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PROJEKT/626: Di-Ji - Meldestelle für digitale Barrieren (Selbsthilfe)


Selbsthilfe - 1/2011

Digital informiert - im Job integriert
Meldestelle für digitale Barrieren

Von Christian Radek


Seit fast einem Jahr beschäftigt sich das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte Projekt "Digital informiert - im Job integriert" (Di-Ji) mit dem Abbau digitaler Barrieren in der Arbeitswelt. Eine wesentliche Aufgabe besteht darin, eine Meldestelle für digitale Barrieren aufzubauen und zu betreiben. Der Begriff der Arbeitswelt deckt dabei nicht nur die alltägliche Arbeit ab, sondern schließt auch Bereiche wie Aus- und Weiterbildung oder den Weg von und zur Arbeit mit ein. Damit sind viele Bereiche des täglichen Lebens abgedeckt, und wir würden uns freuen, wenn Sie uns die digitalen Barrieren melden, über die Sie stolpern. Die Meldestelle für digitale Barrieren wird von der BAG SELBSTHILFE in Düsseldorf betrieben. Sie ist Partner des Projekts "Digital informiert - im Job integriert" (Di-Ji).



Digitale Barrieren?

Unter digitalen Barrieren versteht man Barrieren, die sich im Zusammenhang mit den modernen Informations- und Kommunikationstechnologien ergeben. Dazu zählen das Internet, der Mobilfunkbereich aber auch die zunehmende Automatisierung vieler Dienstleistungsbereiche (SB-Bankfilialen, Packstationen, Fahrkartenautomaten, Selbstbedienungskassen usw.).

Während die technischen Grundlagen für digitale Barrierefreiheit vorhanden sind, stehen die Bedürfnisse behinderter Menschen bei neuen Entwicklungen selten im Vordergrund. Was häufig fehlt, ist die Sensibilität und das Wissen um die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen. Das beginnt schon damit, dass sich die Anbieter dieser Angebote nicht mit dieser Problematik auseinandersetzen. Eines der Ziele von Di-Ji besteht darin, hier zu sensibilisieren.


Online-Dokumente

Zu den Online-Dokumenten zählen Webseiten und vor allem PDF (Portable Document Format) Dokumente. Hier stellen wir exemplarisch häufige Barrieren vor, die Sie uns melden können. So reicht schon die schlechte Gliederung eines Textdokuments oder einer Webseite aus, diese schlecht navigierbar und damit unzugänglich zu machen. Schlecht gegliederte Dokumente können auch nicht auf unterschiedliche Arten (z.B. mit eigenen Formatvorlagen oder per Sprachausgabe) dargestellt bzw. ausgegeben werden. Grundsätzlich sollte jede Webseite auch vollständig ohne Maus bedienbar sein. Eine große Barriere für Menschen mit einer Sehbehinderung bzw. blinde Menschen stellen "CAPTCHAs" dar. CAPTCHAs werden verwendet, um sicherzustellen, dass derjenige, der einen Link anklickt bzw. Informationen abruft, tatsächlich ein Mensch ist (im Gegensatz zu Suchmaschinen, die Webseiten automatisch untersuchen). In der Regel bestehen (grafische) CAPTCHAs aus einer Abbildung von einzelnen Buchstaben oder Zahlen, die gedreht, gekippt, verzerrt oder vor einem störenden Hintergrund dargestellt werden. Um fortfahren zu können, müssen die Zeichen erkannt und in ein Eingabefeld eingetragen werden. Diese Aufgabe ist für Menschen einfach zu lösen, für einen Computer aber nahezu unmöglich. Es gibt akustische CAPTCHAs, bei denen ein Wort vor störenden Hintergrundgeräuschen erkannt werden muss, die eine Alternative zu visuellen CAPTCHAs darstellen) aber die häufig nicht angeboten werden. So werden blinde Menschen und Menschen mit Sehbehinderungen von bestimmten Webangeboten ausgeschlossen.

Schriftarten, zu geringe Schriftgrößen und kontrastarme Farbkombinationen können weitere Hürden für Menschen mit Sehbehinderungen darstellen. Dabei ist es mit den zur Verfügung stehenden Mitteln heute sehr einfach, das Erscheinungsbild einer Webseite den unterschiedlichen Bedürfnissen verschiedener Menschen anzupassen. Eine Voraussetzung dafür ist die strikte Trennung von Struktur, Inhalt und Layout. Neben der "normalen" Ansicht können so ohne großen Aufwand besonders kontrastreiche Darstellungen zusätzlich angeboten werden. Eine Vergrößerung des Bildausschnitts erreicht man entweder mit der Bildschirmlupe des Betriebssystems oder einer Funktion des Webbrowsers.


