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BUNDESTAG/5112: Heute im Bundestag Nr. 313 - 17.06.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 313
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 17. Juni 2015, Redaktionsschluss: 11.25 Uhr

1. EU-Rechtshilfe bei Haftstrafen
2. Zustimmung für Bürokratieabbau


1. EU-Rechtshilfe bei Haftstrafen

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Berlin: (hib/SCR) Im Ausland verurteilte Deutsche sollen künftig leichter ihre Haftstrafe in der Bundesrepublik absitzen können. Die Regelung soll auch für Ausländer gelten, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in Deutschland haben. Einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/4347) verabschiedeten die Mitglieder des Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am Mittwochmorgen in geänderter Fassung mit Stimmen der Koalitionsfraktionen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich. Die Fraktion Die Linke stimmte gegen den Entwurf.

Mit dem Gesetzentwurf werden Rahmenbeschlüsse der Europäischen Union umgesetzt, mit denen geregelt werden soll, unter welchen Voraussetzungen Haft- und Bewährungstrafen innerhalb der EU von anderen Staaten vollstreckt werden können beziehungsweise wann sie dazu verpflichtet sind. Zudem geht der Entwurf auch auf Regelungen zur internationalen Vollstreckung außerhalb der EU ein. Hier soll aus humanitären Gründen ebenfalls die Übernahme der Vollstreckung erleichtert werden.

Ein Vertreter der Grünen kritisierte, dass das Anliegen zwar berechtigt, aber die Umsetzung problematisch sei. Es bestünde die Gefahr, dass sich Deutschland trotz Einschränkungen im Gesetzestext dazu verpflichte, Haftstrafen zu vollstrecken, deren Anlass oder deren Dauer nicht im Einklang mit der deutschen Straf- und Grundrechtsordnung stünden. Zudem monierte der Grünen-Vertreter, dass der Betroffene, der um eine Vollstreckung seiner Haftstrafe in Deutschland ersucht, keine Möglichkeit des Widerrufs habe. Dies sei dann ein Problem, wenn sich später herausstelle, dass in dem verurteilenden Staat eine rechtliche Möglichkeit bestanden habe, die Haftstrafe zu reduzieren. Ähnlich äußerte sich auch ein Vertreter der Linken-Fraktion.

Vertreter von CDU/CSU, SPD und der Bundesregierung verteidigten hingegen den Gesetzentwurf. Ein Vertreter der CDU-Fraktion betonte, dass das deutsche Strafrecht grundsätzlich tätergerecht sei. Im Vergleich zu anderen Ländern stehe Deutschland in Bezug auf Haftstrafen daher immer gut da. Mit der Vollstreckung von internationalen Haftstrafen mache sich Deutschland aber mitnichten das jeweilige Urteil zu Eigen. Es stehe vielmehr das Interesse des Staatsbürgers im Vordergrund, in Deutschland gegebenenfalls einen milderen Vollzug seiner Strafe ermöglicht zu bekommen. Auf die Fürsorgepflicht des Staates ging auch der Vertreter der Bundesregierung ein.

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2. Zustimmung für Bürokratieabbau

Ausschuss für Wirtschaft und Energie/Anhörung

Berlin: (hib/MIK) Der Abbau von unsinniger Bürokratie wird grundsätzlich positiv gesehen. Dies wurde am Mittwochmorgen deutlich bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie, bei der es um den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (18/4948) sowie um einen Antrag der Grünen (18/4693) zum gezielten Abbau von Bürokratie ging.

Im Gesetzentwurf ist unter anderem vorgesehen, mehr kleine Unternehmen als bisher von Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten des Handelsgesetzbuches und der Abgabenordnung zu befreien. Dazu sollen die Grenzbeträge für Umsatz und Gewinn um jeweils 20 Prozent auf 600.000 beziehungsweise 60.000 Euro angehoben und somit rund 140.000 Unternehmen um rund 504 Millionen Euro pro Jahr entlastet werden. Existenzgründer sollen durch die Anhebung von Meldepflichten nach verschiedenen Wirtschaftsstatistikgesetzen von 500.000 auf 800.000 Euro später als bisher zum Ausfüllen von Wirtschaftsstatistiken herangezogen werden. Erstmals soll ein Schwellenwert von 800.000 Euro auch in der Umweltstatistik eingeführt werden. Zudem werden Meldeschwellen für die Intrahandelsstatistik angehoben und dadurch weitere Unternehmen von der Meldepflicht befreit.

