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BUNDESTAG/3551: Heute im Bundestag Nr. 556 - 28.11.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 556
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 28. November 2012 Redaktionsschluss: 18:40 Uhr

1. Staatsminister Link: "Gute Politik muss nicht mit höheren Beiträgen verbunden sein"
2. SPD-Antrag zur Rechtsextremisten in Gaststätten abgelehnt
3. Deutsches Filmerbe soll langfristig gesichert werden
4. Evaluation zum Doping-Bekämpfungsgesetz umstritten
5. SPD-Fraktion will "Asylbewerberleistungsgesetz reformieren"
6. Im Bundestag notiert: Mitglieder des Beirates der Stiftung Datenschutz



1. Staatsminister Link: "Gute Politik muss nicht mit höheren Beiträgen verbunden sein"

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Berlin: (hib/AS) Knapp eine Woche nach der Vertagung des EU-Gipfels über den Mittelfristigen Finanzrahmen (MFR) der EU hat sich der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Link (FDP), für qualitative Verbesserungen anstelle höherer Ausgaben bei den Haushaltsberatungen ausgesprochen. "Gute Politik muss nicht immer mit höheren Beträgen verbunden sein", sagte Link am Mittwochnachmittag im Europaausschuss des Deutschen Bundestages. Im nächsten Quartal müsse über den MFR allerdings eine Entscheidung getroffen werden. Es ist noch zu schaffen, aber der Zeitplan für die Verabschiedung sei "enger" geworden, sagte Link. Ein Datum für einen neuen Gipfel stehe noch nicht fest. Ein Termin im Februar oder März sei möglich. Der Auftrag für den Gipfel liege jetzt direkt beim EU-Ratspräsidenten Herman van Rompuy und nicht mehr bei der amtierenden Präsidentschaft, berichtete Link. "In manchen Bereichen ist schon viel erreicht", sagte Link zu dem Gipfel in der vergangenen Woche. Bei dem kommenden Treffen werde sich Deutschland auch weiter für ein "better spending" stark machen und gegen die Kürzung von Forschungs- und Entwicklungsausgaben einsetzen. Ein mögliches Sparpotenzial sieht Link auch bei den EU-Verwaltungsausgaben.

Die CDU/CSU erklärte, dass man aus den Verhandlungsergebnissen das Beste machen und die Staaten weiter ermuntern müsse, negative Auswirkungen auf den Haushalt zu vermeiden. Ein weiterer Vertreter sprach sich für den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union aus. Er berichtete, dass im britischen Unterhaus gerade die Verwaltungsausgaben der Union sehr genau betrachtet würden und dort einen "hohen Symbolwert" hätten. Die SPD äußerte die Befürchtung, dass es in einer weiteren Haushaltsrunde zu überproportionalen Kürzungen bei den Struktur- und Kohäsionsfonds kommen könnte. Man müsse sehr genau überlegen, mit welcher Strategie man in die nächste Verhandlungsrunde gehe. Gleichzeitig sprach sich die SPD dafür aus, das Europäische Parlament bereits frühzeitig einzubinden. Es bestünde ansonsten die Gefahr, dort für den MFR keine Mehrheit zu finden.

Die FDP erkundigte sich nach den Positionen von Großbritannien und Frankreich und fragte, wo es Bewegungsspielräume und Positionen gebe, die Wachstum und Beschäftigung fördern könnten. Nach Ansicht der Fraktion Die Linke war das Treffen in Brüssel unnötig. Der Gipfel zeige, dass nationale Interessen überwiegen. Gleichzeitig warnte die Linke aber davor, die Kohäsionsfonds einzuschränken. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betonte, dass im kommenden MFR die Investitionen für Strukturfonds aufgestockt und nicht gekürzt werden sollten. Dies gelte auch für die Ausgaben im Bereich Bildung und Forschung.

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2. SPD-Antrag zur Rechtsextremisten in Gaststätten abgelehnt

Ausschuss für Tourismus

Berlin: (hib/JBB) Mit den Stimmen der schwarz-gelben Regierungskoalition lehnte der Tourismusausschuss in seiner Sitzung am Mittwoch, den 28. November, einen Antrag (17/9577) der SPD-Fraktion ab, Initiativen gegen Rechtsextreme in der Gastwirtschaft stärker zu unterstützen. Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen votierten für den Antrag.

In dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, auf die Länder einzuwirken, Initiativen von Gastwirten gegen Rechtsextremismus bekannt zu machen und zu unterstützen. Zudem sprechen sich die Abgeordneten für einen runden Tisch aus, bei dem Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen, Gewerkschaften, Branchenverbänden und zivilgesellschaftlichen Akteuren sowie betroffene Gastwirte Probleme erörtern und Handlungsschritte diskutieren könnten. Trotz ihres Hausrechtes herrsche bei Gastwirten häufig Unkenntnis und Unsicherheit darüber, wie man rechtsextreme Veranstaltungen in den eigenen Räumen verhindern könne, schreiben die Abgeordneten.