Software

Softwarebarrieren sind eng mit den Webbarrieren verwandt, denn schließlich zählt das Programm, mit dem man sich im Internet bewegt, der so genannte Webbrowser, auch zur Software. Zur Software gehört auch das Betriebssystem, das beim Einschalten des Computers automatisch startet und die eigentliche Benutzeroberfläche zur Verfügung stellt. Es gibt mittlerweile auch Betriebssysteme, die von sich aus Ein- und Ausgabehilfen (Bildschirmlupe, Bildschirmtastatur, Sprachausgabe, Spracherkennung) zur Verfügung stellen.

Die Forderungen bezüglich Barrierefreiheit bei Software ähneln denen bei Online-Dokumenten. So sollten auch Programme komplett mit der Tastatur bedienbar sein, und Schriftarten, -größen und Farbkontraste sollten ausreichend sein. Anders als bei Webseiten lässt sich das Erscheinungsbild eines Programms nicht mehr nachträglich ändern. Hier ist der Benutzer dann gezwungen, auf Hilfsmittel zurückzugreifen, um überhaupt mit dem Programm arbeiten zu können.


Info- und Serviceterminals

Während Web- und Softwarebarrieren eng mit der Nutzung eines Computers verbunden sind, treffen wir im Alltag oft auf eine dritte Art digitaler Barrieren. Dazu gehören Geld-, Fahrkarten- oder Parkscheinautomaten sowie Anzeigetafeln - wie auf Bahnhöfen oder an Bushaltestellen -, aber auch aufwändige Stadt-, Gebäude- oder Messeinformationssysteme.

Häufig sind die Automaten für Menschen, die einen Rollstuhl benutzen bzw. kleinwüchsige Menschen, nur schlecht oder überhaupt nicht zugänglich. Im Gegensatz zu Geldautomaten, die zum Teil mit einem Rollstuhl unterfahren werden können, fehlt diese Möglichkeit bei Fahrkarten- oder Parkscheinautomaten. Die Anordnung der Bedienelemente ist häufig nicht darauf abgestimmt, dass Menschen mit kognitiven oder motorischen Behinderungen diese benutzen können.

Reine Informationsdisplays, wie die Anzeigetafeln an Bahnhöfen oder an Bushaltestellen, bieten die Information ausschließlich visuell an. Es wäre aber wünschenswert, wenn diese Information auch auf anderen Wegen zugänglich wäre. Denkbar wäre hier zum Beispiel eine auf Knopfdruck abrufbare Vorlesefunktion.


Barrieren melden!

Wir fordern Sie hiermit auf, uns Barrieren zu melden, auf die Sie im täglichen Leben stoßen. Barrieren können Sie uns unter anderem per E-Mail unter der Adresse meldestelle@di-ji.de oder über unsere Webseite meldestelle.di-ji.de melden. Beschreiben Sie die Barriere bitte genau und vor allem, wo sie sich befindet. Vergessen Sie bitte nicht, Ihre eigene E-Mail Adresse anzugeben, damit wir, z.B. bei Rückfragen, uns mit Ihnen in Verbindung setzen bzw. Sie über den Erfolg Ihrer Meldung informieren können.


REHACARE

Die Meldestelle für digitale Barrieren war im Jahr 2010 mit einem eigenen Stand auf der REHACARE vertreten. Neben dem Besuch des nordrhein-westfälischen Landesbehindertenbeauftragten, Norbert Killewald, gab es eine Reihe von Gesprächen mit interessierten Messebesuchern. Auch in diesem Jahr wird die Meldestelle für digitale Barrieren auf der REHACARE, die vom 21. bis zum 24. September in Düsseldorf stattfindet, vertreten sein. Es besteht erneut die Möglichkeit, digitale Barrieren persönlich am Stand zu melden bzw. Webseiten direkt vor Ort zu überprüfen. Über Ihren Besuch freuen wir uns sehr.


Dr. Christian Radek
Leiter der Meldestelle für digitale Barrieren


KONTAKT

Digital informiert - im Job integriert
Meldestelle für digitale Barrieren
Dr. Christian Radek
Telefon: (02 11)31 00638
Mali: meldestelle@di-ji.de
www.meldestelle.di-ji.de
www.di-ji.de


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Quelle:
Selbsthilfe 1/2011, S. 14-15
Zeitschrift der BAG SELBSTHILFE
Herausgeber: Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung
und ihren Angehörigen e.V.
BAG SELBSTHILFE
Kirchfeldstr. 149, 40215 Düsseldorf
Tel.: 0211/31 00 6-0, Fax: 0211/31 00 6-48
E-Mail: info@bag-selbsthilfe.de
Internet: www.bag-selbsthilfe.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Mai 2011