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BUNDESTAG/3469: Heute im Bundestag Nr. 474 - 25.10.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 474
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnrstag, 25. Oktober 2012 Redaktionsschluss: 09:45 Uhr

1. Mehr Geld für deutsch-israelische Gesellschaft
2. Bündnis 90/Die Grünen sehen Wandel der Wirtschaft als Chance
3. SPD will Lohndumping in der Hafenwirtschaft verhindern
4. Grünen-Antrag für bessere Teilhabe Behinderter im Bildungswesen
5. Linken-Vorstoß zu mehr Inklusion in Bildung



1. Mehr Geld für deutsch-israelische Gesellschaft

Haushaltsausschuss

Berlin: (hib/MIK) Die deutsch-israelische Gesellschaft soll im kommenden Jahr 328.000 Euro Zuschuss erhalten. Bisher waren 108.000 Euro vorgesehen. Dies beschloss der Haushaltsausschuss am Mittwochabend bei den Beratungen des Haushalts 2013 des Auswärtigen Amtes auf Antrag der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP. Um 500.000 Euro auf 185,5 Millionen Euro sollen auch die Ausgaben für humanitäre Hilfsmittel im Ausland angehoben werden.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) betonte, dass der Auswärtige Dienst eine außerordentliche Wertschätzung genieße. Er wies darauf hin, dass die Sicherheitslage an deutschen Botschaften im Ausland sich immer mehr verschärfen würde. Deshalb sei schnelles Handeln notwendig, um die Botschaften entsprechend finanziell zu unterstützen. Um Mittel einzusparen, werde auch immer mehr überlegt, Konsulate gemeinsam mit den europäischen Partnern zu eröffnen. Ein Schwerpunkt der Arbeit des Auswärtigen Amtes sei es, Deutschland in den Bereich der Europäischen Union einzubinden, sagte Westerwelle.

Für die SPD-Fraktion muss sich die Kontinuität in der deutschen Außenpolitik auch in den Finanzen des Auswärtigen Amtes wiederspiegeln. Dies sei trotz des Aufwuchses um vier Prozent nicht der Fall. Die Fraktion brachte erfolglos mehr als 20 Änderungsanträge ein, in denen unter anderem mehr Geld für kulturelle Einrichtungen und für die deutschen Schulen im Ausland gefordert wurden.

Ebenso erfolglos blieben Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, in denen unter anderem mehr Mittel für zivile Krisenprävention gefordert wurden. Die Linksfraktion beantragte ebenfalls ohne Erfolg, einen neuen Titel für eine Kontaktstelle für die Umsetzung der europäischen Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern einzurichten.

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2. Bündnis 90/Die Grünen sehen Wandel der Wirtschaft als Chance

Wirtschaft und Technologie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung soll Strategien für eine "ambitionierte, zukunftsgerichtete und nachhaltige Wirtschaftspolitik umsetzen". Der tiefgreifende Transformationsprozess der Wirtschaft müsse unterstützt, die sich ergebenden Chancen müssten konsequent genutzt werden, und der Wandel müsse ökologisch, sozial und europäisch gestaltet werden, heißt es in einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/11162), der an diesem Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages steht. "Die Stärken unseres Standortes müssen weiter entwickelt werden. Ohne die unternehmerische Vielfalt ist die ökologische Modernisierung der Wirtschaft nicht zu bewältigen. Wir brauchen ihre Kreativität und Flexibilität und Investitionskraft", heißt es in dem Antrag.

Die Fraktion fordert ein ganzes Bündel von Maßnahmen. So soll es ein Klimaschutzgesetz mit CO2-Minderungs- und Energieeinsparzielen geben. Mit einer Rohstoffstrategie soll die Abhängigkeit der Unternehmen von Rohstoffen gesenkt werden. Weitere Punkte betreffen die Forschungsförderung und Verbesserungen in Bildungssystem. Die Bundesregierung wird aufgefordert. "mit mehr Ganztagsplätzen in Kitas und Schulen, mehr Studienplätzen, moderner Berufsausbildung und Ausrichtung von Qualifizierungsangeboten auf Zukunftsberufe und benachteiligte Gruppen sowie einem Erwachsenenbildungsförderungsgesetz inländische Fachkräftepotenziale zu aktivieren und mit einem transparenten Einwanderungssystem eine neue Willkommenskultur zu schaffen, um für gut qualifizierte und motivierte Fachkräfte zu sorgen." Weitere Forderungspunkte betreffen die Finanzwirtschaft, Infrastruktur, erneuerbare Energien und die Gleichstellungspolitik. "Made in Germany" müsse künftig für modernste, umweltfreundliche und nachhaltige Produktion stehen.

