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GESUNDHEIT/915: Pharmadialog verkommt zum Wunschzettel für die Industrie


Presseerklärung - DIE LINKE. im Bundestag vom 12. April 2016

Kathrin Vogler: Pharmadialog verkommt zum Wunschzettel für die Industrie


"Diese Ergebnisse lesen sich wie ein Wunschzettel der Industrie, und die Versicherten und Steuerzahler müssen den ganzen bunten Gabentisch bezahlen", so Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die von der Bundesregierung vorgestellten Ergebnisse des Pharmadialogs. "Mehr finanzielle Förderung, mehr Ausnahmen von der Nutzenbewertung, weniger Regulierung und weniger Transparenz bei den Preisen - all dies konnten die Unternehmen bei der Bundesregierung durchsetzen. Als Gegenleistung geben sie nur freiwillige Selbstverpflichtungen ab, etwa zum Engagement für neue Antibiotika und Kinderarzneimittel, zum Datenschutz oder zur Beachtung ethischer Standards, aber auch zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Unternehmen. Statt im Mittelpunkt zu stehen, kommen die Interessen der Patienten nur als Feigenblatt vor." Vogler weiter:

"Der Vorschlag von Gesundheitsminister Gröhe, Schwellenwerte für den Umsatz mit besonders teuren Medikamenten festzulegen, bei deren Überschreitung die Preise verringert werden sollen, klingt zunächst gut. Er wird aber das Problem der Mondpreise nicht nachhaltig lösen. Wenn die Patentinhaber, also die großen Pharmakonzerne, die Krankenkassen weiterhin ungeniert auspressen, müssen wir auch über staatliche Preisfestsetzung und Zwangslizenzen nachdenken. Die exorbitant hohen Preise, die die Pharmakonzerne insbesondere für neue patentgeschützte Medikamente verlangen, gefährden die finanzielle Stabilität des gesamten Gesundheitssystems. Einzelne Medikamente kosten die Krankenkassen bereits 500 Millionen Euro pro Jahr, mit steigender Tendenz.

Der Plan der Bundesregierung macht das komplizierte Preissystem noch komplizierter, aber insgesamt nicht preiswerter. Rabatte, die mit Krankenkassen ausgehandelt werden, sollen geheim gehalten werden. Damit sollen die deutschen Vergleichspreise, die im Ausland oft zur Preisbildung genutzt werden, hoch gehalten werden. Dies ist unbedingt abzulehnen, denn Patientinnen und Patienten haben ein Recht darauf zu erfahren, was ihre Medikamente tatsächlich kosten, und auch die Gesundheitssysteme unserer Nachbarländer müssen vor Mondpreisen geschützt werden, die in keinem vertretbaren Verhältnis zu den Kosten der Entwicklung und Produktion dieser Arzneimittel stehen.

Auch den zunehmenden Lieferengpässen bei wichtigen Arzneimitteln hat Gröhe nichts entgegenzusetzen. So soll mit den Krankenkassen 'geredet' werden, bei ihren Ausschreibungen mehrere Unternehmen zum Zuge kommen zu lassen. 'Geredet' werden soll auch mit der Industrie, bei einem 'Jour Fixe' im Ministerium. Erst wenn diese 'Gespräche' nicht helfen, erwägt die Regierung, eine verbindliche Meldepflicht für Lieferengpässe zu prüfen. Dabei wissen wir alle: Prüfaufträge sind meistens eine Beerdigung zweiter Klasse, erst recht, wenn sie auf den Sankt Nimmerleinstag vertagt werden."

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Quelle:
Presseerklärungen - DIE LINKE. im Bundestag
vom 12. April 2016
Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. April 2016

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