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MELDUNG/081: Deutschland von UN-Behindertenrechtsausschuss gerügt (zwischengeschlecht.org)


Zwischengeschlecht.org
Menschenrechte auch für Zwitter! - Pressemitteilung vom 20. April 2015

Inters*x-Genitalverstümmelungen:
Deutschland von UN-Behindertenrechtsausschuss gerügt


Zwischengeschlecht.org begrüßt herzlich die Abschließenden Bemerkungen des UN-Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD) für Deutschland, die u.a. ausdrücklich das Fortdauern von IGM-Praktiken und den mangelnden Zugang zu Justiz und Entschädigung für Überlebende kritisieren, und die Bundesregierung einmal mehr auffordern, endlich konkrete gesetzgeberische Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen aufzugleisen.

Zwischengeschlecht.org hatte im Namen unserer Deutschen Mitglieder und Unterstützer_innen zur Staatenprüfung einen thematischen NGO-Bericht beigetragen, der anhand von konkreten Fallbeispielen das ganze Spektrum von IGM-Praktiken belegte, ebenso die fortgesetzte die Weigerung der Bundesregierung, nur schon Datenerfassung und Statistiken zu gewährleisten, geschweige denn Zugang zur Justiz für Überlebende, sowie als aktuelles Problem die Verweigerung von lebenswichtigen Medikamenten für Betroffene mit AGS/CAH mit Salzverlust. Weitere Berichte, die ebenfalls IGM-Praktiken und weitere Menschenrechtsverletzungen an Inters*x-Menschen beleuchteten, kamen von der BRK-Allianz (unter Mitwirkung von Inters*xuelle Menschen e.V.) und vom Deutschen Institut für Menschenrechte, der Monitoring-Stelle zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention (BRK).

Während der Befragung durch den Ausschuss in Genf hatte die Deutsche Delegation den Eindruck zu erwecken versucht, heute würde in Deutschen Kinderkliniken angeblich nicht mehr verstümmelt, und gesetzgeberische Maßnahmen seien gar nicht angebracht. Zwischengeschlecht.org ist erfreut, dass der Behindertenrechtsausschuss hinter diese schönen Worte zu schauen vermochte.

In den in seinen Abschließenden Bemerkungen enthaltenen verbindlichen Empfehlungen rügt der Ausschuss unter "Schutz der Unversehrtheit der Person (Art. 18)" ausdrücklich die Untätigkeit der Bundesregierung bei IGM- Praktiken, wie sie in der BRD immer noch weit verbreitet sind, und forderte Deutschland auf, die diesbezüglichen Forderungen des UN-Ausschusses gegen Folter (CAT) aus dem Jahre 2011 endlich umzusetzen.

Der UN-Ausschuss gegen Folter hatte 2011 u.a. verbindlich empfohlen (CAT/C/DEU/CO/5, S. 6-7, Abs. 20):

"Vorfälle, in denen inters*xuelle Menschen ohne wirksame Einverständniserklärung chirurgisch oder anderweitig medizinisch behandelt wurden, zu untersuchen, und Rechtsvorschriften zu erlassen, die den Opfern solcher Behandlungen Rechtsschutzmöglichkeiten, einschließlich angemessener Entschädigungen, gewähren".

Nachfolgend eine inoffizielle Deutsche Übersetzung der Empfehlungen des UN-Behindertenrechtsausschusses an Deutschland betreffend Inters*x (CRPD/C/DEU/CO/1, S. 6-7, Abs. 37-38):

Schutz der Unversehrtheit der Person (Art. 18)

37. Der Ausschuss ist besorgt über: [...] c) die fehlende Umsetzung der Empfehlungen CAT/C/DEU/CO/5, Abs. 20 von 2011, betreffend Aufrechterhaltung der körperlichen Unversehrtheit von Inters*x-Kindern.

38. Der Ausschuss empfiehlt, dass der Vertragsstaat notwendige Schritte unternimmt, einschließlich gesetzgeberischer Art, um:

[...]

(d) Alle Empfehlungen von CAT/C/DEU/CO/5, Abs. 20 betreffend Inters*x-Kinder umzusetzen.

Die internationale Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen mit "atypischen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen sowie "Menschenrechte auch für Zwitter!".

Betroffene sollen später selber darüber entscheiden, ob sie Operationen wollen oder nicht, und wenn ja, welche.

Die vollständigen Empfehlungen u.a.m. via Weblog Zwischengeschlecht.info.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 20. April 2015
Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org
E-Mail: presse_at_zwischengeschlecht.info
Internet: http://zwischengeschlecht.org
Regelmässige Updates: http://zwischengeschlecht.info


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2015

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