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ARTIKEL/392: Katastrophenhilfe muss inklusiv sein (bezev)


Behinderung und internationale Entwicklung 1/2019

Katastrophenhilfe muss inklusiv sein
Information Nr. 4/2017 herausgegeben vom Deutschen Institut für Menschenrechte(1)

von Anna Hückmann


Menschen mit Behinderungen sind von Gefahrensituationen und humanitären Notlagen unverhältnismäßig stark betroffen. Auch Hilfsprogramme sind für sie häufig nicht zugänglich. Dies führt zu weitreichenden Menschenrechtsverletzungen. In einer Studie untersucht das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Gefahrensituationen und humanitären Notlagen und formuliert Empfehlungen.

Im Auftrag des UN-Menschenrechtsrats, dem höchsten Menschenrechtsgremium der Vereinten Nationen (UN), hat das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (UN-Hochkommissariat) Ende 2015 eine Studie zu den Rechten von Menschen mit Behinderungen in Gefahrensituationen, darunter bewaffneten Konflikten, humanitären Notlagen und Naturkatastrophen, veröffentlicht.(2) Die Studie wurde im Rahmen der Resolution 28/4 des UN-Menschenrechtsrats erarbeitet. Sie ist Teil einer Serie von Maßnahmen zur Klärung der menschenrechtlichen Verpflichtungen, die für Vertragsstaaten aus der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)(3) erwachsen. Da die Studie nicht in einer offiziellen deutschen Übersetzung erhältlich ist, soll sie im Folgenden zusammengefasst und ihre Schlussfolgerungen und Empfehlungen vorgestellt werden.

Ziel der Studie ist es, Artikel 11 der UN-BRK in einen Zusammenhang mit bestehenden internationalen Menschenrechtsnormen und der globalen Diskussion zum Umgang mit Katastrophen und humanitären Notlagen zu bringen, gute Beispiele zu identifizieren und Empfehlungen zu formulieren. Gemäß Artikel 11 der UN-BRK sollen die Vertragsstaaten - im Einklang mit ihren Verpflichtungen nach dem Völkerrecht, einschließlich des humanitären Völkerrechts und der internationalen Menschenrechtsnormen - alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um in Gefahrensituationen wie bewaffneten Konflikten, humanitären Notlagen und Naturkatastrophen den Schutz und die Sicherheit von Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten.

Das UN-Hochkommissariat hat im Zuge der Anfertigung der Studie die Staaten sowie andere wichtige Akteure, etwa regionale Organisationen, den Sonderberichterstatter für Menschen mit Behinderungen, zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter Organisationen von und für Menschen mit Behinderungen und nationale Menschenrechtsinstitutionen, konsultiert.(4) Aus Deutschland wurden keine Informationen eingereicht.(5)

Im Anschluss an die Vorstellung der Studie verabschiedete der UN-Menschenrechtsrat die Resolution 31/6. Darin fordert er die Staaten auf, die Ergebnisse der Studie zu berücksichtigen und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderungen in Gefahrensituationen und humanitären Notlagen zu schützen.(6) Um den Empfehlungen Nachdruck zu verleihen, widmet sich der UN-Menschenrechtsrat in seiner Jährlichen Debatte zu den Rechten von Menschen mit Behinderungen der Resolution - dieses Jahr in seiner 34. Sitzung vom 27. Februar bis 24. März 2017 in Genf.

