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RATGEBER/248: Knoblauch, Schneckentod versus Heilkraut (SB)


Bewährte Hausmittel - einfach erklärt

Knoblauch, schlecht für die Nerven und tödlich für Schnecken


Am würztechnischen Gebrauch von Knoblauch scheiden sich gewöhnlich die Geister. Was wohlriechendes, appetitweckendes Aroma und Versprechen ultimativer Gaumenfreuden für den einen ist, vertreibt den anderen mit üblem Geruch oder drohenden Mundschleimhautverätzungen. Nicht jeder begegnet dem intensiven Zwiebelgemüse somit auf die gleiche Weise. Und das ist nicht - wie viele denken - nur eine Frage der Gewöhnung oder des guten Willens.

Kein Wunder, daß mit den geruchsstarken Knollen schon früh der Ruf einherging, gegen böse Geister oder Vampire zu wirken. Denn wer das streng auf Knoblauch-, Basilikum- und Olivenölbasis gewürzte Essen der Völker des Mittelmeerraums mied, der war wohl fremd, wahrscheinlich feindlich und möglicherweise mit dem Teufel oder andern bösen Kräften im Bund. Bei den Römern reichte es, eine Knoblauchzwiebel auf die Hauswand zu malen, um die Bewohner vor dem bösen Einfluß übler Kräfte zu bewahren. Noch heute tragen manche Fischer in den mediteranen Ländern eine Knoblauchzehe als Amulett gegen die Gefahren der See. Und seit der irische Autor Bram Stoker 1897 seinen "Dracula" veröffentlichte, kennt natürlich jedes Kind die - fiktive? - Schutzwirkung des Knoblauchs gegen jede Form von Vampirismus.

Daneben galt Knoblauch z.B. bei den mesopotamischen Königen oder den ägyptischen Pharaonen von jeher als wohltuendes Heilmittel. Ebenso waren Chinesen, Araber, Inder, Griechen und Römer von seiner Heilkraft überzeugt. Vor allem den Benediktinern, die das Lauchgewächs in ihren Klostergärten zogen, hat der Knoblauch (Allium sativum in der Arzneibuchmonographie) seinen Ruf als pharmakologisch wirksames Kraut zu verdanken. Doch muß man auch bedenken, daß zu jener Zeit, in denen die Medizin noch von fahrenden Badern von Ort zu Ort gebracht wurde (somit kurze, effektive Heilerfolge die Grundlage ihres Geschäfts waren) und die Apotheker in den Städchen ihre Mixturen noch selbst erfinden mußten, beinahe alles, was stark roch (Eselsurin u.a. Fäkalien inbegriffen) und vielleicht auch noch eine zumeinst abführende Wirkung hatte, für ein besonders effektives Heilmittel gehalten wurde.

Knoblauch wurde gegen jegliche Infekte, Wurmbefall, Schlangenbisse und Hautausschläge sowie Zahn-, Augen- oder Menstruationsbeschwerden empfohlen. Und je nach Menge des genossenen Lauchs machten sich Erleichterung und Entspannung durch einen starken Stuhlabgang, sowie eine Rötung der Haut bemerkbar, die von stärkerer Transpiration und dem bekannten intensiven Körpergeruch begleitet waren, den man auch heute nach dem Genuß von Knoblauch feststellen kann. Kurzum galt der regelmäßige Verzehr von Knoblauch als gesundheitsfördernd und ließ als Bestandteil jedes Heiltranks die Kasse klingeln.

Dagegen wurde schriftlich festgehalten, daß sich der feinsinnige römische Kaiser Mark Aurel auf einer Reise durch das damalige Palästina nicht nur über den infamen Lärm in den Städten, sondern auch über den alle Gassen durchwabernden Knoblauchgestank beschwert habe.

Diesseits der Geschichten, Mythen und Legenden sollen inzwischen jedoch auch ernsthafte Forschungsarbeiten belegen, daß der charakteristische Geruch und die positive pharmakologische Wirkung des Knoblauchs zusammenhängen. Knoblauch enthält eine große Menge an Schwefelverbindungen, darunter vor allem das sogenannte Alliin. Sobald die Zehen beim Zerkleinern mit dem Luftsauerstoff in Kontakt kommen, wandelt ein Enzym das Alliin in Allicin um, die als pharmakologisch wirksam anerkannte Komponente des Knoblauchs. Allicin wiederum sagt man einen positiven Effekt bei zu Arteriosklerose neigenden Menschen nach.

