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UMWELTLABOR/176: Es schließt sich, es schließt sich nicht, es ... (SB)


Es schließt sich - es schließt sich nicht - es ...

Klimaforscher unter Erfolgszwang:

Alle 3 Monate verzögert sich die Ozonlochschließung


Wechselweise zu immer wieder neuen Prognosen, wann sich die durch menschliches Fehlverhalten entstandenen Ozonlöcher in der oberen Stratosphäre wieder vollständig schließen werden, melden die Klimaforscher auch immer wieder Rückschläge, nach denen es angeblich noch etwas länger dauern wird, bis sich die Ozonschicht wieder erholt. So scheint es zumindest. Das hat den günstigen Nebeneffekt, daß kaum noch einer wirklich unterscheiden kann, welche Daten und Erkenntnisse tatsächlich neu und relevant sind, geschweige denn klar sieht, daß mit diesen Wechselbädern der Gefühle eigentlich Aktivität vorgetäuscht werden soll, wo selbst Experten nur hilflos beobachten können (siehe hierzu auch: UMWELTLABOR/155: Ein Loch im Firmament zerstört die Welt und UMWELTLABOR/165: Günstiges Klima für das wachsende Ozonloch).

Bei genauerer Betrachtung sind es allerdings eigentlich nur Rückschläge, die noch dazu in fast regelmäßigen dreimonatigen Abständen (zuletzt im Dezember 2005 davor im September 2005) gemeldet werden und in denen dann durch den Hinweis auf zurückliegende Prognosen der Eindruck erweckt wird, es habe zwischendurch eine Erholung gegeben.

So ließ am 15. September 2005 die Presseagentur dpa verlauten, die sich auf eine Mitteilung der Weltwetterorganisation (WMO) bezog, daß sich das Ozonloch über der Antarktis der Rekordgröße von 2003 nähere und sich der Zustand der Ozonschicht, welche die Erde vor schädlichen Strahlen schütze, sich noch nicht verbessert habe:

Das Ozonloch habe in dieser Woche mit 27 Millionen Quadratkilometern fast den Stand von Mitte September im Rekordjahr 2003 erreicht. "Diese Entwicklung überrascht nicht. Sie zeigt, dass die Zerstörung der Ozonschicht sich fortsetzt", sagte WMO-Experte Geir Braathen, anlässlich des Internationalen Tags zum Schutz der Ozonschicht am Freitag. Es sei noch zu früh, um eine Erholung feststellen zu können. Dazu müsse man die Entwicklung in den nächsten zehn Jahren weiterverfolgen, sagte Braathen.
(dpa 16. September 2005)

Im Dezember wurde den Wissenschaftlern dann plötzlich klar, daß sich diese Entwicklung auch kaum noch durch weitere drastische Einsparungen an ozonkillenden Treibhausgasen aufhalten läßt: Die sogenannten FCKWs bauten sich nämlich viel langsamer ab, als man bisher dachte, so daß es trotz Montrealer Protokoll noch lange nicht zu dem erhofften Stillstand kommen wird, hieß diesmal die Erklärung für den nächsten Rückschlag. Dennoch behielten sich die Klimaforscher immer noch die unbegründete Hoffnung vor, es könne später doch noch zu einer Gesundung der Ozonschicht kommen:

Princeton (pte) - Nach jüngsten Ergebnissen eines Forscherteams der Geophysical Fluid Dynamics Laboratory in Princeton wird es wesentlich länger dauern, als bisher angenommen, bis das Ozonloch über der Antarktis wieder geschlossen ist. Wenn die jetzige "Erholungsrate" beibehalten wird, wird frühestens in 50 bis 60 Jahren das Ozonloch verschwunden sein, berichtet das Wissenschaftsmagazin Nature.
(pte, 9. Dezember 2005)

Nun wurde in der letzten Februarwoche diese Prognose noch einmal auf weitere 10 Jahre erweitert, d.h. also eine weitere Verlangsamung der vermeintlich stattfindenden Erholung eingeräumt.

