Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 31. Juli 2017
STATEMENT
Katrin Göring-Eckardt, Cem Özdemir und Oliver Krischer zum heutigen
runden Tisch zur Autowirtschaft
anbei Auszüge der Statements von Katrin Göring-Eckardt, Cem Özdemir und Oliver Krischer vom heutigen runden Tisch zur Autowirtschaft:
Katrin Göring Eckardt:
Der Diesel-Gipfel steht bevor. Was wir erleben, ist eine
Bundesregierung, die hofft, weiterzumachen mit den Deals mit der
Automobilindustrie. Man kann Herrn Dobrindt erleben, der wieder keine
Transparenz herstellt, wieder keine Ziele formuliert. Wir sagen
deswegen erstens: Es müssen alle an einen Tisch, parlamentarische
Sommerpause hin oder her. Sie wissen, wir hatten auch versucht, eine
Sondersitzung der zuständigen Ausschüsse hier im Bundestag
hinzubekommen. Das ist bedauerlicherweise von der großen Koalition
verhindert worden. Es muss Transparenz hergestellt werden, alles muss
auf den Tisch, alle Daten müssen auf den Tisch, und es muss klar sein,
welche wirksamen Maßnahmen es gibt. Wenn am Mittwoch verhandelt wird,
dann müssen da Ergebnisse rauskommen, die die Verbraucherinnen und
Verbraucher absichern, die dafür sorgen, dass der Gesundheitsschutz
gewährleistet ist, und die dafür sorgen, dass auch ganz klar ist, wer
die Kosten übernimmt. Es kann bei diesem Skandal nicht sein, dass am
Schluss die Verbraucherinnen oder Verbraucher, sprich die Autobesitzer
die Kosten tragen oder die Steuerzahler, was wieder dieselben sind.
Unser Gespräch mit den Verbänden hat ergeben, dass es bei den
Softwarelösungen jedenfalls höchst fragwürdig ist, ob das geht.
Deswegen: Hardware-Nachrüstung ist angesagt. Der Gesundheitsschutz
muss im Mittelpunkt stehen. Und natürlich machen sich die
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Automobilbranche große
Sorgen um ihre Jobs. Und deswegen geht es darum, welche Möglichkeiten
hat man, damit die deutsche Autoindustrie wettbewerbsfähig bleibt,
damit Umwelt- und Gesundheitsschutz funktionieren, damit entsprechende
Modelle auf den Markt kommen, mit denen tatsächlich auch die
Arbeitsplätze gesichert werden können.
Cem Özdemir:
Es geht um die Leitindustrie schlechthin der Bundesrepublik
Deutschland. 800.000 Jobs mitsamt den Familien hängen daran. Es gibt
eine massive Verunsicherung insbesondere bei den Arbeitnehmern, die in
der Automobilindustrie beschäftigt sind. Verunsichert sind aber
beispielsweise auch Mütter oder Väter, die mit dem Diesel ihre Kinder
in die Kita, in die Schule bringen, aber eben halt auch Handwerker,
Händler beispielsweise, die darauf angewiesen sind, mit ihrem
Dieselfahrzeug in die Innenstadt zu fahren, weil sie dort anliefern
müssen. Diese Menschen erwarten zu Recht von der Politik Antworten. Es
kann nicht sein, dass die einzige Antwort der Politik daraus besteht,
dass man kurz vor der Wahl jetzt so tut, als ob man handeln würde.
Herr Dobrindt hat als zuständiger Minister die letzten vier Jahre sich
praktisch ausschließlich mit der absurden Maut beschäftigt. Er ist der
Fahrverbotsminister. Denn sein Nichthandeln führt dazu, dass
Fahrverbote quasi erzwungen werden. Wir wollen diese Fahrverbote
abwenden, nach Möglichkeit verhindern. Das geht aber nur, wenn jetzt
die Politik dringend handelt. Die Zeit der Kumpanei, die muss vorbei
sein, wo die einen so tun, als ob sie Grenzwerte einhalten, und die
anderen, die Politik so tut, als ob sie Grenzwerte kontrolliert. Die
Leidtragenden sind die, die sich in gutem Glauben einen Diesel gekauft
haben. Es sind aber natürlich auch die Menschen, die in den Städten
wohnen und ohne jede Not diese schmutzige Luft einatmen mussten. Auch
dafür trägt die Politik und trägt die Industrie Verantwortung. Uns
reicht es nicht, dass wir jetzt ein bisschen am Diesel rumdoktert,
sondern die ganz grundsätzliche Frage, mit der sich ja gerade alle
beschäftigen, was kommt nach dem Verbrennungsmotor, wie sie die
Mobilität von morgen auch in der Bundesrepublik Deutschland aus, die
muss jetzt in Angriff genommen werden von der Politik.
