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BUNDESTAG/5497: Heute im Bundestag Nr. 011 - 11.01.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 011
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 11. Januar 2016, Redaktionsschluss: 16.35 Uhr

1. Anhörung zu Auskunftsnachweis
2. Änderungen bei Krediten verlangt


1. Anhörung zu Auskunftsnachweis

Inneres/Anhörung

Berlin: (hib/STO) Der von der schwarz-roten Regierungskoalition vorgelegte Gesetzentwurf zur schnelleren Registrierung von Asyl- und Schutzsuchenden sowie unerlaubt Eingereisten (18/7043) stößt bei Experten auf unterschiedliche Einschätzungen. Dies wurde am Montag bei einer Sachverständigenanhörung des Innenausschusses deutlich. Die Vorlage sieht zudem vor, dass die in diesem Zusammenhang erfassten Informationen den zuständigen Stellen elektronisch zur Verfügung gestellt werden. Ferner sollen die Asylsuchenden eine mit fälschungssicheren Elementen ausgestaltete Bescheinigung erhalten, den sogenannten Ankunftsnachweis. Er soll grundsätzlich Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen und die Stellung eines Asylantrages sein.

Zu den schon heute zu speichernden "Grundpersonalien" wie Namen, Geburtsdatum und -ort sollen dem Entwurf zufolge für Asyl- und Schutzsuchende sowie unerlaubt Eingereiste künftig weitere Daten gespeichert werden. Dazu zählen etwa die bei der erkennungsdienstlichen Behandlung erhobenen Fingerabdruckdaten, das Herkunftsland und Informationen zu Gesundheitsuntersuchungen und Impfungen. Bei Asyl- und Schutzsuchenden sollen zudem Informationen zu Schulbildung, Berufsausbildung sowie sonstige Qualifikationen gespeichert werden, die für die schnelle Integration und Arbeitsvermittlung erforderlich sind.

Diese Daten sollen ein "Kerndatensystem" bilden, auf das die am Asylverfahren beteiligten Behörden im Falle ihrer Zuständigkeit zurückgreifen können. Die Daten sollen nicht erst bei der Stellung eines Asylantrages, sondern nach Möglichkeit bereits beim ersten Kontakt erhoben und zentral gespeichert werden. Um Doppelregistrierungen zu verhindern, werden alle zur Registrierung befugten Stellen zudem mit einem Fingerabdruck-Schnell-Abgleichsystem ausgerüstet, mit dem sie unverzüglich feststellen können, ob zu einer Person bereits Daten vorhanden sind.

Wie aus der Vorlage weiter hervorgeht, sollen allen öffentlichen Stellen die "im Rahmen der Aufgabenerfüllung erforderlichen Informationen aus dem Kerndatensystem" zur Verfügung gestellt werden. Dies betrifft laut Bundesinnenministerium neben den Sicherheitsbehörden insbesondere das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die Aufnahmeeinrichtungen, die Ausländerbehörden, die Asylbewerberleistungsbehörden, die Bundesagentur für Arbeit, die für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Stellen sowie die Meldebehörden.

Diethelm Gerhold von der Behörde der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sagte in der Anhörung, mit dem Entwurf sollten sowohl der Umfang der im Ausländerzentralregister (AZR) zu speichernden Daten als auch der Kreis der zugriffsberechtigten Stellen stark erweitert werden. Zwar sei die Erhebung und zentrale Speicherung dieser Daten vor dem Hintergrund des Ziels der Verfahrensbeschleunigung nachvollziehbar, doch müssten zentrale Grundsätze des Datenschutzes gewahrt bleiben. Dazu zählten auch die Datenvermeidung und -sparsamkeit. Es bedürfe daher einer genauen Prüfung, welche Daten für die Durchführung des Asylverfahrens und die spätere Integrationsarbeit erforderlich sind.