Das System der humanitären Hilfe

Zu den Hauptakteuren des humanitären Systems zählen einerseits die lokale Bevölkerung, lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und kommunale Einrichtungen, die die Menschen humanitär unterstützen, andererseits Regierungen, die humanitäre Hilfe gewähren oder empfangen, humanitäre Organisationen der UN und internationale nicht-staatliche Akteure.(7)

Humanitäre Hilfe muss den Prinzipien der Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität folgen.(8) Dies führt dazu, dass humanitäre Hilfe grundsätzlich nicht von Staaten erbracht werden kann, diese jedoch humanitäre Organisationen aufgrund des Humanitätsgebots unterstützen müssen.(9) Um neutral sein zu können, müssen die Organisationen unabhängig vom Staat sein.(10) Artikel 23 und 55 des Genfer Abkommens über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten(11) und Artikel 70 des Zusatzprotokolls I(12) verpflichten die Staaten, in Konfliktsituationen grundsätzlich humanitäre Hilfe zu gewähren und zuzulassen. Dies muss ebenso für Naturkatastrophen gelten, die mit Gewaltkonflikten verbunden sind.(13)

Inhalt der Studie

In seiner Studie stellt das UN-Hochkommissariat klar, dass die UN-BRK einen Paradigmenwechsel markiere, weg von einem medizinischen Verständnis hin zu einem menschenrechtsbasierten Verständnis von Behinderung. Der menschenrechtsorientierte Ansatz in Artikel 11 der UN-BRK erfordere ein neues Verständnis des humanitären Völkerrechts. Das humanitäre Völkerrecht und die internationalen Menschenrechtsnormen seien komplementär und verstärkten sich gegenseitig. Die UN-BRK gelte für alle Menschen mit Behinderungen - unabhängig von ihrem rechtlichen Status oder ihrer Nationalität.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehe davon aus, dass 15 Prozent der Weltbevölkerung eine Beeinträchtigung hätten. Notlagen würden Menschen mit Behinderungen unverhältnismäßig stark treffen. Daten aus Japan bestätigten, dass die Wahrscheinlichkeit, im Katastrophenfall zu sterben, für Menschen mit Behinderungen viermal höher sei. Menschen mit Behinderungen seien in Gefahrensituationen vermehrt Missbrauch, Vernachlässigung und Zurücklassen ausgesetzt. Auch seien die Hilfsprogramme, Unterbringung, Kommunikation und der Transport häufig nicht zugänglich für Menschen mit Behinderungen. Dies führe zu weitreichenden Menschenrechtsverletzungen. Besonders gefährdet seien ältere Menschen, Frauen, Jungen und Mädchen mit Behinderungen.

Die Studie thematisiert vier zentrale Aspekte, die im globalen Diskurs bei Katastrophen und humanitären Notlagen beachtet werden müssten:

  • Partizipation von Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten
  • Gleichstellung und Nichtdiskriminierung aufgrund von Behinderungen
  • Stärkung der Eigenständigkeit von Menschen mit Behinderungen
  • Umsetzung der UN-BRK in Gesetzgebung, Politik und Praxis

Das UN-Hochkommissariat zeigt vier Mechanismen zur Verbesserung der Situation von Menschen mit Behinderungen in Gefahrensituationen und humanitären Notlagen auf:

  • Kernelemente wirksamer Katastrophenabwehr für Menschen mit Behinderungen identifizieren
  • Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen reduzieren und Risikomanagement
  • Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in Konfliktsituationen beachten
  • Transformation durch Innovation ermöglichen

Kernelement wirksamer Katastrophenabwehr für Menschen mit Behinderungen sei die Förderung der Zusammenarbeit von lokalen, nationalen und internationalen Organisationen. Hier müsse der Dialog und die Verbreitung von guten Beispielen gefördert werden zwischen Menschen mit Behinderungen und den sie vertretenden Organisationen auf der einen Seite und denjenigen, die im Bereich von Gefahrensituationen und humanitären Notlagen arbeiten, auf der anderen Seite.

Um Diskriminierung und Mehrfachdiskriminierung aufgrund von Behinderung aufzudecken, fehle es an menschenrechtlich aussagekräftigen Daten. Deshalb müsse die Erhebung, Verwaltung, Desaggregation und Analyse von Informationen gestärkt werden. Dafür könne an die derzeitige Rahmenregelung des UNSicherheitsrats, die das Sammeln von Informationen über Zivilpersonen, Kinder und Frauen in Konflikten regelt, angeknüpft werden.