Arbeitsverweigerung kann nicht das Mittel der Wahl sein für die Zukunft. Deshalb schlagen wir vor, dass es eine "Zukunftskommission Umweltfreundliche Mobilität" gibt, die eingesetzt werden soll unter Führung von Klaus Töpfer, dem ehemaligen Umweltminister unter Helmut Kohl. Nach dem Vorbild der Ethikkommission, die damals eingesetzt wurde und den Kompromiss für den Atomausstieg und für die Energiewende verhandelt hat, soll diese Kommission eingesetzt werden, Vorschläge zu machen für eine Verkehrswende, für eine Mobilitätswende, für den Umstieg in emissionsfreie Fahrzeuge auch in der Bundesrepublik Deutschland.
Oliver Krischer:
Es geht um große Themen. Es geht um die Luftverschmutzung in den
Innenstädten, um die Gesundheit und das Leben von tausenden Menschen.
Deshalb brauchen wir auf unseren Straßen endlich saubere Fahrzeuge.
Die Bundesregierung kennt dieses Thema seit Jahren. Seit zwei Jahren
diskutieren wir hier im Bundestag das Thema Diesel Gate. Wir haben ein
Untersuchungsausschuss gehabt. Konsequenzen sind keine gezogen worden.
Die Bundesregierung hat ganz offensichtlich vor, das Thema bei den
betroffenen Menschen in den Innenstädten abzuladen und bei den
betroffenen Dieselfahrern, die im Vertrauen, ein sauberes Auto zu
kaufen, jetzt die Gelackmeierten sind. Das kann unserer Auffassung
nach nicht sein. Deshalb haben wir vorgeschlagen, es muss jetzt zu
einer Umrüstung kommen, zu einer substantiellen Umrüstung, die
tatsächlich die Emissionen der Fahrzeuge reduziert. Das können keine
Billigsoftwarelösungen sein, sondern das müssen Reduktionen sein, die
tatsächlich helfen, die Emissionen wirklich zu reduzieren. Das
erwarten wir von Diesel-Gipfel am Mittwoch, dass hier klare
Vereinbarungen getroffen werden. Und hier ist die Bundesregierung in
der Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Hersteller hierfür
ausschließlich die Kosten übernehmen. Denn die Trickser und Betrüger
dort haben zu verantworten, was in den letzten Jahren passiert ist. Es
kann nicht sein, dass das Problem bei Diesel-Fahrern und bei Kommunen
abgeladen wird. Es geht aber auch um die größte Industrie, die
wichtigste Industrie unseres Landes. Und ich finde es ehrlich gesagt
ein Armutszeugnis, was wir an Elektromobilitätspolitik in den letzten
Jahren erlebt haben. Die Kanzlerin musste ihr Ziel eine Million
E-Fahrzeuge aufgeben. Wir haben praktisch keine substantielle
Förderung. Wir fallen hinter Ländern wie Norwegen, China, Kalifornien
deutlich ab. Wir brauchen in Deutschland einen wirklichen Aufbruch zur
Mobilität, zur E-Mobilität. Den haben wir in unserem Konzept
vorgeschlagen. Den müssen wir voranbringen. Hier können wir uns ein
Beispiel an anderen Ländern nehmen, denn wenn in Zukunft hier noch
Autos produziert werden sollen in Deutschland, dann werden das keine
Dieselfahrzeuge sein, sondern es werden emissionsfreie Fahrzeuge sein.
Dafür muss der Staat die Anreize und die Rahmenbedingungen setzen. Bei
dieser Bundesregierung und bei diesem Verkehrsminister sehe ich das
nicht Deshalb braucht es jetzt eigentlich einen großen Aufschlag, der
in die Zukunft führt, damit dieses Land in dieser wichtigen Industrie
nicht hintenüberkippt.
Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN
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Quelle:
Pressemitteilung vom 31. Juli 2017
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. August 2017
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