Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

BUNDESTAG/3704: Heute im Bundestag Nr. 104 - 27.02.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 104
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 27. Februar 2013 Redaktionsschluss: 13:50 Uhr

1. Max-Planck-Präsident Gruss für bessere Förderung von Gründern
2. Koalition beschließt neues Steuerpaket
3. Deutsche Bahn hält an Stuttgart 21 fest



1. Max-Planck-Präsident Gruss für bessere Förderung von Gründern

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Berlin: (hib/pst) In loser Folge hatte der Wirtschaftsausschuss bereits Spitzenvertreter aus verschiedenen Bereichen der Wirtschaft zu Gast. Am heutigen Donnerstag begrüßte der Ausschussvorsitzende Ernst Hinsken (CSU) mit Professor Peter Gruss den Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), "einer der wichtigsten und renommiertesten Forschungseinrichtungen in Deutschland". Die MPG spiele weltweit eine wichtige Rolle beim Wissenstransfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft, lobte Hinsken.

In der nichtöffentlichen Sitzung skizzierte Gruss die deutsche Forschungslandschaft als "hervorragend strukturiert". Dabei relativierte er Rankings, die Deutschland nur im Mittelfeld der OECD-Länder sehen. Das treffe nur für die universitäre Forschung zu. Gruss: "Wäre die Max-Planck-Gesellschaft eine Universität, wären wir im Shanghai-Ranking auf Platz 5." Die deutsche Struktur mit universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sei ein Exportschlager, stellte Gruss fest. Zusammen mit der Forschung und Entwicklung in Unternehmen stehe "Deutschland sehr gut da".

Als Problem bezeichnete es Gruss, dass sich die Gründung von Technologie-Unternehmen "in den letzten Jahren leider negativ entwickelt" habe. Schuld daran sei, dass sich Wagniskapital "extrem verknappt" habe. Um diese Lücke durch öffentliche Förderung zu schließen, schlug der Max-Planck-Präsident die Gründung sogenannter Inkubatoren vor. Damit sind Einrichtungen gemeint, die Erfindungen näher an die Produktreife bringen, etwa durch die Entwicklung von Prototypen. Daran anschließend seien Gründungen weniger riskant.

Auf Fragen aus den Koalitionsfraktionen hin befürwortete Gruss zudem steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für Forschung in Unternehmen. Denn bei der Projektförderung seien die Antragsverfahren so komplex, dass sie von kleinen und mittleren Unternehmen kaum zu bewältigen seien. Zudem wünschte er sich, dass die verschiedenen Ministerien, die Forschung und Entwicklung fördern, "ihre Instrumente im engeren Verbund einsetzen würden". Auch das würde die derzeitige Unüberschaubarkeit verringern.

Einen Schritt nach vorne hat Deutschland nach Einschätzung von Gruss bei der Gewinnung ausländischer Fachkräfte gemacht. Die objektiven Bedingungen für das Aufenthaltsrecht hätten sich zuletzt deutlich verbessert, antwortete er auf eine Frage aus der SPD-Fraktion. "Ich bin überzeugt, dass wir jetzt einen Rahmen haben, wo wir attraktiv sind. Die Leute kommen."

Aus der Fraktion Die Linke wurde Gruss gefragt, ob das Bestreben, Forschungsergebnisse in der Privatwirtschaft zu verwerten, problematisch für die Forschungsfreiheit sein könnte. Hierauf verwies Gruss auf einen Unterschied seiner Einrichtung zur Fraunhofer-Gesellschaft, die Auftragsforschung betreiben müsse, da sie nur zu 20 Prozent aus öffentlichen Mitteln finanziert sei. Die Max-Planck-Gesellschaft arbeite mit der Industrie zusammen, aber nicht im Sinne von Auftragsforschung. "Die Industrie erfährt unsere Ergebnisse" und könne mit der MPG Verträge über die Nutzung ihrer Patente schließen. Die MPG betreibe Grundlagenforschung, bei der man vorher nie sagen könne, ob sie zu verwertbaren Ergebnissen führt.

"Ein Problem angesprochen" hat die Grünen-Fraktion nach Ansicht von Gruss mit einer Frage nach der Ko-Finanzierung seiner Institute durch die Länder. Diese bereite immer wieder Schwierigkeiten. Gruss plädierte dafür, bei der Max-Planck-Gesellschaft und der Leibnitz-Gesellschaft von der 50:50-Finanzierung durch Bund und Länder zu einer 70:30-Finanzierung zu kommen. Die Länder sollten ihre dadurch freiwerdenden Gelder dann für die Universitäten einsetzen.