Nach Ansicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stecken die Unternehmen in einem rasanten Umbruch: "Globalisierung, die Finanzkrise, eine immer pluralistischere Gesellschaft, Digitalisierung, Klima- und demografischer Wandel, Ressourcenverknappung und ein stärkeres Umwelt- und Verantwortungsbewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten stellen neue Anforderungen und bewirken Veränderungen." Der Strukturwandel werde deshalb an Tempo und Reichweite noch zunehmen. Die Wirtschaftspolitik müsse diesen Wandel gestalten. "Wer dagegen verspricht, dass alles so bleiben kann wie es ist, betreibt Augenwischerei", schreibt die Fraktion.

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3. SPD will Lohndumping in der Hafenwirtschaft verhindern

Verkehr und Bau/Antrag

Berlin: (hib/MIK) Die Bundesregierung soll sich auf europäischer Ebene gegen Regelungen aussprechen, die einen Abbau von Arbeitnehmerrechten und Lohndumping durch die Hintertür in der Hafenwirtschaft bedeuten. Dies fordert die SPD-Fraktion in einem Antrag (17/11147), der am Donnerstag erstmals im Bundestag beraten wird. Weiter soll die Regierung dafür Sorge tragen, dass auch im Rahmen einer europäischen Hafenpolitik die nationalen Regelungen zur Hafenarbeit nicht beeinträchtigt werden und der Handlungsspielraum erhalten bleibt. Zudem soll auf eine Ausschreibungspflicht für Lotsendienste verzichtet

Fünf Jahre nach ihrer letzten Mitteilung zur Seehafenpolitik unternimmt die Europäische Kommission einen neuen Anlauf zur Liberalisierung der Hafendienste in Europa, schreibt die Fraktion zur Begründung. Nach dem Scheitern der Kommissionsvorschläge für ein "Port Package" I und II ziele die erneute hafenpolitische Initiative darauf, den Wettbewerb in europäischen Seehäfen zu stärken und für mehr Wachstum zu sorgen. Damit solle nach dem Willen der Europäischen Kommission mehr Qualität sowie niedrigere Kosten erreicht werden. Tatsächlich drohe durch die geplante Deregulierung jedoch das Gegenteil. Mit der Liberalisierung der Hafenarbeit seien Verdrängungseffekte zu erwarten, die die Arbeitsbedingungen in den Häfen gefährde und Jobs bedrohe, heißt es in dem Antrag.

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4. Grünen-Antrag für bessere Teilhabe Behinderter im Bildungswesen

Bildung und Forschung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Seit Jahrzehnten kämpfen Behinderte für ein selbstbestimmtes Leben und eine gleichberechtigte Teilhabe am sozialen, kulturellen und politischen Leben. Trotzdem leiden sie noch heute unter mangelnder Einbindung oder Inklusion, wie es in der Pädagogik heißt. Das wesentliche Prinzip der Inklusion ist die Wertschätzung der Diversität (Vielfalt). Die Grünen schreiben in ihrem Antrag "Zusammen lernen - Recht auf inklusive Bildung bundesweit umsetzen" (17/11163) der Leitspruch der Bewegung hat noch immer Gültigkeit: "Der Mensch ist nicht behindert, er wird behindert!". Inklusion sei ein Menschenrecht.

