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BUNDESTAG/3157: Heute im Bundestag Nr. 162 - 28.03.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 162
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 28. März 2012 Redaktionsschluss: 10:15 Uhr



1. Rechtsausschuss will Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht stärken
2. Änderungen bei Speicherfristen für bonitätsbezogen Daten gefordert
3. SPD-Fraktion will Individuelle Gesundheitsleistungen eindämmen
4. SPD will gesundheitliche Versorgung von Kindern verbessern
5. Bundesregierung soll "Konversionsprogramm" vorlegen
6. SPD fordert Rücknahmepflicht für alte Energiesparlampen
7. Die Linke möchte Gewerkschaften im Arbeitskampf stärken

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1. Rechtsausschuss will Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht stärken

Rechtsausschuss

Berlin: (hib/) Der Rechtsausschuss des Bundestags will gesetzlich die Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht stärken. In seiner Sitzung am Mittwochvormittag hat der Ausschuss einem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/3355) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP, bei Enthaltung der SPD-Fraktion und gegen die Stimmen der Fraktionen Die Linke und Bündnis90/Die Grünen angenommen.

Am morgigen Donnerstag wird der Gesetzentwurf in einer halbstündigen Debatte Thema im Bundestagsplenum sein. Er sieht vor, dass sich Medienangehörige nicht schuldig machten, sofern sie sich auf die "Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung" des Geheimnisses oder der Nachricht beschränkten. Das Strafgesetzbuch sei entsprechend zu ändern.

Die Regierung schreibt zur Begründung, in der Vergangenheit sei es zu Strafverfolgungsmaßnahmen, "deren Berechtigung mitunter angezweifelt" worden sei und die zumindest teilweise Gegenstand verfassungsgerichtlicher Überprüfung gewesen seien, gekommen. So habe sich etwa im Fall "Cicero" der Tatverdacht, der Anlass für die Durchsuchung der Redaktionsräume des Magazins gewesen sei, allein auf die Veröffentlichung von Inhalten eines als Verschlusssache eingestuften Auswertungsberichts gestützt. Der Verfasser des Artikels habe im Besitz des Papiers gewesen sein müssen. Verfassungsrechtlichen Schutz genieße aber der Journalist, der seine Quellen nicht preisgibt. Dieser Schutz sei unentbehrlich, weil Presse und Rundfunk auf private Mitteilungen nicht verzichten könnten. Diese Informationsquellen flössen aber nur ergiebig, wenn sich die Informanten grundsätzlich auf die Wahrung des Redaktionsgeheimnisses verlassen könnten.

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2. Änderungen bei Speicherfristen für bonitätsbezogen Daten gefordert

Petitionsausschuss

Berlin: (hib/HAU) Der Petitionsausschuss spricht sich für eine Änderung der durch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) geregelten Speicherfristen für bonitätsbezogene Daten aus. Während der Sitzung am Mittwochmorgen beschloss der Ausschuss daher, eine dahingehende Petition dem Bundesministerium des Inneren zur Erwägung zu überweisen und den Fraktionen zur Kenntnis zu geben.

Der Petent hatte in seiner Eingabe darauf verwiesen, dass er ein Privatinsolvenzverfahren durchgeführt habe, das am 24. Januar 2008 mit Erteilung einer Restschuldbefreiung geendet habe. Im April 2009 habe er schließlich ein neues Unternehmen gegründet. Da die Restschuldbefreiung von der Schufa entsprechend dem BDSG als Negativmerkmal gespeichert werde, habe er unter anderem seine Geschäftskonten auf Guthabenbasis führen müssen. Für die Löschung der Restschuldbefreiung sehe das BDSG eine Frist von drei Jahren vor, die allerdings erst im Kalenderjahr nach der Erteilung beginnt. In seinem Fall sei dies erst am 31. Dezember 2011 möglich gewesen, was eine Ausweitung der Frist auf fast vier Jahre bedeutet habe.

Aus Sicht des Petitionsausschusses ergeben sich angesichts dieser Rechtslage Bedenken mit Blick auf das im Grundgesetz geregelte Gleichstellungsgebot. Die Erteilung der Restschuldbefreiung erfolge per Beschluss des zuständigen Amtsgerichtes, heißt es in der Begründung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses. Auf das Datum habe der Betroffene keinerlei Einflussmöglichkeit. Das könne - wie im vorliegenden Fall - dazu führen, dass der Negativvermerk drei Jahre und elf Monate gespeichert werde. Für den Betroffenen sei jedoch mit der Datenspeicherung die persönliche und wirtschaftliche Beschäftigungsfreiheit stark eingeschränkt, was auch die Grundrechte berühren würde, schreiben die Abgeordneten.

