Schattenblick →INFOPOOL →PANNWITZBLICK → PRESSE

HILFSMITTEL/208: Mobilität - Der Weg zum Führerschein für behinderte Menschen (Selbsthilfe)


Selbsthilfe - 4/2011

MOBILITÄT

Der Weg zum Führerschein für behinderte Menschen

von Thomas Lilienthal


Inklusion ist ein Ansatz, der alle Lebensbereiche betrifft. Auch der barrierefreie Zugang zum Führerschein gehört dazu. Wenn auf diesem Weg auch noch einiges zu tun ist, Ansätze aufseiten der Fahrschulen gibt es.



Vor dem Fahren steht der Führerschein

Einen Führerschein darf machen, wer den Anforderungen des Straßenverkehrs gewachsen ist. Bei Einschränkungen wird geprüft, ob beim Autofahren Auflagen eingehalten werden müssen. Diese werden im Führerschein vermerkt. Ist kein sicheres Autofahren möglich, kann die Fahrerlaubnis verweigert werden. Körperliche Einschränkungen lassen sich mit angepassten Autos kompensieren. Autofahren stellt aber auch Anforderungen an geistige Fähigkeiten und an die Verlässlichkeit des Fahrers. Wo hier die Grenzen liegen, kann oft nur im Einzelfall geklärt werden. Die behördlichen Führerscheinstellen entscheiden auf Grundlage der Fahrerlaubnisverordnung (FeV), ob oder mit welchen Auflagen behinderte Autofahrer am Straßenverkehr teilnehmen dürfen. Für ihre Entscheidung können die Führerscheinstellen vom Fahrschüler medizinische oder technische Gutachten verlangen.


Spezialisierte Fahrschulen unterstützen

Ist ein Führerschein vorhanden und es kommt eine Behinderung hinzu, behält der Führerschein erst einmal seine Gültigkeit. Allerdings müssen betroffene Autofahrer von sich aus Vorsorge treffen, dass ihre Fahrtauglichkeit nicht eingeschränkt ist. Erforderliche Auflagen und Beschränkungen werden dann in den Führerschein eingetragen und müssen eingehalten werden. Unterstützung bei allen Fragen auf dem Weg zum Führerschein finden behinderte Fahrschüler bei spezialisierten Fahrschulen.


Führerschein beantragen

Soll der Führerschein gemacht oder muss eine vorhandene Fahrerlaubnis überprüft werden, sind spezialisierte Fahrschulen die richtigen Ansprechpartner. Sie übernehmen die Antragstellung und beraten und unterstützen Fahrschülerinnen und Fahrschüler bei der Einholung von Gutachten und weiteren Fragen zum Führerscheinerwerb.


Gutachten beibringen

Steht die Eignung des Fahrschülers infrage oder ist absehbar, dass Fahrzeugumrüstungen erforderlich sind, wird die Führerscheinstelle ein medizinisches und gegebenenfalls ein technisches Gutachten verlangen.


Medizinisches Gutachten

Mit dem amts- oder fachärztlichen Gutachten weisen Führerscheinanwärter ihre grundsätzliche Eignung nach, ein Fahrzeug führen zu können.
Ein medizinisch-psychologisches Gutachten ist bei neurologischen Einschränkungen notwendig. Dabei wird das Leistungsvermögen des Führerscheinanwärters daraufhin untersucht, ob ein Fahrzeug ordnungsgemäß durch den Straßenverkehr gesteuert werden kann. Hierzu gehören Tests des Wahrnehmungs- und Orientierungsvermögens sowie des Reaktions- und Konzentrationsvermögens.


Technisches Gutachten

Benötigen Führerscheinanwärter Fahrzeuganpassungen, wird von der Führerscheinstelle zusätzlich zum medizinischen ein technisches Gutachten verlangt. Dort wird festgelegt, welche Anpassungen notwendig sind. Qualifizierte Fahrschulen wissen, welche Gutachten erforderlich sind und helfen bei der Auswahl des Gutachters.


Fahrprobe machen

Um festzustellen, unter welchen technischen Voraussetzungen ein Antragsteller sicher fahren kann, verlangt die Führerscheinstelle in Einzelfällen eine Fahrprobe. Diese wird vor der eigentlichen praktischen Führerscheinprüfung durchgeführt. Neben dem Fahrschullehrer ist ein Sachverständiger anwesend, der Auflagen und Beschränkungen feststellt. Ergibt die Fahrprobe, dass nur mit technisch umgerüsteten Fahrzeugen gefahren werden darf, werden diese - nach erfolgreicher Fahrprüfung - in den Führerschein eingetragen.


