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MEDIZIN/177: Kinder-Rehabilitation in der Katharinenhöhe - Ins Leben zurückgefunden (Selbsthilfe)


Selbsthilfe - 3/2010

EINBLICK
Kinder-Rehabilitation in der Katharinenhöhe

Ins Leben zurückgefunden

Von Marion Leuther


Die Katharinenhöhe - Rehabilitationsklinik für Kinder mit ihren Familien und für junge Menschen in Schönwald/Schwarzwald feierte am 25 Juni 2010 ihr 25jahriges Jubiläum In der Klinik werden onkologisch, kardiologisch oder hämatologisch schwer erkrankte Kinder behandelt - wie auch ihre Eltern und Geschwister, die vor allem psychisch stark belastet sind.


Sascha war elf Jahre alt, als er im Oktober 2007 mit seiner Mutter zur Rehabilitation in die Katharinenhöhe kam. Da hatte er gerade seine einjährige Chemotherapie beendet. Nach einem Osteosarkom (Knochentumor) oberhalb des Knies musste ihm zudem ein Teil zwischen Ober- und Unterschenkel amputiert werden. Dann wurde der Fuß verkehrt herum (Umkehrplastik) an den Oberschenkel angenäht, um ihm für die spätere Prothese mehr Stabilität zu geben. "Gut war für uns, dass die Katharinenhöhe auf Prothesepatienten spezialisiert ist", berichtet Saschas Mutter, Ursula Kröger. Sie habe ihren kranken Sohn vorher sehr verwöhnt und ihm alles abgenommen. Doch die Mitarbeiter der Katharinenhöhe wussten, wie sie Sascha motivieren konnten. Als Sascha in die Klink kam, saß er im Rollstuhl. Als er sie verließ, konnte er mit der Prothese umgehen und auf zwei Krücken laufen. "Als mein Sohn zum ersten Mal mit anderen Kindern ins Kino gefahren ist, habe ich dem Bus hinterher gesehen und geweint", erzählt Ursula Kröger. Vor Erleichterung, dass ihr Sohn ins Leben zurückgefunden hatte. "Es war wie ein Geschenk", berichtet die 51jährige Hamburgerin.

Neben der medizinischen Behandlung ist die psychische Betreuung ein wichtiges Anliegen der Katharinenhöhe - dies gilt für die jungen Patienten ebenso wie für ihre Familien. Eltern können nach den Strapazen der Intensivtherapie ihres erkrankten Kindes wieder Kraft tanken und erhalten gesundheitliche und psychosoziale Unterstützung. Auch die Geschwister stehen im Blickpunkt der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. "Denn Geschwister können eifersüchtig auf das kranke Kind sein, das sehr viel Aufmerksamkeit von den Eltern bekommt. Die Folgen sind Verhaltensauffälligkeiten bis hin zum Leistungsabfall in der Schule", berichtet Monika Ruthardt, Heilpädagogin in der Katharinenhöhe. 32 kranke Kinder - vom Säugling bis zum 15- bis 16-jährigen Jugendlichen - und ihre Familien werden hier jeweils betreut. Neben der familienorientierten Rehabilitation gibt es noch die so genannte Jugendarena für junge Menschen. Diese haben ein eigenes Gebäude und ein eigenes Mitarbeiterteam an ihrer Seite. Denn: "Junge Menschen haben andere Bedürfnisse als Kinder. Bei ihnen geht es oft um Themen wie Berufsorientierung, Körperwahrnehmung, Partnerschaft - alles unter dem Blickwinkel ihrer Erkrankung", weiß Monika Ruthardt.

Kreativ sein, mit eigenen Händen gestalten, durch die Krankheit verloren gegangene Fertigkeiten wieder zum Leben erwecken - auch dies sind wichtige Bausteine der Familienrehabilitation. Zur Unterstützung gibt es unter anderem Ergotherapie, Physiotherapie und Beratung zum Umgang mit Spätfolgen oder zu Förderungsmöglichkeiten bei Handicaps. Weitere Angebote sind schulische Hilfen und sportliche Angebote wie ein Hochseilgarten vor dem Haus.