Der Ausschuss nimmt auch Bezug auf die Feststellung der Rechtsprechung, wonach den Interessen der von der Eintragung Betroffenen "schützenswerte Belange der Kreditinstitute und der kreditgebenden gewerblichen Wirtschaft" gegenüberstünden. Durch die Länge der Speicherfrist solle daher das Zahlungsverhalten des Betroffenen verlässlich beurteilt werden. Vor diesem Hintergrund weisen die Abgeordneten darauf hin, dass eine Restschuldbefreiung erst nach einer sogenannten Wohlverhaltensperiode von sechs Jahren erteilt werde. Auch mit Blick auf die Kritik des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zum sogenannten Scoring hält der Ausschuss die derzeit geltende Rechtslage "nicht für angemessen" und befürwortet deshalb grundsätzlich das Anliegen des Petenten.

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3. SPD-Fraktion will Individuelle Gesundheitsleistungen eindämmen

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/STO) Sogenannte Individuelle Gesundheitsleistungen sollen nach dem Willen der SPD-Fraktion eingedämmt werden. Solche Leistungen, die nicht zum festgeschriebenen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehörten und von diesen deshalb grundsätzlich nicht finanziert würden, müssten Patienten "aus der eigenen Tasche bezahlen", heißt es in einem Antrag der Fraktion (17/9061). Danach wurden im Jahr 2010 in deutschen Arztpraxen Individuelle Gesundheitsleistungen im Wert von 1,5 Milliarden Euro erbracht.

Wie die Fraktion schreibt, handelt sich um einen schnell wachsenden Markt. Patienten würden in den Arztpraxen zum Teil durch aggressives Marketing zu den Leistungen gedrängt. Sie würden deutlich häufiger Patienten mit höheren Einkommen angeboten. Dadurch verdichte sich der Eindruck, dass bei der Erbringung dieser Leistung "nicht die medizinische Notwendigkeit im Vordergrund steht, sondern die wirtschaftlichen Interessen" des Arztes. Für zwei der am häufigsten verkauften Individuellen Gesundheitsleistungen (Glaukom- und vaginales Ultraschallscreening) gebe es keine Anhaltspunkte für einen patientenrelevanten Nutzen. Bei anderen Individuellen Gesundheitsleistungen wie der Colon-Hydro-Therapie würden neben dem fehlenden Patientennutzen sogar gravierende Schäden wie zum Beispiel Darmblutungen berichtet.

Die Bundesregierung soll laut Antrag einen Gesetzentwurf vorlegen, dem zufolge bei Individuellen Gesundheitsleistungen grundsätzlich ein schriftlicher Behandlungsvertrag geschlossen werden muss. Auch sollen die Patienten in einem persönlichen Gespräch umfassend über die Individuelle Gesundheitsleistung aufgeklärt werden und bei solchen Leistungen immer eine schriftliche Rechnung erhalten. Bei Formverstößen wie etwa fehlenden Informationen im Behandlungsvertrag soll der Patient nicht verpflichtet sein, die Rechnung zu zahlen.

Ferner soll der Vorlage zufolge ein Arzt, der eine Individuelle Gesundheitsleistung erbracht hat, für diesen Patienten am selben Tag keine Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen dürfen. Ausnahmen davon sollen vom Patienten selbst nachgefragte spezielle Leistungen wie Reiseimpfungen oder sportmedizinische Untersuchungen sein, heißt es in dem Antrag weiter. Damit solle Patienten ermöglicht werden, die Entscheidung für oder gegen derartige Leistungen "ohne Druck und Zwang zu treffen".

Zudem soll nach dem Willen der SPD-Fraktion in jeder Arztpraxis, in der solche Leistungen erbracht werden, eine Übersicht über die angebotenen Individuellen Gesundheitsleistungen als Information der Bundesregierung aushängen müssen. Darauf soll angegeben sein müssen, warum die jeweilige Leistung nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten ist. Daneben will die Fraktion in dem Gesetzentwurf unter anderem die Kassen "zu umfassender Aufklärung ihrer Versicherten" verpflichtet sehen.

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4. SPD will gesundheitliche Versorgung von Kindern verbessern

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die SPD-Fraktion will Lücken bei der gesundheitlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland schließen. Die "kindergerechte Versorgung" müsse deutlich gestärkt werden, heißt es in einem Antrag der Fraktion (17/9059). Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, die gesundheitliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen bundesweit zielgruppenspezifisch auszubauen.

Dazu soll nach dem Willen der Sozialdemokraten die Position der Kinderärzte "als Erstversorger von Kindern und Jugendlichen durch ihre Integration in bestehende Verträge der Hausarztzentrierten Versorgung" gestärkt werden. Auch plädiert die Fraktion für eine Prüfung, ob die Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der ambulanten und stationären Kinderkrankenpflege mit einer verbindlichen Fachkraftquote für Kinderkrankenpfleger gesichert werden sollte. Zu den weiteren von der Fraktion geforderten Maßnahmen zählt unter anderem, dass im Haushalt des Bundesgesundheitsministeriums "unter dem Titel 'Förderung der Kindergesundheit' ausreichend Mittel, aber mindestens auf dem Niveau von 2010, eingestellt werden, so dass die Finanzierung der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen langfristig gesichert ist".

