Schattenblick →INFOPOOL →NATURWISSENSCHAFTEN → GEOWISSENSCHAFTEN

BERICHT/087: Polarflugzeug Polar 5 startet Antarktissaison (idw)


Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung - 11.11.2009

Polarflugzeug Polar 5 startet Antarktissaison

Das Polarflugzeug Polar 5, das vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft betrieben wird, startet am kommenden Donnerstag (12. November) Richtung Antarktis.


In der Saison 2009/10 wird Polar 5 in drei wissenschaftlichen Programmen eingesetzt und das etablierte antarktische Flugnetzwerk DROMLAN (Dronning Maud Land Air Networks) sowie diverse Feldprogramme logistisch unterstützen. Einschließlich der Flüge in die Antarktis und zurück leistet Polar 5 im Rahmen der Expedition voraussichtlich etwa 375 Flugstunden.

Die Flugpiste Novo Airfield nahe der russischen Station Novolazareveskaya ist für Wissenschaftler und Crew der kanadischen Firma Kenn Borek Air Limited die Basis für zwei geophysikalisch-glaziologische Projekte im ersten Saisonabschnitt. Seit mehreren Jahren werden die Polarforschungsflugzeuge des Alfred-Wegener-Instituts zur Kartierung von geologischen Strukturen im weiteren Umfeld der Neumayer-Station über dem Ozean und über dem eisbedeckten Inlandeis eingesetzt. Ziel dieser Kartierungen ist es, das Aufbrechen des Superkontinents Gondwanas detaillierter als bislang zu verstehen und herauszufinden, wie die heute weit verstreuten Fragmente innerhalb von Gondwana zueinander gelegen haben. Dazu wird das in den letzten Kampagnen überwiegend über Land und Eis gelegene Erkundungsgebiet in den kommenden Wochen seeseitig erweitert. Hierfür wird Polar 5 unter anderem mit empfindlichen Magnet- und Schwerefeldsensoren ausgerüstet, die die Strukturen der Erdkruste messen.

Im zweiten Projekt wird ebenfalls eine Messkampagne fortgesetzt. Mit der Unterstützung mehrerer anderer internationaler Antarktisprogramme werden die Wissenschaftler die Lücke zwischen zwei hoch aufgelösten Radarprofilen schließen. Die Polar 5 ist weltweit eines von wenigen Flugzeugen, das mit einem speziellen Eisradar ausgerüstet ist und auf dem hochgelegenen ostantarktischen Eisschild starten und landen kann. "Die Reichweite über Distanzen von gut 1500 Kilometern ermöglicht es uns, in diesen schwer zugänglichen und bisher ungenügend erforschten Gebieten zu operieren", beschreibt Dr. Uwe Nixdorf, Leiter der Logistikabteilung des Alfred-Wegener-Instituts, die Besonderheit der Kampagne. Die beiden bislang vom Alfred-Wegener-Institut kartierten Teilstücke verbinden mehrere Eiskerntiefbohrungen. Kennt man die Radarprofile zwischen diesen Bohrstellen, so kann man die dort gewonnenen Eiskerne direkt miteinander vergleichen. Zudem können aus den Radarkartierungen zwischen den Bohrungen die räumlichen Veränderungen aus der detektierten internen Schichtung des Eisschildes abgeleitet werden. Beides trägt dazu bei, die Klimabedingungen in der jüngeren geologischen Vergangenheit zu rekonstruieren und bessere Modelle zur Prognose der Auswirkungen der gegenwärtigen Klimaentwicklung zu erstellen.

In enger Kooperation mit dem British Antarctic Survey (BAS) werden im Februar/März 2010 Untersuchungen der atmosphärischen Grenzschicht über dem Meereis durchgeführt. Dazu finden, zum Teil synchron mit einer britischen Twin-Otter, Flüge von der Station Rothera aus über dem westlichen Weddellmeer statt. Polar 5 wird in dieser Kampagne erstmals für atmosphärische Messungen in der Antarktis eingesetzt. Die Forscher erfassen Wind, Temperatur und Luftfeuchte in der oberflächennahen Atmosphäre sowie den Eisbedeckungsgrad. Anhand der Daten lassen sich Wechselwirkungsprozesse wie der Wärmeaustausch zwischen eisbedecktem Ozean und der Atmosphäre bestimmen. Damit werden die Berechnungsmethoden dieser Prozesse in Wettervorhersage- und Klimamodellen geprüft und verbessert. Weiterhin werden Strahlungsflüsse gemessen, um beispielsweise den Albedo (Reflexionsgrad) des Meereises in Abhängigkeit vom Eisbedeckungsgrad in Klimamodellen besser darstellen zu können. Im Rahmen der Messkampagne werden verschiedene Kamerasysteme eingesetzt, deren Bilder als Vergleich zu Aufnahmen von Radarsatelliten dienen. Ziel ist es, Auswertemethoden, die auf Radardaten angewendet werden, zu verbessern. Die Transferflüge zwischen dem Startort Rothera und dem Zielgebiet werden darüber hinaus für Messungen über dem Larsen Eisschelf genutzt. Dabei werden zum Beispiel die Strahlungsbilanz und der Wärmeaustausch mit der Atmosphäre erfasst. Hieraus können Beiträge zum Verständnis des starken Schmelzprozesses des Eisschelfs in den letzten Jahren abgeleitet werden.

Im Frühjahr 2010 wird Polar 5 kurz zur Vorbereitung der Arktissaison 2010 in Bremerhaven sein. Die Öffentlichkeit kann das Forschungsflugzeug am 3. und 4. Juli 2010 während der Air 2010 auf dem Regionalflughafen Bremerhaven Luneort besichtigen.


Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der mittleren sowie hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der sechzehn Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution188


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung,
Dipl.-Ing. Margarete Pauls, 11.11.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2009