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BUNDESTAG/4631: Heute im Bundestag Nr. 496 - 08.10.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 496
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 08. Oktober 2014, Redaktionsschluss: 12.20 Uhr

1. Oppositionsanträge zu Karenzzeit abgelehnt
2. Folgekosten der Ebola-Epidemie
3. Leibniz-Gemeinschaft auf gutem Weg
4. Vorstoß gegen die Todesstrafe



1. Oppositionsanträge zu Karenzzeit abgelehnt

Innenausschuss

Berlin: (hib/STO) Die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sind im Innenausschuss mit Vorstößen zur Einführung einer Karenzzeit für ausgeschiedene Regierungsmitglieder gescheitert. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD votierte der Ausschuss am Mittwoch bei Enthaltung der Grünen-Fraktion gegen einen entsprechenden Antrag der Linksfraktion (18/285). Bei Enthaltung der Fraktion Die Linke lehnte das Gremium zugleich mit der Koalitionsmehrheit einen Antrag der Grünen (18/292) ab. Das Thema steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums.

Am Vortag war eine Einigung der Fraktionsspitzen von Union und SPD auf Regeln für Wechsel von der Regierungsbank in die Wirtschaft bekannt geworden. Nach Presseberichten soll dabei das Bundeskabinett in jedem Einzelfall über mögliche Interessenkollisionen entscheiden. Wird die Gefahr von Interessenskonflikten festgestellt, soll demnach eine Karenzzeit von zwölf Monaten gelten, bei besonderen Fällen von bis zu 18 Monaten. Die Regierung soll den Angaben zufolge dazu nun einen Gesetzentwurf vorlegen.

Die Linksfraktion plädiert in ihrem Antrag für eine gesetzliche Karenzzeitregelung, die sich "an der Dauer des Regierungsamtes, dem sich daraus ergebenden zeitlichen Anspruch auf Übergangsgeld und der ressortmäßigen Zuständigkeit" orientieren solle.

Die Verquickung wirtschaftlicher und politischer Interessen untergrabe das Vertrauen in Politik, heißt es in dem Antrag. Besondere Aufmerksamkeit gewinne das Thema, "wenn ausgeschiedene Regierungsmitglieder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit ihrem Ausscheiden aus der Regierung in eine Führungsposition bei einem 'in privat-rechtlicher Form' geführten 'Wirtschaftsunternehmen'" wechseln. "Um Vertrauen in die Politik wiederherzustellen", seien sogenannte Karenzzeitenregelungen für ausscheidende Regierungsmitglieder "dringend erforderlich".

Die Grünen-Fraktion dringt in ihrem Antrag auf einen Gesetzentwurf, "der eine Beschränkung der Berufstätigkeit von ausgeschiedenen Mitgliedern der Bundesregierung und Parlamentarischen Staatsekretärinnen und Staatssekretären für Fälle ermöglicht, in denen die angestrebte Tätigkeit eine Interessenverflechtung mit dem zuvor ausgeübten Amt nahe legt". Eine Beschränkung der beruflichen Tätigkeit sei geboten, wenn diese "unmittelbar nach Beendigung ihrer Amtszeit in einem Bereich tätig werden, der in Zusammenhang mit der früheren dienstlichen Tätigkeit steht", schreiben die Abgeordneten in der Begründung des Antrags. Hochdotierte Tätigkeiten von ausgeschiedenen Regierungsmitgliedern und Parlamentarischen Staatssekretären im Bereich der Privatwirtschaft "zum Dank für während der Regierungszeit geleistetes Entgegenkommen" müssten verhindert werden. Daher werde gemeinsam mit verschiedenen Nichtregierungsorganisation eine Karenzzeit von drei Jahren gefordert.

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2. Folgekosten der Ebola-Epidemie

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Berlin: (hib/AHE) Die Ebola-Epidemie könnte in den betroffenen Ländern Westafrikas langfristige Kosten in Höhe von bis zu 500 Millionen US-Dollar nach sich ziehen. Wie Wolfgang Jamann, Generalsekretär und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Welthungerhilfe, am Mittwoch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sagte, sei mit Hungerkatastrophen zu Beginn des nächsten Jahres zu rechnen, wenn es nicht gelinge, die Ausbreitung der Krankheit zu stoppen. Bereits heute sei ein Preisanstieg für Lebensmittel in Ländern wie Sierra Leone und Liberia um 30 bis 40 Prozent zu verzeichnen. Die eingeschränkte Mobilität durch die Seuchenprävention bringe die Arbeit in der Landwirtschaft und den Handel mit Lebensmitteln nahezu zum Erliegen, Lebensmittelmärkte blieben ebenso geschlossen wie Schulen, was dazu führe, dass die sonst übliche Schulspeisung für Kinder entfalle. In Sierra Leona erhielten bereits heute 70 bis 80 Prozent der Menschen nur noch eine Mahlzeit am Tage, sagte Jamann. Das Welternährungsprogramm habe derzeit die Kapazitäten, mehr als eine Millionen Menschen in der Region für drei Monate zu versorgen. "Es muss noch nachgelegt werden", sagte Jamann. Er betonte zudem, dass das Augenmerk in der Bekämpfung der Ebola-Epidemie stärker als bisher auf Prävention und Aufklärung sowie auf den Folgekosten liegen müsse.

