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BUNDESTAG/3706: Heute im Bundestag Nr. 106 - 27.02.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 106
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 27. Februar 2013 Redaktionsschluss: 15:50 Uhr

1. Hochfrequenzhandel wird ohne Mindesthaltedauer von Orders reguliert
2. Umweltausschuss spricht sich für Lex Asse aus
3. Grüne fordern mehr deutsche Hilfen für syrische Flüchtlinge
4. SPD fordert freien Zugang zu Forschungsergebnissen im Internet



1. Hochfrequenzhandel wird ohne Mindesthaltedauer von Orders reguliert

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der als risikoreich angesehene Hochfrequenzhandel mit Wertpapieren soll eingeschränkt werden. Der Finanzausschuss stimmte am Mittwoch mit Mehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Gefahren und Missbräuchen im Hochfrequenzhandel (17/11631, 17/11874) zu. Zuvor hatten die Koalitionsfraktionen noch eine Reihe von überwiegend redaktionellen Änderungen vorgenommen. Ein Antrag der SPD-Fraktion mit dem Ziel, eine Mindesthaltefrist für georderte Wertpapiere im Hochfrequenzhandel von 500 Millisekunden einzuführen, wurde von der Koalitionsmehrheit abgelehnt. Die Mindesthaltefirst hatte auch bereits der Bundesrat gefordert.

Ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion erklärte in der Sitzung, mit dem Gesetz sei der nationale Gesetzgeber schneller als der europäische. Angesichts der Volumina im Hochfrequenzhandel in Deutschland sei es wichtig, eine schnelle Regulierung zu bekommen. Eine nur in Deutschland geltende Mindesthaltefrist für georderte Papiere lehnte der Sprecher mit dem Hinweis ab, dies könne nur auf europäischer Ebene geschehen. Auch der Vertreter der FDP-Fraktion warnte vor einer rein nationalen Einführung einer Mindesthaltefrist. Der Handel könne dahin abwandern, "wo wir ihn nicht haben wollen", warnte er.

Die SPD-Fraktion hielt eine Regulierung des Hochfrequenzhandels für dringend erforderlich. Die Bedeutung dieses Handels für die Liquiditätsversorgung werde überschätzt, während die Risiken unterschätzt würden. Daher sei die Einführung einer Mindesthaltedauer unumgänglich, widersprach ein Sprecher der Fraktion der Koalition.

Dafür traten auch die Vertreter der anderen Fraktionen ein, wobei die Linksfraktion noch einen Schritt weiter ging. Wenn durch den Hochfrequenzhandel die Stabilität des Finanzsystems in Frage stehe und der Handel volkswirtschaftlich schädlich sei, dann sei nicht nur eine Einschränkung, sondern die Einstellung dieses Handels notwendig. Der Sprecher der Linksfraktion warnte davor, bei der Gestaltung der Finanztransaktionssteuer den Hochfrequenzhandel auszunehmen.

Der Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nannte den Hochfrequenzhandel volkswirtschaftlich uneffektiv. Deshalb müsse er gebremst und zurückgeschraubt werden. Im Regierungsentwurf gehe es aber nur um Regulierung und nicht um Bremsung.

Nach dem Gesetzentwurf sollen Hochfrequenzhändler der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterstellt werden. Zudem werden strengere Anforderungen an den Handel gestellt. Im Hochfrequenzhandel tätige Unternehmen müssen in Zukunft sicherstellen, dass ihre Handelssysteme den Markt nicht stören. Dadurch sollen extreme, irrationale Kursschwankungen ohne jeden Bezug zu realwirtschaftlichen Entwicklungen bis hin zu einem "Flash Crash", wie etwa der Zusammenbruch der US-Börsen am 6. Mai 2010, verhindert werden. Zudem werden "bestimmte Handelspraktiken, welche ohne Handelsabsicht getätigt werden, um das Funktionieren der Handelssysteme zu stören oder zu verzögern oder andere Handelsteilnehmer zu täuschen", als Marktmanipulationen angesehen. Die Börsen sollen verpflichtet werden, bei exzessiver Nutzung der Handelssysteme höhere Gebühren zu verlangen.

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2. Umweltausschuss spricht sich für Lex Asse aus

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Berlin: (hib/AS) Der Umweltausschuss hat grünes Licht für eine schnellere Rückholung radioaktiver Abfälle und eine Stilllegung der maroden Schachtanlage Asse II gegeben. Mit großer Mehrheit nahmen die Abgeordneten am Mittwochvormittag im Umweltausschuss den fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf (17/11822) an, der eine Neufassung von § 57 des Atomgesetzes vorsieht. Damit sollen die verfahrensrechtlichen Rahmenbedingungen für die Rückholung erleichtert und die Arbeiten insgesamt beschleunigt werden. CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen stimmten für den Entwurf. Die Fraktion Die Linke, die mehrere Änderungsanträge eingebracht hatte, votierte gegen das Gesetz.

Die CDU/CSU lobte nochmals ausdrücklich die gute Zusammenarbeit der Berichterstatterinnen aller fünf Fraktionen bei der Erarbeitung des Gesetzes. "Wir wollen unterstreichen, dass die Rückholung als Vorzugsoption festgeschrieben wird", betonte die Vertreterin der Union. Nach der Anhörung in der vergangenen Woche hatten sich die Berichterstatterinnen nochmals auf verschiedene Änderungen geeinigt. So wurde das Wort "vorzugsweise" bei der Frage der Rückholung gestrichen, da dies etwas anderes implizieren könnte, erklärte die CDU-Abgeordnete. Auch der Koalitionspartner FDP unterstrich, dass man mit dem Gesetzentwurf sehr gut leben könne und äußerte wie andere Fraktionen Bedauern, dass die Linke den Gesetzentwurf nicht habe mitunterzeichnen können.

