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VERBAND/717: Stottern?! - Wer ist schon perfekt - Institut der Kasseler Stottertherapie (Selbsthilfe)


Selbsthilfe - 3/2014

Stottern?! - Wer ist schon perfekt



Wo werde ich gleich hängen bleiben? - Wie wird mein Gegenüber reagieren? - Soll ich lieber schweigen? - Welche Wörter sollte ich besser umgehen? - Werde ich es flüssig über die Lippen bringen?

Der Großteil der Menschen hat sich mit diesen Fragen wohl noch nie beschäftigt. Doch rund 800.000 Menschen in Deutschland kennen diese Fragen nur zu gut, da sie nicht selten deren Alltag bestimmen. Stottern: 1% der Bevölkerung ist von dieser Redeflussstörung betroffen. Männer etwa viermal so häufig wie Frauen. Wiederkehrende Unterbrechungen im Sprechablauf durch Wiederholungen, Dehnungen und Blockierungen sind die hörbaren Kernsymptome dieser Sprechstörung. Meist sind diese jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Nicht selten entwickeln Stotternde Begleitsymptome, die sich auf sprachlicher, nicht-sprachlicher und psychischer Ebene bemerkbar machen. Beim Betroffenen entstehen diese Strategien meist um dem Stottern auszuweichen, es zu verhindern oder es zu vertuschen, was häufig ein auffälligeres und belastenderes Stotterverhalten zur Folqe hat.


Der typische Beginn des Stotterns liegt zwischen dem 3. und dem 6. Lebensjahr. Etwa 5% aller Kinder in diesem Alter haben in ihrer Sprachentwicklung eine Phase, in der sie stottern. Die Spontanheilungsrate ist im Kindesalter noch sehr hoch, doch mit steigendem Alter sinkt die Wahrscheinlichkeit rapide. Bei 1% der Kinder chronifiziert sich das Stottern, bleibt dauerhaft bestehen und gilt ab diesem Punkt als nicht heilbar. Wodurch das Stottern entsteht, ist bis heute nicht ausreichend geklärt. Bekannt ist, dass die Ursachen des Stotterns aus einem Geflecht von neurologischen, erblichen, sprachlichen, motorischen und psychosozialen Faktoren bestehen.


Dauerhaft flüssigeres Sprechen durch intensives Sprechtraining

Die Kasseler Stottertherapie (KST) ist seit 1996 Anlaufstelle für Stotternde aller Altersgruppen und wurde seitdem von über 2000 Patienten durchlaufen. Das Intensivtherapiezentrum wurde von Dr. Alexander Wolff von Gudenberg, Facharzt für Allgemeinmedizin, Stimm- und Sprachstörungen und Selbstbetroffener, in Bad Emstal bei Kassel gegründet und steht unter dessen ärztlicher Leitung. Das 25-köpfige Therapeutenteam besteht aus Logopäden, Atem-, Sprech- und Stimmlehrern, Patholinguisten, Klinischen Linguisten und Sprechwissenschaftlern. Die krankenkassenfinanzierten Intensivkurse finden gestaffelt in drei Altersklassen ab 6 Jahren statt und werden bundesweit angeboten.


Ständige Therapieforschung zur Weiterentwicklung des Konzepts

Die Wirksamkeit der KST wurde von Beginn an durch unabhängige Wissenschaftler evaluiert und belegt. Langzeituntersuchungen zeigen, dass 2/3 der Patienten aller Altersgruppen auch drei Jahre nach Therapieende vom diesem Konzept profitieren.

Ziel des intensiven Sprechtrainings ist das Erlernen einer neuen Sprechweise. Diese vermittelt dem Betroffenen Sprechkontrolle und -sicherheit und ermöglicht ein dauerhaft flüssigeres Sprechen im Alltag. Unterstützt wird das Erlernen und Weiterentwickeln des weichen und gebundenen Sprechens durch die eigens entwickelte PC-Software "flunatic!". Durch regelmäßig stattfindende Auffrischungskurse wird das im Intensivkurs Erlernte gefestigt, bestehende Schwierigkeiten analysiert und das "neue" Sprechen weiter verbessert.

Seit Anfang 2012 werden die Patienten in der entscheidenden Phase der Nachsorge auch teletherapeutisch am heimischen Computer betreut. In regelmäßigen Sitzungen in einem virtuellen Therapieraum können sprechspezifische Übungen, vom Training mit der Therapiesoftware bis hin zur Videoanalyse, durchgeführt werden. Durch diese alltagsnahe therapeutische Begleitung im eigenen sozialen Umfeld wird der Transfer der neuen Sprechweise in den Alltag maßgeblich unterstützt.


