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MEDIZIN/184: 40 Jahre Klinik Pniel - Zurück in den Alltag finden (Der Ring)


DER RING
Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Juli 2012

40 Jahre Klinik Pniel
Zurück in den Alltag finden

Von Christina Heitkämper



Einst als Tages- und Nachtklinik konzipiert, entwickelte sich Pniel im Laufe der Jahre zu einer Klinik mit früh rehabilitativem Ansatz für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Heute gehört sie zur Abteilung Allgemeine Psychiatrie im Ev. Krankenhaus Bielefeld. In der Einrichtung sollen die Patienten ihren Weg zurück in den Alltag finden. Die Klinik für mittelfristige psychiatrische Behandlung in Bielefeld-Bethel feierte im Juni ihr 40-jähriges Jubiläum.


Aufstehen, Frühstücken, Arbeiten - was sich für die meisten wie normaler Alltag anhört, ist für die Patienten in der Klinik Pniel keineswegs selbstverständlich. Sie müssen neu lernen, eine Tagesstruktur zu entwickeln. Deshalb stehen in Pniel neben Therapiesitzungen und der Arbeit in den hauseigenen Werkstätten auch ganz alltägliche Tätigkeiten, wie Einkaufen oder Aufräumen, auf dem Programm. Pniel soll die Patienten auf das Leben "draußen" vorbereiten. In manchen Fällen gelingt das: Die Patienten schaffen den Sprung, holen die Schule nach, setzen ihr Studium fort oder finden einen Job auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Andere Patienten sind noch nicht so weit und brauchen weiterhin Unterstützung in einer stationären Einrichtung. Das Wichtigste sei das Wohl des Patienten, deshalb solle sich auch niemand überfordert fühlen, so Lutz Koppmann, Oberarzt in Pniel. "Unser wesentliches Ziel ist es, mit und für unsere Patienten einen befriedigenden und stabilisierenden Alltag zu entwickeln." Die meisten Patienten verbringen zwei bis vier Monate in der Klinik.

"Viele Patienten haben wegen ihrer Erkrankungen eine ganze Reihe Misserfolge erlebt, und ihnen ist unklar, was sie machen können", sagt Lutz Koppmann. Deshalb sollen die Patienten durch kleine Erfolge motiviert werden. "Die Patienten lernen in Pniel, mit ihren Einschränkungen zurechtzukommen, diese zu akzeptieren und eine neue Lebensperspektive zu entwickeln." Das können sie zum Beispiel in einer der Arbeitstrainingswerkstätten für Metall, Holz und Textil.


Echte Auftragsarbeit

Das Arbeiten bietet den Patienten nicht nur eine Tagesstruktur, sondern auch eine Perspektive für die berufliche Zukunft. Der Reiz dieser Arbeit liegt aber nicht zuletzt darin, dass es sich um echte Auftragsarbeiten handelt - es werden Fahrräder repariert oder Betten angefertigt. "Viele Patienten bekommen leuchtende Augen, wenn sie hören, dass es sich um richtige Kundenaufträge handelt", sagt Petra Klein, Sozialarbeiterin und stellvertretende Leiterin der Klinik.

"In den vergangenen 40 Jahren hat sich viel getan", erinnert sich Pniel-Mitarbeiter Eberhard Stöcker. Mit dem neuen sozial-psychiatrischen Ansatz veränderte sich in den 1980er-Jahren beispielsweise das Verhältnis zum Patienten grundlegend. "Es entstand ein Kontakt auf Augenhöhe", so Eberhard Stöcker. Auch die Umstrukturierung innerhalb Bethels, wie die Aufhebung der Grenzen von Psychiatrie, Sucht und Wohnungslosenhilfe, seien nicht spurlos an der Klinik vorbeigezogen. "Wir haben heute viele junge Patienten mit Doppeldiagnosen, die eine Suchterkrankung haben", betont Lutz Koppmann. Die Patienten in Pniel hätten ganz unterschiedliche Krankheitsbilder. "Und das ist gerade die Herausforderung und macht den Reiz der Arbeit in Pniel aus", ergänzt Petra Klein.

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Quelle:
DER RING, Juli 2012, S. 17
Monatszeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
Herausgeber: Pastor Ulrich Pohl in Zusammenarbeit mit der
Gesamtmitarbeitervertretung der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. September 2012