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MELDUNG/357: Graphen statt Silizium - neue Technologie im Fokus der Materialphysiker (idw)


Universität Wien - 09.07.2013

Graphen statt Silizium: Neue Technologie im Fokus der Materialphysiker



Das "Wunder"-Material Graphen verheißt einen vielfältigen und weitreichenden Einsatz in der Elektronik der Zukunft, das die traditionelle Silizium-Technologie ergänzen oder sogar ersetzen könnte. Physikern an der Universität Wien ist es nun gelungen, eine neuartige Struktur aus hochwertigem Metall-Silicid zu erzeugen, die von einer schützenden Graphen-Schicht bedeckt ist. Ihre Methode könnte wegweisend für die Materialwissenschaften werden. Die Forscher der Gruppe "Elektronische Materialeigenschaften" an der Fakultät für Physik und ihre internationalen KollegInnen veröffentlichten ihre Ergebnisse im neuen Open Access Journal des renommierten Verlagshauses Nature: Scientific Reports.

Die einzigartigen Eigenschaften von Graphen wie z.B. seine unglaubliche Festigkeit und sein zugleich äußerst geringes Gewicht haben große Erwartungen in der modernen Materialwissenschaft geweckt. Graphen - ein zweidimensionaler Kristall aus Kohlenstoff-Atomen, der in einem bienenwabenförmigen Muster angeordnet ist - steht schon lange im Zentrum intensiver Forschung, die 2010 in einem Nobelpreis für Physik gipfelte.

Eine richtungsweisende Herausforderung ist die erfolgreiche Einbindung von Graphen in die etablierte Metall-Silicid-Technologie. Wissenschafterinnen von der Universität Wien und ihren Kollegen von Forschungsinstituten in Deutschland und Russland ist nun ein erster Schritt in diese Richtung gelungen: Sie erzeugten eine neuartige Struktur aus hochwertigem Metall-Silicid, die von einer schützenden Graphen-Schicht bedeckt ist. Diese zweidimensionalen Schichten sind so dünn wie ein einzelnes Atom.

In Einsteins Fußstapfen

Um die grundlegenden Eigenschaften der neuen Struktur zu entschlüsseln, greifen die Wissenschafterinnen zu leistungsstarken Messtechniken, die auf einer von Einsteins brillanten Entdeckungen beruhen - auf dem photoelektrischen Effekt. Wenn ein Lichtteilchen mit einem Material wechselwirkt, kann es all seine Energie auf ein Elektron innerhalb des Materials übertragen. Wenn die Energie des Lichts ausreichend groß ist, gewinnt das Elektron genug Energie, um aus dem Material auszubrechen. Wertvolle Informationen über die elektronischen Eigenschaften des Materials können die Wissenschafter dann mithilfe der sogenannten winkelaufgelösten Photoemissionsspektroskopie (ARPES) gewinnen, indem sie den Winkel messen, unter dem die Elektronen das Material verlassen. "Schichten so dünn wie einzelne Atome und daraus hergestellte Hybridmaterialien ermöglichen uns, eine Fülle von ungewöhnlichen elektronischen Phänomenen zu studieren. Die ARPES-Methode spielt dabei eine Schlüsselrolle", sagen Alexander Grüneis und Nikolay Verbitskiy, Mitglieder der Gruppe "Elektronische Materialeigenschaften" an der Universität Wien und Koautoren der Publikation.

Anwendung bei Halbleitern und Photovoltaik

In ihren Untersuchungen fanden die Wissenschafter heraus, dass die mit Graphen überzogenen Silicide zuverlässig gegen Oxidation geschützt sind und ein breites Spektrum von elektronischen Materialien und anwendungsorientierten Bauelementen abdecken können.

Eine besonders wichtige Entdeckung ist dabei, dass die Graphen-Schicht selbst kaum mit den darunterliegenden Siliciden wechselwirkt. Dadurch bleiben die einzigartigen Eigenschaften von Graphen überwiegend erhalten. Die Arbeit des Forscherteams wartet mit einem ausgeklügelten Verfahren auf, um Graphen mit der bestehenden Metall-Silicid-Technologie zu verknüpfen, die eine breite Anwendung in Halbleiterbauelementen, Spintronik, Photovoltaik und Thermoelektrik findet.

Die Forschung zu Graphen-bezogenen Materialien wird durch ein Marie-Curie-Fellowship der Europäischen Kommission und durch ein APART-Fellowship der Österreichischen Akademie der Wissenschaften finanziert.

Originalpublikation:
"Controlled assembly of graphene-capped nickel, cobalt and iron silicides":
O. Vilkov, A. Fedorov, D. Usachov, L. V. Yashina, A. Generalov, K. Borygina, N. I. Verbitskiy, A. Grüneis und D. V. Vyalikh
Scientific Reports, 9. Juli 2013,
DOI: 10.1038/srep02168

Weitere Informationen unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Wien, Michaela Wein, 09.07.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juli 2013