"Zu uns kommen die ganz extrem belasteten Kinder, die hohen Rehabilitationsbedarf haben", erklärt Stephan Maier, Psychosozialer Leiter der Katharinenhöhe. Der Schwerpunkt der Klinik liegt auf der Rehabilitation krebskranker Kinder. Die Heilungschancen bei Krebs im Kindesalter sind sehr gut, da bei ihnen durch die schnellere Zellteilung auch die Medikamente besser wirken. "Diese Erfolge sind aber auch hart erkämpft und für die Familien mit extremen Belastungen verbunden", sagt Stephan Maier. "Das Ziel ist, dass ein Kind nach der Rehabilitation wieder möglichst normal leben kann und dass die ganze Familie so viel psychische Stabilität entwickelt, dass sie den Alltag meistern kann." Darum werden in der Katharinenhöhe auch der soziale Kontakt und das gemeinschaftliche Lernen gefördert. Denn krebskranke Kinder sind oft lange Zeit vom sozialen Leben abgeschnitten. So dürfen sie aufgrund ihres geschwächten Immunsystems wegen der Ansteckungsgefahr durch Keime kein Schwimmbad besuchen. In der Katharinenhöhe gibt es ein Schwimmbad mit kontrollierter Wasserqualität, so dass die Kinder nach langer Zeit wieder schwimmen können. "Das ist wichtig für ein Kind und ein Schritt in das normale Leben", so Maier.

Für Sascha sollte der Aufenthalt in der Katharinenhöhe im Oktober 2007 nicht der einzige bleiben. Nach einem fünfwöchigen Krankenhausaufenthalt wegen schwerer Herzschwäche kam er im September 2008 wieder in die Rehabilitationsklinik, die auch auf Kardiologie spezialisiert ist. "Die Mitarbeiter haben uns beide nach diesem schweren Rückfall wieder aufgebaut", erzählt Ursula Kröger. Bei einem weiteren Klinikaufenthalt im März 2009 lernte Sascha, mit nur einer Krücke zu laufen. Im Juni 2010 erfolgte dann schließlich der Durchbruch: Er konnte jetzt ganz ohne Stütze gehen. Das war das Ziel, auf das die Krögers und die Mitarbeiter der Klinik hingearbeitet hatten, seit die Familie 2007 zum ersten Mal in die Katharinenhöhe kam. Für die Krögers war es der letzte Besuch der Klinik, denn im Hinblick auf die Behinderung des heute 15jährigen Sascha ist viel erreicht worden. Aber: "Wir werden der Klinik immer verbunden sein, weil Sascha hier Menschen gefunden hat, die seinen Ehrgeiz geweckt haben", so Ursula Kröger. Anfangs habe er gesagt: "Was hat es für einen Zweck, dass ich laufen lerne?" Die Mitarbeiter der Klinik hätten ihn jedoch so motiviert, dass er heute ohne Krücken laufen könne. Auch sie selber hätte ohne die Unterstützung in der Klinik die belastende Zeit nicht durchgestanden, erzählt Ursula Kröger.

Die Klinik Katharinenhöhe startete im April 1985 als Rehabilitationseinrichtung für krebskranke Kinder. Fünf Jahre später begann sie mit der stationären Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen mit angeborenem Herzfehler. Es hat sich viel getan in den vergangenen 25 Jahren, nicht nur was die Fortschritte bei der medizinischen Behandlung von schwerkranken Kindern betrifft. "Anfangs kamen nur die Mütter mit ihren Kindern, die Väter waren nicht so präsent. Es war notwendig, darum zu kämpfen, dass Familien als Ganzes an der Rehabilitation teilnehmen", erinnert sich Stephan Maier. "Heute hat sich durchgesetzt, dass die Familien komplett erscheinen. Denn die Väter haben gesehen, wie wichtig die Rehabilitation auch für sie selber ist, weil sie merken, dass sie selber Unterstützung brauchen."


Weitere Rehabilitationskliniken für Kinder und Jugendliche über:

Arbeitsgemeinschaft Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen - Bundesrepublik Deutschland e.V.
www.arbeitsgemeinschaft-kinderrehabilitation.de
www.rehakliniken.de
Deutsche Rentenversicherung
www.deutsche-rentenversicherung.de
Bundesverband Katholischer Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen für Kinder und Jugendliche e.V.
www.kinderkuren.caritas.de
Arbeiterwohlfahrt Gesundheitsservice
www.gesundheitsservice-awo.de

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Quelle:
Selbsthilfe 3/2010, S. 22-23
Zeitschrift der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V.
Herausgeber: BAG Selbsthilfe
Kirchfeldstr. 149, 40215 Düsseldorf
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Internet: www.bag-selbsthilfe.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2010