Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/5875: Heute im Bundestag Nr. 389 - 22.06.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 389
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 22. Juni 2016, Redaktionsschluss: 17.41 Uhr

1. Energiewende wird digitalisiert
2. UN in Sorge über Rassismus in Deutschland
3. Förderung von Mannschaftssportarten
4. Abgeordnete informieren sich über Regionalflughäfen


1. Energiewende wird digitalisiert

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Stromnetze, Erzeugung und Verbrauch sollen miteinander verknüpft werden. Die Voraussetzungen dafür sollen mit dem am Mittwoch vom Ausschuss für Wirtschaft und Energie beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende (18/7555) geschaffen werden, der von der Bundesregierung eingebracht worden war. Für den Gesetzentwurf stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD, die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen lehnten den Entwurf ab. Zuvor hatten die Koalitionsfraktionen noch einen Änderungsantrag gegen die Stimmen der Opposition durchgesetzt.

Festgelegt werden in dem Gesetzentwurf unter anderem technische Vorgaben für intelligente Messsysteme ("Smart Meter"). Datenschutz und Interoperabilität werden ebenfalls verbindlich geregelt. Verbrauchern sollen zum Beispiel Informationen über den tatsächlichen Energieverbrauch sowie Informationen über die tatsächliche Nutzungszeit bereitgestellt werden. Wie es zum Erfüllungsaufwand heißt, könnten durch die gesetzlichen Änderungen privaten Haushalten Kosten bis zu 100 Euro im Jahr entstehen. Bei Verbrauchern mit einem Jahresverbrauch bis 6.000 Kilowattstunden sei kein flächendeckender Pflichteinbau vorgesehen, heißt es weiter.

Mit den Änderungen wurde unter anderem die gewachsene Bedeutung der Elektromobilität berücksichtigt. Außerdem wird der Digitalisierungsansatz des Gesetzes umfassender, indem auch Kleinerzeugungsanlagen über ein bis einschließlich sieben Kilowatt hereingenommen werden. Damit werde sichergestellt, "dass auch diese Anlagen Teil des intelligenten Energienetzes werden können", heißt es in dem Änderungsantrag. Betroffen sind nur Neuanlagen.

Abgelehnt wurde von der Koalitionsmehrheit ein Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, für den neben Bündnis 90/Die Grünen auch die Linksfraktion stimmte. Darin begrüßen die Abgeordneten intelligente Zähler, Messsysteme und Netze, da Verbrauchswerte dadurch transparent und Anreize zum Energiesparen und zur Lastverschiebung gesetzt würden. Die Freiheit der Wahl des Energielieferanten und des Tarifs dürfe aber nicht gefährdet werden, wird gewarnt. Außerdem sollen Haushalte mit einem Jahresstromverbrauch bis 6.000 Kilowattstunden grundsätzlich von der Einbaupflicht ausgenommen werden. Private Kunden mit einem Verbrauch bis zu 10.000 Kilowattstunden sollen dem Einbau intelligenter Messsysteme widersprechen können.

*

2. UN in Sorge über Rassismus in Deutschland

Menschenrechte/Ausschuss

Berlin: (hib/JOH) Die Vorsitzende des Ausschusses für die Beseitigung der Rassendiskriminierung der Vereinten Nationen (CERD), Anastasia Crickley, beobachtet einen zunehmenden Rassismus gegenüber Flüchtlingen und Migranten in Deutschland. "Diese Entwicklung ist alarmierend", sagte sie am Mittwochnachmittag in der Sitzung des Menschenrechtsausschusses mit Blick auf die Zahl der Anschläge auf Asylbewerberheime sowie Hassparolen und -reden von politischen Parteien und Bewegungen.

Menschen würden nicht als Rassisten geboren, aber sie würden es lernen zu hassen, warnte Crickley. Deutschland müsse angesichts der derzeitigen globalen Ereignisse und Migrationsbewegungen, wie die anderen Unterzeichnerstaaten der am 21. Dezember 1965 verabschiedeten Anti-Rassismus-Konvention auch, mehr in Aufklärung und Bildung investieren. Zugleich lobte Crickley die Fortschritte, die Deutschland in den vergangenen Jahren gemacht habe, unter anderem durch das Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes im Jahr 2006.

Crickley empfahl Deutschland jedoch die Etablierung eigener Anti-Diskriminierungsgesetze in den Bundesländern, damit auch die Länder innerhalb ihrer eigenen Zuständigkeit gegen Rassismus und Diskriminierung vorgehen könnten. Mit Verweis auf die Versäumnisse bei den Ermittlungen gegen die rechtsextreme Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) forderte sie, bei der Polizeiausbildung und im Justizsystem ein stärkeres Augenmerk auf das Thema zu legen, um institutionellen Rassismus zu verhindern und rassistische Motive von Straftaten besser erkennen und verfolgen zu können. Ehrenamtliche Helfer, etwa in der Flüchtlingshilfe, sollten ihrer Ansicht nach stärker unterstützt und gefördert werden. Zudem sprach sich Crickley für eine nationale Sinti-und-Roma-Strategie aus.

