Schattenblick →INFOPOOL →PANNWITZBLICK → PRESSE

PROJEKT/697: "Bethel-Hotels" für Wildbienen und Glühwürmchen (Der Ring)


DER RING

Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
Oktober 2014

Tagesgestaltende Angebote Fliednerweg in Bielefeld-Eckardtsheim
"Bethel-Hotels" für Wildbienen und Glühwürmchen

Von Gunnar Kreutner



Rund 200 Zimmer, verteilt auf acht Etagen und wahlweise mit Balkon oder Terrasse, sollen die Insektenhotels "Sonneck" und "Ophra" haben - so viel steht bereits fest. Die "Architekten" vom Fliednerweg 7 in Bielefeld-Eckardtsheim haben sehr genaue Vorstellungen, wie ihre Bauprojekte aussehen sollen. "Es interessiert mich, welche Einrichtung wir für welche Insekten nehmen müssen, damit sie sich wohl fühlen", sagt der 73-jährige Ingo Schmitt.


Aus sicherer Entfernung beobachtet Ingo Schmitt gemeinsam mit drei anderen Teilnehmern und zwei Mitarbeitern der Tagesgestaltenden Angebote (TGA) Fliednerweg den Abriss eines alten Fachwerkhauses in Rheda-Wiedenbrück. Aus dem Bauschutt dürfen sich die Baumeister einige gut erhaltene Balken heraussuchen, die später den stabilen Rahmen für die Insektenhotels bilden sollen. "Wir wollen nämlich nicht alles einfach aus dem Baumarkt holen, was wir benötigen", betont Thorsten Forke, der das Projekt gemeinsam mit seinem Kollegen Jörg Berensmeier leitet. Beide haben die gesamte Gruppe für den heutigen Tag standesgemäß mit Bauhelmen ausgestattet.

Der "Abriss-Besuch" in Rheda-Wiedenbrück Anfang April war der Start des Projekts "Insektenhotels". Thorsten Forke ist überzeugt, dass das Projekt sehr gut geeignet ist, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anzuregen und ihnen gleichzeitig sichtbare Erfolgserlebnisse zu vermitteln. "Das Projekt vereint Vieles: Es bietet einen gewissen Lerneffekt, da wir etwas über die Insekten lernen und natürlich auch viel handwerklich arbeiten werden. Außerdem ist es sehr gesellig und macht Spaß", so Thorsten Forke. Gut sei auch, dass man bei dem Projekt viel unterwegs sei. "Die meisten Materialien werden wir uns im Wald zusammensuchen.


Im dichten Unterholz

Und so findet sich die Gruppe wenige Tage später im dichten Unterholz eines Wäldchens wieder, das unmittelbar an den Hinterhof der TGA Fliednerweg angrenzt. Der 70-jährige Burkhard Brutzer kniet gemeinsam mit Jörg Berensmeier auf einem Trampelpfad. Beide begutachten einen Tannenzapfen, der prima als "Möbelstück" geeignet sein könnte. Im Hintergrund ziehen die übrigen Teilnehmer mit einem Bollerwagen durch den Wald und sammeln Rinde, Moos und Äste. "Später sollen die Teilnehmer alle diese Materialien in den fertigen Hotels wiederfinden", sagt Jörg Berensmeier.


Für Sonneck und Ophra

Die Bauanleitung für die fast zweieinhalb Meter hohen Insektenhotels haben Jörg Berensmeier und Thorsten Forke aus dem Internet. Die beiden Nist- und Überwinterungsstätten sollen als Geschenke der TGA Fliednerweg im Garten der Betheler Häuser Sonneck und Ophra in Eckardtsheim aufgestellt werden. Das zweite Hotel für Ophra wird im Winter fertig gestellt.

Zu der Projektgruppe gehört ein fester Stamm von zehn Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen, die in Eckardtsheim wohnen. Alle sind regelmäßige Nutzer der TGA Fliednerweg, die bis Anfang des Jahres noch "Tagesförderverbund 6OPlus Fliednerweg" hieß. "Wir wollen uns auch jüngeren Altersgruppen öffnen. Darum passte der Name nicht mehr", erläutert Thorsten Forke die Änderung.

Einmal in der Woche arbeiten die Teilnehmer am Insektenhotel. Wenige Tage vor der offiziellen Einweihung des ersten Hotels am Haus Sonneck sind sie in ihrem Gemeinschaftsraum mit den letzten Handgriffen beschäftigt. Es wird gebohrt, gehämmert und gesägt. Ingo Schmitt füllt größere Lücken in dem bereits aufgerichteten und sehr weit fortgeschrittenen Hotel mit Moos aus. Dann klopft er auf die Unterkante der Konstruktion. "Unsere Hotels werden so hoch gebaut, dass auch Rollifahrer bis über die Knie darunterfahren können", sagt er.


Bevorzugte Wohnlage

Anfang September ist es dann endlich soweit. Am Haus Sonneck feiern einige Bewohnerinnen und Bewohner gemeinsam mit den stolzen Architekten den neuen Mittelpunkt in ihrem Garten - natürlich mit leckerem "Bienenstich"-Kuchen. Das Insektenhotel steht gut geschützt im Schatten großer Fichten.

Jörg Berensmeier betrachtet das Ergebnis zufrieden: "Das ist hier eine bevorzugte Wohnlage für die Insekten: Südhang und gut möbliert", stellt er fest. "Und mit schöner Aussicht!", ergänzt Ingo Schmitt. Hummeln, Wildbienen, Schlupfwespen, Glühwürmchen, Schwebfliegen und Ohrwürmer sollen bald einziehen.

Der 76-jährigen Sonneck-Bewohnerin Renate Tietz gefällt das imposante Gebilde. Sie freut sich, dass sie mit ihrem Rollstuhl so dicht an die Wohnungen der neuen Nachbarn heranfahren kann. "Ich mag Insekten aber nur, wenn sie nicht zwicken", sagt sie mit einem Schmunzeln. Auch Burkhard Brutzer ist begeistert: "Wenn ich winzig genug wäre, würde ich hier einziehen!"

*

Quelle:
DER RING, Oktober 2014, S. 22-23
Monatszeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
Herausgeber: Pastor Ulrich Pohl in Zusammenarbeit mit der
Gesamtmitarbeitervertretung der v. Bodelschwinghschen Stiftungen
Bethel
Redaktion: Quellenhofweg 25, 33617 Bielefeld
Telefon: 0521/144-3512, Fax: 0521/144-2274
E-Mail: presse@bethel.de
Internet: www.bethel.de
 
Die Zeitschrift kann kostenlos abonniert werden


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Oktober 2014