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MELDUNG/059: Bremer Meeresboden-Bohrgerät im Einsatz vor Chile (idw)


MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen - 13.12.2010

Bremer Meeresboden-Bohrgerät im Einsatz vor Chile


Im November waren Wissenschaftler des Bremer Forschungszentrums MARUM mit dem Forschungsschiff SONNE auf Expedition vor der chilenischen Küste. Mit an Bord war das am MARUM entwickelte Meeresboden-Bohrgerät MeBo, das an drei Untersuchungsorten für wissenschaftliche Bohrungen eingesetzt wurde. Die Beprobung des Ozeanbodens ergab insgesamt etwa 250 Meter Meeresablagerungen, die nun an Land weiter untersucht werden. Sie sollen Aufschluss über das Klima der letzten 150 000 Jahre geben.

Wieder festen Boden unter den Füßen haben die 25 Expeditionsteilnehmer aus Deutschland, Chile und den USA, die vom 02. bis zum 29. November auf dem Forschungsschiff SONNE in den fischreichen Gewässern des Humboldtstromes vor der Küste Chiles unterwegs waren. Unter Leitung von Prof. Dr. Dierk Hebbeln vom MARUM, dem Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen, haben die Forscher seismische, geologische und biologische Untersuchungen durchgeführt. Im Mittelpunkt der Expedition stand der Einsatz des Meeresboden-Bohrgerätes MeBo, mit dem der Ozeanboden beprobt wurde. Die gewonnenen Bohrkerne enthalten Informationen über das Klima längst vergangener Zeiten und dienen den Forschern somit als Klimaarchiv. Das Untersuchungsgebiet entlang der chilenischen Küste hält dabei ein ganz besonderes Archiv bereit, wie Fahrtleiter Hebbeln erklärt: "In diesem Gebiet wird kontinuierlich sehr viel Material auf dem Meeresboden abgelagert und je höher die Ablagerungsrate ist, desto höher ist die zeitliche Auflösung der Proben, was genauere Klimarekonstruktionen ermöglicht."

Je tiefer man in die Schichten des Meeresbodens vordringt, umso älter wird das Material und desto weiter können die Forscher damit in die Klimavergangenheit zurückblicken. Die Standardmethode zur Beprobung der Meeresablagerungen, bei der die Proben mit Rohren aus dem Meeresboden gestanzt werden, liefert Sedimentkerne mit einer maximalen Länge von 20 Metern. Will man tiefere, das heißt ältere Schichten beproben, so muss man bohren. "Expeditionen mit konventionellen Bohrschiffen sind jedoch sehr aufwendig und teuer." erklärt MeBo-Projektleiter Dr. Tim Freudenthal, "Daher haben wir hier in Bremen für die speziellen Anforderungen in der Meeres- und Klimaforschung das MeBo entwickelt. Es ist ein transportables Bohrgerät und konnte bereits von verschiedenen Schiffen aus eingesetzt werden."

Seinen ersten Einsatz auf dem Forschungsschiff SONNE meisterte das MeBo mit Bravour. "Zum ersten Mal konnten wir die volle Kapazität des Gerätes ausschöpfen und bis in eine Tiefe über 70 Meter bohren." berichtet Fahrtleiter Hebbeln. Würden die Bohrkerne der fünf MeBo-Bohrungen vor Chile aneinandergereiht, ergäben sie insgesamt 250 Meter Meeresablagerungen. Erste Untersuchungen der Kerne wurden bereits in den Laboren an Bord der Sonne durchgeführt. Nun sind die Kerne auf dem Weg in das Bremer Bohrkernlager im MARUM, wo die Wissenschaftler ihre Untersuchungen zur Klimarekonstruktion fortsetzen werden. "Mit den Ergebnissen können wir für das Gebiet des Humboldtstromes, der als Verbindung zwischen den polaren antarktischen Gewässern und dem tropischen Pazifik eine wichtige Rolle im Klimasystem spielt, Rückschlüsse auf die Wassertemperaturen, die Ozeanströmungen und die regionale Vegetation ziehen und so etwa 150 000 Jahre zurück in die Klimageschichte blicken." erläutert der Meeresgeologe Hebbeln.

Das 6,6 Meter hohe Meeresboden-Bohrgerät wird direkt auf dem Meeresboden abgesetzt und über ein Spezialkabel vom Schiff aus ferngesteuert. Es besitzt zwei Magazine, auf denen die benötigten Bohrrohre gelagert werden. Mit Hilfe eines Greifarms und zweier Rohrklemmen wird am Meeresboden der Bohrstrang aufgebaut, mit dem die Kernproben aus bis zu 70 Metern Tiefe in Lockersedimenten und Festgestein gewonnen werden. Eine kontinuierliche Beprobung des Meeresbodens in bis zu 2000 Meter Wassertiefe dauert mit dem MeBo ungefähr 36 Stunden.


MARUM entschlüsselt mit modernsten Methoden und eingebunden in internationale Projekte die Rolle des Ozeans im System Erde - insbesondere im Hinblick auf den globalen Wandel. Es erfasst die Wechselwirkungen zwischen geologischen und biologischen Prozessen im Meer und liefert Beiträge für eine nachhaltige Nutzung der Ozeane.

Das MARUM umfasst das DFG-Forschungszentrum und den Exzellenzcluster "Der Ozean im System Erde".

Weitere Informationen unter:
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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen,
Albert Gerdes, 13.12.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Dezember 2010