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BUNDESTAG/5702: Heute im Bundestag Nr. 216 - 15.04.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 216
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 15. April 2016, Redaktionsschluss: 09.43 Uhr

1. Verfassungsschützer beklagt Enthüllungen
2. Syphilis weiter auf dem Vormarsch
3. Zugfunksystem fast überall verfügbar
4. Keine Schleusen gesperrt


1. Verfassungsschützer beklagt Enthüllungen

1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Der Verfassungsschutz sieht sich als Leidtragender der Enthüllungen des US-Geheimdienst-Dissidenten Edward Snowden. Seither sei seine Behörde in der Öffentlichkeit dem Vorwurf "ungebremster Überwachung und Ausspähung der Privatsphäre unverdächtiger Bundesbürger" ausgesetzt, klagte Ulrich Berzen, Leiter der Abteilung 3 im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), vor dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA). Auch hätten nach der Veröffentlichung der Snowden-Dokumente "Personen mit extremistischen Bestrebungen" ein zunehmend konspiratives Verhalten an den Tag gelegt, was ihre Beobachtung erschwere. Der 57-jährige Berzen ist Jurist und ehemaliger Kriminalbeamter. Beim Verfassungsschutz wurde er 2007 Referats-Gruppenleiter. An der Spitze der für Abhörmaßnahmen zuständigen Abteilung 3 steht er seit Mai 2013.

In Berzens Abteilung war die "Arbeitsgruppe Poseidon" angesiedelt, die seit Herbst 2012 die Einführung der Spionagesoftware XKeyscore im BfV vorbereitete. Der Name "Poseidon" für das Projekt gehe auf einen Wunsch der amerikanischen National Security Agency (NSA) zurück, die XKeyscore entwickelt und dem Verfassungsschutz überlassen hatte. Offenbar sei die NSA daran interessiert gewesen, "dass die Herkunft des Systems nicht auf sie zurückzuführen war", mutmaßte der Zeuge. Nach seiner Darstellung war es die beim Verfassungsschutz für die Beobachtung radikalislamischer Bestrebungen zuständige Abteilung 6, die den Erwerb der Spionagesoftware angebahnt hatte. Diese Abteilung sei ihres Aufklärungsanliegens wegen in besonderem Maße international vernetzt und führe unter anderem mit der NSA "routinemäßige Fachgespräche". Bei einer dieser Gelegenheiten habe die NSA im März 2011 vorgeschlagen, dem Verfassungsschutz XKeyscore zu überlassen.

Das Interesse eines amerikanischen Geheimdienstes an der technischen Ertüchtigung deutscher Sicherheitsbehörden liegt für Berzen auf der Hand. Vor dem Ausschuss erinnerte er daran, dass die Anschläge des 11. September 2001 in Hamburg vorbereitet worden waren. Auch die radikalislamische "Sauerland-Gruppe", die mit amerikanischer Hilfe 2007 dingfest gemacht werden konnte, habe Anschläge auf US-Ziele in Deutschland geplant. Schließlich habe 2008 ein radikalislamischer Einzeltäter einen tödliches Attentat auf US-Soldaten am Frankfurter Flughafen verübt. Natürlich habe sich die NSA von der Zusammenarbeit mit dem BfV "auch Daten versprochen", räumte Berzen ein. Es sei der deutschen Seite aber gelungen, den Hinweis, dass die Weitergabe von Erkenntnissen nur nach Maßgabe deutschen Rechts möglich sei, in die Kooperationsvereinbarung "hineinzuverhandeln".

XKeyscore, das als besonders leistungsstarkes Instrument zur Auswertung von Telekommunikationsdaten gilt, läuft seit drei Jahren beim Verfassungsschutz im Testbetrieb. Das bedeute, erläuterte Berzen, dass bisher nur eine sehr geringe Datenmenge eingespeist werde. Im Anfang waren es drei Überwachungsvorgänge, die das System bearbeitet habe, mittlerweile seien es sieben. Dabei betreibe der Verfassungsschutz im Durchschnitt über 50 gesetzlich genehmigte Abhörmaßnahmen gleichzeitig. Derzeit laufe XKeyscore auf einem Server mit nur vier angeschlossenen Arbeitsstationen in einem abgeschirmten Bereich der Berliner BfV-Niederlassung. Sein Wunsch sei, das System möglichst bald regulär nutzen zu können, und zwar dauerhaft, denn er halte seinen "Mehrwert" für erwiesen, betonte Berzel. Bisher sei aber die Sicherheitsüberprüfung noch nicht abgeschlossen.

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2. Syphilis weiter auf dem Vormarsch

Gesundheit/Unterrichtung

Berlin: (hib/PK) Die Zahl der an Syphilis erkrankten Menschen in Deutschland ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Wie aus einer Unterrichtung der Bundesregierung an den Bundestag (18/8058) hervorgeht, wurden 2014 rund 5.700 Syphilis-Infektionen gemeldet. 2001 waren es noch rund 2.000 Fälle.

Nach einem zwischenzeitlich leichten Rückgang steigen die Fallzahlen seit2010 wieder deutlich an. Betroffen von der sexuell übertragbaren Krankheit sind aufgrund spezieller Sexualpraktiken und -gewohnheiten überwiegend Männer.

Mit der HIV/Aids-Bekämpfungsstrategie sei es gelungen, die Infektionen in Deutschland auf einem niedrigen Niveau zu halten. Es sei aber nicht gelungen, in der Öffentlichkeit für andere sexuell oder durch Blut übertragbare Infektionskrankheiten wie etwa Hepatitis B und C das gleiche Risikobewusstsein zu schaffen. Uns so seien anders als bei HIV die Neuinfektionszahlen etwa bei Syphilis in den vergangenen Jahren sowohl in Deutschland als auch in europäischen Nachbarländern stark gestiegen.

Sexuell übertragbare Infektionen seien oft gut behandelbar, aber mit Scham und Stigma verbunden, heißt es in der Unterrichtung weiter. Betroffene Menschen würden häufig ausgegrenzt und diskriminiert. Nur wenn es gelinge, ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, das dem entgegenwirke, könne einer Ausbreitung wirksam begegnet werden.

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3. Zugfunksystem fast überall verfügbar

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/MIK) Das Zugfunksystem GSM-R ist auf rund 29.000 Kilometer des insgesamt mehr als 33.000 Kilometer umfassenden Streckennetzes der DB Netz AG installiert und vom Eisenbahn-Bundesamt abgenommen worden. Dies schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/8054) auf einer kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/7813). Die Verfügbarkeit des GSM-R im Netz sei nach Auskunft der DB Netz AG auf etwa 250 Abschnitten mit schwankender Ausdehnung in der Größenordnung von wenigen Hektometern eingeschränkt, heißt es weiter.

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4. Keine Schleusen gesperrt

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/MIK) Am Rhein, Rhein-Herne-Kanal, Wesel-Datteln-Kanal, Datteln-Hamm-Kanal, an Ruhr, Mosel und an der Saar sind gegenwärtig keine Schleusenanlagen gesperrt. Dies schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/8036) auf eine kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/7951) zum Zustand der Schleusen, Wehre und Brücken an Bundeswasserstraßen in Westdeutschland

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 216 - 15. April 2016 - 09.43 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. April 2016

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