werde überwiegend für Personen arabischer oder türkischer Herkunft verwandt. So würden Zuwanderer islamischen Glaubens oder aus dem türkischen Raum zum Teil als Besatzer und als integrationsunwillig dargestellt und deren Traditionen und Kultur ausschließlich als Bedrohung für die westliche Wertegemeinschaft angesehen. In diesem Zusammenhang habe auch die Widerstandsrhetorik der IBD zugenommen.

Erstmals in Erscheinung getreten ist die IBD der Antwort zufolge mit einem öffentlichen Facebook-Auftritt am 10. Oktober 2012. In der Anfangsphase sei sie überwiegend als virtuelles Phänomen aufgetreten. Seit 2013 seien "Deutschlandtreffen" der IBD bekannt, auf denen über zentrale Themen sowie über Aktionen der IBD diskutiert werde. Seit 2015 können laut Regierung vermehrt öffentlichkeitswirksame Aktionen wie zum Beispiel die Teilnahme an Demonstrationen, Vortragabende, "Stammtischtreffen", Plakat- und Banneraktionen, Flyerverteil- oder Aufkleber-Aktionen sowie "Aktionswochen" oder Seminare festgestellt werden.

Nach Kenntnis der Bundesregierung gliedert sich die IBD gegenwärtig in die 15 Regionalgruppen Baden, Bayern, Berlin-Brandenburg, Franken, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Ostfalen, Pfalz, Rheinland, Sachsen, Schleswig-Holstein, Schwaben, Thüringen und Westfalen, wie aus der Vorlage zudem hervorgeht. Zur Frage, wie viele Personen den "Identitären" zugerechnet werden können, schreibt die Regierung, sie gehe derzeit "von einen Personenpotenzial im hohen zweistelligen bis zum niedrigen dreistelligen Bereich aus". Wie sie zudem mit Blick auf Beziehungen der "Identitären" ins Ausland darlegt, werden auf der Internetseite der IBD internationale Verbindungen zu den "Identitären" in Österreich, Frankreich, Italien, Tschechien, Niederlande und Schweiz aufgeführt.

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3. Maßnahmen der Funkzellenauswertung

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Die Linke will von der Bundesregierung wissen, wie viele Maßnahmen der Funkzellenauswertung welche Bundesbehörden im ersten Halbjahr 2016 vorgenommen haben. Ferner erkundigt sich die Fraktion in einer Kleinen Anfrage (18/9258) unter anderem danach, welche Bundesbehörden derzeit technisch und rechtlich in der Lage sind, "an Mobiltelefone sogenannte ,stille SMS' zum Ausforschen des Standorts" ihrer Besitzer oder dem Erstellen von Bewegungsprofilen zu verschicken, und wie viele "stille SMS" von den jeweiligen Behörden im ersten Halbjahr 2016 versandt wurden.

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4. Flüchtlinge in der Ägäis

Verteidigung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Mögliche Verletzungen unionsrechtlicher Verpflichtungen gegenüber Flüchtlingen durch die Deutsche Marine in der Ägäis" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/9247). Wie die Fraktion darin ausführt, beteiligt sich die Deutsche Marine an einem Nato-Einsatz in der Ägäis, in dessen Rahmen die griechische und türkische Küstenwache mit Informationen über Bewegungen von Flüchtlingsbooten versorgt werden sollen.

Wissen wollen die Abgeordneten von der Bundesregierung, wie oft seit Beginn des Einsatzes die eingesetzten Schiffe der Nato sowie der Deutschen Marine Meldungen über aufgefundene Flüchtlingsboote jeweils an die türkische sowie griechische Küstenwache abgesetzt haben und in wie vielen dieser Fälle dabei Boote, die sich bereits in griechischen Gewässern aufgehalten haben, von den jeweiligen Küstenwachen an die türkische Küste zurückgebracht wurden. Auch erkundigen sie sich unter anderem danach, durch welche "Anweisungen, Unterrichtungen, materielle Vorkehrungen usw." derzeit sichergestellt ist, dass alle Flüchtlinge, die in griechischen Hoheitsgewässern aus Seenot gerettet und an Bord eines Schiffes der Deutschen Marine genommen werden, "die Gelegenheit erhalten, die Absicht zu äußern, in der Europäischen Union einen Antrag auf Schutz zu stellen, und daraufhin nach Griechenland gebracht werden oder das Verfahren inklusive etwaiger Rechtsbehelfe an Bord des Schiffes durchlaufen können".

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5. Geschlechtergerechte Leistungsbeurteilung

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Eine "geschlechtergerechte Leistungsbeurteilung in der Bundesverwaltung" ist Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/9254). Wie die Fraktion darin ausführt, ist es "erklärtes Ziel der Bundesregierung, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen und dabei im öffentlichen Dienst mit gutem Beispiel voranzugehen". Trotz eines generellen Frauenüberhangs im öffentlichen Dienst ist indes laut Vorlage "eine deutliche Mehrheit der Führungskräfte auf allen Ebenen nach wie vor männlich, der Frauenanteil wächst ausgesprochen langsam".

Zahlreiche Studien legten nahe, dass strukturelle Gründe für die Unterrepräsentanz weiblicher Führungskräfte im öffentlichen Dienst im Beförderungswesen liegen, schreiben die Abgeordneten weiter. Für eine Beförderung einer Beamtin oder eines Beamten seien ihre oder seine Eignung, Befähigung und fachliche Leistung ausschlaggebend. Diese würden durch die dienstliche Beurteilung festgestellt. Häufig würden Tarifbeschäftigte nach den gleichen Verfahren beurteilt.

Obwohl die Einstellungsnoten von Frauen häufig gleich gut oder sogar besser seien, würden sie in den Dienststellen insgesamt schlechter beurteilt als Männer, heißt es in der Anfrage ferner. Durch die Quotierung der Noten würden die für eine Beförderung meist benötigten Spitzennoten selten und zu überwiegendem Anteil an Männer vergeben. Teilzeitbeschäftigte, die zum größten Teil weiblich seien, würden fast durchgängig schlechter bewertet als Vollzeitbeschäftigte, obwohl das Bundesgleichstellungsgesetz ausdrücklich eine Benachteiligung auch bei der dienstlichen Beurteilung durch eine Beeinträchtigung des beruflichen Aufstiegs unter anderem wegen Teilzeit- oder Telearbeit oder einer Beurlaubung auf Grund von Familien- oder Pflegeaufgaben untersage. Die darauf beruhende geringere zeitliche Verfügbarkeit oder Präsenz am Arbeitsplatz in der Dienststelle dürfe also nicht in die Beurteilung einfließen.

Wissen will die Fraktion, ob nach Ansicht der Bundesregierung im System der dienstlichen Beurteilung die Gefahr einer Benachteiligung von weiblichen sowie Teilzeitbeschäftigten besteht. Auch erkundigt sie sich unter anderem danach, welche Maßnahmen der Bundesregierung bekannt sind, "um die Gefahr der Benachteiligung von weiblichen sowie Teilzeitbeschäftigten auszuschließen oder sie zumindest zu reduzieren".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 453 - 29. Juli 2016 - 13.04 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. August 2016

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