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3. Deutsches Filmerbe soll langfristig gesichert werden

Ausschuss für Kultur und Medien

Berlin: (hib/AW) Die Bundesregierung soll prüfen, wie das deutsche Filmerbe dauerhaft und digital gesichert werden kann. Der Ausschuss verabschiedete am Mittwoch den entsprechenden gemeinsamen Antrag der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion (17/11006) gegen die Stimmen der Linksfraktion; die Fraktionen der SPD und von Bündnis 90/Grünen enthielten sich der Stimme. Mehrheitlich abgelehnt mit den Stimmen der Koalition hingegen wurden die drei Anträge der Opposition (17/8353, 17/1107, 17/10098).

Nach dem Willen der Koalitionsfraktionen soll die Regierung eine Kostenschätzung für eine Pflichtarchivierung aller deutschen Filme und ihrer Digitalisierung vorlegen. Unter Federführung des Kinemathekenverbundes soll zudem ein Bestandskatalog aufgebaut werden, der klärt, an welchem Ort Filmkopien und in welchem Format zu archivieren sind. Ebenso soll die Regierung prüfen, ob aus dem Bundeshaushalt Geld für den Aufbau des Bestandskatalogs und für die Digitalisierung des Filmerbes bereitgestellt werden kann.

Den Oppositionsfraktionen geht dieser Antrag nicht weit genug. SPD und Grüne monierten im Ausschuss übereinstimmend, dass es an einer Gesamtstrategie für eine langfristige Sicherung des Filmerbes fehle. Von der Bundesregierung müsse ein Konzept für eine verpflichtende Hinterlegung digitaler Kopien von allen deutschen Filmproduktionen vorgelegt werden. Die beiden Fraktionen forderten zudem, dass digitalisierte Filmerbe durch Audiodeskriptionen und Untertitelung für Menschen mit Behinderung zugänglich zu machen. Für Bildungszwecke müsse das digitalisierte Filmerbe kostenfrei zugänglich sein.

Union und FDP verwiesen darauf, dass die Pflichthinterlegung für öffentlich geförderte Filme bereits bestehe. Und die Pflichtregistrierung für alle Filme werde durch die geplante Novellierung des Bundesarchivgesetzes eingeführt. Das Kabinett habe dies bereits beschlossen. Bei der kostenfreien Bereitstellung des digitalisierten Filmerbes müssten die Urheberrechte beachtet werden.

Die Linksfraktion forderte für die Digitalisierung jährlich sechs Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt und weitere sechs Millionen Euro von der Filmwirtschaft und der filmtreibenden Werbewirtschaft in Form einer Abgabe. Zudem soll eine zweckgebundene Abgabe in Höhe von fünf Cent auf jede verkaufte Kinokarte erhoben werden. Die Linke will neben Kino- und TV-Filmen auch Werbefilme als Teil des Kulturerbes langfristig sichern.

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4. Evaluation zum Doping-Bekämpfungsgesetz umstritten

Sportausschuss

Berlin: (hib/HAU) Fünf Jahre nach seiner Inkraftsetzung ist das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport unter Sportpolitikern ebenso umstritten wie unter Juristen. Das wurde während der Sitzung des Sportausschusses am Mittwochnachmittag deutlich. Kritik gab es von Viola von Cramon (Bündnis 90/Die Grünen), die von einem "Etikettenschwindel" sprach. Die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) forderte, ein Dopingstrafrecht zu schaffen, "das den Namen auch verdient". Der von Professor Matthias Jahn von der Universität Erlangen-Nürnberg vorgelegte Evaluationsbericht kommt zu einem anderen Schluss. Nach Jahns Auffassungen haben sich die Regelungen bewährt, auch wenn in einigen Bereichen Novellierungsbedarf besteht. "Die Strafverfolgung hat sich drastisch verbessert", sagte der Sportrechtler.

Seiner Einschätzung schlossen sich sowohl der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Christoph Bergner (CDU), als auch die Vertreter der Koalitionsfraktionen an. Die Gesamtzahl der Verfahren habe sich mehr als verfünffacht, sagte Bergner. Der Bericht zeige, "dass wir noch nicht am Ziel, aber auf dem richtigen Weg sind", befand Lutz Knopek (FDP). "Die getroffenen Maßnahmen haben gewirkt", urteilte Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Zwar gebe es Aufgaben, die nachzuarbeiten seien, doch könne dies auch mit der jetzigen Gesetzeslage erfolgen, sagte Vesper in Richtung der bayerischen Justizministerin Merk, die auch vor dem Sportausschuss für den in ihrem Hause entwickelten Gesetzentwurf warb, durch den auch dopende Sportler strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden sollen. Merk kritisierte, dass in dem derzeitigen Gesetz zwar eine Besitzstrafbarkeit enthalten sei, diese aber nur bei "nicht erheblichen Mengen" gelte.