Engelhard Mazanke vom Berliner Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten verwies darauf, dass bisher nach dem Asyl- und Aufenthaltsrecht grundsätzlich Personen unter 14 Jahren nicht erkennungsdienstlich behandelt werden dürften. Künftig sei dagegen vorgesehen, dass diese Betroffenen durch Erstellung eines Lichtbildes erkennungsdienstlich behandelt werden sollen. Aus seiner praktischen Sicht als Leiter der größten Ausländerbehörde Deutschlands habe er Zweifel, ob dies tatsächlich notwendig sei. Mazanke hob zugleich hervor, dass der neue Ankunftsnachweis künftig von der zuständigen Aufnahmeeinrichtung oder dem BAMF ausgestellt werden solle. Diese Aufnahmeeinrichtung werde aber erst nach dem Verteilverfahren zuständig und sei "nicht die erste Aufnahmeeinrichtung". Dies werde zur Folge haben, "dass wir anders als bisher drei verschiedene Bescheinigungen ausstellen und die bis zu zehnmal verlängern müssen". warnte Mazanke.

Markus Richter vom BAMF sagte, sein Haus begrüße den Gesetzentwurf ausdrücklich. Er verwies unter anderem darauf, dass mit dem Gesetz auch die Steuerung der Migranten verbessert werden solle. Mit der Neuregelung solle erreicht werden, dass die Flüchtlinge sich nicht mehr teilweise selbst einen Aufenthaltsort wählen, "sondern angeleitet sind, dorthin zu gehen, wo sie nach der Verteilung auch vorgesehen sind".

Auch Heinrich Ringkamp, Abteilungsleiter im Bundesverwaltungsamt, begrüßte die Vorlage. Das Gesetz werde auch dazu beitragen, "dass die Schutzsuchenden und die Asylbewerber frühzeitig auch sicherheitsüberprüft werden können". Dies werde für alle beteiligten Stellen "ein erheblicher Mehrwert" sein.

Hans-Hermann Schild, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Wiesbaden, sprach von der "größten und bis jetzt einschneidendsten Änderung im AZR". Dabei sollte man zum einen auch an die Zweckbindung denken und zum anderen an Verantwortlichkeiten mit Blick auf Löschungsfristen. Im Gesetz müsste genauer konkretisiert werden, welche Daten wann von wem gelöscht werden.

Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund wertete den Gesetzentwurf grundsätzlich als "weiteren, richtigen Schritt zu dem Ziel, die Asylverfahren zu beschleunigen und effizienter zu gestalten". Insbesondere begrüßte er die Regelung zur Schaffung eines Kerndatensystems sowie die "notwendige Erweiterung der Speichersachverhalte" im AZR und die Möglichkeit, dass etwa die Bundesagentur für Arbeit oder die Meldebehörden auf eine einheitliche Datenbasis zurückgreifen können. Lübking plädierte zugleich dafür, dass auch die Gesundheits- und die Jugendämter ein Zugriffsrecht auf das Kerndatensystem erhalten.

Kay Ruge vom Deutschen Landkreistag sprach sich ebenfalls dafür aus, den Gesundheits- und den Jugendämtern von Anfang an einen solchen Zugriff einzuräumen. Er betonte zugleich, dass das Gesetz insgesamt notwendig sei. Die Liste der zu speichernden Daten sei grundsätzlich richtig und der damit verbundene zusätzliche Aufwand gerechtfertigt.

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2. Änderungen bei Krediten verlangt

Finanzen/Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Mehrere Sachverständige haben sich für Änderungen bei den Regelungen für Darlehen im Zusammenhang mit der Fonds-Gesetzgebung ausgesprochen. In einer Anhörung des Finanzausschusses am Montag begrüßte die Branche grundsätzlich die von der Bundesregierung geplante weitere Umsetzung europäischen Rechts, die dazu den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli1 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmten Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und die Sanktionen (18/6744) vorgelegt hat.