Köln (dpa) - Die Ozonschicht der Erde wird sich später als bisher erwartet erholen. Gegenüber den bisherigen Prognosen werde eine nachhaltige Erholung mit zehnjähriger Verspätung erst 2010 beginnen, teilte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln nach der Daten-Auswertung eines neuen Klima-Chemie-Modells mit.
(dpa, 21. Februar 2006)

Das heißt im Klartext: Eine vollständige Erholung der Ozonschicht ist erst in rund 60 bis 70 Jahren zu erwarten. Allerdings betonen die Pressesprecher der DLR, daß dies für die Menschen in Europa, für die die Schädigung der Ozonschicht Mitte der 90er Jahre besonders groß war, zunächst zumindest keine Verschlechterung bedeute. Nur die sichtliche Verbesserung werde "erst mit einer beträchtlichen zeitlichen Verzögerung" einsetzen. Daß dies angesichts wachsender Hautkrebsstatistiken in Europa und einer für jeden spürbaren wie sichtbaren Verstrahlung der nächsten Umgebung nichts anderes als eine Notlüge ist, und zudem auch aus anderen Gründen augenblicklich keinerlei Verbesserung oder Verdichtung der Ozonschicht (auch keine sehr langsame) stattfindet, wird kurz darauf durch eine widersprüchliche Aussage im gleichen dpa-Text auch ausgesprochen:

Das Ozonloch über der Antarktis wird laut DLR in den kommenden Jahren ebenfalls noch unverändert groß bleiben. Die "erstaunlichen" Ergebnisse der DLR-Atmosphärenforscher entsprechen den Kölner Angaben zufolge nicht den bisherigen Annahmen vor allem amerikanischer Wissenschaftler.
(dpa, 21. Februar 2006)

Das DLR arbeite mit einem Rechenmodell, welches chemische Prozesse in der Atmosphäre und das Klima simuliert. Erstmals wären dabei nun alle bekannten Einflußfaktoren berücksichtigt worden:

- neben den durch Menschen verursachten auch natürliche Faktoren wie Vulkanausbrüche und die Aktivität der Sonne. Der Anstieg des atmosphärischen Ozongehalts von 1995 und 2002 ging laut DLR "in erster Linie auf eine Zunahme der Sonnenaktivität zwischen 1996 und 2001 zurück". Das nächste Sonnen-Maximum werde für 2007/2008 erwartet.
(dpa, 21. Februar 2006)

Gleichzeitig erklärt dies aber auch die immer wieder nötig werdenden Korrekturen in den bisherigen Prognosen. Solange nämlich noch weitere Einflußfaktoren entdeckt werden können, ändern sich auch zwangsläufig die Ergebnisse, die sich letztlich nur mit dem decken, was die Forscher, die den Computer mit Daten füttern auch tatsächlich wissen, preisgeben oder der besorgten Öffentlichkeit zumuten wollen.

1987 war im Protokoll von Montréal der Schutz der Ozonschicht international vereinbart worden. In mehreren Folgekonferenzen waren Produktion und Gebrauch von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) fast vollständig untersagt worden. Auch heute werden immer noch als Hauptursache für die Verlangsamung des Abbaus der ozonschädigenden FCKWs in der Stratosphäre die immer noch aus Altlasten, Mülldeponien oder der FCKW-Produktion stammenden neuen Einträge an FCKWs in die Atmosphäre und Stratosphäre verstanden. Dabei ist das längst nicht der einzige Grund:

"Was allerdings klar mit hineinspielt ist die Tatsache, dass eine Erwärmung der Troposphäre zu einer Abkühlung der Stratosphäre führt, die damit den Prozess der Ozonvernichtung unterstützt", erklärt der Experte abschließend. Formayer hat gemeinsam mit Helga Kromp-Kolb das "Schwarzbuch Klimawandel" publiziert.
(pte, 9. Dezember 2005)

Wie der Schattenblick schon in "UMWELTLABOR/155: Ein Loch im Firmament zerstört die Welt" vorausgesehen hatte, ist vor allem die zunehmende Kälte in der Stratosphäre eine weitere Folge und Phase im Circulus vitiosus, der das Loch in der schützenden Decke bis zur völligen Auflösung weiten könnte. Auch zum heutigen Zeitpunkt liegen die Stoffe (z.B. Stickoxide), die den Abbau von FCKWs in der Stratosphäre unterstützten und/oder einen Ozonaufbau fördern, in gefrorenem und somit unwirksamen Zustand vor. Da hilft dann auch kein zusätzliches Sonnenlicht. Dabei rechnete man bisher gemeinhin um diese Zeit mit einer saisonalen Erholung des winterbedingten Ozonverlustes.

Zu dem erhofften vollständige Schließen des Ozonlochs könnte es auf diese Weise möglicherweise nie wieder kommen, auch wenn die Wissenschaftler sich immer wieder neue Fernziele setzten:

"Wir blicken nun auf einen Zeitpunkt um 2065", erklärt Austin.
(pte, 9. Dezember 2005)

Erstveröffentlichung 2. März 2006

19. Juni 2007