Auch der Rechtswissenschaftler Professor Dieter Rößner von der Universität Marburg räumte ein, dass es eine "Gerechtigkeitslücke" geben könnte, wenn zwar das Umfeld eines Sportlers wegen des Handels mit Dopingmitteln strafrechtlich verfolgt werden könnte, der dopende Sportler jedoch nicht. "Bedenken" habe er jedoch auch, wenn grundsätzlich der Besitz verfolgt würde, da dabei zu viele Bagatellen erfasst werden können.

Er sei froh über die Evaluierung, weil dadurch gezeigt worden sei, dass die gefundene Formulierung der "nicht erheblichen Mengen" funktioniert habe, sagte Klaus Riegert (CDU/CSU). Das sei ein Kompromiss in der Großen Koalition gewesen, erinnerte Martin Gerster (SPD). Seine Fraktion habe damals schon für eine grundsätzliche Besitzstrafbarkeit plädiert. Aus Sicht des DOSB ist das jedoch nicht nötig. Schon jetzt könne bei einem positiven Dopingbefund ermittelt werden, sagte Generaldirektor Vesper. Ein Problem sei, dass die Staatsanwaltschaften das Gesetz unterschiedlich anwenden würden. Lösen könne man dies, in dem die Staatsanwaltschaften fortgebildet würden und mehr Schwerpunktstaatsanwaltschaften eingerichtet werden, sagte er. Schon geringe Mengen unter Strafe zu stellen ist aus seiner Sicht "kein Gewinn" für den Anti-Doping-Kampf. Ein Nebeneinander der Sanktionssysteme von Sportgerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaft nannte Vesper "lebensfremd". Der Sport könne keine Sperren mehr verhängen, wenn damit gerechnet werden müsste, dass in dem ungleich längeren strafrechtlichen Verfahren ein Freispruch erfolge und Schadensersatzansprüche möglich seien.

Ein "Mehr an Strafrecht" führe nicht automatisch zu einer Verbesserung der Situation gab auch Jens Petermann (Die Linke) zu bedenken. Eine Dopingbekämpfung "allein mit dem Strafrecht" sei zum Scheitern verurteilt, betonte Lutz Knopek. Beate Merk plädierte dennoch für eine neues Gesetz. Schulungen der Staatsanwaltschaften helfen ihrer Ansicht nach nicht weiter. "Dopende Sportler müssen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden", forderte die Justizministerin aus Bayern.

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5. SPD-Fraktion will "Asylbewerberleistungsgesetz reformieren"

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Bundesregierung soll nach dem Willen der SPD-Fraktion einen Gesetzentwurf zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vorlegen. In einem Antrag (17/11674), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestages steht, verweisen die Abgeordneten darauf, dass die Leistungshöhen des Gesetzes zur Existenzsicherung bereits seit Jahren in der Kritik stünden. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli dieses Jahres (Az. 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11) sei "nunmehr die Verfassungswidrigkeit der Höhe der Leistungen unzweifelhaft belegt", da sie gegen das Prinzip der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip verstießen. Das Gericht habe klargestellt, "dass das Existenzminimum für alle Menschen in Deutschland sichergestellt sein muss".

In dem Antrag fordert die Fraktion, dass unter anderem die Höhe der im Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehenen Grundleistungen anhand der vom Verfassungsgericht in seinen Urteilen vom 9. Februar 2010 (Az. 1 BvL 1/09) und vom 18. Juli 2012 aufgestellten Kriterien "neu festzusetzen sowie fortlaufend zu aktualisieren" seien. Unabhängig von der Höhe der Regelbedarfe soll laut Vorlage zudem für alle Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene "im Leistungsbezug des Asylbewerberleistungsgesetzes ein Rechtsanspruch auf die Bedarfe für Bildung und Teilhabe" eröffnet werden. Ferner wollen die Abgeordneten unter anderem für die Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz eine "angemessene Gesundheitsversorgung gewährleistet" wissen.

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6. Im Bundestag notiert: Mitglieder des Beirates der Stiftung Datenschutz

Inneres/Wahlvorschläge

Berlin: (hib/STO) Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP haben Wahlvorschläge (17/11637) für die Wahl der Mitglieder des Beirates der Stiftung Datenschutz vorgelegt, die am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestages steht. Benannt werden darin von der Unions-Fraktion die Abgeordneten Stephan Mayer (CSU), Rita Pawelski, Nadine Schön und Patrick Sensburg (alle CDU) sowie von der FDP-Fraktion Gisela Piltz.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 556 - 28. November 2012 - 18:40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. November 2012