Fahren lernen und Führerschein bestehen

An Menschen mit Behinderungen werden bei der theoretischen und praktischen Fahrprüfung die gleichen Anforderungen gestellt wie an alle Autofahrer. Auf dem Weg zum Führerschein aber gibt es Barrieren. Die bauliche Ausstattung von Fahrschulen kann Rollstuhlfahrer vom theoretischen Unterricht ausschließen, Menschen mit Höreinschränkungen oder Lernbehinderungen sind auf geeignete Lern- und Prüfungsmaterialien angewiesen. Beim praktischen Unterricht benötigen manche Schüler umgerüstete Autos.
Fahrschulen mit Angeboten für behinderte Autofahrer sind auf dem Weg zu einem barrierefreien Angebot für behinderte Fahrschüler. Nicht jede dieser Fahrschulen kann aber für alle Anforderungen barrierefreie Angebote bereithalten oder diese für alle Führerscheine - vom Zweirad über den PKW bis hin zu Großfahrzeugen - anbieten. Unter www.autoanpassung.de sind Informationen zu geeigneten Fahrschulen erhältlich.


Zuschüsse beantragen

Die Kosten für erforderliche medizinische und technische Gutachten trägt der Antragsteller. Sind die Voraussetzungen für die Leistungen der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung erfüllt, werden diese Kosten abhängig vom Einkommen zum Teil oder vollständig übernommen. Auch für die Führerscheinkosten können über die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung Anträge auf Kostenübernahme gestellt werden. Anträge müssen grundsätzlich vor der Auftragsvergabe gestellt werden. Spezialisierte Fahrschulen beraten auch hier.Weiterführende Informationen zu Kostenübernahmen durch die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung unter:
http://www.autoanpassung.de/infothek/finanzielle_hilfen


Führerschein ab 17 für Menschen mit Behinderungen

Personen mit einer Behinderung oder deren Angehörige können die Fahrerlaubnis bis zu einem Jahr vor Erreichen des Mindestalters erwerben (Klasse B/BE mit 17 Jahren), wenn dafür besondere Gründe vorliegen, z.B.: der Arbeits- oder Ausbildungsplatz ist wegen der Behinderung nur mit dem eigenen Auto zumutbar erreichbar, die Fahrerlaubnis kann vorzeitig beantragt werden, damit behinderte Angehörige gefahren bzw. betreut werden können.
Hierfür muss eine Ausnahmeregelung beantragt werden. Obligatorisch wird von der Fahrerlaubnisbehörde ein medizinisch-psychologisches Gutachten angefordert, um zu prüfen, ob der Antragsteller mit 17 Jahren geeignet ist, ein Kraftfahrzeug sicher und verantwortungsbewusst im öffentlichen Verkehrsraum zu führen.


www.autoanpassung.de

Zu unterschiedlichen Einschränkungen kann bundesweit nach Fahrschulen gesucht werden. Die "Suche nach Fahrschulen" enthält geprüfte Fahrschulen der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF).
Weitere Informationen zum Thema ergänzen die Fahrschulsuche.
Ein Projekt der DIAS GmbH
(www.dias.de)   



www.Fahrschule-ohne-Barrieren.de

Ein Internetlernprogramm zur theoretischen Führerscheinprüfung in Deutscher Gebärdensprache (DGS) und in leicht verständlicher Sprache: Das Lernprogramm wird vom Theodor-Schäfer-Berufsbildungswerk in Husum http://www.tsbw.de angeboten.




www.verkehrsinstitut-hanse.de

Auskünfte rund um den Führerschein bei Erkrankungen oder Behinderungen erteilt das Verkehrsinstitut Hanse GmbH.


DER AUTOR
Thomas Lilienthal
ist Geschäftsführer der DIAS GmbH
www.dias.de


*


Quelle:
Selbsthilfe 4/2011, S. 40-41
Zeitschrift der BAG SELBSTHILFE
Herausgeber: Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung
und ihren Angehörigen e.V.
BAG SELBSTHILFE
Kirchfeldstr. 149, 40215 Düsseldorf
Tel.: 0211/31 00 6-0, Fax: 0211/31 00 6-48
E-Mail: info@bag-selbsthilfe.de
Internet: www.bag-selbsthilfe.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Februar 2012