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TAGUNG/255: Trauma-Tagung in Bethel - Tiefe Spuren im Gehirn (Der Ring)


DER RING
Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel - Juni 2009

Trauma-Tagung in Bethel
Tiefe Spuren im Gehirn

Von Gunnar Kreutner


Immer wieder kehren die Geräusche und Bilder der Gewalttat zurück: das Gesicht des Täters, seine Stimme, die eigenen Hilferufe, das Martinshorn ... Psychotherapeuten nennen das Nachhallerinnerung. Sie ist das Symptom einer posttraumatischen Belastungsstörung und tritt auf, wenn das Gehirn das Erlebte nicht verarbeiten kann. Der Zusammenhang zwischen Traumata und Veränderungen im Gehirn war ein zentrales Thema bei der 11. Jahrestagung der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT) im Mai in Bethel.


Die Hirnforschung hat besonders in den vergangenen zehn Jahren enorme Fortschritte auf dem Gebiet der Psychotraumatologie gemacht. Zahlreiche Studien belegen, dass ein Trauma messbare Spuren im Gehirn hinterlässt. Bei einer posttraumatischen Belastungsstörung verändert sich seine Struktur, weil es einer massiven Reizüberflutung ausgesetzt ist.

"Das Wissen über neurologische Veränderungen im Gehirn hat die Psychotherapie sehr aufgewertet. Die Hirnforschung bestätigt viele aktuelle Therapieinterventionen", sagt Priv.-Doz. Dr. Ursula Gast, die bis Mai Chefärztin der Klinik für Psychotherapeutische und Psychosomatische Medizin im Ev. Krankenhaus Bielefeld (EvKB) war. Gemeinsam mit Prof. Dr. Martin Driessen, Chefarzt der EvKB-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bethel, hatte Dr. Ursula Gast die DeGPT-Jahrestagung in Bethel ausgerichtet.

Mehr als 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz - Psychologen, Psychiater, Therapeuten, Pflegende und Sozialarbeiter - besuchten die dreitägige Veranstaltung. Die größte deutschsprachige Fachtagung für Psychotraumatologie fand zum ersten Mal in Bielefeld und auf EvKB-Einladung statt. In insgesamt 34 Vorträgen und Symposien stellten renommierte Experten aktuelle Forschungsergebnisse sowie Diagnose- und Therapieverfahren vor - in diesem Jahr unter dem Tagungstitel "Trauma und Persönlichkeitsentwicklung".

Die Fachleute zeigten auf, welchen Einfluss traumatische Erfahrungen auf die persönliche Entwicklung des Menschen haben können. Besonders Kinder leiden sehr stark unter schlimmen Erlebnissen. "Je früher das Trauma, desto mehr Einfluss hat es auf die Entwicklung", so Dr. Gast. Sogar Stresssituationen während der Schwangerschaft können Folgen für die spätere Entwicklung eines Kindes haben, informierte Prof. Dr. Martin Driessen. Der Stress werde über den Organismus weitergegeben - beispielsweise wenn die Mutter geschlagen wird. "Ein ungeborenes Kind ist besonders sensibel für eine Traumatisierung", so Prof. Driessen.

Bei der DeGPT-Jahrestagung wurden zahlreiche Veranstaltungen zu Spezialthemen angeboten, unter anderem zur psychosozialen Notfallversorgung, zur Traumatherapie im militärischen Kontext, zu Gewalt in Familien und zu modernen Therapieinterventionen wie der "Psychodynamisch Imaginativen Trauma Therapie", kurz "PITT". Das PITT-Konzept wurde an der EvKB-Klinik für Psychotherapeutische und Psychosomatische Medizin im Johannesstift entwickelt. Sie gilt bundesweit als beispielhaft und richtungweisend im Bereich der Psychotraumatologie.


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Quelle:
DER RING, Juni 2009, S. 6
Monatszeitschrift für Mitarbeiter, Bewohner, Freunde
und Förderer der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel
Herausgeber: Pastor Ulrich Pohl in Zusammenarbeit mit der
Gesamtmitarbeitervertretung der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2009