Für die fünf Spitzenverbände der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft (BDA, BDI, DIHK, ZDH, Deutsche Kreditwirtschaft) sind bürokratische Lasten "nach wie vor" eines der maßgeblichen Hindernisse für mehr Wettbewerbsfähigkeit und größere Innovationspotenziale. Dies gelte besonders mit Blick auf kleine und mittlere Unternehmen, heißt es in einer gemeinsamen schriftlichen Stellungnahme. Die Verbände fordern den Bundestag auf, das Gesetzgebungsverfahren zu nutzen, um weitere Punkte zum Bürokratieaufbau aufzunehmen. Dazu würden unter anderem die standardisierte Entgeltbescheinigung, die Entbürokratisierung im Datenschutzrecht durch die Anhebung auf einen einheitlichen Schwellenwert, die Erhöhung des Schwellenwertes für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter und die Prüfung einer Verkürzung der steuerlichen Aufbewahrungsfristen.

Da die Regelungsdichte für Unternehmen in den letzten Jahren "erheblich" zugenommen habe, sei eine spürbare Bürokratiereduzierung notwendig, heißt es weiter. Die "One in, one out"-Regel, bei der für jede neue Regelung eine alte Bürokratieregel wegfallen muss, könne positive Wirkungen entfalten, dürfe jedoch nicht den Status Quo legitimieren, schreiben die Verbände in ihrer Stellungnahme. Der tatsächliche Abbau von bestehender Bürokratie müsse prioritäres Ziel sein.

Barbara Adamowsky (DGB) begrüßte die Initiative der Bundesregierung grundsätzlich. Bürokratieabbau dürfe jedoch nicht zu einer Absenkung von sinnvollen Standards führen. Für den DGB greift der Entwurf insgesamt zu kurz, da bestehende Gesetze lediglich auf ihre Kosten hin überprüft werden sollen und lediglich die Entlastung für die mittelständische Wirtschaft im Fokus stehe. Die Gewerkschaft befürchtet, dass die Diffamierung des Begriffs Bürokratie zu einem politischen Klima beitrage, in dem die Regulierung und Normen- und Stellenabbau opportun werden und wichtige politische Entscheidungen und gesetzliche Regulierungen als prinzipiell unsinnig und unnötig abgetan werden. Ein hochentwickelter Rechtsstaat wie Deutschland brauche eine gute und funktionierende Bürokratie und eine Wertschätzung der Beschäftigen, die mit ihrem Vollzug betraut sind, heißt es in ihrer Stellungnahme. Bei der "One in, one out"-Regelung kritisiert der DGB, dass allein der Erfüllungsaufwand der Wirtschaft ermittelt werden soll, jedoch die Be- und Entlastung für alle am Wirtschafts- und Erwerbsleben Beteiligten außen vor bleibe.

Johannes Heuschmidt, Hugo Sinzsheimer Institut für Arbeitsrecht (HSI), wies darauf hin, dass es grundsätzlich schwierig sei, zwischen sinnvoller und unnötiger Bürokratie zu unterscheiden. Bürokratie könne auch dazu beitragen, Kosten zu senken und sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Kritisch sah er die "One in, one out"-Regel, die das Potential habe, Gesetzgebung und soziale Innovationen zu verhindern. So wäre es mit dieser Regel nach seiner Meinung schwierig geworden, den Mindestlohn einzuführen. Es sei oft sehr schwierig, den Erfüllungsaufwand eines Gesetzes sicher abzuschätzen, betonte er.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 313 - 17. Juni 2015 - 11.25 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juni 2015

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