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INNEN/4162: Flüchtlinge willkommen - Rassismus und Neofaschismus gemeinsam entgegentreten


DIE LINKE - Presseerklärung vom 30. November 2014

Flüchtlinge willkommen - Rassismus und Neofaschismus gemeinsam entgegentreten



Der Parteivorstand der LINKEN hat am 29.11.2014 den folgenden Beschluss gefasst:

Weltweit sind 50 Millionen Menschen auf der Flucht - so viele wie seit 1945 nicht mehr -, weil Kriege, Armut und Verfolgung zunehmen. Nur wenige finden den Weg nach Europa und nach Deutschland. Die allermeisten fliehen vor Krieg, Terror und Verfolgung. In Deutschland haben im vergangenen Jahr rund 127.000 Flüchtlinge Asyl beantragt. In den ersten neun Monaten dieses Jahres gab es knapp 137.000 Anträge. Das ist gemessen an der Bevölkerungszahl des Landes von rund 80 Millionen nicht viel. Der Libanon etwa hat rund 4,5 Millionen Einwohner und hat über 850.000 Flüchtlinge aufgenommen. Die Hauptherkunftsländer der Flüchtlinge in Deutschland sind Syrien, Eritrea, Serbien und Afghanistan.

Rechtspopulistische und neofaschistische Parteien und Organisationen versuchen an vielen Orten der Republik, gegen Flüchtlinge und ihre Unterbringungen zu hetzen und Demonstrationen zu organisieren. Flüchtlingswohnheime werden gewalttätig angegriffen. Mit vermeintlich seriös klingenden Bürgerinitiativen wie "Nein zum Heim" und ähnlichen Titeln gelingt es ihnen, sich bis in die Mitte der Ortsgesellschaften hinein zu bewegen und Unterstützung für ihre menschenverachtende Propaganda zu organisieren. Mangelnde Informationspolitik und unzureichende Beteiligungsmöglichkeiten der Bevölkerung vor Ort öffnen dieser Hetze Tor und Tür. Neonazis und Rechtspopulisten formieren sich zugleich unter dem Dach "Hooligans gegen Salafisten" neu. Ihnen sind relative Mobilisierungserfolge in Köln und Hannover gelungen. Nachdem wir gemeinsam im Bündnis Dresden-Nazifrei den jährlich stattfindenden größten Nazi-Aufmarsch Europas verhindert haben, hat der wöchentlich stattfindende rassistische, Aufmarsch der Islamhasser von PeGiDa mehrere Tausend Menschen erreicht. Neonazis sind mittendrin im Aufbau der bedrohlichen HoGeSa, PeGiDa und ihren Nachahmer-Aufmärschen.

Hierbei nutzen sie den weit verbreiteten antimuslimischen Rassismus und schüren Angstbilder gegen den Islam und Flüchtlinge als Anknüpfungspunkt für ihren allgemeinen Rassismus. Für den 1.Dezember 2014 ist wieder eine "PEGIDA"-Montagsdemonstration angemeldet. In einem entsprechenden Aufruf finden sich Forderungen wie zum Beispiel: "Für eine Änderung der Zuwanderungspolitik", "Für verstärkte Wiedereinreisekontrollen" und "Wir wollen, dass es wieder normal ist,öffentlich die Liebe zu seinem Vaterland zum Ausdruck zu bringen". "PEGIDA" nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein, welche bereits Nachahmung gefunden hat. Unter dem Namen "KAGIDA" rufen bereits weitere Scheinbündnisse, die sich gegen Asylmissbrauch, Islamisierung und salafistischen Terror aussprechen, zu einer Protestkundgebung am 1. Dezember 2014 nach Kassel auf. Diese Bündnisse betten sich in einen vorherrschenden gesellschaftlichen Rechtsruck ein, der sich durch die anhaltenden Asylproteste in einigen Städten und Gemeinden, den "HOGESA"-Protest in Köln und die AfD-Ergebnisse der vergangenen Wahlen kennzeichnet. Dementsprechend kann "PEGIDA" als ein Symptom der gesellschaftlichen Verhältnisse verstanden werden, das wir als die Partei DIE LINKE beobachten und dem wir entgegenwirken müssen.

Viele Menschen fühlen sich an die Anfänge der 1990er Jahre erinnert und wollen diese Welle des Rassismus nicht hinnehmen. Bündnisse gegen Rechts protestieren gegen die Nazi-Hooligan-Demonstrationen. An vielen Orten ist es gelungen, Naziaufmärschen gegen Flüchtlingsunterkünfte mit vielen Menschen gemeinsam entgegenzutreten oder gar zu verhindern. An vielen Orten haben sich Initiativen von Anwohnerinnen und Anwohnern gebildet, die den Flüchtlingen konkret helfen, Spenden sammeln und Solidarität zeigen. DIE LINKE bedankt sich bei allen Aktiven und ruft dazu auf, überall Flüchtlinge willkommen zu heißen und Nazi- und rechtspopulistischen Aktivitäten gemeinsam entgegenzutreten.

Politikwechsel in der Asylpolitik ist überfällig!

