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BUNDESTAG/5879: Heute im Bundestag Nr. 393 - 23.06.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 393
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 23. Juni 2016, Redaktionsschluss: 16.35 Uhr

1. BSI befand Snowden-Dokumente für authentisch
2. Koalition will Binnenmarkt vertiefen
3. Bundestag soll an CETA beteiligt werden
4. Exportverbot in Golfstaaten gefordert
5. Grüne fordern zivilen Seenotrettungsdienst


1. BSI befand Snowden-Dokumente für authentisch

1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) geht davon aus, dass die von Edward Snowden vorgelegten Dokumente über Aktivitäten westlicher Geheimdienste gegen die Bundesrepublik authentisch sind. Dies gelte auch für den Vorwurf, die amerikanische National Security Agency (NSA) habe das Mobiltelefon der Bundeskanzlerin abgehört, sagte der Vizepräsident der Behörde Andreas Könen am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA). Der Mathematiker ist seit Oktober 2006 im BSI tätig und bekleidet dort seit Anfang 2013 die Position des stellvertretenden Amtschefs.

Sofort nach Bekanntwerden der Behauptungen Snowdens im Sommer 2013 habe das BSI begonnen, ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, auch um daraus Schlussfolgerungen für eine verbesserte IT-Sicherheit ableiten zu können: "Nach Snowden kamen die Aktivitäten zur Prävention auf den Prüfstand", sagte Könen. Dabei habe seine Behörde ähnlich wie das Bundesamt für Verfassungsschutz mit dem Problem zu kämpfen gehabt, dass sie nicht über die originalen Unterlagen verfügte, sondern ihre Erkenntnisse aus den Medien schöpfen musste. Dennoch sei sie zu einer klaren Feststellung gelangt: "Die Indikatoren sprechen für die Authentizität der Dokumente."

Dieser Schluss ergebe sich vor allem daraus, dass die von Snowden beschriebenen Abhör- und Schnüffelpraktiken "technisch nachvollziehbar" seien. Entsprechend sei die Gefährdungslage einzuschätzen, sagte Könen: "Die Dokumente stellen realisierbare technische Maßnahmen dar. Es ist nachvollziehbar, dass diese technischen Angriffsmethoden so durchführbar waren." Das habe das BSI in einigen Fällen selbst experimentell nachgewiesen. Die Unterlagen bezögen sich im Wesentlichen auf drei Verfahrensweisen geheimdienstlicher Tätigkeit: Massenabgriffe von Kommunikationsdaten im Zuge "strategischer Aufklärung", gezielte individuelle Attacken und Manipulationen informationstechnischer Systeme. Auffällig sei, dass die NSA "sehr konsequent" nach Schwachstellen in der IT-Sicherheit suche.

Im Prinzip, betonte Könen, sei das alles für seine Behörde nichts Neues gewesen. Die Abwehr von Cyberattacken vor allem auf die Bundesverwaltung sei schließlich ihr Tagesgeschäft. So versende sie Tag für Tag 130.000 entsprechende Warnungen an betroffene Stellen: "Auch die Veröffentlichungen Snowdens gehen in diese Bedrohungslage ein, sie sind aber nur ein Ausschnitt." Überraschend auch für die Experten des BSI sei allerdings gewesen, wie massenhaft die NSA das Überwachungsgeschäft betreibe, sowohl der "mengenmäßige Umfang der Erfassung" als auch die weltweite "Dichte der Erfassungspunkte". Gewundert hätten sie sich auch darüber, dass unter den beschriebenen Maßnahmen viele gewesen seien, die sie selbst bis dahin als "unpraktikabel" angesehen hätten: "Snowden zeigt, dass wir mit unüblichen, teuren und vermeintlich unpraktikablen Mitteln rechnen müssen."

Der Vorwurf, die NSA habe das Handy der Kanzlerin abgehört, gelangte am 17. Oktober 2013 zur Kenntnis des BSI. Einziges Indiz dafür ist bis heute die Abschrift eines Geheimdienstdokuments, auf dem die Verbindungsdaten Angela Merkels verzeichnet sind. Auch hier habe der "Plausibilitätscheck" ergeben, dass die Annahme durchaus begründet sei, die Kanzlerin sei Ziel eines Lauschangriffs gewesen. Das Handy selbst habe im BSI allerdings nicht zur Prüfung vorgelegen, sagte Könen: "Wir haben das angeboten. Das Angebot ist nicht angenommen worden."

