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VERBAND/722: Gemeinsamer Urlaub für Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen (Selbsthilfe)


Selbsthilfe - 1/2015

Informationsblatt der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V.

Gemeinsamer Urlaub für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen


In den letzten Jahren sind zahlreiche Urlaubsangebote entstanden, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen zugeschnitten sind. Diese sollen einerseits die Angehörigen entlasten und andererseits den Erkrankten und Angehörigen gemeinsame, positive Momente bescheren. Aus der Ferne eines Urlaubs kann der Alltag mit anderen Augen betrachtet werden. Für die pflegenden Angehörigen kann dies bedeuten, dass sie Kraft tanken für die weitere Betreuung. Zudem sind Urlaubsfahrten in der Biografie der meisten Menschen mit angenehmen Erinnerungen verknüpft. Dies gilt nicht nur für die pflegenden Angehörigen, sondern auch für die Menschen mit Demenz. So kann ein Wechsel der Umgebung neue Erfahrungen ermöglichen und erstaunliche, oft verloren geglaubte Ressourcen freisetzen. Damit dies gelingt, kommt es darauf an, dass der Rahmen (Anreise, Unterkunft, Betreuung, Aktivitäten) so gestaltet ist, wie es den individuellen Bedürfnissen entspricht. Derartige Reisen werden von Alzheimer-Gesellschaften und anderen Anbietern organisiert. Ein Teil der Pflege- und Betreuungskosten kann, auf Antrag, von der jeweiligen Pflegekasse erstattet werden.


"Betreuter Urlaub" in der Gruppe und individuelle Reisen

Gruppenreisen sind oft so organisiert, dass die Erkrankten einen Teil des Tages von geschulten Fachkräften und Helfern betreut werden und die Angehörigen parallel Freiraum für eigene Aktivitäten haben. Sie können z.B. Ausflüge unternehmen oder Informations- und Gesprächsangebote wahrnehmen. Ebenso werden in der Regel gemeinsame Unternehmungen und gesellige Veranstaltungen angeboten. Der betreute Urlaub ermöglicht den Angehörigen Entlastung vom Pflegealltag, ohne dabei den engen Kontakt zu den Erkrankten zu verlieren. Gruppenreisen bieten die Möglichkeit zum Austausch und Erleben von Geselligkeit. Oft entstehen dabei neue soziale Kontakte und sogar Freundschaften, die nach der Reise weiter gepflegt werden.

Individuell organisierte Reisen haben den Vorteil, dass Reisezeiten, Reiseziele und die Dauer der Reise ganz nach den eigenen Wünschen bestimmt werden können. Dabei können Hotels genutzt werden, die vornehmlich Menschen mit Demenz beherbergen und auf deren Bedürfnisse gut eingestellt sind. Am Urlaubsort können die Erkrankten durch einen ambulanten Pflegedienst oder in einer Tagespflege betreut werden. Gleichzeitig werden Entlastungsangebote für die Angehörigen angeboten. Durch die Spezialisierung können sich Menschen mit Demenz unbefangen im Hotel bewegen, was zu einer entspannten Urlaubsatmosphäre führt.


Organisation von "Betreutem Urlaub" in der Gruppe

Das Ziel der Reise sollte ein überschaubarer Urlaubsort sein, der nicht zu überlaufen ist. Oft eigenen sich klassische Urlaubsorte besser außerhalb der Hauptsaison. Die Urlaubsunterkunft sollte hell, aber nicht unbedingt modern sein, da der frühere Einrichtungsstil den meisten Menschen mit Demenz eher vertraut ist. Die Unterkunft sollte nicht zu groß sein, damit man sich leicht zurecht findet. Die Leitung der Unterkunft sowie das Personal sollten zudem ein Problembewusstsein für das Themenfeld Demenz besitzen. Die meisten Anbieter von Gruppenreisen bieten einen Fahrservice, der die Urlauber von Zuhause abholt, zum Urlaubsort bringt und wieder nach Hause fahrt. Während des Urlaubs steht in der Regel ein Fahrdienst für Ausflüge in die Umgebung zur Verfügung.

