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BUNDESTAG/4823: Heute im Bundestag Nr. 024 - 14.01.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 024
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 14. Januar 2015, Redaktionsschluss: 18.00 Uhr

1. Arbeitsprogramm der EU-Kommission
2. Brasseur: Werte müssen verteidigt werden
3. Opposition fordert Cum-Ex-Ermittler
4. Getränkeverpackungen: Mehrweganteil erhöhen
5. Grüne: Freisetzung von Mikroplastik beenden
6. 2013 mehr Auskunftsverlangen



1. Arbeitsprogramm der EU-Kommission

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Berlin: (hib/AHE) Das Arbeitsprogramm der neuen EU-Kommission für das Jahr 2015 ist aus Sicht des Staatsministers im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), ein "klares Zeichen der Diskontinuität" zur Vorgängerkommission. Dies gelte nicht nur für die Inhalte, sondern auch für die Verfahren, etwa die Einbeziehung des Rates neben dem Europäischen Parlament, sagte Roth am Mittwoch im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Die vom Rat im Juni 2014 beschlossene "Strategische Agenda" bilde mit den fünf Schwerpunkten Wachstum und Beschäftigung, sozialer Zusammenhalt, Migration, Stärkung der EU als internationaler Akteur sowie Energiepolitik die "Blaupause" für das Arbeitsprogramm unter dem neuen Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Zudem lege sich die Kommission mit rund 80 zurückgezogenen Initiativen eine Beschränkung auf: Ein Teil der Initiativen sei überholt und habe sich erledigt, ein anderer Teil bedürfe der Aktualisierung. Zudem habe die Kommission Initiativen zurückgezogen, bei denen eine Zustimmung sämtlicher 28 Mitgliedstaaten nicht realistisch sei.

Ein Vertreter der CDU/CSU-Fraktion lobte die "Stringenz" des Arbeitsprogramms: Es sei wesentlich kürzer und pointierter als die Programme der Vorgängerkommission. Es werde in Teilen jedoch nicht konkret genug: So blieben die geplanten Maßnahmen beim Thema Migration eher vage. Auch für den Vertreter der SPD-Fraktion antwortet das Programm "sehr viel deutlicher auf die aktuellen Herausforderungen der EU" als die Arbeitsprogramme der vergangenen Jahre. Es werde aber in einigen Punkten, etwa beim Thema Steuerhinterziehung, nicht konkret genug. Ein Vertreter der Linksfraktion begrüßte zwar das von der Kommission initiierte Investitionsprogramm, äußerte jedoch die Befürchtung, dass diese Mitteln vor allem zur "Absicherung von Profiten" und zum Gläubigerschutz dienten. Eine Vertreterin der Grünen vermisste die soziale Dimension im Arbeitsprogramm: So seien etwa die Richtlinien-Initiativen zum Mütterschutz und zum Schutz vor Diskriminierung zurückgezogen worden.

Kontrovers diskutiert wurden im Ausschuss zudem die Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) und den in diesem Rahmen ursprünglich geplanten Schiedsgerichtsverfahren. Vertreter der Opposition verwiesen unter anderem auf die Bürgerbefragung der EU-Kommission, bei der von 150.000 eingegangenen Antworten rund 97 Prozent negativ gegenüber Schiedsgerichtsverfahren oder TTIP im Gesamten ausgefallen seien. Ein Vertreter der Unionsfraktion sagte, dass es sich bei einem Großteil dieser Antworten nicht um konkrete individuelle Änderungsvorschläge, sondern um vorgefertigte Formulierungen von Interessensgruppen gehandelt habe, die aus ihrer Ablehnung von TTIP keinen Hehl machten. Es sei nötig, TTIP nicht nur sorgfältig sondern wie vorgesehen auch zügig bis Jahresende zu verhandeln. Der Anspruch, auch europäische Standards im Welthandel zu setzen, könnte durch die ebenfalls zurzeit laufenden Verhandlungen zu einem transpazifisches Handelsabkommen zwischen der USA und mehreren asiatischen Ländern gefährdet sein. Staatsminister Roth bezeichnete TTIP als "Lackmustest" dafür, "ob wir in der in der Globalisierung angekommen sind und ob wir die Globalisierung demokratisch gestalten können". Es gehe nicht darum, TTIP durch eine Verzögerungstaktik zu verhindern, sondern darum, das Vertrauen und die Zustimmung der Bevölkerung zu gewinnen.

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2. Brasseur: Werte müssen verteidigt werden

Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Berlin: (hib/SCR) Die Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Anne Brasseur, hat am Mittwochnachmittag vor dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe die Notwendigkeit der Arbeit des Europarates hervorgehoben. Die Menschenrechtslage verschlechtere sich auch in einigen der 47 Mitgliedsstaaten der Organisation, sagte Brasseur. Während man vor einigen Jahren gedacht hätte, dass die europäischen Werte selbstverständlich seien, habe sich gezeigt, dass diese verteidigt werden müssten, unterstrich die aus Luxemburg stammende Politikerin.

