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BUNDESTAG/4440: Heute im Bundestag Nr. 305 - 05.06.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 305
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 05. Juni 2014, Redaktionsschluss: 10.40 Uhr

1. Chancen von Migration
2. Linksfraktion will Mitbestimmung sichern
3. Urananreicherung in Deutschland
4. Waffenlieferungen aus der Ukraine
5. Mediationsverfahren unter der Lupe
6. Pflegeleistungsbeträge werden angehoben



1. Chancen von Migration

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Anhörung)/

Berlin: (hib/AHE) Experten betonen die Chancen, die in der Migration aus Entwicklungsländern liegen - für Europa und auch für die Herkunftsländer selbst. Das zeigte sich am Mittwoch in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Der Geograph Martin Doevenspeck (Universiät Bayreuth) machte deutlich, dass der Vielzahl von Mythen zum Thema Migration durch Aufklärung begegnet und das innovative Potential von Migration viel stärker herausgestellt werden könnte: So komme nur ein verschwindend geringer Teil der Migranten weltweit überhaupt nach Europa, den Großteil der Herausforderungen durch Migration trage der globale Süden. Tatsache sei zudem, dass entgegen manch anderer Vorstellung die meisten der in Europa lebenden Migranten aus Afrika legal eingereist seien. "Klar ist, die Migration wird zunehmen" , sagte Doevenspeck, der in seiner schriftlichen Stellungnahme zudem verdeutlichte, dass Migration als "Strategie für bessere Lebensbedingungen und zur Realisierung bestimmter Lebensstile" eine globale Tatsache sei. Eine Verhinderung von Migration könne nicht politisches Ziel sein: "Ökonomische Entwicklung in ärmeren Ländern gibt den Menschen dort mehr finanzielle Mittel für Mobilität und führt zu grundsätzlich mehr, nicht zu weniger Migration".

Hans ten Feld, der als Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) in Deutschland insbesondere auf die Lage von Flüchtlingen unter den Migranten einging, machte deutlich, dass die meisten der derzeit weltweit 45 Millionen Menschen auf der Flucht vor Verfolgung, Menschenrechtsverletzungen, Krieg und Bürgerkrieg nicht weit von ihrer Heimat als Binnenflüchtlinge beziehungsweise in den Nachbarländern Schutz suchten. Ten Feld betonte, dass insbesondere die Hilfe für jene Flüchtlinge, die über Jahre hinaus nicht in ihre Heimat zurückkehren könnten, die Kapazitäten und auch den Auftrag des UNHCR übersteige. In solchen Fällen seien Mittel für Infrastruktur, Schulen, Straßen nötig. Ziel des UNHCR sei es, von einer einjährigen Programmplanung auf eine mehrjährige umzustellen, die dann bereits frühzeitig entwicklungspolitische Akteure einbinde könne und Entwicklungsmaßnahmen vorsehe.

Der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Manfred Schmidt, machte in seiner Stellungnahme deutlich, dass 60 Prozent der Zuwanderer in Deutschland heute aus der EU stammten, während die Zuwanderung aus Entwicklungsländern seit Mitte der 1990er Jahre tendenziell gesunken sei. Schmidt wies zudem darauf hin, dass das Qualifikationsniveau der Zuwanderer gestiegen sei - und allgemein "Einwanderung das Wohlstandsniveau der Zielländer" steigern könne. Parallel zur steigenden Zuwanderung nach Deutschland nehme die Zahl der Anträge auf Asyl zu - im Jahr 2013 waren es nach Schmidts Angaben 127.000 Erst- und Folgeanträge, die vom BAMF entgegengenommen worden seien, für das laufende Jahr prognostiziert die Behörde rund 200.000 Erst- und Folgeanträge. Schmidt warb im Ausschuss dafür, viel stärker die Möglichkeiten der legalen Einreise und des legalen Aufenthalts herauszustellen. Viele jener, die über einen Antrag auf Asyl versuchten hierherzukommen, obwohl die Voraussetzungen dafür womöglich nicht bestehen würden, seien über diese Möglichkeiten nicht im Bilde.

Alassane Dicko von der Assoziation der Abgeschobenen Malis (AME) kritisierte hingegen ein in den vergangenen Jahren rigider gewordenes Einwanderungsregime in Europa: In den 1950 bis 1970er Jahren sei es eine Selbstverständlichkeit gewesen, dass malische Migranten in Europa in Europa gearbeitet hätten - und zum überwiegenden Teil auch wieder zurückgekehrt seien. "Gerade Migranten, die am besten im Zielland integriert sind, sind am ehesten bereit zurückzukehren" und sich in ihrem Heimatland zu engagieren, sagte Dicko. Das funktioniere allerdings nicht, wenn Migranten wie heute gar nicht erst oder nur unter großen Risiken nach Europa kommen könnten und selbst wenn sie legal einreisten um ihren Aufenthaltstitel fürchten müssten, wenn sie Europa zwischenzeitlich wieder verlassen. Dicko warb für diese Form von "zirkulärer Migration" und generell für eine größere Offenheit Europas.

Auch Peter Bonin von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) machte deutlich, dass es nicht um ein Gegeneinander von Integration hierzulande und Entwicklung in den Herkunftsländern gehe: Es habe sich gezeigt, dass Migranten sich umso stärker für und in ihren Herkunftsländern engagieren, je besser sie im Aufnahmeland integriert seinen. "Integration und entwicklungspolitisches Engagement sind also zwei Seiten derselben Medaille", heißt es in seiner schriftlichen Stellungnahme. Der deutsche Ansatz habe sich in den vergangenen Jahren deutlich verbreitert und konzentriere sich zusätzlich "auf Themen wie Migrationspolitikberatung für Partnerländer, Privatwirtschaftsförderung durch Migration, entwicklungsorientiere Arbeitsmobilität, Klimawandel und Migration oder Ländliche Entwicklung und Migration".