*

2. Koalition beschließt neues Steuerpaket

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP haben den von ihnen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (17/12375) am Mittwoch im Finanzausschuss mit ihrer Mehrheit nach Einfügung einiger überwiegend redaktioneller Änderungen beschlossen. Die Oppositionsfraktionen von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmten geschlossen gegen den Entwurf, mit dem die gegenseitige Amtshilfe in der EU in Steuerangelegenheiten verbessert und außerdem eine ganze Reihe steuerlicher Änderungen vorgenommen werden. Aufgegriffen würden damit "notwendige, vornehmlich rechtstechnische Maßnahmen", die zunächst im Jahressteuergesetz 2013 enthalten gewesen seien, erläuterte ein Regierungsvertreter. Zum Jahressteuergesetz hatte es keine Einigung zwischen dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat gegeben. Ein Antrag von SPD-Fraktion und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Empfehlungen des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz mit Ausnahme der steuerlichen Gleichstellung von Lebenspartnerschaften in das Gesetz aufzunehmen, fand aufgrund der ablehnenden Haltung der Koalitionsfraktionen keine Mehrheit.

Ein Vertreter der CDU/CSU-Fraktion erläuterte, man habe sich bewusst auf wenige Punkte aus dem ursprünglichen Jahressteuergesetz beschränkt, um Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission zu vermeiden. Das Ende der Fahnenstange in der Steuergesetzgebung sei damit aber noch nicht erreicht. So müssten etwa Missbrauchsmöglichkeiten im Bereich der Erbschaftsteuer geregelt werden.

Die SPD-Fraktion kritisierte unter anderem das Fehlen einer Regelung gegen den steuerlichen Missbrauch mit sogenannten Cash-GmbHs. Alle seien der Meinung, dass hier etwas unternommen werden müsse, und es sei nicht nachzuvollziehen, dass nichts geschehe. Es bestehe erhebliche Unsicherheit über die Steuergesetzgebung, "und das halten wir für einen Fehler", so der Sprecher der SPD-Fraktion.

Die FDP-Fraktion warf der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, ein Plagiat des ursprünglichen Jahressteuergesetzes per Änderungsantrag vorgelegt zu haben. Das sei am Bundesrat gescheitert. Somit handele es sich um ein "merkwürdiges Spiel" der Opposition. Den Regelungsbedarf bei der "Cash GmbH" sah die FDP-Fraktion auch, warnte jedoch davor, über das Ziel hinauszuschießen.

Die Linksfraktion warf der Koalition vor, wieder einmal einen Gesetzentwurf im Schnellverfahren zu verabschieden und in der Frage der steuerlichen Behandlung eingetragener Lebenspartnerschaften unglaubwürdig zu sein. Die Berufung der Koalition auf umzusetzendes EU-Recht und Vertragsverletzungsverfahren sei "abenteuerlich". Verschiedene auf Europarecht zurückgehende Regelungsvorhaben, etwa die Behandlung von Familienstiftungen im Ausland, seien in dem Entwurf nicht enthalten, sagt eine Sprecherin der Linksfraktion, die der Koalition unterstellte, "alles andere als verlässliche Politik" zu machen.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, die Argumentation der CDU/CSU sei widersprüchlich. Wenn die CDU/CSU noch Handlungsbedarf in der Steuerpolitik sehe, dann brauche sie nur dem Änderungsantrag von SPD-Fraktion und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zustimmen. Dort seien alle Maßnahmen enthalten. Den Vorwurf der FDP-Fraktion, ein Plagiat vorgelegt zu haben, wies der Sprecher mit dem Hinweis zurück, es handele sich bei dem Änderungsantrag nicht um die ursprüngliche Version des Jahressteuergesetzes, sondern um die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, der in vielen Punkten Änderungen vorgenommen habe.

Das Gesetz sieht unter anderem eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden der EU-Mitgliedsländer zur Festsetzung von Steuern bei grenzüberschreitenden Aktivitäten vor. Neben der EU-Amtshilferichtlinie werden mit dem Gesetzentwurf auch die Mehrwertsteuersystemrichtlinie, die Rechnungsstellungsrichtlinie sowie die sogenannte Mutter-Tochter-Richtlinie umgesetzt.