Menschen mit Behinderungen müssten in Gefahrensituationen systematisch identifiziert werden. Hier bedürfe es weiterer qualitativer, partizipatorischer Forschung, um Erkenntnisse über die Bedürfnisse, Erfahrungen und Prioritäten von Menschen mit Behinderungen zu erhalten und die Entwicklung von inklusiven Politikkonzepten und Praktiken zu fördern.

Um die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen in Gefahrensituationen zu reduzieren und deren Sicherheit zu gewährleisten, müssten Informationen in zugänglichen Formaten bereitgestellt werden, insbesondere für Menschen mit Hör-, Seh- und geistigen Beeinträchtigungen. Außerdem müssten Evakuierungssysteme verbessert werden, denn fehlende zugängliche Informationen und Unterstützung könnten dazu führen, dass Menschen mit Behinderungen keinen Zugang zu humanitärer Hilfe hätten. Außerdem müssten Wasser- und Sanitäranlagen in Notfallunterkünften für Menschen mit Behinderungen zugänglich sein. Dies gelte auch für Gesundheits- und Rehabilitationseinrichtungen.

Schließlich könne inklusives Risikomanagement in Gefahrensituationen nur umgesetzt werden, wenn hierfür Gelder bereit stünden. In Gefahrensituationen seien Menschen mit Behinderungen - insbesondere Frauen, Mädchen, Jungen und Alleinlebende - besonders häufig Ziel von Gewalt. Humanitäre Notlagen führten auch vermehrt zu Barrieren in der Infrastruktur. Weltweit seien Menschen mit Behinderungen unter den Armen überrepräsentiert und am meisten von Ausgrenzungen in der Gesellschaft betroffen. Die nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals/SDGs) und die darauf aufbauende Entwicklungspolitik müssten diesen Umstand zielgerichtet adressieren. Um Staaten besser auf Notsituationen vorzubereiten, sollten die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung und ihr Zugang zu inklusiver Bildung und Arbeit gestärkt sowie die Ungleichheit in und zwischen den Staaten verringert werden. Darüber hinaus sollten Staaten sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen nach Konflikten und Katastrophen beim Wiederaufbau ihrer Existenz hinreichend unterstützt würden.

Die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in Konfliktsituation, insbesondere in bewaffneten Konflikten, müssten beachtet werden. Konfliktparteien seien verpflichtet, Warnungen herauszugeben, wenn die Zivilbevölkerung von Angriffen gefährdet sein könnte. Untersuchungen zeigten, dass Familien von Menschen mit Behinderungen ohne hinreichende Unterstützung sich oft entscheiden müssten, ob sie ihr eigenes Leben riskieren, um ihre Verwandten zu retten oder ihre Verwandten zurücklassen. Trotz vielseitiger Bemühungen würden Kinder immer noch in bewaffneten Konflikten eingesetzt - insbesondere Kinder mit Behinderungen als Selbstmordattentäter. Staaten und nichtstaatliche Akteure sollten außerdem dafür sorgen, dass Menschen mit Behinderungen entsprechend ihrer Wünsche mit ihren Familien vereint würden.

In bewaffneten Konflikten müsse stets zwischen Zivilisten und Kombattanten unterschieden werden. Angriffe dürften nur gegen Kombattanten gerichtet werden und gegen Menschen mit Behinderungen nur dann, wenn sie aktiv am Konflikt beteiligt seien. In Übereinstimmung mit der UN-BRK dürften Menschen mit Behinderungen nicht gegen ihren Willen in psychiatrischen Einrichtungen festgehalten werden. Alle Parteien seien verpflichtet, Kriegsgefangenen mit Behinderungen zugängliche und angemessene Unterkünfte bereitzustellen, sodass sie selbstbestimmt dort leben könnten. Schließlich müsse für die Reintegration von Ex-Kombattanten mit Behinderungen ein umfassendes Unterstützungssystem etabliert werden.