Aus den Reihen der Unionsfraktion stieß das Urteil des UN-Ausschusses, Deutschland "versage" im Umgang mit Zugewanderten und Minderheiten, auf Unverständnis. Natürlich gebe es Lücken, aber Deutschland handle nach bestem Wissen und Gewissen, betonte eine Vertreterin der Fraktion. Fundament des Handelns sei Artikel 1 Satz 1 des Grundgesetzes ("Die Würde des Menschen ist unantastbar"). Außerdem könne angesichts der großen Zahl der Flüchtlinge, die innerhalb weniger Monate nach Deutschland gekommen sei, nicht alles sofort glatt laufen.

Die Fraktionen von SPD und Linken verwiesen unter anderem auf das Problem des sogenannten Racial Profiling, bei dem das äußerliche Erscheinungsbild, etwa die Hautfarbe oder die Gesichtszüge einer Person, als Entscheidungsgrundlage für polizeiliche Maßnahmen herangezogen werden. Hier gebe es noch viel Handlungsbedarf, betonten Vertreter beider Fraktionen.

Ein Abgeordneter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen merkte an, zwar gebe es viele Länder, in denen die Lage schlimmer sei als in Deutschland. Dennoch müssten Defizite im Umgang mit Rassismus klar angesprochen werden. So würde in einigen Ländern schlecht über Flüchtlinge gesprochen, aber nur in wenigen würden so viele Flüchtlingsheime angezündet.

*

3. Förderung von Mannschaftssportarten

Sport/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Im Rahmen der Neuausrichtung der Sportförderung wird ein auf Mannschaftssportarten abgestimmtes Fördermodell benötigt. In dieser Forderung waren sich die zu einer Sitzung des Sportausschusses am Mittwoch geladenen Vertreter vom Deutschen Handballbund (DHB), dem Deutschen Volleyball-Verband (DVV), dem Deutschen Schwimm-Verband (DSV), dem Deutschen Basketball Bund (DBB) und dem Deutschen Behindertensportverband (DBS) einig.

Spielsportarten seien oft das "Salz in der Suppe", sagte DSV-Präsidentin Christa Thiel. Die Wasserballteams etwa würden sowohl bei Olympischen Spielen aber auch bei Weltmeisterschaften ein emotionales Bindeglied des DSV-Teams sein. Thiel machte deutlich, dass die aktuelle Förderung nicht ausreichend sei. Den Männerteams stünden 260.000 Euro zur Verfügung - den Frauenteams 110.000 Euro. Benötigt würde aber jeweils mindestens 430.000 Euro.

In vielen Spielsportarten wie etwa Wasserball, Handball oder Volleyball sei es als europäisches Team schon extrem schwierig, sich für Olympische Spiele zu qualifizieren, sagte DHB-Generalsekretär Mark Schober. Die staatliche Fördersumme pro Jahr, so Schober, liege bei etwa zehn Prozent des DHB-Haushaltes. Investitionen in Personal und auch individuelle Ausbildung der Spieler funktioniere aber nur bei entsprechender Förderung. Im Handball, so Schober, würden die Spieler nicht zu Millionären. Daher spielten auch Möglichkeiten der Dualen Karriere eine wichtige Rolle.

Am Bundesstützpunktsystem müsse unbedingt festgehalten werden, forderte DVV-Präsident Michael Evers. Das sei alternativlos, sagte er. Auch Evers sprach sich für eine gesonderte Stellung der Ballsportarten im Konzept der künftigen Sportförderung aus. Als positiv bewertet er die mit der Deutschen Volleyball-Liga getroffene Vereinbarung, dass sowohl bei Männern wie bei Frauen die Juniorennationalteams am Ligabetrieb teilnehmen können.

Der DBB unterstütze den Reformprozess im Leistungssport, machte DBB-Präsident Ingo Weiss deutlich. Es werde aber ein eigenes Konzept für Spielsportarten benötigt. Im Bereich des Behindertensports gebe es keine professionellen Sportarten, sagte Karl Quade, Vizepräsident Leistungssport beim DBS. Sein Verband gebe ein Drittel des Gesamtbudgets für Spielsportarten aus, was einen Betrag von "knapp unter einer Million Euro" ausmache. Das Geld werde für Training und die Teilnahme an internationalen Wettkämpfen eingesetzt.