Auf einen den Aspekt klimabedingter Migration machte Julia Duchrow (Brot für die Welt) aufmerksam: Es sei wenig ratsam, die Genfer Flüchtlingskonvention aufzuschnüren, um klimabedingte Ursachen von Flucht anzuerkennen. Stattdessen bräuchte es neue völkerrechtliche Instrumente, die zum einen auch die Binnenflucht und zum anderen ganz allgemein solche Migration "als legitime Anpassung an den Klimawandel" anerkennen würden. Duchrow begrüßte zudem, dass sich die Bundesregierung den Herausforderungen und Chancen durch Migration zunehmend ressortübergreifend stelle. Bisher sei das Thema vor allem nur "durch die innenpolitische Brille" gesehen worden. Als "problematisch" bezeichnete sie die Praxis von EU und ihren Mitgliedsländern, Zusagen für Entwicklungsmittel teilweise an Auflagen zur Migrationskontrolle und -verhinderung zu koppeln.

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2. Linksfraktion will Mitbestimmung sichern

Wirtschaft und Energie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Fraktion Die Linke will die Umgehung der Unternehmensmitbestimmung bei Ein-Personen-Gesellschaften mit beschränkter Haftung verhindern. In einem Antrag (18/1618) fordert die Fraktion, dass der Bundestag den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter als Verletzung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit gemäß Artikel 6 des Protokolls Nr. 2 zum Vertrag von Lissabon ansehen soll.

Die Fraktion begründet ihren Antrag damit, dass der EU-Vorschlag die Möglichkeit biete, Satzungs- und Verwaltungssitz einer Ein-Personen-Gesellschaft mit beschränkter Haftung auf unterschiedliche Mitgliedstaaten aufzuspalten. "Indem der Satzungssitz in einem Mitgliedstaat mit entsprechend niedrigeren Anforderungen verlegt wird, könnten auf diese Weise insbesondere die nach deutschem Recht geltenden Regelungen zur Arbeitnehmermitbestimmung umgangen werden", warnt die Linksfraktion.

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3. Urananreicherung in Deutschland

Wirtschaft und Energie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Die Förderung der Urananreicherung in Deutschland ist Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/1540). Die Bundesregierung soll angeben, von wem und warum sie in den 1960er-Jahren die Forschung und Entwicklung dieser Technologie übernommen hat und welche Kooperationen es heute mit der Firma URENCO, die Uran anreichert, gibt.

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4. Waffenlieferungen aus der Ukraine

Wirtschaft und Energie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Um ukrainische Waffenexporte in die Bundesrepublik und das Verhalten der Bundesregierung geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/1556). Die Abgeordneten wollen unter anderem erfahren, welche deutschen Firmen von 2008 bis 2012 ukrainische halbautomatische Gewehre des Typs SKS Simonow gekauft haben und wo sich die Waffen befinden. Die Bundesregierung soll auch mitteilen, ob sie einen Weitertransport der Waffen nach Syrien ausschließen kann. Unter Berufung auf vom schwedischen Friedensforschungsinstitut SIPRI transparent gemachte Zahlen der ukrainischen Rüstungsagentur schreibt die Fraktion von 173.633 zwischen 2008 und 2012 aus der Ukraine nach Deutschland gelieferten Pistolen und Gewehren.

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5. Mediationsverfahren unter der Lupe

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/MIK) Die Probleme des Mediationsverfahrens zur Zukunft des Landwehrkanals in Berlin sind Thema einer Kleinen Anfrage (18/1599) der Fraktion Die Linke. Die Abgeordneten interessiert unter anderem, wie hoch die Gesamtkosten des Mediationsverfahrens waren und ob es zutreffend sei, dass der Auftrag dafür "freihändig" vergeben wurde.

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6. Pflegeleistungsbeträge werden angehoben

Gesundheit/Unterrichtung

Berlin: (hib/PK) Die Pflegeleistungsbeträge werden ab 2015 erhöht. Das teilte die Bundesregierung in einer Unterrichtung (18/1600) mit. Laut Sozialgesetzbuch (SGB XI) sei eine Anpassung der Leistungsbeträge alle drei Jahre (erstmals 2015) vorgesehen. Die Bundesregierung wolle nun "für den kumulierten Dreijahreszeitraum eine Anhebung der Leistungsbeträge um vier Prozent" vornehmen.

Orientierungswert für die Höhe der Dynamisierung solle dabei die Inflationsrate in den zurückliegenden drei Jahren sein, aber nicht mehr als der Anstieg der Bruttolöhne im selben Zeitraum, teilt die Regierung weiter mit.

Bei Leistungen, die im Oktober 2012 mit dem Pflegeneuausrichtungsgesetz eingeführt wurden, ist eine Anpassung von 2,67 Prozent vorgesehen, wobei die Preisentwicklung in den vergangenen zwei Jahren berücksichtigt wird.

Die Leistungssteigerungen sind auch Teil des mehrstufigen Pflegereformgesetzes, das vom Kabinett bereits beschlossen ist. Wegen des engen zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhangs biete es sich an, die Dynamisierung der Leistungen abweichend von den Vorgaben des SGB XI nicht durch Rechtsverordnung, sondern im Gesetz selbst vorzunehmen, hieß es. Gleichwohl werde zuvor wie gesetzlich festgelegt dieser Bericht vorgelegt.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 305 - 5. Juni 2014 - 10.40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juni 2014