Die SPD hob hervor, dass die Geschichte der Asse "eine große Verunsicherung vor Ort" dokumentiere. Es sei "unfassbar, wie über Jahrzehnte hinweg" eine solche Notlage entstehen konnte. Daran sei aber auch erkennbar, wie schnell die Gefahren aus atomarer Strahlung unterschätzt würden, sagte sie. Den Steuerzahler würde das viele Milliarden Euro kosten. Der Gesetzentwurf ist nach Auffassung der Linken ein Kompromiss, "der vom Wesen her richtig sei, aber noch Hintertürchen offen lasse", sagte die Vertreterin der Linken. Sie äußerte die Befürchtung, dass die "Einsicht für die Notwendigkeit, Müll aus der Asse herauszuholen, noch nicht bei allen angekommen sei". Als Beispiel nannte sie den Wunsch, die sogenannte Rechtfertigungspflicht beizubehalten. Die Tatsache, dass die Linke, bei dem Gesetzentwurf nicht habe unterzeichnen können, bedauerte auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. "Das Rund-um-Lob hat eine Träne im Knopfloch", sagte die Berichterstatterin der Fraktion. Sie lobte das Gesetz als zielführend und bekräftigte, dass damit neben der Beschleunigung der Rückholung auch die Rechtssicherheit gestärkt und das Vertrauen bei der Bevölkerung neu aufgebaut werden könne.

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3. Grüne fordern mehr deutsche Hilfen für syrische Flüchtlinge

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert von der Bundesregierung mehr Engagement bei der Unterstützung syrischer Flüchtlinge und der ihnen Zuflucht bietenden Nachbarstaaten. "Angesichts der Eskalation der Gewalt in Syrien sucht eine immer größer werdende Zahl von Menschen Zuflucht in den Nachbarländern, für die die Aufnahme und Versorgung der Schutzsuchenden zunehmend zu einer Belastung wird", heißt es in einem Antrag (17/12496), der am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenum steht.

Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung darin unter anderem auf, syrische Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen sowie die Einreise von Syriern, die von ihren Angehörigen in Deutschland eingeladen werden, "erheblich zu erleichtern". Weiter soll die Bundesregierung den Abschiebestopp für syrische Flüchtlinge in Deutschland verlängern und das - derzeit nicht angewendete - deutsch-syrische Rückübernahmeabkommen "unverzüglich" aufkündigen. Außerdem setzen sich die Abgeordneten dafür ein, "weitere Mittel" für die Unterstützung der Anrainerstaaten Syriens bei der Aufnahme und Versorgung syrischer Flüchtlinge bereitzustellen, "die gemessen an der Wirtschaftskraft Deutschlands einen fairen Anteil an dem von den Vereinten Nationen ermittelten Hilfsbedarf ausmachen".

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4. SPD fordert freien Zugang zu Forschungsergebnissen im Internet

Bildung und Forschung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Die Zugänglichkeit zu Forschungsergebnissen, die mit öffentlichen Mitteln finanziert werden, ist deutlich eingeschränkt. Und das, obwohl die freie Nutzung von Daten und Erkenntnissen aus Wissenschaft und Forschung für die interessierte Öffentlichkeit von herausragender Bedeutung für die langfristige Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des deutschen Bildungs-, Wissenschafts- und Innovationssystems ist, schreibt die SPD in ihrem Antrag "Freier Zugang zu öffentlich finanzierten Forschungsergebnissen" (17/12300). Zumeist würden diese Ergebnisse in privaten Fachjournalen publiziert werden, die erhebliche Gewinne durch die Vermarktung dieser Ergebnisse erzielten, also mithin der intellektuellen Leistungen zahlreicher Wissenschaftler. Folglich finanziere die öffentliche Hand in der aktuellen Situation nicht nur die Generierung von neuem Wissen, sie finanziere zusätzlich (etwa über Bibliotheksbudgets) auch die Zugänglichmachung dieses Wissens in Form von Fachjournalen.

Die SPD begrüßt den Vorstoß der Europäischen Kommission, alle Veröffentlichungen, die mit Hilfe der Forschungsförderung im Rahmen von "Horizont 2020" entstehen, nach längstens zwölf Monaten frei zugänglich zu machen. Ferner unterstützt sie das Ziel, dass bis 2016 60 Prozent aller veröffentlichten Ergebnisse aus öffentlich geförderter Forschung frei zugänglich sein sollen.

In ihrem Antrag fordert die SPD die Bundesregierung auf, den Impuls der Europäischen Kommission und die Empfehlungen der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft aufzunehmen und zügig ein Konzept zur Umsetzung einer modernen Open Access-Politik für die öffentlich finanzierte Forschungsförderung vorzulegen. Als Open Access wird der freie Zugang zu wissenschaftlicher Literatur und anderen Materialien im Internet bezeichnet. Diese neue Förderpolitik solle sich nach Auffassung der SPD unter anderem an folgenden Zielsetzungen orientieren: Neben der Freigabe nach zwölf Monaten sollten die bereits im Ansatz vorhandenen Infrastrukturen, die eine einfache Recherche nach Ergebnissen öffentlich geförderter Forschung ermöglichen, ausgebaut werden. Zudem müssten die rechtlichen Voraussetzungen für Open Access im Wissenschaftsbereich geschaffen werden. Zudem sei es sinnvoll, umgehend in einen Diskussionsprozess mit den beteiligten Interessengruppen sowie der interessierten Öffentlichkeit einzusteigen, um so einen möglichst breiten Konsens für die konkrete Ausgestaltung der neuen Open Access-Politik zu erzielen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 106 - 27. Februar 2013 - 15:50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. März 2013