Teletherapie Stottern - Online zum Sprecherfolg!

Die Erfolge der Teletherapie in der Nachsorge und ebenso die positiven Erfahrungen in der Online-Therapie mit englischsprachigen Patienten aus dem Ausland, gaben den Startschuss für die Entwicklung eines reinen Online-Konzepts. Entsprechend den Therapiegrundsätzen der KST wurde in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse (TK) ein Online-Therapie-Konzept entwickelt und die Bestandteile der Präsenztherapie in den virtuellen Raum übertragen. Die Online-Therapie erstreckt sich über einen Zeitraum von 12 Monaten und richtet sich an betroffene Mitglieder der TK ab 13 Jahren.

Und so funktioniert's:
Die einzelnen Therapieeinheiten, eine Kombination aus Einzel- und Gruppensitzungen, finden bequem vor dem heimischen Bildschirm in einem virtuellen Therapieraum statt. Über die Online-Therapie-Plattform werden die Patienten von speziell geschulten Therapeuten fachgerecht begleitet. Außerdem erhalten die Teilnehmer eine ergänzende Lernsoftware, mit der sie das in den Therapiesitzungen erworbene Wissen eigenständig anwenden und vertiefen können.

Den Auftakt bildet ein Diagnostiktag im Institut der Kasseler Stottertherapie in Bad Emstal bei Kassel. Hier findet ein Vorgespräch statt, bei dem neben der Therapieeignung auch die Motivation und die eigenen Erwartungen besprochen werden. Die Interessenten lernen außerdem das Team kennen und erfahren alles Wichtige zum Ablauf der Therapie.

Die Online-Therapie beginnt mit einer Intensivphase von 10 Tagen, welche hauptsächlich aus Einzelsitzungen besteht, um die Patienten mit der neuen Sprechweise vertraut zu machen und sie auf die folgenden Sitzungen in der Gruppe vorzubereiten. Im Anschluss an die Intensivwoche finden in regelmäßigen Abständen Einzeltherapiesitzungen statt, um persönliche Arbeitsschwerpunkte zu verfolgen. Fortgeführt wird die Therapie dann jedoch überwiegend in Kleingruppen von 4 Patienten und einem Therapeuten. Inhaltlich steht hier die Vertiefung des Gelernten und des in vivo Trainings sowie der Übertrag der neuen Sprechweise in Alltagssituationen auf dem Programm.


Übernahme sämtlicher Kosten durch die TK

Die Online-Therapie wird vollständig von der Techniker Krankenkasse bezahlt einschließlich Online-Therapieplattform. Übungsmaterialien und Lernsoftware.

Weitere Fragen zum Online-Therapie-Konzept sowie zum Diagnostiktag beantwortet das Institut der Kasseler Stottertherapie. Auch online wird die "Teletherapie Stottern" ausführlich beschrieben:
www.teletherapie-stottern.de.


"weich & gebunden" - die erste OnIine-Übungsgruppe der KST

In Anlehnung an die Online-Therapie entstand die erste offizielle Online-Übungsgruppe der KST. Die von ehemaligen Patienten organisierte und geleitete Übungsgruppe im virtuellen Raum dient der Weiterentwicklung der eigenen Sprechweise und dem Austausch mit anderen KST-Absolventen (www.weichundgebunden.de).


KONTAKT:
 
Institut der Kasseler Stottertherapie

Feriendorfstraße 1
34308 Bad Emstal OT Sand
Tel. 056 24-921 0
Fax 056 24-921 201
E-Mail: info@kasseler-stottertherapie.de
Internet: www.kasseler-stottertherapie.de

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Quelle:
Selbsthilfe 3/2014, S. 18-19
Zeitschrift der BAG SELBSTHILFE e.V.
Herausgeber: Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung
und ihren Angehörigen e.V.
BAG SELBSTHILFE
Kirchfeldstr. 149, 40215 Düsseldorf
Telefon: 0211/3 10 06-0, Fax: 0211/3 10 06-48
E-Mail: info@bag-selbsthilfe.de
Internet: www.bag-selbsthilfe.de
 
Die "Selbsthilfe" erscheint mit 4 Ausgaben pro Jahr.
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Inland: 18,00 Euro zzgl. Porto und Versand
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Einzelpreis: 5,00 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Januar 2015


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