Die Welthungerhilfe ist nach eigener Auskunft in Sierra Leone und Liberia seit rund zehn Jahren mit Projekten zur Ernährungssicherung, in der Landwirtschaft und zur Krisenprävention aktiv. Derzeit konzentrierten sich die Mitarbeiter auf die Beratung der örtlichen Behörden bei Aufklärungskampagnen zu Hygiene und Seuchenprävention sowie auf die Versorgung mit Nahrungsmittel für Haushalte, die von Ausgangsperren betroffen sind.

Der Ausschuss nahm zudem einen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD an (18/2607), in dem die Bundesregierung unter anderem aufgefordert wird, im "Falle einer Ausweitung der Ebola-Epidemie" den Beitrag für die WHO, Ärzte ohne Grenzen und andere Organisationen "erneut zu erhöhen". Die Oppositionsfraktionen lehnten den Antrag ab: Die "Zeit der Prüfaufträge ist vorbei", sagte ein Vertreter der Grünen. Der Antrag fordere keine verbindlichen Summen und nenne keine konkreten Zahlen etwa zum Einsatz von Hilfspersonal. Die Linksfraktion sprach von "riesigen Lücken" angesichts des deutschen Beitrags von bisher 17 Millionen Euro zur Bekämpfung der Ebola-Krankheit und dem von der Weltgesundheitsorganisation WHO prognostizierten Bedarf von einer Milliarde US-Dollar. Thomas Silberhorn (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, bezifferte demgegenüber einen zusätzlichen anteiligen deutschen Beitrag auf 70 Millionen Euro zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie über die EU und Institutionen wie Weltbank und Internationaler Währungsfonds. Silberhorn verwies zudem auf die derzeit laufenden Haushaltsberatungen, in denen es auch um mögliche zusätzliche Hilfen in Höhe von 35 Millionen Euro gehe.

Den Vorwurf der Opposition, die Koalition reagiere zu spät auf die Ebola-Krise, wiesen Union und SPD zurück: "Wir haben uns alle nicht mit Ruhm bekleckert", sagte ein Vertreter der SPD-Fraktion. Auch Grüne und Linke hätten noch vor zehn Wochen das Ausmaß der Epidemie nicht erkannt. Ein weiterer Streitpunkt im Ausschuss war zudem die Ankündigung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), freiwillige Helfer aus Deutschland im Falle einer Infektion zur medizinischen Behandlung zurückzuholen. Die Opposition verwies auf Presseberichte, nach denen die Bundeswehr jedoch nicht über entsprechende Flugzeuge verfüge, die mit einer dafür nötigen Isolationszelle ausgerüstet sind.

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3. Leibniz-Gemeinschaft auf gutem Weg

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Berlin: (hib/ROL) "Wir wollen vor allem gute Wissenschaft für ein gutes Leben unterstützen." Das sagte der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, Professor Matthias Kleiner, vor dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-abschätzung im Berliner Paul-Löbe-Haus. Die Leibniz-Gemeinschaft sei inzwischen die Heimat von 89 Instituten mit 17.500 Mitarbeitern, die vielfältige erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung betreibe und Infrastrukturen für die Forschung schaffe. Finanziert werde die Leibniz-Gemeinschaft jeweils zur Hälfte durch Bund und Länder. Derzeit verfüge die Gemeinschaft einschließlich der Drittmittel über einen jährlichen Etat von 1,5 Milliarden Euro. Die Fachbereiche reichten von Lebenswissenschaften, bis zu den Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften, den Geisteswissenschaften und der Bildungsforschung, den Umweltwissenschaften und nicht zuletzt der Mathematik sowie den Natur- und Ingenieurwissenschaften.