Doch auch, was seine medizinische Bedeutung angeht, teilen sich die Geister, wie eine Meldung im Deutschlandfunk und in der Wochenzeitung "Die Zeit" belegt, derzufolge Knoblauch als Pestizid gegen Schnecken und Nacktschnecken wirke. Während also die Propaganda einer breiten Knoblauchlobby selbst in unseren traditionell knoblauchfreien Breiten inzwischen den bedenkenlosen Einsatz fördert, so daß Knoblauch als Geschmacksverstärker in fast allen käuflichen Würzmischungen, Senf und Brühepulvern vorkommt, gibt es offenbar auch Gründe, die übelriechende Knolle zu meiden:

Knoblauch für Kleingärtner

Knoblauch bekämpft bekanntlich Vampire, ist gesund - und hilft auch gegen Schnecken und Nacktschnecken. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher der University of Newcastle in Großbritannien. Sie testeten zehn künstliche und natürliche Pestizide an Schnecken und Nacktschnecken, darunter auch ein Knoblauchkonzentrat (Crop Protection, Nr. 22, S. 1033). Eine fünfprozentige Lösung des Konzentrats tötete 95 Prozent der Weichtiere und hinderte sie somit wirksam daran, sich an den in den Tests ausgelegten Kohlblättern zu vergreifen. Die Forscher wissen jedoch nicht genau, welcher Wirkstoff für die Tiere tödlich ist. Jetzt wollen sie prüfen, ab welcher Konzentration Knoblauch effektiv wirkt und ob die Ernte nach einer Knoblauch-Behandlung überhaupt noch genießbar ist. Für den Kleingärtner, so die Forscher, müssten zerdrückte Knoblauchzehen, vermischt mit Wasser, reichen, um die Weichtiere vom Fressen abzuhalten.
(DIE ZEIT 18. September 2003 Nr.39)

Ergänzend hieß es dazu im Deutschlandfunk, der fragliche Stoff sei im Öl des Knoblauchs zu suchen und würde das neuronale System der Weichtiere angreifen, was schließlich zum Tod der unbeliebten Schädlinge führe.

Daß aber in der pauschalen Gegenüberstellung, Knoblauch sei gesund und würde gegen Schnecken helfen, ein massiver und unvereinbarer Widerspruch steckt, scheint den Autoren der Kurzmeldung nicht aufgefallen zu sein.

Einem aufmerksamen Beobachter wird nicht entgangen sein, daß Knoblauch offensichtlich die Nerven angreift bzw. Wahrnehmungfähigkeit des Menschen einschränkt. Denn wer regelmäßig Knoblauch konsumiert, schmeckt ihn nicht mehr, was eine eindeutige Abstumpfung des Geschmacksinns, somit seine Schädigung bedeutet. Um die gleiche Reizwirkung zu erreichen, müssen die Dosen beständig erhöht werden, was u.a. auch zum gegenwärtig immer noch steigenden Konsum beigetragen hat.

Ob aber die unter Laborbedingungen im Reagenzglas erzielten Ergebnisse eins zu eins auf den menschlichen Organismus übertragen werden können, oder ob die wirksamen wie die nervenschädigenden Bestandteile "in vivo" schneller zerlegt und verstoffwechselt werden, als sie zur Wirkung gelangen können, sei dahingestellt.

Das gilt in jedem Fall für die vermeintlich jugendbewahrenden oder sogar krebsverhindernden Effekte, die man den antioxidativen Bestandteilen des Naturprodukts gemeinhin zuschreibt und die als reine Augenwischerei angesehen werden können.

Der von der Haut abgesonderte Geruch, mit dem die Metaboliten des Allicins an die Umwelt abgegeben werden, ist - wie jeder bestätigen wird - durchaus längere Zeit haltbar. Und solange dieser wahrgenommen werden kann, was sich gemeinhin am Ausmaß sozialer Ausgrenzung ablesen läßt, sollten auch Schadstoffe wie Wirkstoffe des Knoblauchs im Organismus vorhanden sein und dort ihr Unwesen treiben.

8. Juli 2008