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2. Koalition will Binnenmarkt vertiefen

Wirtschaft und Energie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD fordern in einem gemeinsamen Antrag (18/8867) eine Vertiefung des europäischen Binnenmarktes. Der Binnenmarkt habe in der Vergangenheit wesentlich zu Wachstum und Wohlstand in der EU beigetragen. Um Wachstum und Wohlstand zu erhalten und weiter zu steigern, bedürfe der Binnenmarkt einer stetigen Weiterentwicklung. Daher sollten alle Marktteilnehmer die Chancen optimal nutzen können. Verbraucher und Unternehmen müssten einfacher grenzüberschreitend und grundsätzlich diskriminierungsfrei Zugang zu Waren und Dienstleistungen haben. Dazu wird von den Fraktionen eine Reihe von Forderungen, zum Beispiel im Bereich der Normen, erhoben.

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3. Bundestag soll an CETA beteiligt werden

Wirtschaft und Energie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (18/8890), dass der Deutsche Bundestag an der Entscheidung über das geplante europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA beteiligt wird. Zahlreiche Gutachten würden CETA als Abkommen bewerten, das in Teilen in die Zuständigkeitsbereiche der EU-Mitgliedstaaten falle. Daher soll die Bundesregierung ihren Vertreter im Europäischen Rat anweisen, gegen einen Vorschlag der EU-Kommission über die Unterzeichnung von CETA in Form eines EU-only-Abkommens zu stimmen. Gegebenenfalls soll die Bundesregierung vor dem Europäischen Gerichtshof eine Nichtigkeitsklage gegen einen Ratsbeschluss zur Unterzeichnung von CETA erheben, wenn dieser auf Einstufung von CETA als EU-only-Abkommen basiert.

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4. Exportverbot in Golfstaaten gefordert

Wirtschaft und Energie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung soll keine Exporte von Rüstungsgütern in die Staaten des Golfkooperationsrates mehr genehmigen. Dies fordert die Fraktion die Linke in einem Antrag (18/8930). Auch der Export von Gütern, die zur Unterdrückung der Bevölkerung genutzt werden könnten, soll ebenso nicht mehr genehmigt werden wie der Export von Waffenfabriken. Begründet wird der Antrag unter anderem mit der 2015 begonnenen militärischen Intervention einer von Saudi-Arabien geführten Koalition im Jemen, der auch die Mitgliedstaaten des Golfkooperationsrates angehören würden.

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5. Grüne fordern zivilen Seenotrettungsdienst

Europa/Antrag

Berlin: (hib/EB) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen drängt auf eine "grundlegende Kurskorrektur" der europäischen Flüchtlingspolitik. In einem Antrag (18/8875) fordert sie die Bundesregierung auf, "alles dafür zu tun, dass das Sterben unzähliger Schutzsuchender an den Außengrenzen der EU beendet wird". Völkerrechtliche Konventionen, wie das UN-Seerechtsübereinkommen (SRÜ), verpflichte die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), jeder Person in Seenot Hilfe zu leisten, argumentieren die Abgeordneten. Trotz einiger Schritte in die richtige Richtung bestünden "immer noch große Lücken und Handlungsbedarf". Die EU-Mitgliedsstaaten müssten nun "endlich angemessene Verantwortung für das Massensterben auf dem Mittelmeer übernehmen", heißt es in dem Antrag.

Nach dem Willen der Fraktion sollen die Mitgliedstaaten dazu bei der Seenotrettung enger und systematischer zusammenarbeiten. Um regelmäßig und zielgerichtet Seenotrettungsmaßnahmen durchführen zu können, sollen sie ihre technischen und operativen Informationen besser zusammenführen, Ressourcen bündeln sowie mittelfristig einen zivilen europäischen Seenotrettungsdienst aufbauen.

Außerdem fordern die Grünen, dass ein System zur solidarischen Verteilung der aus Seenot geretteten Flüchtlinge geschaffen werde. "Das Mittelmeer ist unser gemeinsames europäisches Meer, es ist eben nicht nur ein griechisches, italienisches oder maltesisches Meer", betonen die Abgeordneten.

Weitere Forderungen beziehen sich auf die Rolle privater Akteure in der Seenotrettung. So sollen nach dem Willen der Grünen private Handelsschiffe Ausgleichzahlungen erhalten, wenn ihnen durch Seenotrettung finanzielle Verluste entstanden sind. Wichtig sei außerdem Rechtssicherheit für Kapitäne, die Drittstaatsangehörige aus Seenot retten und in einem europäischen Hafen absetzen. Die EU habe bislang nicht klargestellt, ob diese weiterhin wegen Beihilfe zur illegalen Einreise strafrechtlich verfolgt werden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 393 - 23. Juni 2016 - 16.35 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2016

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