Auch Dirk Schimmelpfennig, Vorstand Leistungssport beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), betonte den hohen Wert der Mannschaftsportarten für die Gesamt-Olympiamannschaft, auch wenn die Teams jeweils nur eine Medaille erringen könnten. Schimmelpfennig ging ebenfalls auf die Schwierigkeiten ein, sich als europäisches Team für Olympia zu qualifizieren. Den Handballern sei dies durch den Europameisterschaftstitel gelungen. Basis dafür sei ein äußerst knapper Sieg nach Verlängerung im Halbfinale gewesen. Die Basketballer hätten ebenso wie die Volleyballer die entscheidenden Spiele hingegen knapp verloren, während die Hockeyfrauen die Olympiateilnahme einem Sieg im Penaltyschießen zu verdanken hätten.

Schimmelpfennig sagte weiter, Teams sollten künftig gefördert werden, solange eine realistische Chance für die Olympiaqualifikation besteht. Gleichzeitig machte er deutlich, dass die Sportspielarten differenziert betrachtet werden müssten und auch sehr unterschiedlich gefördert würden.

*

4. Abgeordnete informieren sich über Regionalflughäfen

Tourismus/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) In den Augen einer kritischen Öffentlichkeit stehen Regionalflughäfen nicht durchweg in hohem Ansehen. Warum nach Nordhessen, Ostwestfalen oder ins Allgäu fliegen, wenn es auch die Bahn gibt? Im Tourismusausschuss war am Mittwoch Gelegenheit, das Bild etwas zurechtzurücken. Über die "Bedeutung von Regionalflughäfen für den Tourismus" hörten die Abgeordneten Experten des Flughafenverbandes ADV, der Lufthansa, einen Fremdenverkehrsmanager und den Geschäftsführer des Flughafens Saarbrücken.

"Es ist nicht so, wie manchmal in der Zeitung steht, dass Regionalflughäfen Milliardengräber sind", betonte etwa Heike van Hoorn als Vertreterin des ADV. Für die zwölf deutschen Flughäfen, die jeweils weniger als drei Millionen Passagiere im Jahr abfertigen und damit nach Definition der EU regionalen Charakter haben, belaufen sich nach ihren Worten die Zuwendungen aus Landesmitteln auf jährlich 80 Millionen Euro. Das seien 38 Cent pro Passagier, rechnete van Hoorn vor. Für alle Regionalflughäfen gilt zudem die Vorgabe der Europäischen Union, dass sie spätestens von 2024 an ohne öffentliche Mittel auszukommen haben. Sie hätten damit "eine klare Perspektive, in die Wirtschaftlichkeit hineinzuwachsen - oder auch nicht", sagte van Hoorn.

Dem bis auf weiteren noch gegebenen Subventionsbedarf stehen nach ihren Worten vielfältige Funktionen auch kleinerer Flughäfen gegenüber - als Zubringer für den regionalen Tourismus, für die Anbindung der Region an die großen Drehkreuze des Flugverkehrs, aber auch für die allgemeine Luftfahrt: Geschäftsreisen, Kranken- und Organtransporte, Schulungs- und Forschungsflüge. Die Expertin wies auch darauf hin, dass sich zwischen 2008 und 2014 das Durchschnittsalter der Fluggäste in Deutschland von 41 Jahren auf 43 erhöht habe und im Zuge des demographischen Wandels weiter steigen werde. Gerade ältere Passagiere wüssten es aber zu schätzen, einen überschaubaren Flughafen in Nähe des Wohnorts zu haben. Wenn überdies bis 2030 das Passagieraufkommen in Deutschland auf über 300 Millionen steigen werde, könnten Regionalflughäfen zur Entlastung beitragen.

Aus der Praxis einer Fremdenverkehrsregion berichtete Bernhard Joachim, Geschäftsführer des Tourismus-Managements im Allgäu. Seit 2007 gibt es hier den von der heimischen Wirtschaft getragenen "Allgäu Airport Memmingen", der derzeit 900.000 Passagiere im Jahr abfertigt, zu 40 Prozent einfliegende Urlauber, zu 60 Prozent ausfliegende Reisende. Allein der einfliegende Verkehr generiere für die Region eine jährliche Wertschöpfung von 150 Millionen Euro, die zur Hälfte auf das Allgäu, zur anderem Hälfte auf benachbarte Gegenden Bayerns und Baden-Württembergs entfalle.

"Wir sind mit den Regionalflughäfen nicht im Krieg", betonte Jan-Philipp Görtz von der Deutschen Lufthansa. Dass sein Konzern in Deutschland am liebsten nur einige wenige große Flughäfen hätte, "ist überhaupt nicht der Fall". Allerdings sehe die Lufthansa die Subventionspraxis kritisch, weil sie Wettbewerbsverzerrungen befürchte.

Konsolidierungserfolge meldete der Geschäftsführer des Flughafens Saarbrücken Thomas Schuck. Bereits jetzt liege das Defizit unter zwei Millionen, die "schwarze Null" werde 2020 erreicht. Ein Alleinstellungsmerkmal habe Saarbrücken als der "französischste Flughafen in Deutschland" mit 20 Prozent Passagieren von jenseits der Grenzen.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 389 - 22. Juni 2016 - 17.41 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang