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BUNDESTAG/5259: Heute im Bundestag Nr. 459 - 21.09.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 459
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 21. September 2015, Redaktionsschluss: 10.21 Uhr

1. Anti-Schleuser-Einsatz im Mittelmeer
2. Zusammenarbeit von Geheimdiensten
3. Missbrauch von Chemikalien
4. Strategien gewaltbereiter linker Szene
5. Politisch rechts motivierte Straftaten
6. Wahlrecht für Behinderte


1. Anti-Schleuser-Einsatz im Mittelmeer

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Bundeswehr soll verstärkt gegen Schleuser und Menschenschmuggel im südlichen und zentralen Mittelmeer vorgehen. "Der Tod von Tausenden von Flüchtlingen, die in den letzten Monaten versucht haben, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, hat deutlich gemacht, dass es einer gesamteuropäischen Anstrengung bedarf, um eine Antwort auf die vielfältigen Herausforderungen der Migrationsbewegungen in Richtung Europa zu geben", schreibt die Bundesregierung in einem Antrag (18/6013) zur Beteiligung der Bundeswehr an der EU-Operation EUNAVFOR MED, der am kommenden Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht.

Mit der Ausweitung der Mission sollen bis zu 950 Bundeswehrsoldaten nicht nur im Rahmen der Seeraumüberwachung und -aufklärung die "Aufdeckung und Beobachtung von Migrationsnetzwerken unterstützen", sondern auch "auf Hoher See Schiffe anhalten und durchsuchen, beschlagnahmen und umleiten, bei denen der Verdacht besteht, dass sie für Menschenschmuggel oder Menschenhandel benutzt werden". Zudem gelte für alle im Rahmen von EUNAVFOR MED eingesetzten Schiffe die völkerrechtliche Verpflichtung zur Hilfeleistung für in Seenot geratene Personen fort.

Das Einsatzgebiet der Operation erstreckt sich laut Antrag über die Meeresgebiete südlich Siziliens vor der Küste Libyens und Tunesiens innerhalb der Region des mittleren und südlichen Mittelmeers. Hinzu komme der Luftraum über diesen Gebieten. Ausgenommen seien Malta sowie das umschließende Seegebiet innerhalb von 25 nautischen Meilen und die Territorialgewässer sowie das Festland Libyens. Das Mandat soll bis Ende Oktober 2016 gelten, die Kosten werden mit 42,3 Millionen Euro beziffert.

Die Bundesregierung beruft sich in ihrem Antrag auf das Völkerrecht, "einschließlich des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen von 1982, des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität vom 15. November 2000, und des Zusatzprotokolls gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land-, See- und Luftweg zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität vom 15. November 2000" sowie auf die Beschlüssen des Rates der Europäischen Union vom 18. Mai 2015 und 22. Juni 2015 (GASP 2015/778 und 2015/972).

Die Bundesregierung betont, dass der Einsatz ein Bestandteil einer Gesamtinitiative der EU zur Unterbindung des Menschenschmuggels im Mittelmeer sei. Das militärische Engagement Deutschlands im Rahmen von EUNAVFOR MED gliedere sich zudem in die bisherigen Bemühungen der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe in Herkunfts- und Transitländern ein. "Angesichts der zunehmenden Konzentration von circa einer Million Flüchtlingen in Libyen (insbesondere aus Ägypten, Niger, Sudan, Nigeria, Bangladesch, Syrien, Mali, Gambia, Senegal, Tschad) zielen neben den zum Teil umfangreichen Länderprogrammen der Entwicklungszusammenarbeit auch die Sonderinitiativen 'Fluchtursachen bekämpfen, Flüchtlinge reintegrieren' und die 'Entwicklung und Stabilisierung Nordafrika-Nahost' darauf ab, die Perspektiven der Menschen in ihren Heimatländern zu erhalten und den Druck zu mindern, die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer aufzunehmen", schreibt die Bundesregierung. EUNAVFOR MED diene als ein Beitrag zur Bekämpfung der humanitären Katastrophe im Mittelmeerraum. "Eine nachhaltige Lösung des Problems wird aber neben der Stabilisierung Libyens eine Verbesserung der sozio-ökonomischen Lebensumstände insbesondere in den Krisenländern Subsahara-Afrikas erfordern."

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2. Zusammenarbeit von Geheimdiensten

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Zusammenarbeit deutscher und ausländischer Geheimdienste ist ein Thema der Antwort der Bundesregierung (18/5967) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/5852). Wie die Regierung darin ausführt, hat das Bundesamt für Verfassungsschutz "vor dem Hintergrund der seit Jahren abstrakt hohen Gefahr eines terroristischen Anschlags in Deutschland, aber auch mit Blick auf die fortgesetzt instabile Sicherheitslage weltweit, seine internationale Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten intensiviert".

Der Bundesnachrichtendienst (BND) arbeite im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags zur Gewinnung der Erkenntnisse über das Ausland grundsätzlich auch mit einer Vielzahl ausländischer Nachrichtendienste zusammen, heißt es in der Antwort weiter. Der BND übermittele dabei "im gesetzlich vorgegebenen Rahmen Informationen zu Themen von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung, die personenbezogene Daten enthalten können, an ausländische Nachrichtendienste beziehungsweise an andere ausländische öffentliche Stellen". Entsprechendes gelte für den Militärischen Abwehrdienst (MAD).

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3. Missbrauch von Chemikalien

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um "gefährliche Chemikalien und andere Ausgangsstoffe, die für die illegale Herstellung von Explosivstoffen missbraucht werden können", geht es in der Antwort der Bundesregierung (18/5968) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/5854). Danach teilt die Bundesregierung "die Sorge, dass durch Zugriff auf allgemein zugängliche Chemikalien und Verbraucherprodukte Terroristen mit dem entsprechenden Know-how in der Lage sind, Sprengsätze herzustellen und dadurch Leben und Gesundheit der Bürger zu gefährden". Weiter schreibt die Bundesregierung unter anderem, dass sie es für erforderlich halte, die Mitarbeiter in Fachgeschäften wie etwa Baumärkten oder Drogerien "für die 'Gefahr der missbräuchlichen Verwendung der von ihnen vertriebenen Explosivstoffgrundstoffe ausdrücklich zu sensibilisieren".

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4. Strategien gewaltbereiter linker Szene

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um ein "Projekt zu Strategien der sogenannten gewaltbereiten linken Szene im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum" geht es in der Antwort der Bundesregierung (18/5966) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/5849). Wie die Fraktion darin schrieb, haben im Vorfeld des G7-Gipfels "Polizeibehörden und Inlandsgeheimdienste ein Projekt über Strategien der so genannten gewaltbereiten linken Szene in Deutschland durchgeführt". Wissen wollten die Abgeordneten unter anderem, ob es "aus Sicht der Bundesregierung bei den im Rahmen des Projekts ausgewerteten 30 Demonstrationen zu einer Gefährdung des Staatswohls" kam.

Der Antwort der Bundesregierung zufolge kam es im Verlauf der im Rahmen des Analyseprojekts ausgewerteten Demonstrationen "zu teils schweren Straftaten und Ausschreitungen, die als solche jedenfalls eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellten". Auf Grundlage dieser Erfahrungswerte müsse auch in der Zukunft bei einzelnen Versammlungslagen mit Beteiligung von Angehörigen der gewaltbereiten linken Szene ein unfriedlicher Verlauf in Betracht gezogen werden.

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5. Politisch rechts motivierte Straftaten

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) In Deutschland sind im Juli dieses Jahres 51 Menschen infolge politisch rechts motivierter Straftaten verletzt worden. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (18/5954) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/5838) hervor.

Danach wurden für Juli 2015 vorläufigen Zahlen zufolge insgesamt 1.146 solcher Straftaten gemeldet, darunter 76 Gewalttaten. Die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen beläuft sich laut Vorlage auf 590. 17 männliche und eine weibliche Tatverdächtige seien vorläufig festgenommen worden. Wie es in der Antwort weiter heißt, wurde kein Haftbefehl erlassen.

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6. Wahlrecht für Behinderte

Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um das Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen geht es in der Antwort der Bundesregierung (18/5933) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/5833). Wie die Bundesregierung darin ausführt, haben Behinderte in Deutschland "selbstverständlich das aktive und passive Wahlrecht, also das Recht zu wählen und bei Wahlen zu kandidieren". Nach Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention garantierten die Vertragsstaaten Menschen mit Behinderungen die politischen Rechte sowie die Möglichkeit, diese gleichberechtigt mit anderen zu genießen.

Weiter schreibt die Bundesregierung, dass nach ihrer langjährigen Auffassung die gesetzlich festgeschriebenen Ausnahmen vom Wahlrecht im Einklang mit der UN-Behindertenrechtskonvention stünden. Wahlrechtsausschlüsse von Behinderten kenne das deutsche Recht nicht. Die Wahlrechtsausschlüsse nach Paragraf 13 des Bundeswahlgesetzes knüpften nicht an das Vorliegen einer Behinderung an. Vom Wahlrecht ausgeschlossen seien danach Personen, für die vom Betreuungsgericht dauerhaft für alle Angelegenheiten ein Betreuer bestellt werden musste, weil sie keine ihrer Angelegenheiten selbst besorgen können. Zudem seien vom Wahlrecht diejenigen Personen ausgeschlossen, die sich " in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden, weil sie in einem Zustand der Schuldunfähigkeit eine rechtswidrige Tat begangen haben und das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat, weil von ihnen infolge ihres Zustands erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und sie deshalb für die Allgemeinheit gefährlich sind".

Wie aus der Antwort ferner hervorgeht, halten die Verbände behinderter Menschen und auch das Deutsche Institut für Menschenrechte diese Wahlrechtsausschlüsse für nicht vereinbar mit der UN-Behindertenrechtskonvention und forderten bereits in der vergangenen Legislaturperiode ihre Streichung. Die Diskussion habe allerdings gezeigt, dass es über den genannten Personenkreis wenige belastbare Fakten gibt. Die Bundesregierung habe daher beschlossen, eine Studie in Auftrag zu geben, in der die tatsächliche Situation behinderter Menschen bei der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts untersucht und Handlungsempfehlungen für eine verbesserte Partizipation von Behinderten entwickelt werden.

Im Dezember 2013 wurde den Angaben zufolge eine Arbeitsgemeinschaft mehrerer Wissenschaftler mit der Durchführung der Studie beauftragt. Ziel der Studie sei es zu erfahren, welche Personenkreise von den Wahlrechtsausschlüssen in welchem Ausmaß betroffen sind. Des Weiteren solle die Studie unter anderem klären, ob die Anknüpfung von Wahlrechtsausschlüssen an die dauerhafte richterliche Anordnung der Betreuung in allen Angelegenheiten beziehungsweise an die "richterliche Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen einer im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen rechtswidrigen Tat und vom Täter aufgrund seines Zustandes ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit" in praktischer und rechtlicher Hinsicht erforderlich und gerechtfertigt ist. Die Ergebnisse der Studie sollten in einen internationalen Vergleich gesetzt werden und dem Bundestag und der Bundesregierung als wissenschaftliche Grundlage für die Beantwortung der Frage dienen, "ob insbesondere vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention mit Blick auf die Ausübung des Wahlrechts (gesetzlicher) Handlungsbedarf besteht". Die Ergebnisse der Studie werden laut Vorlage Anfang 2016 erwartet.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 459 - 21. September 2015 - 10.21 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. September 2015

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