Brasseur, die seit Januar 2014 im Amt ist, betonte, dass es nach der aus ihrer Sicht völkerrechtswidrigen Annektierung der Krim durch Russland richtig gewesen sei, Russland das Stimmenrecht im Europarat zu entziehen. Ein elementarer Verstoß gegen Grundprinzipien rechtfertige auch die Sanktionen, sagte die 64-Jährige. Allerdings müsse trotzdem miteinander geredet werden. Sie selbst hatte mehrfach Kontakt zu Abgeordneten der russischen Duma. Ein Vorteil des Europarates sei es, dass sowohl die Ukraine als auch Russland Mitglied sind.

In Bezug auf die Ukraine forderte Brasseur, die angestoßenen Reformen voranzutreiben. Der Europarat müsse sich vorwerfen lassen, dass es ihm in den vergangenen Jahren nicht gelungen sei, auf Reformen in Bereichen wie Justiz und Dezentralisierung in dem Land hinzuwirken.

Brasseur kritisierte unter anderem die Regierung in Aserbaidschan für die Inhaftierung von Menschenrechtsaktivisten. Sie habe das Thema mehrfach angesprochen, sei aber abgewiesen worden. Auch sei die Situation in der Türkei und im EU-Mitgliedsstaat Ungarn problematisch.

Vertreter von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen lobten die Arbeit des Europarates und das Wirken Brasseurs. Fragen der Abgeordneten zielten unter anderem auf die Zukunft der Finanzierung der Organisation und den Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Brasseur stellte klar, dass die Politik des sogenannten Nullwachstums des Haushalts problematisch sei, da damit weniger Geld für die Programme zur Verfügung stände. In Hinblick auf den Beitritt der EU verwies sie auf den politischen Willen, der sich im Vertrag von Lissabon ausgedrückt habe. Angesichts eines Gutachtens des Europäischen Gerichtshofs, das Zweifel an dem Abkommen zum Beitritt anmeldete, müsste nun eine juristische Lösung gefunden werden, um das Vorhaben umzusetzen.

Ein Vertreter der Fraktion Die Linke lenkte den Blick auf die Situation der Flüchtlinge in Europa. Brasseur betonte, dass eine gemeinsame Lösung von Nöten sei. So dürften zum Beispiel die Grenzstaaten nicht allein gelassen werden.

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3. Opposition fordert Cum-Ex-Ermittler

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung soll einen Sonderermittler zur Aufarbeitung der milliardenschweren Cum-Ex-Geschäfte mit Dividenden von Aktien einsetzen. Dies fordern die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke in einem gemeinsamen Antrag (18/3735), der an diesem Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages steht. Die Fraktionen kritisieren, dass die Steuerzahler mit diesen Geschäften um rund zwölf Milliarden Euro gebracht worden seien. Der unabhängige Sonderermittler müsse klären, warum die seit 2002 dem Finanzministerium bekannten Cum-Ex-Geschäfte jahrelang nicht unterbunden worden seien und wer dafür verantwortlich sei. Nutznießer dieser Geschäfte seien fast ausschließlich sehr reiche Einzelpersonen und große Banken gewesen.

Wie die Fraktionen erläutern, wurde um den Dividendentermin eine Situation herbeigeführt, in der eine Aktie kurzfristig mehrere Eigentümer hatte. "Diese Situation nutzten die Finanzmarktakteurinnen und -akteure dazu, sich mehrfach Kapitalertragsteuer erstatten zu lassen, obwohl sie nur einmal gezahlt worden war", erläutern die Fraktionen. Im Ergebnis hätten Banken und Anleger ohne jedes Risiko Milliardeneinnahmen erzielt. Dies sei ein "enormer Transfer von unten nach oben". Die Fraktionen verweisen auf Gerichtsverfahren, in denen geklärt werde, ob die Geschäfte legal gewesen seien oder nicht. Unabhängig vom Ausgang dieser Verfahren stehe aber bereits fest, dass diese Geschäfte illegitim gewesen seien: "Sich auf Kosten der Steuerzahler zu bereichern, ist in jedem Fall absolut inakzeptabel". Für die Beteiligten sei klar ersichtlich gewesen, dass ein Steuerbetrag mehrfach zurückerstattet wurde, obwohl er nur einmal gezahlt worden sei.

Die Fraktionen erinnern daran, dass der Bankenverband dem Bundesfinanzministerium bereits 2002 den ersten Hinweis auf diese Cum-Ex-Geschäfte gegeben habe. Es müsse geklärt werden, warum das gravierende Problem dieser Cum-Ex-Geschäfte erst 2012 ernsthaft angegangen worden sei. Ein weiteres brisantes Detail sei, dass nicht nur private Banken, sondern auch einzelne Landesbanken in diesem Geschäftsbereich aktiv gewesen seien. Es müsse geklärt werden, warum diese öffentlichen Institutionen Geschäfte gegen ihre eigenen Eigentümer gemacht hätten.