Letztlich erfolge Transformation durch Innovation. Die UN-BRK fördere das Prinzip des universellen Designs, das mit dem Prinzip der Zugänglichkeit verzahnt sei. Diese Prinzipien sollten alle Politikbereiche lenken, im Besonderen die des Wiederaufbaus. Staaten sollten beim Wiederaufbau Vorgaben des universellen Designs und der Zugänglichkeit berücksichtigen.

Neue Technologien ermöglichten, dass bei Evakuierungen und bei der Überbringung von Hilfeleistungen sachkundigere Entscheidungen getroffen werden könnten; zudem könnte heute früher vor Katastrophen gewarnt und eine Evakuierung besser verbreitet werden. Für erfolgreiche Innovationen bei humanitären Interventionen sollte schließlich eine Qualitätskontrolle im Hinblick auf Zugänglichkeit, Umsetzung des universellen Designs, Partizipation, Rechenschaftspflicht, Nichtdiskriminierung, Stärkung der Eigenständigkeit und Einhaltung der internationalen Menschenrechtsstandards, insbesondere der UN-BRK, durchgeführt werden.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen des UN-Hochkommissariats

Die Studie des UN-Hochkommissariats endet mit folgenden Schlussfolgerungen und Empfehlungen, die hier in deutscher Übersetzung wiedergegeben sind 14 (die Ziffern geben die jeweiligen Absatz-Nummern im UN-Dokument wieder):

54. Das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen nimmt einen Paradigmenwechsel vor: Es betrachtet Menschen mit Behinderungen nicht mehr als Gegenstand von medizinischer Versorgung und Wohltätigkeit, sondern erkennt sie als Rechtssubjekte an. Dieser menschenrechtsorientierte Ansatz in der Behindertenthematik erfordert ein neues Verständnis des humanitären Völkerrechts, des Flüchtlingsvölkerrechts und der internationalen Rahmenvorschriften für Nothilfe, wenn es um ihre Anwendung auf Menschen mit Behinderungen geht. Staaten, nichtstaatliche Akteure und humanitäre Akteure sollten im Einklang mit dem Übereinkommen ihre Politikkonzepte und Praktiken für den Umgang mit Gefahrensituationen und humanitären Notlagen reformieren.

55. In Bezug auf den Schutz von Menschen mit Behinderungen in Gefahrensituationen und humanitären Notlagen sollten das humanitäre Völkerrecht und die internationalen Menschenrechtsnormen als komplementär und sich gegenseitig verstärkend betrachtet werden. Für die Auslegung und Umsetzung des humanitären Völkerrechts sollten Normen herangezogen werden, die ein völliges Verbot des Freiheitsentzugs aufgrund einer Beeinträchtigung und der Zwangseinweisung in psychiatrische Einrichtungen und andere Institutionen fordern sowie die Verpflichtung enthalten, für Menschen mit Behinderungen, denen die Freiheit entzogen wird, angemessene Vorkehrungen zu treffen.

56. In Zeiten eines Notfalls kommt es entscheidend auf die angemessene und rasche Bereitstellung zugänglicher Informationen an. Der Einsatz vielfältiger und innovativer Kommunikationsmittel kann die Zugänglichkeit verbessern und dazu beitragen, dass keine Gruppe von Menschen mit Behinderungen in den verschiedenen Stadien eines Nothilfeeinsatzes, einschließlich Wiederherstellung und Wiederaufbau, ausgeschlossen wird. Staaten, nichtstaatliche Akteure und andere humanitäre Akteure sollten in allen Phasen eines solchen Einsatzes ein wirksames Informationsmanagement und die wirksame Verbreitung zugänglicher Informationen sicherstellen.

