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RATGEBER/241: Ist der Kompost schon reif? - Chemie oder Nase (SB)


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Es ist Frühling und somit allerhöchste Eisenbahn, sich um den Garten zu kümmern. Der jährliche Kampf mit dem "naturbelassenen" und somit besten Gartendünger beginnt, wenn den Hobbygärtner die immer wiederkehrende Frage bewegt:

Ist der Kompost wohl schon reif?

Wie das vielzitierte männliche Rindvieh vor dem Berg steht der Laie vor dem "Komposthaufen." Der Fachmann schnuppert, läßt die Erde durch die Finger rinnen, achtet auf Käfer und Würmer, die sich schon darin tummeln, und gibt schließlich sein "Okay" zum Umsetzen des edlen Biomülls. Für den blutigen Anfänger in Sachen Kompostlatein gibt es im Gartenhandel verschiedene Tricks und Prüfmethoden, die man jedoch mit ein wenig Chemieerfahrung sehr gut nachvollziehen kann. Ob es der Mühe wert ist und den Einsatz nicht gerade unbedenklicher Chemikalien auch lohnt und ob man Tests dieser Art ökologisch überhaupt vertreten kann, sollte am Ende jeder selbst entscheiden. Mit Sicherheit - das kann ich schon vorwegnehmen - gehört die folgende Methode nicht zum unverzichtbaren Chemie-Einsatz, denn es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, sich hierbei z.B. von erfahreneren Gartenspezialisten beraten lassen, die ohne den folgenden Test auskommen. Der Test selbst ist nicht besonders schwer, sehr eindrücklich, und macht manchen, die sich mal als Hobbygeologe fühlen wollen, vermutlich sogar viel Spaß.

Sie brauchen dazu folgende "Geräte" und Chemikalien: ein Becherglas 250 ml oder ein kleines Weck- bzw. Marmeladenglas mit Deckel, einen Löffel, eine Glasplatte (falls Sie das Becherglas benutzten) und als Chemikalien: 18%ige Salzsäure, Bleiacetat-Papier und schließlich ein paar Löffel ihres Komposts. Die Chemikalien lassen sich in einer Apotheke beziehen.

Zur Durchführung des Tests versetzen Sie in einem Glas (Becherglas oder Marmeladenglas) einen Löffel voll Kompost mit 18%iger Salzsäure (zur Sicherheit mit Gummihandschuhen und Schutzbrille arbeiten). Daraufhin decken Sie das Glas mit einer Glasplatte oder einem Deckel zu und klemmen dabei einen Streifen angefeuchtetes Bleiacetat-Papier fest, das auf diese Weise nun ins Innere des Glases hineinragt. Verfärbt sich der Teststreifen (durch H2S, Schwefelwasserstoff) braun oder schwarz, ist der Kompost noch unreif, und die Fäulnisprozesse, bei denen Schwefelwasserstoff freigesetzt wird, sind noch nicht abgeschlossen.

Wer jedoch den chemischen Einsatz scheut, kann sich auch folgende Faustregel merken: Nach 9 Monaten ist jeder richtig angesetzte Kompost reif. Wer die Schnupperprobe nicht scheut, kommt möglicherweise schneller zu einem Ergebnis: Schwefelwasserstoff riecht unverwechselbar nach faulen Eiern.

Merke:
Ein guter Humus, der was bringt /
nicht mehr nach faulen Eiern stinkt.


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Gefahrenhinweise

Da die eingesetzten Stoffe durchaus nicht unbedenklich sind, sollte man den Einsatz solcher Mittel gut überlegen. Gerade wenn Kinder im Haus sind, stellt sich die Frage der kindersicheren Aufbewahrung dieser teilweise sehr giftigen Stoffe, die keinesfalls in Kinderhände gehören.

Bleiacetat wird mit dem Warnhinweis Xn als gesundheitsschädlicher Stoff gekennzeichnet. Das bedeutet, daß durch Einatmen oder Verschlucken Schäden möglich sind. Seine weitere Kennzeichnung zeichnet ihn sogar als sehr giftig beim Einatmen, bei Hautkontakt oder beim Verschlucken aus. Bleiacetat entwickelt in Verbindung mit Wasser oder Säure giftige Gase und birgt die Gefahr kumulativer Wirkung. Blei kann sich in den Knochen ablagern und auf Dauer die Nerven schädigen. Außerdem kann Bleiacetat bei Gebrauch leicht entzündlich werden. Allerdings sind die hier eingesetzten Mengen, z.B. beim Bleiacetatpapier, sehr klein, daß man gemeinhin nicht mit Vergiftungen rechnen muß, wenn man sich an die beschriebene Anwendung hält.

10-25% Salzsäure erhält den Warnhinweis Xi, der für reizende Stoffe steht, die eine Reizwirkung auf Augen, Haut und Atmungsorgane haben.

Bewahrt man Bleiacetat oder auch nur Bleiacetatpapier, das aus einem mit Bleiacetat getränkten Filterpapier besteht, im Haus auf, sollten Sie folgende Sicherheitsratschläge beachten: Chemikalien unbedingt von Nahrungsmitteln, Getränken und Futtermitteln fernhalten und vor Hitze schützen, d.h. nicht in die Nähe von Zündquellen oder auch nur brennbaren Stoffen bringen. Den entsprechenden Behälter mit Vorsicht öffnen und handhaben, vor allem gut (bei Salzsäure sogar gasdicht) geschlossen und trocken halten.

Von beiden Stoffen sollten die Dämpfe nicht eingeatmet werden und auch eine direkte Berührung mit der Haut, mit den Augen vermieden werden. Sollten Sie dennoch etwas in die Augen bekommen, spülen Sie sie gründlich mit Wasser ab und suchen Sie anschließend einen Arzt auf, auch wenn es nicht so schlimm scheint.

Kleidung, die mit Salzsäure in Berührung gekommen ist, sollte sofort ausgezogen werden.

Bei der Arbeit mit Chemikalien sollte man grundsätzlich nicht essen und trinken und vor allem nicht rauchen!

Der Salzsäure-Behälter muß außerdem an einem gut gelüfteten Ort aufbewahrt werden, falls doch Säuregase entweichen.

Entsorgung

Hat man sich für die chemische Methode entschieden, stellt sich auch immer die Frage der Entsorgung. Bei Giften sollte man lieber kein Risiko eingehen und Bleiacetat, das Sie nicht mehr verwenden werden, in einer Apotheke oder Sondermüllsammelstelle abgeben. Dort wird üblicherweise verbliebenes Bleiacetat als harmloses Sulfid gefällt, eine Routinereaktion für Chemiker.

Auf keinen Fall geben Sie Chemikalien in den Müll, der in einer Verbrennungsanlage verbrannt wird!

Das hört sich insgesamt schlimmer an, als es ist, da die oben genannten Warnhinweise sich gewöhnlich auf dem Umgang mit wesentlich größeren Chemikalienmengen beziehen. Wer alles beherzigt, kann den oben beschriebenen Versuch vollkommen unbedenklich ausführen.

1. April 2008