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4. Getränkeverpackungen: Mehrweganteil erhöhen

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antrag

Berlin: (hib/JOH) Die Bundesregierung soll nach Ansicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen umgehend Maßnahmen für die Erhöhung des Mehrweganteils an Getränkeverpackungen ergreifen, um die in der Verpackungsverordnung vorgesehenen 80 Prozent ökologisch vorteilhafter Getränkeverpackungen zeitnah wieder zu erreichen. In einem entsprechenden Antrag (18/3731) fordert sie, die Pfandpflicht auf Fruchtsäfte, Fruchtnektare, Gemüsesäfte und Gemüsenektare auszuweiten und den Einwegpfand zu einer "ökologischen Lenkungsabgabe auf Einwegverpackungen" weiterzuentwickeln.

Die in der Verpackungsverordnung festgelegte Zielmarke von 80 Prozent werde seit dem Jahr 2004 kontinuierlich unterschritten, kritisiert die Grünen-Fraktion in der Begründung des Antrags. Im Jahr 2012 habe der Anteil von Mehrwegflaschen nur noch 47 Prozent betragen. Es sei aus ökologischen Gründen jedoch nicht akzeptabel, die Zielmarke der Verpackungsverordnung weiter zu unterschreiten, ohne dass effektive Gegenmaßnahmen ergriffen werden, urteilen die Abgeordneten.

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5. Grüne: Freisetzung von Mikroplastik beenden

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antrag

Berlin: (hib/JOH) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will die Freisetzung von Mikroplastik in die Umwelt verhindern. In einem Antrag (18/3734) fordert sie die Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass für ungebundene Mikroplastikpartikel, zum Beispiel aus Kosmetika und Körperpflegeprodukten, eine geregelte Entsorgung sichergestellt ist. Außerdem soll sie den Ausstieg aus der Verwendung von Mikroplastikpartikeln in Kosmetika und Reinigungsmitteln aktiv unterstützen und die Forschung zu den Auswirkungen von Mikroplastik auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit intensivieren.

Die Fraktion kritisiert, dass bereits "enorme Mengen" von kleinen Plastikkügelchen in die Umwelt gelangt seien und fürchtet, dass diese dort noch jahrzehntelang ihre Wirkungen entfalten. Mikroplastik aus Peelings oder Zahnpasten lande nach Gebrauch im Abwasser, könne aber in den bestehenden Kläranlagen nicht vollständig entfernt werden. Somit verbleibe ein Teil des Plastiks im geklärten Wasser und gelange in Flüsse und ins Meer. Die Grünen verweisen auf Studienergebnisse, wonach Meerestiere bei der Aufnahme von Mikroplastik verendeten. Außerdem seien die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit über die Nahrungskette bisher noch viel zu wenig erforscht.

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6. 2013 mehr Auskunftsverlangen

Bundestagsnachrichten/Unterrichtung

Berlin: (hib/STO) Die Nachrichtendienste des Bundes haben im Jahr 2013 mehr Auskunftsverlangen nach dem Terrorismusbekämpfungsgesetz gestellt als im Vorjahr. Dies geht aus einer Unterrichtung durch das Parlamentarische Kontrollgremium (18/3708) hervor. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), der Bundesnachrichtendienst (BND) und der Militärische Abschirmdienst (MAD) dürfen nach den gesetzlichen Regelungen zur Terrorismusbekämpfung unter bestimmten Voraussetzungen von Luftfahrtunternehmen, Finanzdienstleistern, Post- sowie Telekommunikations- und Teledienstunternehmen im Einzelfall kunden- beziehungsweise nutzerbezogene Auskünfte einholen und technische Mittel zur Ortung aktiv geschalteter Mobiltelefone oder zur Ermittlung der Geräte- oder Kartennummer - sogenannte IMSI-Catcher - einsetzen.

Den Angaben zufolge haben die Nachrichtendienste des Bundes im Jahr 2013 insgesamt 87 Auskunftsverlangen vorgenommen, von denen 190 Personen betroffen waren, und 26 IMSI-Catcher-Einsätze mit 29 Betroffenen durchgeführt. 84 der 87 Auskunftsverlangen und alle 26 IMSI-Catcher-Einsätze entfielen laut Vorlage auf das BfV. Der überwiegende Teil sei auf Auskunftsverlangen gegenüber Telekommunikations- und Teledienstunternehmen sowie Finanzdienstleistern entfallen. Schwerpunkt der Verfahren seien der Bereich Islamismus und nachrangig der nachrichtendienstliche Bereich gewesen.

Im Vergleich zum Jahr 2012 habe sich die Anzahl der Maßnahmen damit um 26 erhöht, heißt es in der Unterrichtung weiter. Die Gesamtzahl der von den Maßnahmen betroffenen Personen sei von 176 im Jahr 2012 auf 219 im Berichtsjahr 2013 angestiegen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 024 - 14. Januar 2015 - 18.00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Januar 2015


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