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BERICHT/058: Das Land, wo Sand und Steine fließen (Portal - Uni Potsdam)


Portal - Die Potsdamer Universitätszeitung 7-9/2008

Das Land, wo Sand und Steine fließen
Geoökologen entwickeln Modelle für die Wasserversorgung in Dürregebieten

Von Bettina Micka


Wassermangel ist in vielen Regionen der Erde ein großes Problem. Nicht selten trägt der Mensch selbst dazu bei, die Situation noch zu verschärfen. Um die vorhandenen Wasserressourcen optimal nutzen zu können, beispielsweise durch Reservoirs, müssen die Einflussfaktoren auf den Wasserhaushalt und ihr Zusammenwirken genau bekannt sein. Hierfür Modelle zu entwickeln ist das Ziel des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts SESAM (Sediment Export from large Semi-Arid Catchments: Measurement and Modelling). Koordinatorin des gemeinsamen Forschungsprojektes der Universität Potsdam und des Helmholtz-Zentrums Potsdam, der Universität Lleida in Spanien und der Universität Fortaleza in Brasilien ist Dr. Eva Nora Müller vom Institut für Geoökologie.


Auch wenn Forscher heute schon vor einer Versteppung Brandenburgs warnen - Dürregebiete gibt es in Deutschland noch nicht, aber durchaus in der europäischen "Nachbarschaft", beispielsweise in Spanien, in Teilen des Einzugsgebietes des Ebro. Noch ausgeprägtere Trockenheit herrscht im Nordosten Brasiliens. Hier fällt mitunter jahrelang kaum Regen. Beide Dürreregionen gehören zu den Gebieten, die die Geoökologen der Universität Potsdam im Projekt SESAM exemplarisch untersuchen.

Um die Nachfrage nach dem Leben spendenden Nass auch in den Monaten oder Jahren zu decken, in denen kein Regen fällt, wird Wasser in diesen Gebieten in Talsperren gespeichert. Wenn es doch einmal regnet, gehen extrem große Mengen in kürzester Zeit nieder: Die abfließenden Wassermassen reißen Sand und Gestein aus höher gelegenen Gebieten mit sich in die Stauseen hinein. Nach 30 bis 40 Jahren sind diese dann im Extremfall zugeschüttet und müssen aufwändig wieder geleert werden. "Wir wollen herausfinden, unter welchen Bedingungen Erosion und Sedimenttransport stattfinden und wie man das verhindern oder verringern kann", erläutert Projektkoordinatorin Eva Nora Müller. Dazu haben die Geoökologin und ihre Kollegen ein Computermodell entwickelt, das die Prozesse des Wasser- und Sedimenttransports möglichst genau abbildet und mit dem sich die Auswirkungen von Änderungen simulieren lassen. Außerdem soll es unter Einbeziehung von Daten zum Klimawandel langfristige Prognosen der zukünftigen Entwicklung in den Regionen ermöglichen. Natürliche und vom Menschen verursachte Phänomene fördern den Eintrag von Sedimenten in die Wasserreservoire. "In Brasilien ist die Brandrodung der Hauptfaktor", weiß Eva Müller, die kürzlich für ihre Forschung mit dem Sonderpreis des Leibniz-Kollegs ausgezeichnet wurde (siehe Preise für Nachwuchsforscher). "Wo die Vegetation fehlt, können Wurzeln den Boden nicht mehr festhalten. Starke Regenfälle spülen ihn dann einfach weg." In den spanischen Dürregebieten führt dagegen die natürliche Beschaffenheit des Bodens an einigen Stellen zu einer besonders starken Erosion von mehreren Zentimetern Boden pro Jahr. Die durchschnittliche Erosionsmenge liegt dagegen bei nur wenigen Millimetern.

Für ihr Modell sammelten die Geoökologen unter anderem Daten zu Niederschlagsmengen, Wasserständen, Größe des Sedimentgesteins sowie Zusammensetzung und Rauhigkeit des Bodens. Die Auswertung der Daten lieferte schon ein erstaunliches Ergebnis: Im spanischen Dürregebiet stammen 95 Prozent des gesamten erodierten Materials von nur fünf Prozent der Fläche. Gegenmaßnahmen sollten sich also auf diese Erosions-Hotspots konzentrieren. So könnte es sinnvoll sein, hier die Landnutzung zu verändern, etwa landwirtschaftliche Flächen wieder aufzuforsten Das im SESAM-Projekt entwickelte Modell lässt sich auch an die Gegebenheiten in anderen Dürreregionen anpassen und kann somit weltweit für das Wassermanagement solcher Gebiete eingesetzt werden.


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Quelle:
Portal - Die Potsdamer Universitätszeitung Nr. 7-9/2008, Seite 30-31
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. August 2008