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RATGEBER/278: p-Phenylendiamin - Allergien durch Karnevalskostümierung (SB)


Vorsicht - Kostüme niemals auf bloßer Haut tragen!

Hennatatoos lieber meiden


Für die meist preiswert produzierten Textilien, die für Karnevalskostüme verwendet werden, kann der Verbraucher möglicherweise einen hohen Preis zahlen, wenn er sie direkt auf der Haut trägt. Der preisliche Vorteil wird bei der Produktion der Stoffe unter anderem durch die Verwendung billiger Dispersionsfarben erreicht, die starke Allergien auslösen können.

Die Farbstoffe sind je nach Färbetechnik und Faser oft nicht farbecht fixiert und könnten bei direktem Hautkontakt durch Schweiß herausgelöst werden. Besonders problematisch sind bedruckte Polyamid- oder andere Kunststofffasern, bei denen die Farbstoffpigmente gewissermaßen nur lose aufliegen und sich sehr leicht ablösen lassen. Darauf hat laut einer Meldung der dpa jetzt zu Beginn der Fastnacht-Saison das Amt für Verbraucherschutz in Düsseldorf hingewiesen. Darüber hinaus stehen viele Farben in Verdacht, krebserregend zu sein. Daher sollte unter dem Kostüm stets Kleidung getragen werden, die die Haut schützt.

Wesentlich offensichtlicher und dramatischer im Krankheitsverlauf sind aber Allergien, die vor allem von Inhaltsstoffen wie dem sogenannten p-PD (para-Phenyldiamin) ausgehen können, welche die Farbintensität verstärken, aber für viele Anwender die Lebensqualität verringern.

Diese Substanzgruppe wird abgesehen von der Textilfärbung auch in Haarfärbemitteln und anderer dekorativer Kosmetik (Hennatatoos) in hoher Konzentration verwendet. Beim Kontakt mit der ungeschützten Kopfhaut kommt es dann bei empfindlichen Personen geradezu unausweichlich zur Allergieentwicklung. Besonders betroffen seien daher auch Friseurinnen und Friseure. So hatte eine spanische Studie ergeben, daß mehr als die Hälfte aller beruflichen Hautprobleme bei Friseuren auf p-PD zurückzuführen sei. Auch die deutsche Berufsgenossenschaft beobachtete über 160 Fälle derartiger Erkrankungen bei Friseuren innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren, die als Berufskrankheit anerkannt werden mußten.

Die Hersteller verwenden den Stoff, weil er bei Haarfärbemitteln die Färbung intensiver und beständiger macht. Die Probleme, die diese Substanz verursachen kann, werden dabei schlicht ignoriert. Diese Problematik ist seit Jahrzehnten bekannt, wird aber von Herstellern und Verbrauchern nicht richtig ernstgenommen.

Alternativen für p-PD in Haarfärbemittel gibt es laut einer Aussage des Industrieverbandes Körperpflege- und Waschmittel in Frankfurt am Main bisher nicht. Seit 1976 müßten Hersteller lediglich auf den Verpackungen vor möglichen Allergien warnen.

Nun nutzen aber gerade auch Textilhersteller die gleiche Substanz, p-PD zum Färben von Stoffen. Deshalb kann auch der Hautkontakt mit dunkler Kleidung bei einer bestehenden Allergie die entsprechenden Symptome hervorrufen. Vor allem schwarze Jeans, schwarze Baumwollsocken und T-Shirts, aber auch viele andere dunkelfarbige Kleidungsstücke enthalten diese Substanz. Daher müssen durch Hennatatoos oder Haarfärbemittel vorgeschädigte Allergiker solche Bekleidung meiden.

Das Tragen gefärbter Kostüme kann bei diesem Personenkreis ebenfalls besonders schnell zu einer Kontaktallergie führen, die die Kleidungsstücke als feuerrote, brennende Abbilder auf den Körper zeichnen, in denen sich zudem Pusteln und Bläschen bilden.

Bei Anwendung der entsprechenden Haarfärbemittel sollen einigen Empfindlichen sogar wochenlang Haare ausgefallen sein, ohne daß man die Reaktion rückgängig machen konnte, denn das Allergen wird gewissermaßen von der Haut und auch von der Kopfhaut aufgenommen.

Die Betroffenen stehen in ihrem weiteren Leben vielen Problemen gegenüber, selbst wenn sie auf alles "dunkel gefärbte" einschließlich des Haarefärbens verzichten, denn para-Phenyldiamin oder verwandte Stoffe, sind in geringerer Dosierung auch in vielen anderen dunklen Gegenständen enthalten, auf die sie fernerhin bei Hautkontakt mit einer Allergie oder sogar mit einem anaphylaktischen Schockzustand reagieren werden.

Eine besonders große Gefahr geht allerdings von den sogenannten "Hennatattoos" aus, die ebenfalls in der Karnevalszeit häufig zur Kostümierung verwendet werden. Die Farben dieser auf die Haut gezeichneten Bilder, die nach einiger Zeit wieder verschwinden, enthalten die Substanz p-PD in sehr hoher Konzentration. Dazu hieß es schon vor Jahren in einer Gesundheitssendung des Deutschlandfunks:

Vermutlich sind Henna-Tattoos in manchen Fällen sogar der Auslöser einer Allergie auf Haarfärbemittel, sagt Allergologe Fuchs. Die hohe Konzentration des Wirkstoffs führt bei den Betroffenen zu einer Sensibilisierung. Das Immunsystem merkt sich die Substanz und setzt bei jedem neuen Kontakt eine Abwehrreaktion in Gang. Daher rät Fuchs: Hände weg von Henna-Tattoos:

Ich warne dringend davor, so etwas zu machen, denn die Folgen sind ausgesprochen problematisch. Diese Patientinnen und Patienten können z.B. keine Blue-Jeans mehr tragen. Diese Patientinnen oder Patienten können keine Unterwäsche mehr tragen, die schwarz gefärbt ist.
(DLF, 26. Juli 2006)

Auch bei einer konsequenten Therapie können sich die Hautschäden über Monate hinziehen. Zur Behandlung empfehlen die Hautärzte Cremes oder Lotionen mit Cortison, in schweren Fällen auch Cortisontabletten. Damit wird jedoch ein schwerer Krankheitsverlauf festgeschrieben, denn Cortisongaben (in welcher Form auch immer) ziehen schwere und nicht reversible Nebenwirkungen nach sich.

Wer eine Kontaktallergie gegen para-Phenylendiamin - kurz p-PD - einmal gehabt hat, wird sie nie wieder los. Ob man sich diesen Risiken durch Haarfärben, Tatoos oder billigen Fastnachtskostümen aussetzen sollte, bleibt jedem selbst überlassen.

11. Februar 2009