57. Partizipation, Rechenschaftspflicht, Nichtdiskriminierung und Stärkung der Eigenständigkeit sind fundamentale Prinzipien eines menschenrechtsorientierten Ansatzes in der Behindertenthematik. Die Gewährleistung dieser Prinzipien trägt zur Ausübung der Menschenrechte bei und ist ein bewährter und wirksamer Weg, um den Ausschluss von Menschen mit Behinderungen zu vermeiden. Die Staaten und die humanitären Akteure sollten sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen und die sie vertretenden Organisationen, einschließlich Frauen, Männern, Jungen und Mädchen mit Behinderungen aller Altersstufen und auf allen Ebenen, sich aktiv beteiligen können, in die Koordinierung einbezogen und in sinnvoller Weise konsultiert werden.

58. Die Zuweisung von Ressourcen ist ein entscheidender Faktor, um angemessene Maßnahmen zugunsten von Menschen mit Behinderungen sicherzustellen und ihre Widerstandsfähigkeit im Hinblick auf künftige Notsituationen zu stärken. Die Staaten sollten auf der Grundlage eines menschenrechtsorientierten Programmierungsansatzes ausreichende, rasch verfügbare und berechenbare Mittel mobilisieren, damit sie die eingegangene Verpflichtung, Maßnahmen für Notfallvorsorge und Folgenbewältigung zu treffen, die Menschen mit Behinderungen einbeziehen und für sie zugänglich sind, operativ umsetzen können.

59. Es hat sich gezeigt, dass es in Feldeinsätzen häufig an Kapazitäten fehlt, um Menschen mit Behinderungen in Gefahrensituationen und humanitären Notlagen zu unterstützen. Staaten, nichtstaatliche Akteure und humanitäre Akteure sollten durch Kapazitätsaufbau dafür sorgen, dass bei Notfalleinsätzen die beteiligten Parteien, auf militärischer wie auf ziviler Ebene, das Friedenssicherungspersonal und sonstiges Feldpersonal die Rechte von Menschen mit Behinderungen besser berücksichtigen können.

60. Der Wiederaufbau bietet die einmalige Chance, "es beim nächsten Mal besser zu machen". In Anwendung eines menschenrechtsorientierten Ansatzes sollten die Staaten und die humanitären Akteure die Zugänglichkeit gewährleisten, indem sie bei der Programmierung und bei allen Wiederaufbaumaßnahmen nach einem Notfall ein universelles Design anwenden, vor allem während der Planung und dem Wiederaufbau von Infrastruktur und öffentlichen Einrichtungen. Die internationale Zusammenarbeit sollte im Einklang mit den Normen erfolgen, die im Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen festgelegt wurden. Universelles Design, Zugänglichkeit und Nichtdiskriminierung sollten integrierte Ergebnisindikatoren, Design-Parameter und Kriterien für Mittelzuweisung sein, um einen Wiederaufbau von hoher Qualität sicherzustellen.

61. Die Aufgabe, primären Beeinträchtigungen vorzubeugen, sollte Teil der Gesundheitsstrategien oder anderer übergreifender Strategien für Risikoprävention sein, ohne dass sich dies negativ auf die Bereitstellung von Mitteln für behinderungsbezogene Strategien auswirkt. Die humanitären Akteure sollten es vermeiden, in ihre behinderungsbezogenen Strategien Fragen der Prävention primärer Beeinträchtigungen aufzunehmen.

62. Innerhalb der derzeitigen Rahmenregelungen des Sicherheitsrats werden Informationen über Zivilpersonen, Kinder und Frauen in Konflikten gesammelt. Die systematische Einbeziehung der Menschen mit Behinderungen in diese Maßnahmen und Mechanismen würde die Gewinnung von Daten über ihre Situation erleichtern. Die Staaten sollten die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in die bestehenden Rahmenregelungen der Vereinten Nationen für den Umgang mit Konfliktsituationen und Notlagen fördern und international vereinbarte Normen und Leitlinien für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in humanitäre Maßnahmen mit Nachdruck unterstützen und weiter ausbauen.


AUTORIN

Anna Hückmann ist Mitarbeiterin der Monitoringstelle UN-Behindertenrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte.