Die Fraktion fordert die Bundesregierung auf, dazu beizutragen, das Bildungssystem in Deutschland inklusiv zu gestalten. Dazu gehöre, mit den Ländern ein neues Ganztagsschulprogramm auszuhandeln, dessen Mittel auch dafür genutzt werden, an den Schulen die Voraussetzungen und Bedingungen für das Recht auf inklusive Bildung zu schaffen. Die Bundesregierung müsse endlich initiativ werden, um das Kooperationsverbot in der Bildung im Grundgesetz aufzuheben, fordern die Grünen. Ferner wollen sie ein Forum einberufen, um gemeinsam mit den Ländern einen Zeitplan zu erarbeiten, wie der Rechtsanspruch auf inklusive Bildung möglichst schnell und mit hoher Qualität und Akzeptanz bei Kindern, Jugendlichen, Eltern, Schulen, Berufsschulen, Hochschulen, Betrieben und Gesellschaft umgesetzt werden kann. In ihrem 14-Punkte-Plan treten sie außerdem dafür ein, mit den Ländern zu vereinbaren, wie die Kosten der Inklusionsreform zwischen den Ebenen, Kommunen, Ländern und Bund, aufgeteilt werden.

Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert die Umsetzung des Menschenrechts auf Inklusion. Bundestag und Bundesrat haben der Ratifikation des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BRK) der Vereinten Nationen zugestimmt.

Obwohl sich schon einiges getan hat, wurden im Schuljahr 2010/2011 noch immer 79 Prozent der Schüler mit diagnostiziertem sonderpädagogischem Förderbedarf an Förderschulen unterrichtet, schreiben die Grünen. Damit ist ihr Anteil innerhalb von 10 Jahren zwar um fast 10 Prozent gesunken, eine umfassende Inklusion im Bildungsbereich stehe aber noch aus. Oft würden sich die Förderschulen als Sackgassen erweisen, da drei Viertel der Schulabgänger keinen Abschluss erwerben.

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5. Linken-Vorstoß zu mehr Inklusion in Bildung

Bildung und Forschung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Die Verschiedenheit der Menschen birgt einen großen Reichtum. Diese Vielfalt zu nutzen, bereichert die ganze Gesellschaft. Die Linke fordert in ihrem Antrag "Gemeinsam lernen - Inklusion in der Bildung umsetzen" (17/11143) die Bundesregierung auf, die Initiative zu ergreifen, um das Verbot der Bildungszusammenarbeit zwischen Bund und Ländern (Kooperationsverbot) ohne Einschränkungen aufzuheben. Deutschland hat sich mit der Unterzeichnung zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK), die seit dem 26. März 2009 in Kraft ist, zur Inklusion verpflichtet. Inklusion gewährleistet allen Menschen, unabhängig von ihren Fähigkeiten, das Recht auf volle gesellschaftliche Teilhabe.

Die Linke tritt in einem 19-Punkte-Plan dafür ein, in Zusammenarbeit mit Ländern und Kommunen ein Investitionsprogramm "inklusive Bildung" zu initiieren, um die Bildungseinrichtungen möglichst schnell barrierefrei umzubauen und auszustatten. Auch soll gemeinsam mit den Ländern eine Qualitätsoffensive für inklusive Bildung in der Ausbildung von Erziehern, Lehrern und Ausbildern auf den Weg gebracht werden, damit inklusive Lernprozesse in heterogenen Lerngruppen auch gewährleistet werden können. Zudem will die Linke, dass ein Rechtsanspruch des Kindes auf einen gebührenfreien, inklusiven Betreuungsplatz in Kindertageseinrichtungen und Schulen unabhängig vom sozialen Status der Eltern festgeschrieben wird und vergleichbare Mindeststandards erarbeitet werden.

Mit dem Artikel 24 BRK hat sich Deutschland dazu verpflichtet, jedem Menschen Chancengleichheit in der Bildung zu ermöglichen. Doch vielen jungen Menschen werde derzeit die gleiche Teilhabe an Bildung verwehrt. Das derzeitige gegliederte Schulsystem etwa stehe einer konsequenten Inklusion entgegen. Kinder im Alter von zehn oder zwölf Jahren auf unterschiedliche Schulformen aufzuteilen, sei mit dem Konzept der Inklusion nicht vereinbar. Derzeit würden etwa eine halbe Million Förderschüler in Deutschland separat unterrichtet. 75 Prozent von ihnen erreichten nicht einmal einen Hauptschulabschluss, bemängelt die Linke in ihrem Antrag. Diese Spirale der Ausgrenzung setze sich in der beruflichen Bildung fort. Der Anteil von Jugendlichen mit Behinderung im dualen System liege bei weniger als einem Prozent und verdeutliche ihre sehr geringen Chancen auf einen anerkannten Berufsabschluss.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 474 - 25. Oktober 2012 - 09:45 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2012