Kleiner, der heute 100 Tag im Amt ist, will in seinem Verbund vor allem die Gemeinschaftskultur stärken. Regelmäßig gelinge es den Instituten, den Mehrwert ihrer Eigenständigkeit mit origineller und ausgezeichneter Forschung zu beweisen. Diese Stärken müssten noch mehr als bisher gesammelt und im Verbund weiterentwickelt werden, die Internationalisierung voran getrieben werden. Wichtig sei es zudem, die engen Kooperationen mit den Hochschulen weiter auszubauen. Hochschulen und Leibniz-Institute würden sich dabei als Partner auf Augenhöhe verstehen, gemeinsame Berufungen seien ein wichtiges Instrument der Zusammenarbeit, betonte Kleiner. Die Hochschulen würden von der internationalen Ausrichtung der Institute profitieren. Im späteren Verlauf der Sitzung ging auch Staatssekretär Thomas Rachel (CDU) darauf ein, und sagte, man merke, dass die Zeit wo die Leibniz-Gemeinschaft und ihre Relevanz in der Politik diskutiert und hinterfragt worden sei, vorbei ist. "Leibniz hat heute einen wichtigen Platz in der Wissenschaftslandschaft", so Rachel. Auch die Vertreter der CDU und SPD lobten die größere Sichtbarkeit der Gemeinschaft und die Rolle im Wissenschaftssystem.

Zudem interessierten sich verschiedene Vertreter der Fraktionen für die Familienfreundlichkeit und Frauenförderung der Gemeinschaft. Präsident Kleiner führte aus, dass sich die Gemeinschaft am Kaskadenmodell orientiere. Danach soll bis 2017 in jeder Hierarchieebene der Frauenanteil erreicht werden, der bereits auf der jeweils darunter gelegenen Ebene bestehe. Von 2005 bis 2013 habe sich der Frauenanteil bereits verdoppelt, gleiches sollte noch einmal von 2014 bis 2017 geschafft werden. Die Vertreter der Linken und von Bündnis 90/Die Grünen fragten auch nach der Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses. Kleiner sprach sich für mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus. Man müsse grundsätzlich in der Doktorandenphase ein Maximum an Beschäftigungssicherheit bieten und auch in Postdoc-Phase nach anfänglicher Bewährungsprobe Entfristung von Verträgen anstreben. Besonders der Vertreter der Grünen fragte nach der Beteiligung der Zivilgesellschaft und der Partizipation der Bürger in Forschungsprozesse. Kleiner machte daraufhin auf den seit 2012 bestehenden "Mückenatlas" aufmerksam. Bürger können an zwei Institute Mücken schicken. So finde man nun Schritt für Schritt heraus, welche Mückenarten wann und wo in Deutschland vorkämen. Der "Mückenatlas" sei derzeit eines der erfolgreichsten Citizen Science-Projekte Deutschlands. Dabei würden Bevölkerung und Wissenschaft auf verschiedenen Feldern prima kooperieren.

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4. Vorstoß gegen die Todesstrafe

Menschenrechte und humanitäre Hilfe/Antrag

Berlin: (hib/JBB) Die Bundesregierung soll sich weiterhin für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe einsetzen sowie für ein Moratorium beziehungsweise die Umwandlung von Todesurteilen in Haftstrafen werben. Zudem sollen gezielt jene Staaten, die den UN-Zivilpakt und das Zweite Fakultativprotokoll zum UN-Zivilpakt noch nicht ratifiziert haben, zu eben jener gedrängt werden. Das fordert die CDU/CSU-Fraktion und die SPD-Fraktion anlässlich des internationalen und europäischen Tages gegen die Todesstrafe am 10. Oktober in einem Antrag (18/2738). Weiterhin verlangen die Fraktionen, dass Russland, Armenien und Aserbaidschan bilateral und im Rahmen des Europarates dazu aufgefordert werden, die für die Abschaffung der Todesstrafe relevanten Protokolle der Europäischen Menschenrechtskonvention zu ratifizieren. Weißrussland, der einzige Staat in Europa, der die Todesstrafe noch vollziehe, soll laut den Fraktionen davon überzeugt werden, ein Hinrichtungsmoratorium einzusetzen. Über das Ministerkommitee des Europarates soll zudem auf die USA und Japan eingewirkt werden.

Die Todesstrafe verstößt gegen das Recht auf Leben und verletzt die Würde des Menschen, schreiben die Antragssteller. Weltweit hätten 150 von 193 Staaten die Todesstrafe abgeschafft oder beachteten ein Moratorium für die Vollstreckung. Laut Amnesty International würden mindestens 22 Länder die Todesstrafe vollstrecken. Trotzdem gebe es langfristig einen klaren Trend zur Aussetzung beziehungsweise Abschaffung derselben.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 496 - 8. Oktober 2014 - 12.20 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2014