Die Unterkunft sollte möglichst barrierefrei sein und über entsprechende Zimmer verfügen. Sie sollte Vollpension anbieten und es sollte die Möglichkeit geben, Sonderwünsche, etwa bei Diabetes, zu berücksichtigen. Die Urlaubsangebote beinhalten auch Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, Ausflüge, Sport oder bunte Abende, oft auch Gruppen oder Informationsmöglichkeiten für Angehörige.


Begleitpersonal für den "Betreuten Urlaub"

Wichtig für das Gelingen eines "Betreuten Urlaubs" ist, dass genug qualifiziertes Personal für Pflege, Betreuung und Unterstützung dabei ist. Neben einer Altenpflegerin oder einem Altenpfleger mit entsprechenden Fachkenntnissen, sollten ehrenamtliche Helferinnen und Helfer dabei sein, ggf. auch Praktikantinnen und Praktikanten. Die Ehrenamtlichen unterstützen die Fachkräfte bei der Betreuung und geben den Angehörigen Hilfestellungen bei den gemeinsamen Ausflügen und Aktivitäten. Sie sollten vor Antritt der Reise eine Schulung (ca. 20 Stunden) besuchen, in der grundlegendes Wissen über Demenzerkrankungen, zur Kommunikation und dem Umgang mit schwierigen Verhaltensweisen vermittelt wird.

Vor der Reise sollten sich Angehörige darüber informieren, wie das Betreuungsangebot bei der jeweiligen Reise gestaltet ist, und ob es ihren Bedürfnissen entspricht.


Finanzierung des Urlaubs für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen

Die Kosten für An- und Abreise, Unterkunft, Mahlzeiten, Ausflüge, usw. müssen selbst bezahlt werden. Kosten für Pflege und Betreuung des Erkrankten können aus unterschiedlichen Leistungen der Pflegeversicherung finanziert werden. Dabei gibt es folgende Möglichkeiten:

1. Leistungen im Rahmen der Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI), für die jährlich 1.612 EUR bis maximal 2.418 EUR zur Verfügung stehen. Voraussetzung dafür ist, dass der Betreffende mindestens sechs Monate Leistungen der Pflegekasse erhalten hat.

2. Ferner können zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen (§ 45b SGB XI) genutzt werden. Monatlich haben Versicherte mit anerkannter eingeschränkter Alltagskompetenz einen Anspruch auf 104 EUR oder auf einen erhöhten Betrag bis zu 208 EUR. Nicht in Anspruch genommene Beträge können angespart werden.

3. Seit Januar 2015 kann der Pflege- und Betreuungsbetrag auch über Pflegesachleistungen finanziert werden. Dafür stehen bis zu 40 % der Sachleistungen zur Verfügung (§ 45b Abs. 3 SGB XI). Je nach Pflegestufe sind die bewilligten Beträge unterschiedlich hoch.

Für die unter 2. und 3. genannten Leistungen muss die Anerkennung des Anbieters nach Landesrecht vorliegen.

Die Veranstalter von Urlaubsreisen informieren über die Finanzierungsmöglichkeiten und unterstützen bei der Antragstellung.


Liste der Urlaubsangebote

Eine Liste von Urlaubsangeboten für Demenzkranke und ihre Angehörigen in ganz Deutschland ist bei der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (www.deutsche-alzheimer.de) erhältlich. Die regionalen Alzheimer-Gesellschaften informieren darüber, ob und zu welchen Bedingungen sie betreute Reisen anbieten, bzw. welche Angebote es in der Region gibt.


Das Informationsblatt hat erstellt:

Swen Staack
Alzheimer Gesellschaft Schleswig-Holstein e.V.
Selbsthilfe Demenz
02/2015

*

Quelle:
Selbsthilfe 1/2015, S. 18 - 19
Zeitschrift der BAG SELBSTHILFE e.V.
Herausgeber: Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren
Angehörigen e.V.
BAG SELBSTHILFE
Kirchfeldstr. 149, 40215 Düsseldorf
Telefon: 0211/3 10 06-0, Fax: 0211/3 10 06-48
E-Mail: info@bag-selbsthilfe.de
Internet: www.bag-selbsthilfe.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Mai 2015

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