Der Fondsverband BVI erklärte, die Richtlinienumsetzung sei "gut und weitgehend zielgenau" gelungen. Begrüßt wurden auch weitere im Gesetzentwurf vorgesehene Maßnahmen wie die Möglichkeit der Kreditvergabe durch geschlossene Fonds. Allerdings sprach sich der BVI dafür aus, dass von Fonds gehaltene unverbriefte Darlehensforderungen nachträglich geändert werden können. Dies wird vom Gesetzentwurf ausgeschlossen. Dieses Verbot werde die Attraktivität von Investitionen durch offene Spezial-Alternative Investmentfonds (AIF) in unverbriefte Darlehensforderungen deutlich reduzieren "und damit die wirtschaftspolitisch erwünschte Belebung der Infrastrukturfinanzierung erheblich schwächen".

Auch der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft wies auf die Bedeutung der Investitionen in reine Kreditfonds hin. Das sei eine notwendige Voraussetzung dafür, dass Versicherer über Fondsinvestments zielgerichtet Anlagen in Infrastruktur tätigen könnten. Die Versicherungsbranche sprach sich ebenfalls für Änderungsmöglichkeiten an unverbrieften Darlehensforderungen aus. Die Arbeitsgemeinschaft betriebliche Altersversorgung erklärte in ihrer Stellungnahme, auch offene Spezial-AIF ohne Banklizenz sollten die Möglichkeit zur Änderung von Darlehensbedingungen erhalten: "Die Förderung von Infrastrukturinvestitionen ist auch politisch gewollt und sollte daher nicht durch die Regulierungspraxis konterkariert werden."

Diese Position wurde auch vom Bundesverband Alternative Investments vertreten. Die offenen Spezial-AIF müssten die Möglichkeit haben, die Darlehen auch zu verwalten, zum Beispiel durch Prolongation oder Restrukturierung. Der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften regte an, auf die vorgesehenen Begrenzungen für Gesellschafterdarlehen zu verzichten. Diese sollen der Höhe nach begrenzt werden. Das nannte der Verband nicht nachvollziehbar, "denn Gesellschafterdarlehen weisen im Vergleich zum Eigenkapital keine zusätzlichen Risiken auf und erforderten auch nicht zusätzliche Verhaltensanforderungen". Der Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen hob die Bedeutung von Gesellschafterdarlehen für institutionelle Investoren hervor.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Deutsche Bundesbank begrüßten den Entwurf grundsätzlich. Die Bundesbank riet aber dazu, bei der Regulierung der Kreditfonds darauf zu achten, dass der Ausnutzung etwaiger Vorteile insbesondere gegenüber der Regulierung von Banken entgegengewirkt werde. Durch zusätzliche Kreditvergabe von Fonds oder eine Verlagerung von Banken zu Fonds dürfe es keine zusätzlichen Risiken geben. Nach Beobachtungen der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger hat die Kreditvergabe durch Nichtbanken bereits explosionsartig zugenommen.

Starke Kritik kam von Rechtsanwalt Peter Mattil, der geschädigte Anleger vertritt. Er bezeichnete Darlehen als klassische Bankgeschäfte. Darlehen sei keine Investments und für Publikumfonds ungeeignet. Durch die OGAW-Gesetzgebung komme es zu einem Rückschritt beim Verbraucherschutz. Mattil befürchtete, dass ein AIF geneigt sein könnte, nicht allzu strenge Maßstäbe an eine Darlehensvergabe anzulegen, da der Verlust das Kapital der Kleinanleger treffen würde. Rechtsanwalt Klaus Rotter empfahl eine Gesetzesänderung, um Derivate mit einzubeziehen. Vom Begriff des Investmentvermögens sollten auch strukturierte Anleihen, insbesondere Zertifikate, erfasst werden. Rotter erklärte, Anleger würden beim Vertrieb von Zertifikaten regelmäßig über das tatsächlich vorhandene Ausfallrisiko getäuscht.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 011 - 11. Januar 2016 - 16.35 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Januar 2016

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