Ein weiterer Teil des Gesetzes betrifft die private Nutzung von Geschäftsfahrzeugen. Nach der derzeitigen Regelung sind Elektrofahrzeuge und extern aufladbare Hybridfahrzeuge wegen ihres höheren Listenpreises benachteiligt. Bisher ist ein Prozent des Listenpreises Grundlage der Bewertung der privaten Nutzung des Kraftfahrzeugs. Diese Ein-Prozent-Regelung wird beibehalten, allerdings soll der Listenpreis um die Kosten des Batteriesystems reduziert werden. Veränderungen sind bei dem mit dem Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz beschlossenen automatisierten Verfahren bei der Erfassung der Kirchensteuer auf Kapitalerträge ab 2014 vorgesehen. Danach sind Kirchensteuerabzugsverpflichtete (zum Beispiel Banken und Lebensversicherungen) verpflichtet, einmal im Jahr die Kirchensteuermerkmale ihrer Kunden beim Bundeszentralamt für Steuern abzufragen und gegebenenfalls die Kirchensteuer wie jetzt schon die Abgeltungsteuer von den Kapitalerträgen der Kunden einzubehalten und abzuführen.

*

3. Deutsche Bahn hält an Stuttgart 21 fest

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Berlin: (hib/MIK) Die Deutsche Bahn AG (DB AG) hält die Fortführung des Bauprojekts Stuttgart 21 für wirtschaftlicher als den Abbruch. Dies erklärten Vorstandsmitglieder der DB AG am Mittwochmorgen im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, wo es um die Kostenentwicklung bei dem Projekt ging.

Der Vorstandsvorsitzende der DB AG, Rüdiger Grube, führte dabei aus, dass im 2009 unterzeichneten Finanzierungsvertrag zwischen der DB AG und den weiteren Projektbeteiligten (unter anderem das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart) Gesamtkosten von 4,09 Milliarden Euro vorgesehen seien. Diese Kostenkalkulation sei im vergangenen Jahr mit dem derzeitigen Planungsstand überprüft worden. Dabei habe sich eine Kalkulationsdifferenz von rund 1,1 Milliarden Euro ergeben. Darüber hinaus gebe es weitere Risiken von mehr als einer Milliarde Euro. Diese Ergebnisse hätten im Dezember 2012 vorgelegen, seien bisher allerdings noch ungeprüft. Der Vorstand habe den Aufsichtsrat umfassend informiert. Der Aufsichtsrat werde sich in einer außerordentlichen Sitzung am 5. März mit dem Gesamtprojekt erneut befassen. Dies bestätigte der Vorsitzende des Aufsichtsrates Professor Utz-Hellmuth Felcht.

Die DB AG wies daraufhin, dass der Ausstieg "einvernehmlich" zwischen allen Projektbeteiligten beschlossen werden müsse und führte weiter aus, dass das Land Baden-Württemberg auf Anfrage mitgeteilt habe, es stehe weiter zu dem Projekt. An den Mehrkosten werde sich aber nicht beteiligen. Dazu erklärte die FDP-Fraktion, dass der Geist des Finanzierungsvertrages beinhalte, dass sich die Vertragspartner an den Mehrkosten beteiligen. Es könne nicht sein, dass nach Wahlen Verträge nicht mehr eingehalten würden.

Die CDU/CSU-Fraktion betonte, dass die Union weiterhin zu dem Projekt stehen werde. Dies sei ein zentrales Infrastrukturprojekt nicht nur für die Region um Stuttgart, sondern für Deutschland und sogar für Europa. Ihr Sprecher forderte, dass auch die anderen Projektpartner Verantwortung übernehmen müssten. Er hielt einen Abbruch des Projekts für falsch, da dieser teurer werden würde, als eine Fortsetzung.

Der Sprecher der SPD-Fraktion kritisierte vor allem die Informationspolitik der Bundesregierung. Er betonte, dass jede Investition der DB AG wirtschaftlich sein müsste. Er habe nach der Neukalkulation Zweifel, ob die Wirtschaftlichkeit noch gegeben sei. Er forderte eine vollständige Transparenz bei den Entscheidungen für die Fortsetzung des Projekts, aber auch für einen Ausstieg und für andere Alternativen. Die Vertreter der Bundesregierung im Aufsichtsrat der DB AG sollten mitteilen, wie sie sich auf der nächsten Aufsichtsratssitzung verhalten würden. Dies lehnte die Bundesregierung ab, da der Sitzung nicht vorgegriffen werden sollte.

Die Vertreterin der Linksfraktion sprach sich dafür aus, aus dem Projekt auszusteigen und beim derzeitigen Bahnhof zu bleiben. Durch den Neubau gebe es keine Kapazitätserhöhung. So würden Milliarden in einen Bahnhof gesteckt, der am Ende nicht besser sei als der jetzige Bahnhof.

Der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen vermutete, dass die Kostensteigerung schon länger bekannt gewesen sei. Es gebe bei diesem Projekt immer neue Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Deshalb könne man keiner mehr vertrauen.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 104 - 27. Februar 2013 - 13:50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. März 2013