DIE LINKE setzt sich für ein tolerantes Miteinander und eine humane Flüchtlingspolitik ein, die eine offene Willkommenskultur fördert. Wir halten eine Abkehr vom politischen Prinzip der Migrationsvermeidung, hin zu einer Politik der Achtung jedes einzelnen Menschenlebens, für unabdingbar. Das gegenwärtige Aufenthalts- und Asylverfahrensrecht ist ein Abschreckungsrecht - was wir jedoch brauchen, ist eine menschenrechtlich orientierte Flüchtlingspolitik. Die Politik der Bundesregierung zielt in die völlig falsche Richtung. Auch die jetzt in der Ressortabstimmung befindliche Neufassung des Aufenthaltsrechts läuft auf weitere Verschärfungen der Lebensbedingungen für Geduldete und die Ausweitung der gerade erst gerichtlich eingeschränkten Abschiebehaft hinaus.

Wir stellen wir uns gegen eine Verschärfung des Asyl- und Aufenthaltsrechts und plädieren für ein Asyl- und Flüchtlingsregime in Deutschland und in Europa, das den Schutz der Flüchtlinge und ihre Perspektiven in der neuen Gesellschaft in den Mittelpunkt aller Regelungen stellt. Auf den Weg zu einer Geflüchteten zugewandten Willkommenskultur gehören für uns folgende Forderungen:

  • Abschaffung der Residenzpflicht und der entwürdigenden Unterbringung in Sammelunterkünften sowie die freie Wahl desAufenthaltsortes (Familie, Verwandte). Wir wollen dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten in Wohnungen statt Container und Heime.
  • Sofortiger Zugang zu Arbeit und Bildung. Dies ermöglicht wirtschaftliche Selbstständigkeit und Teilhabe.
  • Uneingeschränkter Zugang zur Gesundheitsversorgung und den sozialen Sicherungssystemen. Weg mit dem Asylbewerberleistungsgesetz. Dieses Bürokratiemonster entwürdigt Menschen. Eine Abschaffung brächte Kommunen dringend benötigte Entlastung.

Der Bund muss folgende Sofortmaßnahmen ohne Verzögerung verfügen:

  • Schnell mehr Entscheider*innen für das Bundesamt für Flucht und Migration ausbilden und einstellen. Damit kann eine kürzere Verfahrensdauer erreicht werden und Antragstellerinnen und Antragstellern bleibt monatelange Unsicherheit und Stress erspart.
  • Bundesimmobilien unentgeltlich für Wohnzwecke zur Verfügung stellen. Statt auf Höchstpreise zu warten und Leerstand zu akzeptieren, entstünde hier Platz für die Unterbringung.
  • Finanzielle Unterstützung der Kommunen. Der Bund muss die Kosten für die Unterbringung von den Kommunen übernehmen.

Fluchtursachen bekämpfen - nicht Flüchtlinge.

An vielen der Konflikte, die zu Flucht und Vertreibung führen, verdienen deutsche Konzerne durch Waffenlieferungen mit. In Afghanistan ist die Bundeswehr selbst am Krieg beteiligt. Damit muss Schluss sein. Wir fordern ein Ende der deutschen Waffenexporte und eine internationale Politik der zivilen Konfliktregulierung, die Fluchtursachen beseitigt statt neue schafft.

Wiederherstellung des Grundrechts auf Asyl statt Ausgrenzung und Abschiebung

Die Bundesregierung bekämpft Flüchtlinge statt Fluchtursachen. Durch die Verschärfung des Asylrechts und die Aufnahme Serbien, Bosnien-Herzegowinas und Mazedoniens in die Reihe angeblich verfolgungsfreier Herkunftsstaaten hofft sie mit Unterstützung des grünen Ministerpräsidenten Kretschmann, vor allem von dort geflohene Roma schnell wieder abschieben zu können. Begründung: dort herrsche keine politische Verfolgung. Tatsächlich sind insbesondere Roma dort massiver rassistischer Unterdrückung unterworfen. Die Abschottungspolitik und das Sterben an den Außengrenzen Europas, insbesondere im Mittelmeer muss ein Ende haben. In den letzten Jahren sind mehr als 20.000 Flüchtlinge im Mittelmeer auf dem Weg nach Europa ertrunken. Wir brauchen Hilfe für die Flüchtlinge statt zivil-militärischer Abschottung durch die Grenzagentur "Frontex", durch Eurosur und die mehr oder weniger erzwungeneAbschottungskooperation mit den nordafrikanischen Herkunfts- und Transitstaaten.

Praktische Konsequenzen:

  • DIE LINKE engagiert sich vor Ort in Bündnissen gegen rechtsextreme und rechtspopulistische Hetze und in der Solidarität mit den Flüchtlingen.
  • Deshalb erklären wir uns solidarisch mit den Gegenaktivitäten und unterstützen ausdrücklich die antifaschistischen und antirassistischen Gegenaktivitäten am 1. Dezember 2014 in Dresden und Kassel gegen die Scheinbündnisse um "PEGIDA" und "KAGIDA". Dahinter stehen klare nationalistische und rechtspopulistische Netzwerke, die Ängste, Fremdenhass und Nationalismus schüren.
  • Der PV erstellt Material, zunächst ein Download-Flugblatt und eine Power-Point-Präsentation, das die rechte Argumentation kontert. Der PV prüft die Erstellung weiterer Materialien (Broschüre etc.) für die Arbeit in den Kreisverbänden.
  • Erfahrungsaustausch der Landes- und Kreisverbände "best practice" Beispielen.
  • Wie beim Hamburger Parteitag sollen Flüchtlingsaktivisten beim Bundesparteitag in Bielefeld sichtbar sein.
  • Rassismus/Kampf gegen rechts auf dem Zukunftskongress thematisieren.

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Quelle:
Partei DIE LINKE - Pressemitteilung vom 30. November 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Dezember 2014