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5. Bundesregierung soll "Konversionsprogramm" vorlegen

Verkehr und Bau/Antrag

Berlin: (hib/MIK) Die Bundesregierung soll im Rahmen der Städtebauförderung ein eigenständiges Programm "Konversion" auflegen, um den städtebaulichen Folgen von Standortschließungen oder -verkleinerungen der Bundeswehr entgegenzuwirken. Dies fordert die SPD-Fraktion in einem Antrag (17/9060). Davon unabhängig sollen die Mittel für die Städtebauprogramme im Bundeshaushalt auf den tatsächlichen Bedarf von 700 Millionen Euro pro Jahr verstetigt werden.

Weiter soll die Bundesregierung unter anderem sicherstellen, dass die Entwicklung und Vermarktung von Liegenschaften durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in Abstimmung und im Einvernehmen mit den Standortkommunen erfolgt und die freiwerdenden ökologisch besonders wertvollen Flächen zu schützen und zu erhalten, schreiben die Angeordneten. Flächen, bei denen die Beräumung von militärischen Altlasten gegenwärtig nicht finanzierbar ist, sollen als Wildnisfläche zur Verfügung gestellt werden.

Durch die Strukturreform der Bundeswehr und durch das Standortkonzept des Bundesverteidigungsministeriums sollen 31 Standorte aufgegeben und 90 Standorte reduziert werden, heißt es in der Begründung. Die betroffenen Kommunen seien über die rein wirtschaftlichen Auswirkungen der Schließungen hinaus mit Konversionslasten konfrontiert, die ihre finanziellen Möglichkeiten übersteigen würden. Bisher habe die Bundesregierung kein tragfähiges Konzept vorgelegt, um den betroffenen Kommunen bei der Bewältigung dieser Lasten zu helfen.

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6. SPD fordert Rücknahmepflicht für alte Energiesparlampen

Umwelt/Antrag

Berlin: (hib/AS) Gebrauchte Energiesparlampen sollen unentgeltlich an allen Verkaufsstellen zurückgegeben werden können. Die SPD fordert die Regierung in einem Antrag (17/9058) auf, unverzüglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Einzelhandel verpflichtet, die gebrauchten Lampen zurückzunehmen. Entsprechende Sammelstellen sollen leicht sichtbar und gut erreichbar sein, schreibt die Fraktion in ihrem Antrag. Außerdem sollen die Produzenten verpflichtet werden, alle Verbraucherinnen und Verbraucher über eine fachgerechte Entsorgung zu informieren.

Seitdem im Handel aufgrund einer Richtlinie der Europäischen Union keine Glühlampen mit mehr als 40 Watt erhältlich sind, ist die Zahl der Energiesparlampen, die entsorgt werden müssen, stark angestiegen. Ein großer Anteil dieser Lampen, schreibt die SPD in ihrem Papier, lande weiterhin im Hausmüll, obwohl sie getrennt gesammelt und entsorgt werden müssten. Auch wenn die Umweltgefahr einer einzelnen Lampe als gering eingestuft wird, steigt die Belastung und Gefährdung mit der zunehmenden Zahl an Glühbirnen, vor allem auch für Beschäftigte, die im Glasrecycling arbeiten. Eigentlich müssten diese Energiesparlampen bei den kommunalen Wertstoffhöfen entsorgt werden. Da dies aber für die Verbraucher umständlich ist, wirbt die SPD jetzt für eine neue Regelung.

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7. Die Linke möchte Gewerkschaften im Arbeitskampf stärken

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/TYH) Die Fraktion Die Linke möchte den "Anti-Streik-Paragraphen" abschaffen. In einem Antrag (17/9062) fordert sie die Bundesregierung auf, Paragraph 146 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) durch Paragraph 116 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) in der Fassung von 1969 zu ersetzen. Paragraph 146 SGB III regelt den Anspruch auf Arbeitslosengeld von Beschäftigten, die mittelbar von einem Arbeitskampf betroffen sind.

Die Linksfraktion kritisiert, dass durch die Gesetzesänderung 1987 das Kurzarbeitergeld für diese "kalt Ausgesperrten" weggefallen sei. Damit sei den Arbeitgebern "neben der Aussperrung im Streikgebiet, der sogenannten heißen Aussperrung, ein weiteres Kampfmittel gegeben, um die Gewerkschaften in ihren Streikmöglichkeiten zu beschneiden". Durch die vorgeschlagene Änderung werde die Gesetzesänderung rückgängig gemacht, "kalt Ausgesperrte" würden wieder Kurzarbeitsgeld enthalten. Laut Antrag ist besonders die IG Metall vom Paragraphen 146 SGB III betroffen, da die von ihr organisierten Branchen stark wirtschaftlich verflochten seien.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 162 - 28. März 2012 - 10:15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. März 2012