ANMERKUNGEN

1. Dieser Text wurde erstveröffentlicht unter dem Titel Katastrophenhilfe muss inklusiv sein. Empfehlungen des UN-Hochkommissariats für Menschenrecht, Information Nr. 4.: Deutsches Institut für Menschenrechte, 2017.

2. UN, Human Rights Council (2015): Thematic study on the rights of persons with disabilities under article 11 of the Convention on the Rights of Persons with Disabilities, on situations of risk and humanitarian emergencies. Report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights, UN Doc. A/HRC/31/30.
http://ap.ohchr.org/documents/dpage_e.aspx?si=A/HRC/31/30 (abgerufen am 28.02.2017). Die Studie ist auch in Leichter Sprache in Englisch verfügbar: UN, Office of the High Commissioner for Human Rights (2015): The rights of people with disabilities when wars or big problems happen in a country. Easy to read version in English, UN Doc. A/HRC/31/30.
http://www.ohchr.org/EN/Issues/Disability/Pages/StudiesReportsPapers.aspx (abgerufen am 28.02.2017).

3. Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008, BGBl. II S. 1419; Bekanntmachung des Inkrafttretens, BGBl. II 2009, S. 818.

4. UN, Office of the High Commissioner for Human Rights: Submissions to the thematic study article 11 of the Convention on the rights of persons with disabilities (CRPD), on situations of risk and humanitarian emergencies.
http://www.ohchr.org/EN/Issu-es/Disability/Pages/SubmissionsArticle11.aspx (abgerufen am 22.02.2017).

5. Ebd.

6. UN, Human Rights Council (2016): The rights of persons with disabilities in situations of risk and humanitarian emergencies, UN-Doc. A/HRC/31/L.8.
https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/LTD/G16/055/82/PDF/G1605582.pdf?OpenEle¬ment (abgerufen am 28.02.2017).

7. Dijkzeul, Dennisnhardt, Dieter (2013): Das internationale humanitäre System und seine Akteure. In: Lieser, Jürgenjkzeul, Dennis (Hg.): Handbuch Humanitäre Hilfe, Berlin: SpringerVerlag, S. 77, 78.

8. UN, General Assembly (1991): Strengthening of the coordination of humanitarian emergency assistance of the United Nations. 78th plenary meeting, 19 December 1991, UN-Doc. A/RES/46/182, Ziff. 2.

http://www.un.org/documents/ga/res/46/a46r182.htm (abgerufen am 28.02.2017).

9. Heintze, Hans-Joachim (2013): Humanitäre Hilfe und staatliche Souveränität in Gewaltkonflikte. In Lieserkzeul (Hg.), a.a.O., S. 216.

10. UN, General Assembly (2004): Strengthening of the coordination of emergency humanitarian assistance of the United Nations. Resolution adopted on 17 December 2003, UN-Doc. A/RES/58/114.
http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=A/RES/58/114 (abgerufen am 28.02.2017).

11. Das Abkommen wurde am 12. August 1949 in Genf geschlossen und ist für die Bundesrepublik am 3. März 1955 in Kraft getreten (BGBl. II S. 1133).

12. Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte vom 8. Juni 1977 (BGBl. 1990 II, S. 1551).

13. Heintze, Hans-Joachim (2013), a.a.O., S. 217.

14. Deutsche Übersetzung von Gabriele Lassen-Mock, Berlin.

*

Quelle:
Behinderung und internationale Entwicklung
30. Jahrgang / Ausgabe 1/2019, S. 35-39
Schwerpunkt: Migration, Flucht und Behinderung
Hrsg.: Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e.V.
Altenessener Straße 394-398, 45329 Essen
Telefon: +49 (0)201/17 89 123, Fax: +49 (0)201/17 89 026
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Die Zeitschrift Behinderung und internationale Entwicklung ist eine
Publikation des Instituts für inklusive Entwicklung.
Das Institut wird getragen von Behinderung und
Entwicklungszusammenarbeit e.V.(bezev).


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juni 2019

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