Schattenblick →INFOPOOL →PANNWITZBLICK → PRESSE

VERBAND/643: Bethel - Heimathof Homborn wird Heimathof vorOrt (Der Ring)


DER RING
Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel - Juli 2009

Der Standort wechselt, die Hilfe bleibt
Heimathof Homborn wird Heimathof vorOrt

Von Robert Burg


"Es geht wieder runter vom Berg", fasste Luise Turowski die Perspektive des Heimathofs Homborn bei einem Fachtag zusammen, zu dem die vorOrt-Geschäftsführerin gemeinsam mit Einrichtungsleiter Klaus Gresförder sowie den Teamleitungen Peter Stahlschmidt und Catrin Spindler eingeladen hatte. Der feierliche Anlass: Anfang Juni wurde die Einrichtung für obdachlose und suchtkranke Menschen in Breckerfeld 50 Jahre alt.


Über 100 Mitarbeitende, Kooperationspartner und Gäste kamen zu der Festveranstaltung und informierten sich über die geplante Neuausrichtung des Heimathofs. "Wir werden unsere Hilfeangebote noch stärker in die Region einbinden", so Luise Turowski. Die Geschäftsführerin zeigte in ihrem Vortrag Chancen auf, die eine Dezentralisierung für die Betroffenen mit sich bringt. Für den Heimathof bedeutet das allerdings die Aufgabe der Immobilie in Breckerfeld. Die vorhandenen 64 Plätze bleiben jedoch in vollem Umfang erhalten, die Angebote werden an anderen Orten weitergeführt. Zukünftig soll es drei Standorte geben, einen im Raum Hagen/Ennepe-Ruhr-Kreis, einen in Unna und einen im Raum Castrop-Rauxel/Herne. "Der Heimathof war immer in Bewegung. Auch deshalb passt er gut zu vorOrt", so Luise Turowski. In den nächsten Jahren stünden wieder entscheidende Weiterentwicklungen und Weichenstellungen an.


Drei Heimathöfe

"Am Standort Breckerfeld geht Anfang 2011 das Licht aus", so Klaus Gresförder. Doch der Betheler Stiftungsbereich vorOrt ziehe sich mit der Aufgabe des Standorts Homborn keinesfalls aus dem Arbeitsfeld zurück. Obdachlose Menschen, die in gesellschaftliche Randbereiche gedrängt worden seien, könnten durch die weitere konsequente Regionalisierung der Hilfeangebote besser in ihre jeweiligen Heimatgemeinden eingegliedert werden. Das therapeutische Angebot des Heimathofs werde in Zukunft individuelle Zielsetzungen in noch größerem Umfang berücksichtigen können. Da das Einzugsgebiet des Heimathofs vom westfälischen Ruhrgebiet bis nach Südwestfalen reicht, sind Angebote zwischen Recklinghausen und Siegen entstanden. In jeder der drei Immobilien des zukünftigen "Heimathofs vorOrt" wird es maximal zehn bis zwölf zentrale stationäre Plätze geben. Hinzu kommen jeweils zehn dezentrale, aber ebenfalls stationäre Plätze. Der Wegfall des bisherigen "Schonraums", bedingt durch die abgeschiedene Lage des Heimathofs, wird durch einen höheren Personalaufwand ausgeglichen. "Alleinstehende, suchtkranke, obdachlose Menschen stehen unter Stress. Der Heimathof bietet Geborgenheit." Diese Aufgabe, so Catrin Spindler, müsse weitergeführt werden. Auch deshalb werde der bisherige Name als Heimathof vorOrt weitergeführt.

In seinem Vortrag skizzierte Klaus Gresförder das halbe Jahrhundert Heimathof. Pastor Friedrich von Bodelschwingh, Enkel des frühen und prägenden Bethel-Leiters, suchte 1958 einen neuen Standort für die Arbeiterkolonie "Heimathof" in der Hermannsheide bei Augustdorf. Diese musste im Zuge der Wiederbewaffnung des Nachkriegsdeutschlands einem Truppenübungsplatz im südlichen Teutoburger Wald weichen. Mit dem Erlös aus dem Verkauf sowie dem sogenannten Heidekredit, einer "Entschädigung" des Bundes, kaufte Bethel im Jahr 1958 das Gut Homborn in Breckerfeld-Zurstraße, das zuvor von der Andreas-Brauerei bewirtschaftet wurde. Ein Jahr später konnten die ersten Klienten einziehen. Manche kamen aus Ostwestfalen an die Ruhr, andere aus der neu erschlossenen Region. 1966 wurde der Heimathof deutlich erweitert und bot daraufhin 90 Bewohnern Platz.

Einen Wendepunkt markierte das Jahr 1978: Aus der nach hausväterlichem Muster geführten Einrichtung der Wohnungslosenhilfe wurde ein sozialtherapeutisches Angebot für wohnungslose suchtkranke Menschen. In der überwiegenden Mehrzahl suchten Männer den Heimathof Homborn auf, Frauen wurden erst seit 2007 aufgenommen und machen bis heute mit rund fünf Prozent nur einen geringen Anteil aus. Insgesamt, so schätzte Gresförder, hätten bisher rund 7.000 Menschen im Heimathof gelebt, manche für 5, andere für 20 Monate - die Aufenthaltsdauer richte sich ganz nach den individuellen Bedürfnissen. Der Anteil derer, die den Heimathof in gesicherte Verhältnisse verlassen haben, hat ständig zugenommen. Derzeit liegt er bei 50 Prozent, in manchen Jahren sogar deutlich darüber. Seit jüngstem werden auch Menschen, die von illegalen Drogen abhängig oder mehrfach abhängig sind, aufgenommen.


Falsche Prognose

Mit einer 20 Jahre alten Vision entließ Klaus Gresförder das Publikum. Deren Urheber, Andreas Wolf, sagte in einer Publikation zum 30. Geburtstag des Heimathofs voraus, dass in der Zukunft "Spezialeinrichtungen" wie der Heimathof Homborn nicht mehr notwendig sein würden, da dann auch armen Menschen alle staatlichen Hilfen offenständen. Diese Prognose ist nicht eingetroffen. Zwar wird die Immobilie in Homborn aufgegeben, die Hilfe aber aufgrund des Bedarfs in "Spezialeinrichtungen" an anderen, wohnortnahen Standorten fortgesetzt.


*


Quelle:
DER RING, Juli 2009, S. 10-11
Monatszeitschrift für Mitarbeiter, Bewohner, Freunde
und Förderer der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel
Herausgeber: Pastor Ulrich Pohl in Zusammenarbeit mit der
Gesamtmitarbeitervertretung der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel
Redaktion: Quellenhofweg 25, 33617 Bielefeld
Telefon: 0521/144-35 12, Fax: 0521/144-22 74
E-Mail: presse@bethel.de
Internet: www.bethel.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juli 2009