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POLITIK/443: Barrierefreie Investitionen (LHZ)


Lebenshilfe Zeitung, Nr. 1 März 2009

Barrierefreie Investitionen
Erwartungen an das Konjunkturpaket II

Von Robert Antretter
Bundesvorsitzender der Lebenshilfe


Die Bundesregierung stellt sehr viel Geld zur Verfügung, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Die Lebenshilfe fordert, dass auch behinderte und alte Menschen etwas davon haben müssen.


Das Konjunkturpaket II eröffnet die Chance, unser Land behindertenfreundlich zu gestalten und kommunale Investitionen zu fördern, die ein barrierefreies Leben ermöglichen.

Der Bund wird 2009 Investitionen der Städte, Gemeinden und Bundesländer mit einem Investitionsprogramm von zehn Milliarden Euro unterstützen. Beispiel Berlin: Die Bundeshauptstadt kann in diesem Jahr mit bis zu 632 Millionen Euro rechnen, die für die Sanierung von Schulen, Kindergärten und Universitäten ausgegeben werden. Auch die Berliner Krankenhäuser können 54 Millionen Euro abrufen. Für Sanierungsarbeiten an öffentlichen Gebäuden stellt der Senat 104 Millionen Euro zur Verfügung. Davon werden vor allem Theater, Museen, Bäder und Bibliotheken profitieren.

Wir als Lebenshilfe fordern, diese Gelder gezielt für Maßnahmen einzusetzen, die den Grundsatz der Barrierefreiheit beachten. Bitte mischen auch Sie sich, liebe Lebenshilfe-Freundinnen und -Freunde, vor Ort ein und drängen auf eine barrierefreie Umsetzung geplanter Bauvorhaben.

Im Jahr 2005 lebten in Deutschland etwa 8,6 Millionen Menschen, die als behindert anerkannt sind. Der prozentuale Anteil behinderter Menschen von zurzeit etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung steigt, denn vor allem die Zahl alter Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, nimmt zu. So hat das statistische Bundesamt allein im Zeitraum von 1999 bis 2005 einen Anstieg von mehr als 500000 behinderten Menschen registriert.

Schulen und Kindergärten müssen auch Kindern zugänglich sein, die aufgrund ihrer körperlichen oder mehrfachen Behinderung auf Rampen und Hilfsmittel angewiesen sind. Toilettenanlagen müssen rollstuhlgerecht sein. Öffentliche Hallenbäder müssen so gestaltet werden, dass auch behinderte und alte Menschen ungehindert Zugang haben. Straßen und Brücken müssen so modernisiert werden, dass die Belange von Menschen Berücksichtigung finden, die in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind. Dazu zählen Hinweise und Leitsysteme in Bahnhöfen, U-Bahnen, Bussen undsoweiter in leicht verständlicher Sprache und gut lesbarer Schrift.

Unser Land hat die einmalige Chance, nachhaltig in die Zukunft zu investieren, was behinderten und alten Menschen zugute kommt und bei vernünftiger Planung kaum Mehrkosten verursachen wird.

Der deutsche Gesetzgeber hat die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ratifiziert und sich auf diese Weise verpflichtet, die Teilhabe behinderter Menschen am allgemeinen gesellschaftlichen Leben zu sichern. Zu den wichtigsten Menschenrechten in diesem völkerrechtlichen Übereinkommen zählt der Rechtsanspruch auf eine möglichst barrierefreie Gestaltung der Umwelt. Das Konjunkturprogramm II kann den Prozess, unserem Land eine behindertenfreundliche Perspektive zu geben, erheblich beschleunigen.


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Quelle:
Lebenshilfe Zeitung, Nr. 1/2009, 30. Jg., März 2009, S. 1
Herausgeber: Bundesvereinigung Lebenshilfe
für Menschen mit geistiger Behinderung
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jährlich viermal (März, Juni, September, Dezember).


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2009